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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XII ZR 93/02
  5. Verkündet am:
  6. 9. Februar 2005
  7. Küpferle,
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in der Familiensache
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. BGB §§ 242 D, 1375 Abs. 2, 1379 Abs. 1
  18. Zum Recht eines Ehegatten auf Auskunft über illoyale Vermögensminderungen
  19. des anderen Ehegatten i.S. des § 1375 Abs. 2 BGB.
  20. BGH, Urteil vom 9. Februar 2005 - XII ZR 93/02 - OLG Karlsruhe
  21. AG Rastatt
  22. -2-
  23. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  24. vom 15. Dezember 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
  25. Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose
  26. für Recht erkannt:
  27. Auf die Revision des Antragstellers wird das Urteil des
  28. 20. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. März 2002 aufgehoben.
  29. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Teilurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Rastatt vom 27. September 2000 wird
  30. zurückgewiesen.
  31. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
  32. Von Rechts wegen
  33. Tatbestand:
  34. Die Parteien sind Ehegatten und leben seit 1996 getrennt. In dem seit
  35. dem 4. Februar 1997 rechtshängigen Scheidungsverfahren streiten sie unter
  36. anderem - im Wege wechselseitiger Stufenklagen - um Zugewinnausgleich.
  37. Die Ehefrau (Antragsgegnerin) hatte vorprozessual ein Verzeichnis übermittelt, nach dem ihr Endvermögen aus dem hälftigen Miteigentum am Hausgrundstück der Parteien, einem Pkw und einem Guthaben von 3.813,37 DM auf
  38. dem Girokonto Nr. 5…
  39. bei der Sparkasse G.
  40. (im
  41. -3-
  42. folgenden "Sparkasse G.") bestand. Nachdem der Ehefrau bereits mit Teilurteil
  43. vom 14. Oktober 1998 eine ergänzende Auskunft über ihr Endvermögen aufgegeben worden war, hatte das Amtsgericht sie mit Teilurteil vom 26. Januar 2000
  44. verurteilt, dem Ehemann (Antragsteller) Auskunft "über die Verwendung des
  45. durch monatliche Einzahlungen von 1.200 DM aufgelaufenen Sparguthabens
  46. bei der Sparkasse G.
  47. , Konto Nr. 3…
  48. " zu erteilen.
  49. Dabei ist das Amtsgericht vom Vortrag des Ehemannes ausgegangen, daß von
  50. November 1987 bis September 1995 von seinem Girokonto, auf das die monatlichen Gehälter der Parteien überwiesen worden seien, monatlich 1.200 DM auf
  51. das vorgenannte Sparkonto der Ehefrau überwiesen worden seien. Da das
  52. Guthaben auf diesem Konto im Dezember 1995 - unstreitig - nur noch knapp
  53. 30.000 DM betragen habe, müsse die Ehefrau einen Teil dieses Guthabens
  54. "zur Seite geschafft" haben.
  55. Die Ehefrau erteilte dahin Auskunft, daß das Sparguthaben am 1. September 1995 29.134,14 DM betragen habe und von ihr auf den gemeinsamen
  56. Sohn der Parteien übertragen worden sei. Eine weitergehende, auf den Verbleib der überwiesenen, aber nicht mehr vorhandenen Beträge bezogene Auskunft lehnte die Ehefrau ab, da das Teilurteil vom 26. Januar 2000 sie zur Auskunft nur über das "aufgelaufene" Sparguthaben verpflichte.
  57. Auf einen erneuten Auskunftsantrag des Ehemannes hat das Amtsgericht mit Teilurteil vom 27. September 2000 die Ehefrau verurteilt, dem Ehemann "Auskunft über die Verwendung der von November 1987 bis September
  58. 1995 auf das Konto bei der Sparkasse G.
  59. 3…
  60. , Konto
  61. , monatlich eingezahlten 1.200 DM zu erteilen". Auf die hiergegen
  62. gerichtete Berufung der Ehefrau hat das Oberlandesgericht den Antrag abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Ehemann sein Auskunftsbegehren weiter.
