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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- XII ZB 242/15
- vom
- 11. November 2015
- in dem Rechtsstreit
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- Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. November 2015 durch
- den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
- Dr. Klinkhammer, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
- beschlossen:
- Die Rechtsbeschwerden gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats
- des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. April 2015 werden auf
- Kosten des Klägers und der weiteren Beteiligten zu 3 zurückgewiesen.
- Beschwerdewert: 2.555 €
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- Gründe:
- I.
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- Die Beteiligten streiten um die Kostenfestsetzung aus einem rechtskräftig
- abgeschlossenen Rechtsstreit.
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- Der Kläger führte gegen die vier Beklagten einen auf Zahlung von Miete
- gerichteten Rechtsstreit. Den Beklagten zu 1 und 2 wurde für das Revisionsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beteiligten zu 2 bewilligt.
- Durch Endurteil wurden dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens auferlegt. Mit Schriftsatz vom 8. August 2006 hat der Beteiligte zu 2 gemäß § 126
- ZPO die Festsetzung der an ihn zu erstattenden Gebühren und Auslagen des
- Revisionsverfahrens in Höhe von 4.755,30 € abzüglich der durch Prozesskostenhilfe bereits ausgezahlten Gebühren beantragt.
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- 3
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- Durch
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- Beschluss
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- des
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- Amtsgerichts
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- - Vollstreckungsgericht -
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- vom
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- 3. August 2007 wurden aufgrund eines anderweitigen Titels die angeblichen
- Kostenerstattungsansprüche der Beklagten gegen den Kläger zu Gunsten der
- Beteiligten zu 3 gepfändet und ihr zur Einziehung überwiesen. Die Beteiligte zu
- 3 hat daraufhin die Festsetzung zu ihren Gunsten beantragt.
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- Das Landgericht hat zugunsten des Beteiligten zu 2 Kosten in Höhe von
- 2.963,22 € nebst Zinsen gegen den Kläger festgesetzt und den weiteren Festsetzungsantrag der Beteiligten zu 3 zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht
- hat der Beschwerde des Klägers hinsichtlich der festgesetzten Umsatzsteuer
- stattgegeben und seine weitergehende Beschwerde sowie die Beschwerde der
- Beteiligten zu 3 zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die zugelassenen
- Rechtsbeschwerden des Klägers und der Beteiligten zu 3.
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- II.
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- Die Rechtsbeschwerden sind nicht begründet.
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- 1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Der Beteiligte zu 2 sei gemäß § 126 ZPO aus eigenem Recht berechtigt, die zu seinen Gunsten entstandenen und nicht als Prozesskostenvergütung
- aus der Staatskasse erstatteten Gebühren - also die Differenz zwischen Wahlanwaltsvergütung und Prozesskostenhilfevergütung - gegen den nach der Kostengrundentscheidung kostenverpflichteten Kläger geltend zu machen. § 126
- Abs. 1 ZPO gewähre dem beigeordneten Rechtsanwalt ein eigenes, originäres
- Beitreibungsrecht hinsichtlich der in seiner Person entstandenen Vergütungsansprüche bzw. der hierauf gerichteten Kostenerstattungsansprüche der von
- ihm vertretenen Partei, aufgrund dessen der beigeordnete Anwalt den Kosten-
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- erstattungsanspruch in Höhe seiner nicht aus der Staatskasse erstatteten Gebührenansprüche und Auslagen gegen den kostenverpflichteten Prozessgegner
- durchsetzen könne. Dem beigeordneten Rechtsanwalt räume § 126 ZPO dabei
- eine ähnliche Rechtsstellung ein wie demjenigen Gläubiger, dem eine gepfändete Forderung zur Einziehung überwiesen worden sei. Wegen der verstrickungsähnlichen Wirkung des § 126 ZPO stehe dem Beitreibungsrecht des
- Rechtsanwalts auch nicht die von der Beteiligten zu 3 ausgebrachte Pfändung
- des Kostenerstattungsanspruchs der obsiegenden Partei entgegen, zumal die
- Pfändung erst nach der Anmeldung des Anspruchs gemäß § 126 ZPO erwirkt
- worden sei.
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- Dem Beteiligten zu 2 seien Gebührenansprüche in Höhe von insgesamt
- 4.099,40 € netto entstanden, auf die von der Staatskasse bereits 1.544,90 € als
- Prozesskostenhilfevergütung erstattet worden seien, sodass ein vom Gegner
- noch zu erstattender Betrag in Höhe von 2.554,50 € netto verbleibe. Umsatzsteuer auf diesen Betrag könne nicht gegen den Kläger festgesetzt werden, weil
- die vom Beteiligten zu 2 vertretene Partei selbst vorsteuerabzugsberechtigt sei
- und der Beteiligte zu 2 die Umsatzsteuer deshalb gegen die eigene Partei geltend machen müsse.
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- 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
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- a) Zu Recht hat das Oberlandesgericht die nach Abzug der Prozesskostenhilfevergütung noch zu erstattende Wahlanwaltsvergütung zugunsten des
- Beteiligten zu 2 (Prozessbevollmächtigter) und nicht zugunsten der Beteiligten
- zu 3 (Pfändungsgläubigerin) festgesetzt.
