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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XII ZR 346/00
  5. Verkündet am:
  6. 2. Oktober 2002
  7. Küpferle,
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in der Familiensache
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. KindUG Art. 5 § 3 Abs. 2; ZPO §§ 323, 654
  18. Zur Abgrenzung der Abänderungsklage nach § 323 ZPO zu der Korrekturklage nach
  19. § 654 ZPO in Fällen des übergangsrechtlichen Dynamisierungsverfahrens von Unterhaltstiteln nach Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG.
  20. BGH, Urteil vom 2. Oktober 2002 - XII ZR 346/00 - OLG Stuttgart
  21. AG Freudenstadt
  22. -2-
  23. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  24. vom 2. Oktober 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
  25. Weber-Monecke, Fuchs, Dr. Ahlt und Dr. Vézina
  26. für Recht erkannt:
  27. Die Revision gegen das Urteil des 17. Zivilsenats - Familiensenat des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. November 2000 wird
  28. auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
  29. Von Rechts wegen
  30. Tatbestand:
  31. Der Kläger verlangt die Herabsetzung des Unterhalts, den er aufgrund
  32. einer im vereinfachten Verfahren nach Art. 5 § 3 KindUG geänderten Jugendamtsurkunde an den Beklagten zu zahlen hat.
  33. Der am 23. März 1987 geborene Beklagte, ist der Sohn des Klägers aus
  34. einer nichtehelichen Beziehung. Er ist Schüler und wohnt bei seiner Mutter, die
  35. ihn betreut und versorgt. Der Kläger ist verheiratet. Aus seiner Ehe ist ein 1991
  36. geborenes Kind hervorgegangen. Die Ehefrau des Klägers ist Lehrerin im öffentlichen Dienst.
  37. Der Kläger ist Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter einer GmbH,
  38. die eine Fahrschule betreibt. Sein Gehalt belief sich 1999 auf 4.000 DM (= rund
  39. 2.045
  40.   
  41. -3-
  42. 1987 verpflichtete sich der Kläger in einer Jugendamtsurkunde, an den
  43. Beklagten den Regelunterhalt zuzüglich eines Betrages von 40 % zu bezahlen.
  44. Eine vom Kläger hiergegen erhobene Abänderungsklage wurde 1990 durch
  45. Urteil des Amtsgerichtes als unbegründet abgewiesen. Die Berufung des Klägers hiergegen wurde vom Landgericht zurückgewiesen.
  46. Am 22. Dezember 1995 verpflichtete sich der Kläger in Ersetzung des
  47. früheren Unterhaltstitels durch Urkunde des Jugendamts, an den Beklagten den
  48. Regelunterhalt zuzüglich eines Zuschlags von 27 % bis zur Vollendung des
  49. 18. Lebensjahres zu bezahlen. Hierauf wurde das von der Mutter bezogene
  50. Kindergeld zur Hälfte angerechnet. Der Kläger unterwarf sich außerdem der
  51. sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde.
  52. Auf Antrag des Beklagten änderte das Amtsgericht mit Beschluß vom
  53. 19. Oktober 1999 die Urkunde vom 22. Dezember 1995 gemäß Art. 5 § 3
  54. KindUG dahingehend ab, daß der Kläger an den Beklagten ab 1. Juli 1999 monatlich 127 % des jeweiligen Regelbetrags der 3. Altersstufe gemäß § 1 der
  55. Regelbetrag-Verordnung abzüglich anzurechnendes hälftiges Kindergeld für ein
  56. erstes Kind als Unterhalt zu bezahlen hat. Vor Rechtskraft des Beschlusses
  57. erhob der Kläger gegen den Beklagten gemäß § 654 ZPO Klage mit dem Ziel,
  58. daß der monatliche Unterhalt ab 1. Juli 1999 auf 46 % des jeweiligen Regelbetrags der 3. Altersstufe herabgesetzt werde, da er bei einem monatlichen NettoEinkommen von 1.900 DM, einem Eigenbedarf von monatlich 1.500 DM und
  59. einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber zwei Kindern nicht mehr als 235 DM
  60. bezahlen könne.