  63. -4-
  64. Entscheidungsgründe:
  65. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
  66. 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist die Berufung zulässig, da
  67. der Ehefrau durch die Erfüllung des titulierten Auskunftsanspruchs Aufwendungen entstünden, deren Höhe die Berufungssumme übersteige. Die Ehefrau sei
  68. nicht mehr im Besitz des Sparbuchs. Die Rekonstruktion allein der Überweisungen erfordere deshalb nach Schätzung der Sparkasse G. einen Kostenaufwand
  69. von 1.800 bis 2.000 DM, wenn vier bis sechs Überweisungen monatlich zugrunde gelegt würden. Zwar habe sich die Ehefrau zur Angabe der Zahl der Abbuchungen außerstande erklärt. Zusätzlicher Aufwand entstehe ihr jedoch durch
  70. die Angabe des Verwendungszwecks der Abhebungen; dieser Aufwand sei
  71. schon deshalb erheblich, weil er Überlegungen und Nachforschungen zu Vorgängen erfordere, die sich über acht Jahre erstreckten und zudem bis zu vierzehn Jahre zurücklägen. Diese auf § 3 ZPO gestützten Überlegungen lassen
  72. revisionsrechtlich bedeutsame Ermessensfehler (vgl. etwa Senatsbeschluß vom
  73. 24. Juli 2002 - XII ZB 31/02 - FamRZ 2003, 597) nicht erkennen; sie werden
  74. auch von der Revision nicht angegriffen.
  75. 2. Die Berufung hat nach Ansicht des Oberlandesgerichts allerdings nicht
  76. schon deshalb Erfolg, weil das Amtsgericht über denselben Streitgegenstand
  77. schon einmal rechtskräftig entschieden habe. Das Teilurteil vom 26. Januar
  78. 2000 habe durch den Bezug auf das "aufgelaufene Sparguthaben" nur die Verwendung des zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen Guthabens erfaßt;
  79. für eine Verurteilung zur Auskunft über einen längeren, bis 1987 zurückreichenden Zeitraum fänden sich weder in den Entscheidungsgründen noch in der Antragsbegründung Anhaltspunkte. Diese Ausführungen sind frei von Rechtsirrtum; auch die Revision erinnert gegen sie nichts.
  80. -5-
  81. 3. Die Berufung ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts jedoch begründet, weil die Ehefrau dem Ehemann nicht zu der begehrten Auskunft verpflichtet sei. Der Einrichtung und Unterhaltung des Sparkontos der Ehefrau liege keine Ehegatteninnengesellschaft zugrunde, da die Ehegatten mit dem Konto keinen über die eheliche Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck verfolgt hätten. Auch sei insoweit zwischen den Ehegatten kein Auftragsverhältnis
  82. begründet worden. Die Ehefrau sei zwar als Kontoinhaberin über das Konto
  83. verfügungsberechtigt, aber keinen Weisungen des Ehemannes in bezug auf die
  84. Verwendung des Guthabens unterworfen gewesen. Soweit die monatliche
  85. Überweisung von 1.200 DM auf das Sparkonto aus dem Einkommen des Ehemannes gestammt und die Ehefrau damit auch dessen Vermögen verwaltet
  86. habe, liege darin kein Auftrag, sondern eine Regelung der Aufgabenbereiche
  87. innerhalb der ehelichen Lebensgemeinschaft.
  88. Ein Anspruch auf Auskunft über die Verwendung der auf das Sparguthaben überwiesenen Gelder ergebe sich auch nicht aus § 242 in Verbindung mit
  89. § 1375 BGB, da der Ehemann keine illoyale Vermögensverfügung durch die
  90. Ehefrau behaupte. Sein Vortrag beschränke sich darauf, die Ehefrau habe einen Teil des Sparguthabens "beiseite geschafft"; damit werde die von § 1375
