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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. 11. Dezember 2002
  5. Breskic,
  6. Justizangestellte
  7. als Urkundsbeamter
  8. der Geschäftsstelle
  9. XII ZR 27/00
  10. in dem Rechtsstreit
  11. Nachschlagewerk: ja
  12. BGHZ:
  13. nein
  14. BGB § 1376
  15. Zur Bewertung einer gesellschaftsrechtlich ausgestalteten Mitarbeiterbeteiligung im
  16. Zugewinnausgleich, wenn die Parteien die daraus künftig zu erwartenden laufenden
  17. Erträge in einem Unterhaltsvergleich bereits als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen berücksichtigt haben (Abgrenzung zum Senatsurteil BGHZ 75, 195).
  18. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2002 - XII ZR 27/00 -
  19. OLG Hamburg
  20. AG Hamburg
  21. -2-
  22. Der XII Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  23. vom 11. Dezember 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
  24. Richter Sprick, Weber-Monecke, Fuchs und Dr. Ahlt
  25. für Recht erkannt:
  26. Die Revision gegen das Urteil des 3. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 17. Dezember 1999
  27. wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
  28. Von Rechts wegen
  29. Tatbestand:
  30. Die Parteien, deren am 28. Februar 1969 geschlossenen Ehe durch insoweit rechtskräftiges Verbundurteil vom 20. Mai 1998 geschieden wurde,
  31. streiten im Rahmen des Zugewinnausgleichs im Revisionsverfahren noch um
  32. die Bewertung einer stillen Beteiligung des Antragsgegners.
  33. Die Parteien waren zu Beginn ihrer Ehe vermögenslos. Nach den von
  34. der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts belief
  35. sich das Endvermögen der Antragstellerin zum Stichtag 16. März 1994 auf
  36. 9.756,96 DM, das des Antragsgegners - ohne die stille Beteiligung - auf
  37. 52.437,47 DM (unstreitige Vermögenswerte von 19.503,88 DM zuzüglich einer
  38. -3-
  39. Darlehensforderung von 35.054,00 DM und eines Kautionsrückzahlungsanspruchs von 3.000 DM abzüglich Bankverbindlichkeiten von 5.120,41 DM.
  40. Mit der stillen Beteiligung hat es folgende Bewandtnis:
  41. Der 1944 geborene Antragsgegner ist seit vielen Jahren beim S.
  42. V.
  43. -
  44. in Hamburg beschäftigt, der seinen Mitarbeitern unter bestimmten Vor-
  45. aussetzungen die Möglichkeit bietet, sich als stille Gesellschafter an einer Mitarbeiter-Kommanditgesellschaft zu beteiligen, die ihrerseits an den Verlagsgesellschaften beteiligt ist und 49,5 % der von diesen ausgeschütteten Gewinne
  46. erhält sowie eigene Gewinne aus der Anlage flüssiger Mittel erzielt. Der Nominalwert der stillen Beteiligung, der auf maximal 7.250 DM begrenzt ist, bemißt
  47. sich nach einem Punktesystem, mit dessen Hilfe der für den jeweiligen stillen
  48. Gesellschafter maßgebliche Werte aus dessen Jahreseinkommen und dessen
  49. Dienstjahren errechnet wird. Der Antragsgegner hatte von dieser Möglichkeit
  50. Gebrauch gemacht und war am Stichtag mit der Höchsteinlage von 7.250 DM,
  51. die bedingungsgemäß weder verpfändbar noch abtretbar ist, beteiligt.
