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4.0 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. XII ZB 221/15
  4. vom
  5. 3. Februar 2016
  6. in der Betreuungssache
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2; FamFG § 68 Abs. 4
  14. Entscheidet das Beschwerdegericht in einer vom Gesetz dem Kollegium zugewiesenen Sache (hier: Betreuungssache) unbefugt durch den Einzelrichter, so liegt darin
  15. eine von Amts wegen zu berücksichtigende Verletzung des Verfassungsgebots des
  16. gesetzlichen Richters, die als absoluter Rechtsbeschwerdegrund zur Aufhebung der
  17. Entscheidung führt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 25. November 2015
  18. - XII ZB 105/13 - juris).
  19. BGH, Beschluss vom 3. Februar 2016 - XII ZB 221/15 - LG Hanau
  20. AG Hanau
  21. ECLI:DE:BGH:2016:030216BXIIZB221.15.0
  22. -2-
  23. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Februar 2016 durch den
  24. Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
  25. Dr. Klinkhammer, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
  26. beschlossen:
  27. Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der
  28. 3. Zivilkammer des Landgerichts Hanau vom 30. April 2015 aufgehoben.
  29. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch
  30. über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
  31. Wert: 1.056 €
  32. Gründe:
  33. I.
  34. 1
  35. Der Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Betreuer) hat im vorliegenden Verfahren die Festsetzung der Betreuervergütung für die Zeit vom 11. Februar 2014
  36. bis zum 10. Februar 2015 gegen die Staatskasse beantragt.
  37. 2
  38. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, weil die Betroffene mit
  39. einem Hausgrundstück über einsetzbares Vermögen verfüge und somit nicht
  40. mittellos sei. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen durch den Einzelrichter zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom
  41. Landgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Betroffenen.
  42. -3-
  43. II.
  44. 3
  45. Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
  46. 4
  47. Der angefochtene Beschluss leidet an einem Verfahrensmangel, denn er
  48. ist unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101
  49. Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen.
  50. 5
  51. Hat das Landgericht über eine Beschwerde in einer Betreuungssache
  52. nach §§ 58 ff. FamFG zu entscheiden, ist hierzu gemäß § 68 Abs. 4 Halbsatz 1
  53. FamFG i.V.m. § 75 GVG die mit drei Richtern besetzte Zivilkammer berufen
  54. (Senatsbeschluss vom 25. November 2015 - XII ZB 105/13 - juris Rn. 8; vgl.
  55. Keidel/Sternal FamFG 18. Aufl. § 68 Rn. 95). Eine originäre Einzelrichterzuständigkeit (etwa nach § 81 Abs. 6 Satz 1 GNotKG oder § 4 Abs. 7 Satz 1
  56. JVEG) kommt hier nicht in Betracht.
  57. 6
  58. Eine Übertragung auf den Einzelrichter nach § 68 Abs. 4 Halbsatz 1
  59. FamFG ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt, so dass dieser zur Entscheidung
  60. nicht berufen war. Der sich hieraus ergebende Verfahrensmangel ist von Amts
  61. wegen zu berücksichtigen. Zwar ist ein Verstoß gegen das Verfassungsgebot
  62. des gesetzlichen Richters grundsätzlich nur auf eine entsprechende Besetzungsrüge zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt aber eine Ausnahme im Fall der willkürlichen Zuständigkeitsüberschreitung des originären Einzelrichters, welche einen von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel darstellt (BGHZ 154, 200 = FamRZ 2003, 669,
  63. 671; Senatsbeschlüsse vom 25. November 2015 - XII ZB 105/13 - juris Rn. 9
  64. und vom 11. September 2003 - XII ZB 188/02 - FamRZ 2003, 1922).
  65. -4-
  66. 7
  67. Nichts anderes gilt, wenn der Einzelrichter in einer dem Kollegium zugewiesenen Sache ohne einen vorausgegangenen Übertragungsbeschluss der
  68. Kammer entscheidet. Denn auch in diesem Fall liegt eine willkürliche Zuständigkeitsüberschreitung vor. Da es an jeder Grundlage für eine Einzelrichterentscheidung fehlt, ist der Fall auch nicht mit einer etwa unzulässigen, aber bindenden Übertragung auf den Einzelrichter vergleichbar (dazu vgl. BGHZ 170,
  69. 180 = FamRZ 2007, 554).
  70. Dose
  71. Weber-Monecke
  72. Nedden-Boeger
  73. Klinkhammer
  74. Guhling
  75. Vorinstanzen:
  76. AG Hanau, Entscheidung vom 23.03.2015 - 20 XVII 837/09 LG Hanau, Entscheidung vom 30.04.2015 - 3 T 74/15 -