Bundesgerichtshof
Nr. 5/2003
Bosenhof-Morde: Verurteilung des Ehemannes bestätigt
- Urteil gegen den Mitangeklagten aufgehoben
Das Landgericht Bad Kreuznach hatte den Angeklagten S. wegen Anstiftung zum Mord in drei Fällen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt und festgestellt, daß seine Schuld besonders schwer ist. Den Angeklagten B. hatte es ebenfalls wegen Anstiftung zum Mord in drei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt.
Nach den Feststellungen der Schwurgerichtskammer lebte der Angeklagte S. zusammen mit seiner Ehefrau Ulrike und dem gemeinsamen Kind Jakob, seiner Schwiegermutter Karin L. sowie Ursula L., der Ehefrau seines Schwagers Klaus L., auf dem Bosenhof, einem Aussiedlergehöft zwischen den Bad Kreuznacher Ortsteilen Bosenheim und Planig. Eigentümerin dieses Gehöfts war Karin L.. Der Angeklagte S., der in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten war, fürchtete, vom Hof gewiesen zu werden, da seine Ehefrau sich scheiden lassen wollte. Er faßte deshalb den Entschluß, seine Ehefrau und seine Schwiegermutter töten zu lassen. Als mutmaßliche Mitwisserin seiner Motivlage sollte auch Ursula L. beseitigt werden. Nach seiner Vorstellung war das die einzige Möglichkeit, den sich anbahnenden sozialen Absturz zu vermeiden. Als alleiniger gesetzlicher Vertreter seines Sohnes Jakob, der die Hälfte des Hofes und des beträchtlichen Vermögens erben würde, ging er davon aus, zumindest auf überschaubare Zeit auf dem Hof bleiben zu können. Da er die Tat nicht selbst begehen, aber auch nicht die künftigen Täter suchen und beauftragen wollte, wandte er sich an den Angeklagten B. Diesem gelang es, einen ihm bekannten polnischen Maurer und - mit großer Wahrscheinlichkeit - auch dessen Bruder, möglicherweise auch eine dritte, namentlich nicht bekannte, Person, für die Tat zu gewinnen. Diese betraten dann am Freitag, den 22. September 2000, zwischen 6.00 und 6.30 Uhr mit einem oder mehreren Schlag- und Hackwerkzeugen sowie einem Messer mit einer ca. 20 cm langen, geriffelten Klinge bewaffnet den Bosenhof und töteten die dort wohnenden drei Frauen. Danach flüchteten sie nach Polen. Ob sich der Angeklagte S. während der Tatausführung auf dem Bosenhof aufhielt oder ob er vor Beginn der Tatausführung den Hof schon verlassen hatte, konnte die Schwurgerichtskammer nicht klären.
Das Landgericht wertete die Taten der Angeklagten jeweils als ein Verbrechen der Anstiftung zum Mord in drei Fällen. Der Angeklagte S. habe dabei im Wege der "Kettenanstiftung" beim Angeklagten B. den Entschluß hervorgerufen, die Haupttäter, die heimtückisch und aus Habgier gehandelt hätten, zu drei Tötungshandlungen zu bestimmen.
Gegen dieses Urteil des Landgerichts haben beide Angeklagte, die eine Beteiligung an der Ermordung der drei Frauen bestritten hatten, das Rechtsmittel der Revision eingelegt und die Verletzung formellen wie auch sachlichen Rechts gerügt; insoweit haben sie vor allem Fehler in der Beweiswürdigung behauptet.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 24. Januar 2003 die Revision des Angeklagten S. als unbegründet verworfen, da die Schwurgerichtskammer Verfahrensrecht nicht verletzt habe und die Beweiswürdigung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sei. Damit ist die Verurteilung des Angeklagten S. rechtskräftig.
Auf die Revision des Angeklagten B. hat der Senat das Urteil, soweit es diesen betrifft, auf Grund einer Verfahrensrüge aufgehoben. Am 12. von insgesamt 26 Verhandlungstagen erteilte das Landgericht an beide Angeklagte einige rechtliche Hinweise und ordnete gegen den Angeklagten B. die Untersuchungshaft an, da angesichts der in der Hauptverhandlung zu Tage getretenen Beweise der dringende Tatverdacht einer Anstiftung zum Mord bestehe. Einen Antrag des B. auf Aussetzung der Hauptverhandlung lehnte das Landgericht ab. Der Senat hat dies als rechtsfehlerhaft angesehen, da der Angeklagte angesichts der in der Hauptverhandlung neu hervorgetretenen, von ihm bestrittenen Umstände, die zur Anwendung eines schwereren Strafgesetzes führten, gemäß § 265 Abs. 3 StPO einen Anspruch auf Aussetzung der Hauptverhandlung gehabt hat. Entgegen der Auffassung des Landgerichts räumt diese Vorschrift dem Gericht kein Ermessen ein, die Verhandlung ist vielmehr bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend auszusetzen und anschließend neu zu beginnen.
Die Sache muß deshalb gegen diesen Angeklagten vom Landgericht Bad Kreuznach in vollem Umfang neu verhandelt werden.
Urteil vom 24. Januar 2003 - 2 StR 215/02
Karlsruhe, den 24. Januar 2003
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