  91. Abs. 2 BGB vorausgesetzte Vermögensverfügung aber gerade verneint. Eine
  92. Pflicht zur Erteilung der begehrten Auskunft folge auch nicht aus § 1353 BGB.
  93. Zwar sei diese Vorschrift Grundlage eines Anspruchs auf Unterrichtung über die
  94. Vermögensbewegungen während der Ehe "in großen Zügen"; auch werde aus
  95. ihr eine Obliegenheit der Ehegatten zur wechselseitigen Unterrichtung über die
  96. Verwendung des Familieneinkommens "in groben Zügen" hergeleitet. Eine solche Verpflichtung oder Obliegenheit sei hier jedoch ausgeschlossen, weil die
  97. Ehe der Parteien gescheitert sei. Dies folge aus § 1353 Abs. 2 2. Alt. BGB sowie aus dem Zweck der sich aus § 1353 BGB ergebenden Unterrichtungsansprüche: Diese seien Ausfluß der sich aus der ehelichen Lebensgemeinschaft
  98. -6-
  99. ergebenden Rechtspflicht, auch in vermögensrechtlichen Angelegenheiten aufeinander Rücksicht zu nehmen. Blieben diese Ansprüche auch nach dem
  100. Scheitern der Ehe bestehen, würden sie nicht mehr der ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern - zweckwidrig - der Kontrolle der vermögensmäßigen Aktivitäten des anderen Ehegatten und der Geltendmachung von Ersatzansprüchen
  101. gegen diesen dienen. Im gesetzlichen Güterstand würde die Zubilligung eines
  102. solchen Unterrichtungsanspruchs zudem die Systematik der Auskunftspflichten
  103. sprengen.
  104. 4. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
  105. a) Dem Oberlandesgericht ist allerdings darin zu folgen, daß sich das
  106. Auskunftsverlangen des Ehemannes weder aus § 713 BGB noch aus § 666
  107. BGB rechtfertigt. Zwischen den Parteien bestand keine über den Zweck der
  108. Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehende Ehegatteninnengesellschaft. Auch kann aus den vom Oberlandesgericht genannten Gründen nicht von einem Auftragsverhältnis zwischen den Parteien (zu den Anforderungen Senatsurteile vom 5. Juli 2000 - XII ZR 26/98 - FamRZ 2001, 23, 24 und
  109. vom 29. Januar 1986 - IVb ZR 11/85 - FamRZ 1986, 558, 559) ausgegangen
  110. werden.
  111. b) Richtig ist auch, daß sich das Verlangen des Ehemannes auf Auskunft
  112. über Verbleib und Verwendung der in der Zeit von November 1987 bis September 1995 auf das Sparkonto der Ehefrau überwiesenen Beträge nicht auf
  113. § 1379 Abs. 1 BGB stützen läßt. Der Anspruch aus § 1379 Abs. 1 BGB ist auf
  114. Auskunft über das Endvermögen zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des
  115. Scheidungsantrags (§ 1375 Abs. 1, § 1384 BGB) gerichtet; er erstreckt sich,
  116. wie der Bundesgerichtshof mehrfach entschieden hat, nicht auf illoyale Vermögensminderungen, die nach § 1375 Abs. 2 BGB dem Endvermögen hinzuzu-
  117. -7-
  118. rechnen sind (BGHZ 82, 132, 138 = FamRZ 1982, 27; Senatsurteile vom
  119. 19. April 2000 - XII ZR 62/98 - FamRZ 2000, 948, 950 und vom 26. März 1997
  120. - XII ZR 250/95 - FamRZ 1997, 800, 803).
  121. c) Hinsichtlich derartiger illoyaler Vermögensverfügungen kommt allerdings ein Recht auf Auskunft gemäß § 242 BGB in Betracht, wenn und soweit
  122. der die Auskunft beanspruchende Ehegatte Auskunft über einzelne Vorgänge
  123. verlangt und konkrete Anhaltspunkte für ein Handeln im Sinne des § 1375
  124. Abs. 2 BGB vorträgt (BGHZ aaO; Senatsurteile vom 19. April 2000 und vom
  125. 26. März 1997, jeweils aaO). An einem solchen Vortrag soll es hier nach Auffassung des Oberlandesgerichts fehlen. Der Ehemann habe keine illoyalen Vermögensverfügungen der Ehefrau behauptet. Er habe - im Gegenteil - geltend
  126. gemacht, die Ehefrau habe einen Teil des Sparguthabens "beiseite geschafft";
  127. damit werde die von § 1375 Abs. 2 BGB vorausgesetzte Vermögensminderung
  128. aber gerade verneint. Mit diesen Erwägungen hat das Oberlandesgericht, wie
  129. die Revision zu Recht rügt, den Vortrag des Ehemannes indes unzutreffend
  130. gewürdigt (§ 286 ZPO).