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- aa) Gemäß § 126 Abs. 1 ZPO sind die für die Partei bestellten Rechtsanwälte berechtigt, ihre Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten
- verurteilten Gegner im eigenen Namen beizutreiben. Wie der Bundesgerichts-
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- hof bereits entschieden hat (BGHZ 5, 251, 253; BGH Beschluss vom
- 20. November 2012 - VI ZB 64/11 - FamRZ 2013, 201 Rn. 8), räumt die Vorschrift dem beigeordneten Rechtsanwalt ein selbständiges Beitreibungsrecht
- ähnlich einem Überweisungsgläubiger (§§ 835 f. ZPO) ein. Dem Rechtsanwalt
- ist damit die Einziehung des Kostenerstattungsanspruchs seiner Partei als Prozessstandschafter übertragen (Senatsbeschluss vom 14. Februar 2007 - XII ZB
- 112/06 - FamRZ 2007, 710 Rn. 11; BGH Beschluss vom 9. Juli 2009 - VII ZB
- 56/08 - FamRZ 2009, 1577 Rn. 4).
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- bb) Gemäß § 126 Abs. 2 ZPO ist eine Einrede gegen den Anspruch aus
- der Person der Partei nicht zulässig. Der Gegner kann (nur) mit Kosten aufrechnen, die nach der in demselben Rechtsstreit über die Kosten erlassenen
- Entscheidung von der Partei zu erstatten sind.
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- Mit dieser Regelung sollen dem beigeordneten Rechtsanwalt - über die
- Gebühren im Rahmen der Prozesskostenhilfe hinaus - seine Vergütungsansprüche gesichert werden (Senatsbeschluss vom 14. Februar 2007 - XII ZB
- 112/06 - FamRZ 2007, 710 Rn. 11). Der Ausschluss von Einreden aus der Person der Partei (sog. Verstrickung) tritt deshalb bereits mit der Entstehung des
- Kostenerstattungsanspruchs ein (OLG Schleswig JurBüro 1997, 368, 369;
- Musielak/Voit/Fischer ZPO 12. Aufl. § 126 Rn. 10; BeckOK ZPO/Kratz [Stand:
- 1. Juni 2015] § 126 Rn. 18) und ist so lange gerechtfertigt, wie der beigeordnete
- Rechtsanwalt die Kostenforderung noch im eigenen Namen geltend machen
- kann. Unerheblich ist demgegenüber, ob der Rechtsanwalt sein Beitreibungsrecht nach § 126 Abs. 1 ZPO im Zeitpunkt der Einwendung bereits ausgeübt
- hatte (Senatsbeschluss vom 14. Februar 2007 - XII ZB 112/06 - FamRZ 2007,
- 710 Rn. 12).
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- cc) Die von der Beteiligten zu 3 ausgebrachte Pfändung fällt auch unter
- den Begriff der "Einrede aus der Person der Partei", die gemäß § 126 Abs. 2
- ZPO nicht gegen den Anspruch erhoben werden kann.
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- Der Begriff der "Einreden" umfasst in diesem Zusammenhang alle Einwendungen aus Rechtsbeziehungen des Kostengläubigers, aus denen der Kostenschuldner eine Verteidigung gegen den Zahlungsanspruch herleiten kann,
- nicht nur Einreden im rechtstechnischen Sinne (Zöller/Geimer ZPO 30. Aufl.
- § 126 Rn. 14; Poller/Teubel/Steinberger Gesamtes Kostenhilferecht 2. Aufl.
- § 126 ZPO Rn. 20). Hierunter fallen etwa die Abtretung oder die Pfändung (vgl.
- Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 126 Rn. 8).
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- Die Partei ist nämlich im Falle der Beitreibung durch den Rechtsanwalt
- gemäß § 126 ZPO nicht mehr berechtigter Zahlungsempfänger. Diese Verfügungsbeschränkung wirkt gemäß §§ 135, 136 BGB zugunsten des Rechtsanwalts; ihm gegenüber ist eine etwaige Erfüllung der Kostenschuld durch Leistung an die Partei unwirksam (vgl. für den Fall der Forderungsüberweisung
- BGHZ 58, 25, 26 f. = NJW 1972, 428; BGHZ 82, 28, 31 = NJW 1982, 173, 174).
- Der Kostenschuldner wird dann von seiner Zahlungspflicht allein durch Leistung
- an den berechtigten Rechtsanwalt befreit. Zwar steht der Partei der Kostenerstattungsanspruch trotz des ihrem Rechtsanwalt gemäß § 126 ZPO eingeräumten Beitreibungsrechts weiterhin zu (Senatsbeschluss vom 14. Februar 2007
- - XII ZB 112/06 - FamRZ 2007, 710 Rn. 11; BGH Beschluss vom 9. Juli 2009
- - VII ZB 56/08 - FamRZ 2009, 1577 Rn. 4), weshalb er auch weiterhin der Forderungspfändung unterliegt. Die Pfändung geht dem gesetzlichen Einziehungsrecht des Rechtsanwalts jedoch aufgrund der durch § 126 Abs. 2 ZPO angeordneten, bereits mit dem Entstehen des Anspruchs eintretenden Verstrickungswirkung im Rang nach. Das eigene Einziehungsrecht des nachrangigen
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- Vollstreckungsgläubigers greift daher nur so weit, als ihm nicht das vorrangige
- Einziehungsrecht des Rechtsanwalts vorgeht.
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- b) Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 577
- Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von
- Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur
- Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
- Dose
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- Weber-Monecke
- Nedden-Boeger
-
- Klinkhammer
- Guhling
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- Vorinstanzen:
- LG Mannheim, Entscheidung vom 06.05.2014 - 8 O 93/99 OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 28.04.2015 - 15 W 118/14 -
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