  61. Das Familiengericht hat die Klage nach § 654 ZPO für zulässig erachtet
  62. und den Beschluß vom 19. Oktober 1999 dahingehend abgeändert, daß der
  63. Kläger vom 1. Juli 1999 an monatlich nur mehr 100 % des jeweiligen Regelbe-
  64. -4-
  65. trags abzüglich anzurechnendes hälftiges Kindergeld für ein erstes Kind zu bezahlen habe. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Gegen dieses Urteil
  66. hat der Beklagte Berufung mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung eingelegt. Der Kläger hat im Wege einer unselbständigen Anschlußberufung vom
  67. 1. Juli 1999 an die Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung auf monatlich
  68. 80 % des jeweiligen Regelbetrags abzüglich des anteiligen Kindergelds in Höhe
  69. von 84 DM begehrt.
  70. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, die GmbH habe in den zurückliegenden Jahren nur Verluste erwirtschaftet. Dies sei bei Errichtung der Jugendamtsurkunde nicht absehbar gewesen. Der Konkurs der GmbH habe nur durch
  71. die Veräußerung von Fahrzeugen und durch eine Vereinbarung mit den Banken
  72. abgewendet werden können, wonach er sich von seinem Brutto-Gehalt von
  73. 4.000 DM nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben lediglich 1.000 DM ausbezahle und den Rest der GmbH als Darlehen zur Verfügung stelle. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Beklagten das amtsgerichtliche Urteil
  74. geändert und die Klage abgewiesen. Die Anschlußberufung des Klägers hat es
  75. zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein mit der
  76. Anschlußberufung erstrebtes Ziel einer Herabsetzung des Unterhalts auf 80 %
  77. des Regelbetrags abzüglich des anteiligen Kindergelds weiter.
  78. -5-
  79. Entscheidungsgründe:
  80. Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.
  81. I.
  82. Das Oberlandesgericht, dessen Urteil in FamRZ 2001, 767 abgedruckt
  83. ist, hat ausgeführt, der Kläger könne im vorliegenden Fall im Rahmen einer
  84. Klage nach § 654 ZPO weder geltend machen, er sei in Höhe des festgesetzten
  85. Unterhalts von 127 % des Regelbetrages nicht leistungsfähig, noch könne er
  86. damit gehört werden, daß der unterhaltsrechtliche Bedarf des Beklagten nicht
  87. höher zu veranschlagen sei als der Regelbetrag. Zwar verweise Art. 5 § 3
  88. KindUG, aufgrund dessen Abs. 1 der Beschluß vom 19. Oktober 1999 ergangen ist, in Abs. 2 für das Verfahren auch auf § 654 ZPO. Sinn und Zweck der
  89. Abänderungsklage nach § 654 ZPO bestehe jedoch darin, die pauschale Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren nach §§ 645 ff. ZPO den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls anzupassen. Dieses Bedürfnis bestehe
  90. nicht, wenn die Unterhaltshöhe in dem Verfahren, das zu dem nach Art. 5 § 3
  91. Abs. 1 KindUG anzupassenden Titel geführt habe, bereits geprüft worden sei.
  92. Würde man § 654 ZPO in diesen Fällen dennoch anwenden, wäre die Umstellung statischer Alttitel im Verfahren nach Art. 5 § 3 KindUG für den Unterhaltsberechtigten mit erheblichen Risiken verbunden, weil dem Unterhaltsschuldner
  93. dann eine Abänderungsmöglichkeit ohne Bindung an die Grundlagen des ursprünglichen Titels eröffnet wäre. Eine solche Verschlechterung der Rechtsposition der unterhaltsberechtigten Kinder habe der Gesetzgeber mit dem Erlaß
  94. des Kindesunterhaltsgesetzes nicht beabsichtigt. Die Bezugnahme auf § 654
  95. ZPO in Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG sei daher mißverständlich. Festzuhalten sei
  96. -6-
  97. vielmehr, daß ein Unterhaltsschuldner, der sich in einer vollstreckbaren Urkunde zur Zahlung von Unterhalt in einer bestimmten Höhe verpflichtet habe, sich
  98. von dem hierin liegenden Anerkenntnis nicht durch Erhebung einer Klage nach
  99. § 654 ZPO befreien könne. Deshalb könnten Einwendungen des Unterhaltsschuldners, die bereits vor der Umstellung gemäß Art. 5 § 3 Abs. 1 KindUG
  100. entstanden seien und nicht mit dieser Umstellung zusammenhingen, nicht mittels einer Klage nach § 654 ZPO geltend gemacht werden. Die Klage sei daher
  101. in eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO umzudeuten. Diese sei jedoch unbegründet, weil der Kläger nicht den Nachweis geführt habe, daß ihm die Fortzahlung des titulierten Unterhalts unzumutbar sei.
