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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- XII ZB 138/12
- vom
- 31. Juli 2013
- in der Familiensache
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- Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2013 durch den Vorsitzenden
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- Richter
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- Dose,
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- die
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- Richterin
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- Dr.
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- Vézina
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- und
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- die
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- Richter
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- Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger
- beschlossen:
- Dem Antragsteller wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts
- Hamm vom 10. August 2010, ergänzt durch den Beschluss vom
- 17. Dezember 2010, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
- Die Rechtsbeschwerde gegen den vorgenannten Beschluss wird
- zurückgewiesen.
- Wert: 2.880 €
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- Gründe:
- I.
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- Der minderjährige Antragsteller hat für einen Antrag auf Kindesunterhalt
- gegen die Antragsgegnerin Verfahrenskostenhilfe beantragt. Die Antragsgegnerin bezog bereits vor Einleitung des Verfahrens Leistungen nach dem SGB II
- (Grundsicherung für Arbeitsuchende), daneben erzielt sie aus Berufstätigkeit
- monatlich 400 €, von denen ihr 160 € nicht auf die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende angerechnet worden sind. Der Antragsteller hat die
- Meinung vertreten, dass der Antragsgegnerin auch ihr weiteres Erwerbsein-
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- kommen von 240 € nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB II (nunmehr § 11 b
- Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II) anrechnungsfrei zu belassen sei, wenn sie an ihn
- Unterhalt zahle.
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- Das Amtsgericht hat die Verfahrenskostenhilfe abgelehnt. Die vom Antragsteller eingelegte Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.
- Auf Anhörungsrüge des Antragstellers hat es die Rechtsbeschwerde zugelassen, mit welcher dieser die Verfahrenskostenhilfebewilligung weiterverfolgt.
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- II.
- 3
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- Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft
- und auch sonst zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.
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- 1. Allerdings hat das Oberlandesgericht in unzulässiger Weise die Beantwortung einer rechtsgrundsätzlichen Frage in das Verfahrenskostenhilfeverfahren verlagert.
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- Ist das Beschwerdegericht in einem Verfahrenskostenhilfeverfahren der
- Auffassung, dass die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung von der Klärung einer in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte
- umstrittenen und höchstrichterlich noch nicht geklärten Rechtsfrage abhängt,
- muss es dem Beschwerdeführer beim Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen insoweit Verfahrenskostenhilfe bewilligen, und zwar auch dann, wenn
- es die Auffassung vertritt, dass die Rechtsfrage zu Ungunsten des Beschwerdeführers zu entscheiden ist (Senatsbeschlüsse vom 8. Mai 2013 - XII ZB 624/12 zur Veröffentlichung bestimmt; vom 17. März 2004 - XII ZB 192/02 - NJW 2004,
- 2022 und vom 12. Dezember 2012 - XII ZB 190/12 - FamRZ 2013, 369). Das
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- gilt ebenso, wenn das Beschwerdegericht auf eine Anhörungsrüge die Rechtsbeschwerde nachträglich zulässt, nachdem es erkannt hat, dass es sich um
- eine noch nicht geklärte Rechtsfrage handelt.
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- Die Begründung des Beschwerdegerichts, die Verfahrenskostenhilfebewilligung sei nicht der gebotene Weg, weil es sich dabei um einen zeitraubenden Umweg handele, verkehrt nicht nur den von ihm erkannten Grundsatz in
- sein Gegenteil, sondern verkennt auch, dass der Bundesgerichtshof als
- Rechtsbeschwerdegericht - abgesehen von spezifischen Fragen des Verfahrenskostenhilfeverfahrens - zur Klärung materieller Grundsatzfragen im Verfahrenskostenhilfeverfahren ebenfalls nicht berufen ist.
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- 2. Die Rechtsbeschwerde ist dennoch zurückzuweisen. Der Senat hat
- die Rechtsfrage, ob sich die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsschuldners
- durch die Titulierung des Unterhalts und den darauf folgenden Bezug von (höheren) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhöhen lässt, inzwischen durch Beschluss vom 19. Juni 2013 (XII ZB 39/11 - zur Veröffentlichung
- bestimmt) geklärt. Der Beschluss des Oberlandesgerichts steht damit im Einklang.
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- Auch der Umstand, dass dem Verfahrenskostenhilfegesuch des Antragstellers bei Bewilligungsreife hätte entsprochen werden müssen, führt nach geklärter Rechtslage wegen der fehlenden Erfolgsaussicht in der Hauptsache
- nicht zur nachträglichen Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe (vgl. Senatsbeschluss vom 7. März 2012 - XII ZB 391/10 - FamRZ 2012, 964 Rn. 15 mwN).
- Dose
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- Vézina
- Günter
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- Klinkhammer
- Nedden-Boeger
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- Vorinstanzen:
- AG Soest, Entscheidung vom 19.03.2010 - 16 F 52/10 OLG Hamm, Entscheidung vom 10.08.2010 - II-7 WF 93/10 -
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