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18 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 191/06
  5. Verkündet am:
  6. 24. April 2007
  7. Weber,
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. ja
  15. _____________________
  16. HWiG a.F. § 2 Abs. 1 Satz 3
  17. Der Zusatz in einer Widerrufsbelehrung, dass im Falle des Widerrufs einer
  18. Darlehensvertragserklärung auch der Beitritt in eine Fondsgesellschaft
  19. nicht wirksam zustande kommt, ist keine unzulässige andere Erklärung i.S.
  20. des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. (Aufgabe von BGH WM 2004, 1527,
  21. 1528).
  22. BGH, Urteil vom 24. April 2007 - XI ZR 191/06 - OLG Bremen
  23. LG Bremen
  24. -2-
  25. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
  26. und
  27. die
  28. Richter
  29. Dr. Müller,
  30. Dr. Ellenberger,
  31. Prof. Dr. Schmitt
  32. und
  33. Dr. Grüneberg
  34. für Recht erkannt:
  35. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des
  36. 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts
  37. in Bremen vom 11. Mai 2006 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
  38. Von Rechts wegen
  39. Tatbestand:
  40. 1
  41. Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihr
  42. die Rechtsvorgängerin der beklagten Bank (künftig: Beklagte) zur Finanzierung der Beteiligung an einem Immobilienfonds gewährt hat.
  43. 2
  44. Die Klägerin, eine damals 24 Jahre alte Krankenschwester, unterzeichnete am 3. Dezember 1996 einen Zeichnungsschein für eine wirtschaftliche Beteiligung über eine Treuhänderin an der "G.
  45. GbR" mit einer Anteilssumme von
  46. 30.000 DM sowie eine auf einem gesonderten Blatt beigefügte Widerrufsbelehrung. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schloss die Klägerin
  47. -3-
  48. am 11./16. Dezember 1996 einen Darlehensvertrag mit der Beklagten
  49. über 35.000 DM und beauftragte die Beklagte, das Darlehen "nach Ablauf der Widerrufsfrist" an die Treuhänderin auszuzahlen. Als Sicherheit
  50. trat die Klägerin ihre Ansprüche aus der Fondsbeteiligung sowie aus einer Kapitallebensversicherung ab. Der Darlehensvertrag enthielt eine
  51. von der Klägerin gesondert unterzeichnete Widerrufsbelehrung mit folgendem Zusatz:
  52. "Im Falle des Widerrufs des Darlehens kommt auch der Beitritt in
  53. die Fondsgesellschaft … nicht wirksam zustande."
  54. 3
  55. Mit Schreiben vom 5. November 2004 widerrief die Klägerin den
  56. Darlehensvertrag nach dem Haustürwiderrufsgesetz. Unter Berufung darauf nimmt sie die Beklagte auf Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen abzüglich der Fondsausschüttungen in Höhe von
  57. 6.306,37 € und auf Rückübertragung der Ansprüche aus der Lebensversicherung Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte der Klägerin an der
  58. Fondsbeteiligung in Anspruch. Außerdem begehrt sie die Feststellung,
  59. dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr
  60. zustehen.
  61. 4
  62. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, dem Zahlungsantrag
  63. jedoch nur in Höhe von 2.935,18 € zuzüglich Zinsen. Auf die Berufung
  64. der Beklagten hat das Oberlandesgericht (ZIP 2006, 1527 f.) die Klage
  65. unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin abgewiesen.