  131. Die Ehefrau hatte vorprozessual über den Bestand ihres Vermögens zum
  132. Ehezeitende Auskunft erteilt und dabei als Aktiva lediglich ihr hälftiges Miteigentum am Hausgrundstück der Parteien, einen Pkw und ein Guthaben von
  133. 3.813,37 DM auf ihrem Girokonto bei der Sparkasse G. benannt. In der ihr vom
  134. Amtsgericht durch Teilurteil vom 26. Januar 2000 aufgegebenen ergänzenden,
  135. das Sparguthaben bei der Sparkasse G. betreffenden Auskunft hat sie mitgeteilt, daß dieses Guthaben am 1. September 1995 29.134,14 DM betragen habe
  136. und von ihr auf den gemeinsamen Sohn der Parteien übertragen worden sei.
  137. Aus dem Vortrag des Ehemannes in den Schriftsätzen vom 9. Juni 2000 in erster Instanz und vom 19. März 2001 in zweiter Instanz ergibt sich, daß sich der
  138. Ehemann die Darlegungen der Ehefrau über den Bestand ihres Endvermögens
  139. -8-
  140. zum Stichtag zu eigen gemacht hat. Denn er hat ihre Auskunft als solche nicht
  141. mehr bestritten und insbesondere nicht mehr beantragt, deren Richtigkeit an
  142. Eides statt zu versichern. Vielmehr hat er ihre Auskunft zum Anlaß genommen,
  143. nunmehr Auskunft über die Verwendung der zum Stichtag nicht mehr vorhandenen Gelder zu verlangen. Seine Behauptung, die Ehefrau habe Gelder vom
  144. Sparkonto bei der Sparkasse G. "beiseite geschafft", bedeutet deshalb keineswegs, daß diese Beträge im Vermögen der Ehefrau noch vorhanden, die Auskunft der Ehefrau über ihr Endvermögen also unrichtig sei. Vielmehr ist der Vortrag des Ehemannes vor dem Hintergrund der Einlassung der Ehefrau, über
  145. kein weiteres als das von ihr angegebene Vermögen zu verfügen, dahin zu verstehen, daß die Ehefrau in Benachteiligungsabsicht Gelder von diesem Konto
  146. verlagert, ihr Vermögen mithin im Sinne des § 1375 Abs. 2 BGB "vermindert"
  147. habe. Mit dieser Behauptung hat der Kläger seiner Darlegungspflicht hinsichtlich der einen Auskunftsanspruch nach § 242 in Verbindung mit § 1375 Abs. 2
  148. BGB begründenden Tatsachen genügt. Wie der Senat ausgeführt hat, dürfen
  149. an den Vortrag ausreichend konkreter Verdachtsgründe, aus denen sich die
  150. naheliegende Möglichkeit unentgeltlicher Zuwendungen an Dritte, von Verschwendungen oder von in Benachteiligungsabsicht begangenen Handlungen,
  151. die das Endvermögen des Handelnden vermindert haben, keine übertriebenen
  152. Anforderungen gestellt werden (BGHZ aaO = FamRZ aaO 28). Das wäre hier
  153. der Fall, wollte man von dem Kläger eine nähere Darlegung über die - letztlich
  154. von ihm nur zu vermutenden - vermögensmindernden Manipulationen der Ehefrau hinsichtlich ihres Sparkontos erwarten.
  155. d) Erweist sich das Klagbegehren somit bereits aus § 242 in Verbindung
  156. mit § 1375 Abs. 2 BGB als begründet, kommt es auf die vom Oberlandesgericht
  157. erörterte (Zulassungs-)Frage, ob dem Ehemann ein Anspruch auf die begehrte
  158. Auskunft aus § 1353 BGB zuzuerkennen ist, nicht an.
  159. -9-
  160. 3. Das Berufungsurteil kann danach nicht bestehen bleiben. Der Senat
  161. kann - mit Ausnahme der Kosten - in der Sache abschließend entscheiden. Die
  162. Klage auf Auskunftserteilung ist - wie dargelegt - begründet, ohne daß es hierzu
  163. weiterer Feststellungen bedarf. Die Berufung der Ehefrau gegen das Teilurteil
  164. des Amtsgerichts, das sie zur Auskunftserteilung verpflichtet hat, ist dementsprechend als unbegründet zurückzuweisen.
  165. Hahne
  166. Sprick
  167. Wagenitz
  168. Weber-Monecke
  169. Dose