  52. Der Gesellschaftsvertrag sieht vor, daß der verteilungsfähige Gewinn der
  53. KG bis zur Gesamthöhe von 1 Mio. DM nach Kopfteilen und im übrigen
  54. - ebenso wie ein eventueller Verlust, der indes keine Nachschußpflicht auslöst entsprechend der jeweiligen Höhe der Beteiligung unter den stillen Gesellschaftern (am 1. Januar 1993: 740 Gesellschafter mit Einlagen zwischen 250
  55. und 7.250 DM) verteilt wird, die ihren Gewinnanteil zu 60 % für die persönlichen
  56. Steuern, zu 10 % als langfristiges Darlehen an die KG und - bis zum Erreichen
  57. des 55. Lebensjahres - zu 30 % für die individuelle Altersversorgung und Vermögensbildung einzusetzen haben. Die der KG gewährten Darlehen haben eine Laufzeit von 18 Jahren und erbringen 4 % Zinsen p.a., die jährlich mit dem
  58. Gewinnanteil ausgeschüttet werden. Bei Beendigung der stillen Beteiligung, die
  59. -4-
  60. unter anderem mit dem Ende des Dienstverhältnisses zum Verlag endet, erhält
  61. der Gesellschafter lediglich den Nennwert seiner Einlage zurück.
  62. An Gewinnanteilen aus dieser Beteiligung erhielt der Antragsgegner
  63. 1993 67.000 DM, 1994 rund 32.000 DM, 1995 rund 21.000 DM, 1996
  64. 18.000 DM und 1997 knapp 27.000 DM. Seine Darlehensforderung gegenüber
  65. der KG war zum Stichtag auf den vorstehend bereits berücksichtigten Betrag
  66. von 35.054 DM angewachsen.
  67. Im Scheidungsverfahren haben die Parteien am 6. September 1994 einen Unterhaltsvergleich geschlossen und dabei ausdrücklich zur Vergleichsgrundlage gemacht, daß 70 % der Nettobeträge der dort als "Tantiemen" bezeichneten Gewinnanteile als unterhaltsrelevantes Einkommen des Antragsgegners angesetzt werden.
  68. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, die stille Beteiligung sei auf der
  69. Grundlage des voraussichtlichen Ertrags bei einer vom Stichtag an gerechneten
  70. Betriebszugehörigkeit des Antragsgegners von 15 Jahren und 7 Monaten bis
  71. zur Vollendung des 65. Lebensjahres mit mindestens 200.000 DM anzusetzen,
  72. während der Antragsgegner nur den Nennwert von 7.250 DM für maßgeblich
  73. hält, da er bei seinem Ausscheiden nur diesen zurückerhalte.
  74. Das Amtsgericht hat die Beteiligung auf der Grundlage eines eingeholten
  75. Sachverständigengutachtens mit 168.480 DM bewertet und der Antragstellerin
  76. insgesamt 66.540,34 DM Zugewinnausgleich zugesprochen.
  77. Auf die Berufung des Antragsgegners hat das Berufungsgericht, das die
  78. Beteiligung nur mit dem Nennwert bewertet, dem Zahlungsantrag in Höhe von
  79. (52.437,47 DM + 7.250,00 DM - 9.756,96 DM) : 2 = 24.965,26 DM stattgegeben
  80. und den weitergehenden Zahlungsanspruch, auch soweit er mit der Anschluß-
  81. -5-
  82. berufung der Antragstellerin geltend gemacht wurde, abgewiesen. Dagegen
  83. richtet sich die (zugelassene) Revision der Antragstellerin, mit der sie ihr zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt.
  84. Entscheidungsgründe:
  85. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
  86. Zutreffend weist das Berufungsgericht auf die Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile BGHZ 75, 195 = FamRZ 1980, 37 ff. sowie vom
  87. 25. November 1998 - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361) zur Bewertung unveräußerlicher Unternehmensbeteiligungen im Zugewinnausgleich hin. Danach ist
  88. in Fällen, in denen der Gesellschafter bei seinem Ausscheiden nur eine geringere Abfindung erhält, als sie dem anteiligen Unternehmenswert entspricht,
  89. grundsätzlich nicht nur dieser Abfindungswert zugrunde zu legen, sondern auch
  90. der in der Vergangenheit aufgebaute und am Stichtag vorhandene Nutzungswert zu bemessen, den die Beteiligung für den Inhaber hat (vgl. ferner Senatsurteil vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 69/85 - FamRZ 1986, 1196, 1197). Die eingeschränkte Verfügbarkeit der Beteiligung ist insoweit allenfalls wertmindernd
  91. zu berücksichtigen.