  66. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
  67. -4-
  68. Entscheidungsgründe:
  69. 5
  70. Die Revision ist unbegründet.
  71. I.
  72. 6
  73. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
  74. 7
  75. Der Widerruf vom 5. November 2004 habe nicht zur Unwirksamkeit
  76. des Darlehensvertrages geführt. Dabei könne dahin stehen, ob der Darlehensvertrag in einer Haustürsituation abgeschlossen worden sei. Jedenfalls sei die Widerrufsfrist von einer Woche nach Unterzeichnung des
  77. Vertrages am 16. Dezember 1996 bereits abgelaufen gewesen. Die Klägerin sei ordnungsgemäß belehrt worden. Der Zusatz, dass im Falle des
  78. Widerrufs des Darlehensvertrages auch der Beitritt in die Fondsgesellschaft nicht wirksam zustande komme, sei keine „andere Erklärung“ im
  79. Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG in der bis zum 30. September 2000
  80. geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) und mache die Belehrung nicht
  81. unwirksam. Ein derartiger Zusatz sei vielmehr unter teleologischer Reduktion der Vorschrift zulässig. Der Bundesgerichtshof (BGHZ 150, 248,
  82. 253) habe § 5 Abs. 2 HWiG a.F., dessen Ziel die Anwendung der Regeln
  83. des Verbraucherkreditgesetzes auch auf Geschäfte aus Haustürsituationen gewesen sei, nicht gänzlich für unwirksam erklärt, sondern lediglich
  84. eine richtlinienkonforme einschränkende Auslegung vorgenommen. Diese dürfe nur so weit gehen, wie dies die Haustürgeschäfterichtlinie der
  85. EG erfordere. Danach stelle sich die Widerrufsbelehrung hier nicht als
  86. richtlinienwidrig dar. Die Richtlinie enthalte für die Widerrufsbelehrung
  87. -5-
  88. kein § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. entsprechendes Zusatzverbot. Die Widerrufsbelehrung unterliege lediglich dem Transparenzgebot. Dieses sei
  89. nicht verletzt. Der Hinweis nach § 9 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG in der bis
  90. zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) sei
  91. zutreffend gewesen, weil es sich bei den betreffenden Rechtsgeschäften
  92. um ein verbundenes Geschäft gehandelt habe. Für solche Geschäfte
  93. schreibe das aktuelle Recht in § 358 Abs. 5 BGB für alle Widerrufsbelehrungen einen entsprechenden Hinweis ausdrücklich vor. Ohne den von
  94. der Klägerin beanstandeten Zusatz hätten, was für Verbraucher verwirrender sei, nach dem Verbraucherkreditgesetz und nach dem Haustürwiderrufsgesetz zwei inhaltlich verschiedene Widerrufsbelehrungen erteilt
  95. werden müssen.
  96. II.
  97. 8
  98. Dies hält jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand. Zu
  99. Recht hat das Berufungsgericht ein Recht der Klägerin zum Widerruf des
  100. Darlehensvertrages gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. verneint.
  101. 9
  102. 1. Allerdings handelt es sich nach dem im Revisionsverfahren
  103. zugrunde zu legenden Vortrag der Klägerin bei dem Darlehensvertrag
  104. um ein Haustürgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG a.F.. Das Widerrufsrecht ist nicht durch die Subsidiaritätsklausel in § 5 Abs. 2 HWiG a.F.
  105. ausgeschlossen, auch wenn der Darlehensvertrag zugleich ein Geschäft
  106. nach § 1 Abs. 1 VerbrKrG a.F. darstellt. § 5 Abs. 2 HWiG a.F. ist richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes auf Real- und Personalkreditverträge auch dann
  107. -6-
  108. anwendbar sind, wenn das Verbraucherkreditgesetz keinen gleich weit
  109. reichenden Widerruf ermöglicht, d.h. ein Widerrufsrecht nach diesem
  110. Gesetz ausgeschlossen oder erloschen ist (Senat, BGHZ 150, 248,
  111. 253 ff.; 152, 331, 334 f. sowie Urteile vom 21. Januar 2003 - XI ZR
  112. 125/02, WM 2003, 483 und vom 18. November 2003 - XI ZR 322/01,
  113. WM 2004, 172, 176). Letzteres ist hier der Fall, weil das Widerrufsrecht
  114. der Klägerin nach dem Verbraucherkreditgesetz gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3
  115. VerbrKrG a.F. spätestens ein Jahr nach Abgabe ihrer Darlehensvertragserklärung und damit bereits im Jahr 1997 erloschen ist.
  116. 10
  117. 2. Der am 5. November 2004 erklärte Widerruf der Klägerin ist jedoch verfristet. Jedenfalls im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1
  118. HWiG a.F. bereits mit Unterzeichnung des Darlehensvertrages am
  119. 16. Dezember 1996 in Gang gesetzt wurde. Die im Darlehensvertrag
  120. enthaltene Widerrufsbelehrung entspricht trotz des Zusatzes, dass im
  121. Falle des Widerrufs des Darlehens auch der Beitritt in die Fondsgesellschaft nicht wirksam zustande kommt, den Anforderungen des § 2 Abs. 1
  122. Satz 3 HWiG a.F., obwohl dieser bestimmt, dass die Widerrufsbelehrung
  123. "keine anderen Erklärungen" enthalten darf.