  102. II.
  103. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
  104. 1. Entgegen der Meinung der Revision ist die auf § 654 ZPO gestützte
  105. Klage unzulässig. Der Kläger kann in dieser Klageart nicht die Herabsetzung
  106. des Unterhalts verlangen, den er bereits aufgrund der nach Art. 5 § 3 Abs. 1
  107. KindUG anzupassenden Jugendamtsurkunde vom 22. Dezember 1995 zu bezahlen hatte und deren Abänderung er vor der Anpassung klageweise nur im
  108. Rahmen von § 323 ZPO hätte erreichen können.
  109. Richtig ist zwar, worauf die Revision zu Recht hinweist, daß Art. 5 § 3
  110. Abs. 2 KindUG für das in Abs. 1 angesprochene Verfahren auf § 654 ZPO verweist. Auch kann nach § 654 ZPO der Unterhaltsschuldner, sofern eine Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren gemäß § 649 Abs. 1 oder § 653
  111. Abs. 1 ZPO rechtskräftig erfolgt ist, die Herabsetzung des Unterhalts verlangen,
  112. -7-
  113. ohne auf bestimmte Einwendungen beschränkt zu sein. Wird die Klage nach
  114. § 654 ZPO innerhalb eines Monats nach Rechtskraft der Unterhaltsfestsetzung
  115. erhoben, kann diese auch rückwirkend abgeändert werden. Eine wesentliche
  116. Veränderung der Verhältnisse muß in keinem Fall vorliegen (vgl. Zöller/Philippi,
  117. 23. Aufl. § 654 ZPO Rdn. 2 a; Musielak/Borth, 3. Aufl. § 654 ZPO Rdn. 1).
  118. Die Verweisung in Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG auf § 654 ZPO bedeutet jedoch nicht, daß auch im Rahmen des vereinfachten Verfahrens nach Art. 5 § 3
  119. Abs. 1 KindUG die Vorschrift des § 654 ZPO uneingeschränkt ohne Rücksicht
  120. darauf zur Anwendung kommt, welche Titel angepaßt werden sollen.
  121. Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Meinung der Revision - nicht
  122. aus dem Wortlaut der Verweisungsnorm. Diese ordnet nämlich lediglich die
  123. entsprechende Anwendung des § 654 ZPO an. Daraus aber ist zu schließen,
  124. daß im Verfahren nach Art. 5 § 3 Abs. 1 KindUG die Bestimmung des § 654
  125. ZPO nur soweit angewandt werden soll, wie dies nach Sinn und Zweck der
  126. Vorschriften gerechtfertigt ist.
  127. Der Zweck des § 654 ZPO erschließt sich aus seiner Bedeutung im
  128. Rahmen des vereinfachten Verfahrens nach §§ 645 ff. ZPO. Dieses ermöglicht
  129. allen minderjährigen Kindern, in einem einfachen Verfahren schnell einen ersten Vollstreckungstitel gegen einen Elternteil zu erhalten, in dessen Haushalt
  130. sie nicht leben (vgl. Bericht des Rechtsausschusses vom 13. Januar 1998,
  131. BT-Drucks. 13/9596, S. 36; Musielak/Borth vor § 645 ZPO Rdn. 2). Dabei sind,
  132. um die erwünschte Schnelligkeit zu gewährleisten, Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten limitiert (vgl. Lipp/Wagenitz, Das neue Kindschaftsrecht § 654
  133. ZPO Rdn. 1): Im Verfahren nach §§ 645, 649 Abs. 1 ZPO kann der Unterhaltsgläubiger höchstens den 1 ½-fachen Regelbetrag fordern (§ 645 Abs. 1 ZPO);
  134. der Unterhaltsschuldner kann Einwendungen nur unter den engen Vorausset-
  135. -8-
  136. zungen des § 648 ZPO vorbringen. Im Verfahren nach § 653 Abs. 1 ZPO, das
  137. in Kindschaftssachen nach § 640 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Anwendung kommt,
  138. kann das Kind Unterhalt nur bis zur Höhe des Regelbetrags geltend machen;
  139. der Vater ist mit dem Einwand mangelnder oder eingeschränkter Leistungsfähigkeit vollends ausgeschlossen. Die Unterhaltsfestsetzungen nach § 649
  140. Abs. 1 bzw. § 653 Abs. 1 ZPO, auf deren Korrektur sich § 654 ZPO allein bezieht, erfolgen somit zwangsläufig in pauschaler Weise. Dies erfordert ein Verfahren, in dem die Parteien die Schaffung eines Unterhaltstitels herbeiführen
  141. können, der ihren jeweiligen individuellen Verhältnissen entspricht. Dem dient
  142. die Korrekturklage des § 654 ZPO, die einerseits dem Unterhaltsschuldner die