  92. Das Berufungsgericht legt indes mit umfangreicher Begründung dar, diese Bewertung werde den Besonderheiten der hier zu beurteilenden Mitarbeiterbeteiligung nicht gerecht. Deren Bestand und Höhe sei nämlich untrennbar mit
  93. dem Arbeitsverhältnis des Antragsgegners verknüpft; zudem seien die Gewinnanteile bis 1975 als Gehaltsbestandteile und erst danach als Kapitalerträge zu
  94. versteuern gewesen. Die geänderte steuerliche Behandlung der Erträge recht-
  95. -6-
  96. fertige es nicht, diese zivilrechtlich anders zu beurteilen als zuvor, nämlich
  97. - bezogen auf den Stichtag - als künftiges Arbeitseinkommen, welches nicht
  98. dem Zugewinn unterliege.
  99. Für diese Beurteilung spricht, daß der im Zugewinnausgleich zu berücksichtigende Nutzungswert sich auf die am Stichtag vorhandenen Nutzungsmöglichkeiten beschränkt - so etwa bei einer Beteiligung an einer freiberuflichen
  100. Praxis die Nutzung eines Mandantenstammes - und nicht etwa künftig zu erzielende Gewinne zu kapitalisieren und hinzuzurechnen sind (vgl. Senatsurteil
  101. vom 25. November 1998 aaO 363), während sich im vorliegenden Fall ein den
  102. Abfindungsbetrag übersteigender objektiver Wert der stillen Beteiligung des
  103. Antragsgegners allein aus der Aussicht ergibt, auch künftig am Gewinn der Mitarbeiter-KG beteiligt zu werden. Anders als in dem Fall, der dem Senatsurteil
  104. BGHZ 75 aaO zugrundelag, wird die durch die Abfindungsklausel bedingte
  105. Wertminderung der stillen Beteiligung auch nicht durch die Chance kompensiert, beim Ausscheiden eines anderen Gesellschafters davon zu profitieren,
  106. daß auch dieser nur den Abfindungsbetrag erhält und der darüber hinausgehende wirkliche Wert seiner Beteiligung den verbleibenden Gesellschaftern zugute kommt. Denn das Ausscheiden von Gesellschaftern aus der MitarbeiterKG wird nach dem Beteiligungskonzept dadurch kompensiert, daß jüngere Mitarbeiter als neue Gesellschafter in die KG eintreten, ohne hierfür ein Entgelt an
  107. die Gesellschaft zu entrichten.
  108. Es bedarf jedoch letztlich keiner Entscheidung, ob die tatrichterliche Bewertung der stillen Beteiligung an der fraglichen Mitarbeiter-KG durch das Berufungsgericht der revisionsrechtlichen Prüfung generell standhält. Ihre Bewertung mit dem Abfindungsbetrag erweist sich nämlich im vorliegenden Fall schon
  109. deshalb als gerechtfertigt, weil die Parteien die nach dem Stichtag anfallenden
  110. Gewinnanteile des Antragsgegners als zusätzliches unterhaltsrelevantes Ar-
  111. -7-
  112. beitseinkommen ("Tantiemen") in ihren Unterhaltsvergleich einbezogen haben.