  124. 11
  125. a) Das Zusatzverbot des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. bedarf der
  126. teleologischen Reduktion. Ob diese, wie das Berufungsgericht gemeint
  127. hat, hier bereits deshalb angezeigt ist, weil § 5 Abs. 2 HWiG a.F. nur soweit einschränkend auszulegen ist, wie dies die erforderliche richtlinienkonforme Auslegung anhand der Haustürgeschäfterichtlinie der Europäischen Gemeinschaft gebietet, bedarf keiner Entscheidung. Eine teleolo-
  128. -7-
  129. gische Reduktion ist jedenfalls unter Berücksichtigung des Zwecks der
  130. Widerrufsbelehrung und des Zusatzverbots erforderlich.
  131. 12
  132. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war bereits für die
  133. Widerrufsbelehrung nach § 1 b Abs. 2 Satz 2 und 3 AbzG anerkannt,
  134. dass Zusätze nicht schlechthin unzulässig sind (BGH, Urteil vom 7. Mai
  135. 1986 - I ZR 95/84, WM 1986, 1062, 1064). Daran hat sich durch das in
  136. § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. normierte Zusatzverbot nichts geändert
  137. (BGH, Urteil vom 8. Juli 1993 - I ZR 202/91, WM 1993, 1840 f.). Das Zusatzverbot ist nur aufgenommen worden, um die vom Gesetz bezweckte
  138. Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen. Diesem Zweck entsprechend sind Ergänzungen zulässig, die ihren Inhalt
  139. verdeutlichen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002,
  140. 1990, 1991). Es ist deshalb anerkannt, dass die Widerrufsbelehrung
  141. nach § 2 Abs. 1 HWiG a.F., obwohl dort nicht ausdrücklich vorgesehen,
  142. einen Hinweis auf die Dauer der Widerrufsfrist sowie das Erfordernis der
  143. Schriftform des Widerrufs nicht nur enthalten darf, sondern muss (vgl.
  144. nur MünchKommBGB/Ulmer 3. Aufl. § 2 HWiG Rdn. 6; Soergel/Wolf,
  145. BGB 12. Aufl. § 2 HWiG Rdn. 8).
  146. 13
  147. Zulässig sind ihrem Zweck entsprechend danach auch inhaltlich
  148. zutreffende Erläuterungen, die dem Verbraucher die Rechtslage nach
  149. einem Widerruf seiner Vertragserklärung verdeutlichen und die Belehrung nicht unübersichtlich machen (OLG Stuttgart WM 2005, 972, 978).
  150. Nicht zulässig sind Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und
  151. weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken (BGH, Urteil vom
  152. 8. Juli 1993 - I ZR 202/91, WM 1993, 1840, 1841) oder aber gemessen
  153. -8-
  154. am Haustürwiderrufsgesetz einen unrichtigen Inhalt haben, wie etwa der
  155. Zusatz, der Widerruf gelte als nicht erfolgt, wenn das Darlehen nicht binnen zwei Wochen zurückgezahlt werde (BGHZ 159, 280, 286 f.; Senatsurteile vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 63, vom
  156. 18. November 2003 - XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 176 und vom 8. Juni
  157. 2004 - XI ZR 167/02, WM 2004, 1579, 1580; BGH, Urteile vom 21. Januar 2005 - II ZR 200/03, WM 2005, 547, 548, vom 30. Mai 2005 - II ZR
  158. 319/04, WM 2005, 1408, 1410 und vom 12. Dezember 2005 - II ZR
  159. 327/04, WM 2006, 220, 222).