  143. Möglichkeit gibt, den Unterhalt auf den Betrag herabsetzen zu lassen, der dem
  144. Kind nach den individuellen Verhältnissen zusteht, und andererseits auch dem
  145. Kind die Heraufsetzung des Unterhalts erlaubt.
  146. Das Dynamisierungsverfahren nach Art. 5 § 3 Abs. 1 KindUG entspricht
  147. dem vereinfachten Verfahren nach §§ 645 ff. ZPO nur insoweit, als die Dynamisierung als solche betroffen ist: Urteile, Beschlüsse und andere Schuldtitel im
  148. Sinne des § 794 ZPO, zu denen auch Jugendamtsurkunden zu rechnen sind
  149. (vgl. § 60 SGB VIII), können auf Antrag mit Wirkung für die Zukunft dahingehend abgeändert werden, daß die Unterhaltsrente entsprechend §§ 1612 a ff.
  150. BGB in Prozentsätzen der jeweils maßgebenden Regelbeträge festgesetzt wird.
  151. Hiergegen kann sich der Schuldner wie im vereinfachten Verfahren nach § 645
  152. ff. ZPO nur in eingeschränktem Umfang wehren. Er kann insbesondere, was
  153. aus der entsprechenden Anwendung der §§ 646 bis 648 Abs. 1 und 3 ZPO
  154. folgt, nicht geltend machen, daß er, wenn die in Art. 5 § 1 KindUG vorgesehene
  155. Dynamisierung zu einer betragsmäßigen Erhöhung seiner Unterhaltspflicht
  156. führt, mangels Leistungsfähigkeit nicht zur Zahlung in der Lage sei. Diesen
  157. Einwand geltend zu machen, ermöglicht dem Unterhaltsschuldner erst die in
  158. Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG angeordnete Verweisung auf § 654 ZPO, dessen An-
  159. -9-
  160. wendung insoweit aus den gleichen Gründen geboten ist wie im vereinfachten
  161. Verfahren nach §§ 645 ff. ZPO.
  162. Hingegen widerspräche es Sinn und Zweck der Korrekturklage des § 654
  163. ZPO, sie auch gegen eine Unterhaltsfestsetzung zuzulassen, die unabhängig
  164. von der späteren Dynamisierung in einem Unterhaltsurteil, einem Vergleich
  165. oder einer Jugendamtsurkunde erfolgt ist. Denn insoweit sind die individuellen
  166. Verhältnisse der Parteien - anders als bei Unterhaltsfestsetzungen nach § 649
  167. Abs. 1 und § 653 Abs. 1 ZPO - entweder bereits berücksichtigt, oder der Unterhaltsschuldner ist, worauf das Oberlandesgericht zu Recht hinweist, an sein in
  168. der Jugendamtsurkunde abgegebenes Anerkenntnis gebunden. Sinn und
  169. Zweck des § 654 ZPO ist es, eine erstmalige pauschalierte Unterhaltsfestsetzung zu korrigieren. Diese Voraussetzungen für die Anwendung der Vorschrift
  170. liegen im Verfahren nach Art. 5 § 3 KindUG jedoch nur in bezug auf die Dynamisierung selbst, nicht aber hinsichtlich der Unterhaltsfestsetzung in den genannten Alttiteln vor. Aus diesem Grund ist die Anordnung der entsprechenden
  171. Anwendung des § 654 ZPO in Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG so auszulegen, daß sie
  172. sich ausschließlich auf das Verfahren der Dynamisierung im engen Sinne bezieht. Dies bedeutet, der Schuldner kann im Wege der Korrekturklage äußerstenfalls erreichen, daß die nach Art. 5 § 3 Abs. 1 KindUG erfolgte Dynamisierung wieder entfällt.