  113. Dies ist im Rahmen der Privatautonomie der Parteien (§§ 1408 Abs. 1, 127a
  114. BGB) zu respektieren und erscheint angesichts der im vorliegenden Rechtsstreit zutage getretenen Bewertungsschwierigkeiten jedenfalls sachgerecht, da
  115. der Unterhaltsbetrag, zu dessen Zahlung sich der Antragsgegner verpflichtet
  116. hat, einer unerwarteten Entwicklung der Gewinnanteile in den Folgejahren angepaßt werden kann, während eine Bewertung im Zugewinnausgleich, die auf
  117. einer Prognose der künftigen Gewinnentwicklung beruht, nach Durchführung
  118. des Zugewinnausgleichs auch dann nicht mehr rückgängig gemacht werden
  119. kann, wenn sich diese Prognose in der Folgezeit als verfehlt erweist.
  120. Der von den Parteien vereinbarte unterhaltsrechtliche Ausgleich der
  121. künftigen Gewinnanteile steht jedenfalls dem von der Antragstellerin begehrten
  122. Ausgleich eines den Abfindungswert der Beteiligung übersteigenden Zugewinns
  123. entgegen. Zu Recht wendet die Revisionserwiderung ein, andernfalls partizipiere die Antragstellerin an der Beteiligung des Antragsgegners in zweifacher Weise, nämlich vorab im Zugewinnausgleich an dem durch die künftigen Gewinnerwartungen geprägten Vermögenswert der Beteiligung und sodann im Wege
  124. des Unterhalts nochmals an jenen nunmehr als Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigenden Gewinnanteilen.
  125. Eine solche zweifache Teilhabe widerspräche dem Grundsatz, daß ein
  126. güterrechtlicher Ausgleich nicht stattzufinden hat, soweit eine Vermögensposition bereits auf andere Weise, sei es unterhaltsrechtlich oder im Wege des Versorgungsausgleichs, ausgeglichen wird. Für das Verhältnis zwischen Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich ergibt sich dies bereits aus § 1587
  127. Abs. 3 BGB. Für das Verhältnis zwischen Unterhalt und Zugewinnausgleich
  128. kann nichts anderes gelten, auch wenn es insoweit an einer ausdrücklichen
  129. gesetzlichen Regelung fehlt.
  130. -8-
  131. So wäre es beispielsweise unbillig, einen Ehegatten auch güterrechtlich
  132. an einer dem anderen Ehegatten vor dem Stichtag ausgezahlten Arbeitnehmerabfindung teilhaben zu lassen, soweit er daran bereits durch die Gewährung des unter Einbeziehung dieser insoweit als Einkommen behandelten Abfindung bemessenen Unterhalts partizipiert (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2000,
  133. 611, 612; Klingelhöffer BB 1997, 2216, 2217). Auf dem gleichen Gedanken beruht auch die Erwägung, daß der Ehegatte, der im Anwaltshaftungsprozeß
  134. Schadensersatz wegen einer aufgrund falscher Beratung im Zugewinnausgleich
  135. nicht geltend gemachten Vermögensposition des anderen Ehegatten verlangt,
  136. sich darauf gegebenenfalls den Vorteil anrechnen lassen muß, der sich aus
  137. einer Berücksichtigung dieser Position in einem Unterhaltsvergleich ergibt (vgl.
  138. BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 37/97 - FamRZ 1998, 362, 364).
  139. Auch außerhalb des Güterrechts ist eine doppelte Teilhabe eines Ehegatten an
  140. geldwerten Positionen des anderen nicht gerechtfertigt; so kann etwa neben
  141. einem rechtskräftig titulierten Trennungsunterhalt, bei dem der Nutzungsvorteil
  142. mietfreien Wohnens in der bisherigen Ehewohnung dem unterhaltspflichtigen
  143. Ehegatten bereits als Einkommen zugerechnet worden ist, nicht für den gleichen Zeitraum ein Nutzungsentgelt verlangt werden (vgl. Senatsurteil vom
  144. 11. Dezember 1985 - IVb ZR 83/84 - FamRZ 1986, 436, 437; Hahne FF 1999,
  145. 99, 103).
  146. Hahne
  147. Sprick
  148. Fuchs
  149. Weber-Monecke
  150. Ahlt