  160. b) Gemessen daran stellt der Zusatz in der vorliegenden Wider-
  161. 14
  162. rufsbelehrung, dass im Falle des Widerrufs des Darlehens auch der Beitritt in die Fondsgesellschaft nicht wirksam zustande kommt, entgegen
  163. der Ansicht der Revision keine unzulässige andere Erklärung im Sinne
  164. des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. dar. Die Revision kann sich für ihre Ansicht zwar auf das Urteil des II. Zivilsenats vom 14. Juni 2004 (II ZR
  165. 385/02, WM 2004, 1527, 1528) berufen. Der II. Zivilsenat hat darin eine
  166. Widerrufsbelehrung mit einem inhaltsgleichen Zusatz unter Hinweis auf
  167. den Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. als nicht ordnungsgemäß
  168. angesehen. Diese Entscheidung ist jedoch nicht nur beim Berufungsgericht, sondern auch in der übrigen obergerichtlichen Rechtsprechung
  169. ganz
  170. überwiegend
  171. auf
  172. Ablehnung
  173. gestoßen
  174. (OLG
  175. Stuttgart
  176. OLGReport 2004, 202, 204 f. und WM 2005, 972, 978; OLG Celle, Urteil
  177. vom
  178. 9. August
  179. 2006
  180. -3U
  181. 112/06,
  182. Urteilsumdruck
  183. S. 10 f.;
  184. OLG
  185. Brandenburg, Urteil vom 14. Juni 2006 - 4 U 225/05, Urteilsumdruck
  186. S. 19 f.; OLG Naumburg, Urteil vom 10. August 2006 - 2 U 33/06, Urteilsumdruck S. 4; OLG Dresden, Urteil vom 17. Oktober 2006 - 12 U
  187. 1069/06, Urteilsumdruck S. 17 f.; OLG Frankfurt, Urteil vom 10. Januar
  188. -9-
  189. 2007 - 15 U 113/06, Urteilsumdruck S. 10 f.; OLG Karlsruhe, Urteil vom
  190. 25. Januar
  191. 2007
  192. -9U
  193. 112/06,
  194. Urteilsumdruck
  195. S. 6 f.;
  196. a.A.
  197. OLG
  198. Saarbrücken OLGReport 2006, 1081, 1082). Auch der erkennende Senat, der an der Entscheidung bereits in seinem Urteil vom 25. April 2006
  199. (XI ZR 193/04, WM 2006, 1003, 1005, Tz. 16, zur Veröffentlichung in
  200. BGHZ 167, 252 vorgesehen) Zweifel geäußert hat, vermag ihr nicht zu
  201. folgen.
  202. 15
  203. aa) Der genannte Zusatz ist zwar für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz nicht konstitutiv und
  204. weist einen eigenständigen Inhalt auf. Der Hinweis stellt bei einem verbundenen Geschäft aber eine sinnvolle Ergänzung der Widerrufsbelehrung dar, weil er den Verbraucher auf die weiteren Rechtsfolgen eines
  205. Widerrufs nach § 1 Abs. 1 HWiG a.F. hinweist und damit dessen Bedeutung verdeutlicht. Bei einem verbundenen Geschäft (§ 9 Abs. 1 VerbrKrG
  206. a.F.), das die Fondsbeitrittserklärung der Klägerin vom 3. Dezember
  207. 1996 und der Darlehensvertrag vom 11./16. Dezember 1996 nach den
  208. rechtsfehlerfreien und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen bilden, muss die erforderliche Widerrufsbelehrung nach § 9 Abs. 2
  209. Satz 2 VerbrKrG a.F. den Hinweis enthalten, dass im Falle des Widerrufs
  210. auch der verbundene Vertrag nicht wirksam zustande kommt. § 2 Abs. 1
  211. HWiG a.F. schreibt einen solchen Hinweis zwar nicht vor, verbietet ihn
  212. unter Berücksichtigung des Zwecks des Zusatzverbots in Satz 3 aber
  213. auch nicht.
  214. 16
  215. Wollte man dies anders sehen, müsste der Verbraucher bei einem
  216. kreditfinanzierten verbundenen Haustürgeschäft stets zwei Widerrufsbelehrungen erhalten, und zwar eine nach § 9 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG a.F.
  217. - 10 -
  218. mit dem Hinweis auf die Folgen des Widerrufs für das verbundene Geschäft und eine nach § 2 Abs. 1 HWiG a.F. ohne diesen Zusatz. Dass
  219. dies für rechtsunkundige Verbraucher verwirrend ist, liegt auf der Hand
  220. (vgl. OLG Celle, Urteil vom 9. August 2006 - 3 U 112/06, Urteilsumdruck
  221. S. 5). Um dies zu vermeiden ist eine einzige Widerrufsbelehrung mit einem Hinweis auf die Folgen des Widerrufs für das verbundene Geschäft
  222. sinnvoll. § 358 Abs. 5 BGB schreibt einen entsprechenden Hinweis nunmehr sogar für alle Widerrufsbelehrungen vor.