  173. Dagegen kann der ursprüngliche Vollstreckungstitel, der bis zu seiner
  174. Dynamisierung nur im Rahmen von § 323 ZPO abänderbar war, nach der Dynamisierung nicht unter den erleichterten Voraussetzungen des § 654 ZPO korrigiert werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte des Art. 5 § 3 KindUG. In der Begründung der Bundesregierung zu § 3
  175. der Übergangsvorschrift ist ausgeführt, daß die Vorschrift ein vereinfachtes gerichtliches Verfahren zur Umstellung von Alttiteln über Kindesunterhalt vorsehe
  176. - 10 -
  177. und daß zur Geltendmachung der ausgeschlossenen Einwendung der Rechtsbehelf der Abänderungsklage nach § 654 ZPO zur Verfügung gestellt werde
  178. (BT-Drucks. 13/7338, S. 50). Damit sind ersichtlich Einwendungen gemeint, die
  179. sich gegen die Dynamisierung als solche richten. Hingegen kann aus diesen
  180. Ausführungen nicht geschlossen werden, daß mit der Verweisung auf § 654
  181. ZPO eine generelle Abänderungsmöglichkeit von Alttiteln geschaffen werden
  182. sollte, sobald eine Dynamisierung erfolgt sei. Dies gilt um so mehr, als die uneingeschränkte Anwendung des § 654 ZPO auf Alttitel dem mit Art. 5 § 3
  183. KindUG ersichtlich angestrebten Ziel einer Entlastung der Unterhaltsgläubiger
  184. und der Familiengerichtsbarkeit zuwiderliefe. Darüber hinaus ist, worauf auch
  185. das Oberlandesgericht zu Recht hingewiesen hat, kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb sich das Kind aufgrund der Stellung eines Dynamisierungsantrags der erleichterten Abänderung von Alttiteln ausgesetzt sehen sollte. Dies
  186. würde eine Verschlechterung der unterhaltsrechtlichen Position minderjähriger
  187. Kinder bedeuten, die der Intention des Gesetzgebers zuwider liefe, der mit dem
  188. Kindesunterhaltsgesetz die rechtliche Situation unterhaltsbedürftiger Kinder
  189. verbessern wollte (vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 FamRZ 2002, 536, 540).
  190. Da der Kläger nicht die Dynamisierung als solche angreift, sondern die
  191. Höhe des in der Jugendamtsurkunde festgesetzten Unterhaltsbetrags, ist seine
  192. auf § 654 ZPO gestützte Klage unzulässig.
  193. 2. Das Berufungsgericht hat, von der Revision unbeanstandet, die auf
  194. § 654 ZPO gestützte Klage zu Recht in eine solche nach § 323 ZPO umgedeutet. Die für eine Umdeutung erforderlichen Voraussetzungen lagen vor (vgl.
  195. Senatsurteile vom 6. November 1991 - XII ZR 240/90 - BGHR ZPO § 323, Umdeutung 1 und vom 29. April 1992 - XII ZR 40/91 - BGHR ZPO § 323, Umdeutung 2): Die Klage war eindeutig als solche nach § 654 ZPO erhoben. Eine be-
  196. - 11 -
  197. richtigende Auslegung schied daher aus. Die Klage auf Abänderung einer Jugendamtsurkunde ist nach § 323 ZPO zulässig (vgl. Senatsurteil vom 27. Juni
  198. 1984 - IV b ZR 21/83 - FamRZ 1984, 997). Auch hat der Kläger jedenfalls eine
  199. wesentliche Veränderung der Verhältnisse seit Errichtung der Urkunde behauptet. Weiter standen der Umdeutung weder der Parteiwille, noch schutzwürdige Interessen des Beklagten entgegen.
  200. Das Berufungsgericht hat die Abänderungsklage nach § 323 ZPO auch
  201. zu Recht als unbegründet abgewiesen, weil der Kläger nicht bewiesen hat, daß
  202. ihm die weitere Zahlung des festgesetzten Unterhalts unzumutbar ist.
  203. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß sich die Abänderung von Jugendamtsurkunden im Rahmen von § 323 ZPO nach materiellem
  204. Recht richtet. Da es sich um eine Abänderungsklage des Verpflichteten handelt,
  205. erfolgt die Festsetzung nicht frei von den Grundlagen des abzuändernden Titels. Das Berufungsgericht hat die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage angewandt, weil es - von der Revision unbeanstandet - davon ausging, daß die Parteien die Höhe des Unterhalts, zu dessen Zahlung sich der
  206. Kläger in der Jugendamtsurkunde verpflichtet hat (Regelunterhalt zuzüglich eines Zuschlages von 27 %), vorweg vereinbart hatten. Es ist gerechtfertigt, auf
  207. eine solche Jugendamtsurkunde, die auf einer Vereinbarung der Parteien beruht, wegen der Ähnlichkeit mit einer gerichtlichen oder notariellen Vereinbarung, die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage anzuwenden
  208. (vgl. Wendl/Thalmann Das Unterhaltsrecht in der gerichtlichen Praxis 5. Aufl.
  209. § 8 Rdn. 174; Graba Abänderung von Unterhaltstiteln 2. Aufl. Rdn. 257). Unter
  210. Anwendung dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht zu Recht darauf abgestellt, daß der Kläger nicht nachgewiesen hat, daß sich seine Leistungsfähigkeit nach der Zeit der Errichtung der Jugendamtsurkunde vermindert hat, sondern daß sich im Gegenteil die Verluste der GmbH, deren Geschäftsführer und
  211. - 12 -
  212. Gesellschafter der Kläger ist und von der er seit Jahren ein gleichbleibendes
  213. Gehalt bezieht, sich ständig vermindert haben.
  214. Die Revision rügt in diesem Zusammenhang lediglich, das Berufungsgericht sei davon ausgegangen, daß dem Kläger monatlich nur 1.000 DM ausbezahlt würden. Dann aber wäre er offensichtlich hinsichtlich des geforderten Unterhalts leistungsunfähig geworden, ohne Rücksicht darauf, daß er dem Finanzamt gegenüber weiterhin einen Brutto-Lohn von 4.000 DM angebe. Damit
  215. dringt die Revision nicht durch. Denn auf diesen von der Revision gerügten
  216. Ausführungen beruht das Berufungsurteil nicht (§ 549 ZPO a.F.). Vielmehr handelt es sich um Hilfserwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es zum
  217. Ausdruck bringen will, daß der Kläger in Höhe des zwischen den Parteien strittigen Unterhaltsbetrages Einkommensteuer sparen könnte, wenn er anstatt des
  218. Bezugs eines Brutto-Gehaltes von 4.000 DM und der Gewährung eines Darlehens an die GmbH, soweit sein Netto-Gehalt 1.000 DM übersteigt, gleich ein
  219. entsprechend niedrigeres Gehalt mit der GmbH vereinbarte. Damit hat das
  220. Oberlandesgericht die Darlehensbeträge, die der Kläger der GmbH gewährt,
  221. nicht etwa als Aufwendungen angesehen, die unterhaltsrechtlich seine Leistungsfähigkeit herabsetzen würden.
  222. Schließlich rügt die Revision eine Verletzung des § 286 ZPO, weil das
  223. Berufungsgericht die Möglichkeit eines Wechsels des Klägers in ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis als Fahrlehrer ohne Würdigung des Sachvortrags
  224. des Klägers bejaht habe. Auch diese Rüge hat keinen Erfolg. Die Ausführungen
  225. des Berufungsgerichts zum möglichen Stellenwechsel des Klägers sind ebenfalls lediglich Hilfserwägungen, auf denen das Urteil nicht beruht (§ 549 ZPO
  226. a.F.). Darüber hinaus brauchte das Berufungsgericht nicht weiter auf die Behauptungen des Klägers einzugehen, er könne als angestellter Fahrlehrer monatlich allenfalls 2.000 DM brutto verdienen. Denn bei seiner eigenen Schät-
  227. - 13 -
  228. zung hat es ersichtlich auf die vom Beklagten vorgelegte Auskunft des Fahrlehrerverbandes vom 28. Dezember 1999 abgestellt, wonach ein Fahrlehrer im
  229. 3. Berufsjahr wenigstens 4.200 DM verdiene. Auch mußte das Berufungsgericht
  230. nicht ausdrücklich zum Vortrag des Klägers Stellung nehmen, er könne wegen
  231. der erheblichen Verbindlichkeiten der GmbH diese nicht einfach liquidieren.
  232. Denn gerade die vom Kläger behauptete sehr schlechte finanzielle Situation der
  233. GmbH, in der der Kläger nichts verdient, stellt den Grund dar, weshalb ihm - wie
  234. das Oberlandesgericht ausführt - notfalls ein Wechsel in ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis obliegt.
  235. Hahne
  236. Weber-Monecke
  237. Ahlt
  238. Fuchs
  239. Bundesrichterin Frau Dr. Vézina ist
  240. krankheitsbedingt verhindert zu
  241. unterschreiben.
  242. Hahne