  223. 17
  224. Abgesehen davon überzeugt es nicht, einerseits § 9 Abs. 3
  225. VerbrKrG a.F. auf einen kreditfinanzierten Fondsbeitritt auch im Falle
  226. eines Widerrufs des Kreditvertrages nach dem Haustürwiderrufsgesetz
  227. anzuwenden, andererseits aber der kreditgebenden Bank zu untersagen,
  228. in einer Widerrufbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz dem § 9
  229. Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG a.F. Rechnung zu tragen und darauf hinzuweisen, dass der kreditfinanzierte verbundene Vertrag erst wirksam wird,
  230. wenn der Verbraucher seine Darlehensvertragserklärung nicht widerruft
  231. (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 14. Juni 2006 - 4 U 225/05, Urteilsumdruck S. 20; OLG Dresden, Urteil vom 11. Oktober 2006 - 12 U
  232. 644/06, Urteilsumdruck S. 9).
  233. 18
  234. bb) Entgegen der Ansicht der Revision ist der in der Widerrufsbelehrung enthaltene Hinweis darauf, dass im Falle des Widerrufs auch der
  235. Beitritt zur Fondsgesellschaft nicht wirksam zustande kommt, unter Berücksichtigung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nicht
  236. unrichtig, weil sich der Verbraucher danach erst für die Zukunft von seinem Beitritt lösen kann. Diese Grundsätze greifen, was die Revision außer acht lässt, erst ein, wenn der Gesellschaftsbeitritt in Vollzug gesetzt
  237. - 11 -
  238. ist (BGHZ 156, 46, 52; Senatsurteil vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04,
  239. WM 2006, 1003, 1006, Tz. 18, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 252
  240. vorgesehen). Das ist grundsätzlich erst mit der Leistung der Einlage der
  241. Fall (vgl. nur Palandt/Sprau, BGB 66. Aufl. § 705 Rdn. 18). Die Leistung
  242. der kreditfinanzierten Einlage vor Ablauf der Widerrufsfrist ist hier schon
  243. durch die Gestaltung des Darlehensvertrages ausgeschlossen. Darin
  244. wird die Beklagte beauftragt, das Darlehen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist durch Auszahlung an die Treuhänderin zu valutieren. Da die Beitrittserklärung der Klägerin lediglich eine wirtschaftliche Beteiligung an
  245. der Fondsgesellschaft über die Treuhänderin vorsieht, würde selbst die
  246. Auszahlung des Darlehens an diesen noch nicht zum Vollzug des Gesellschaftsbeitritts führen. Abgesehen davon wäre der Zusatz auch nach
  247. einem vollzogenen Gesellschaftsbeitritt im wirtschaftlichen Ergebnis
  248. nicht als unrichtig anzusehen (so schon OLG Stuttgart WM 2005, 972,
  249. 979; OLG Celle, Urteil vom 9. August 2006 - 3 U 112/06, Urteilsumdruck
  250. S. 10), da der Verbraucher bei einem verbundenen Geschäft von der
  251. kreditgebenden Bank alsdann grundsätzlich so zu stellen ist, als ob er
  252. dem Fonds nie beigetreten wäre (vgl. BGHZ 133, 254, 259 ff.; 159, 280,
  253. 287 f.; Senatsurteil vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, WM 2006, 1003,
  254. 1006, Tz. 19, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 252 vorgesehen), d.h.
  255. als ob der Beitritt nie wirksam gewesen wäre.
  256. 19
  257. cc) Entgegen der Ansicht der Revision kann auch keine Rede davon sein, der Zusatz in der Widerrufsbelehrung verstoße gegen das aus
  258. Art. 4 der Haustürgeschäfterichtlinie folgende Transparenzgebot. Da es
  259. dem Verbraucher - wie hier der Klägerin - in aller Regel darum geht, sich
  260. gerade von dem nachträglich als ungünstig oder lästig beurteilten finanzierten Geschäft zu lösen (so zutreffend OLG Stuttgart OLGReport 2004,
  261. - 12 -
  262. 202, 205), ist der Hinweis nicht nur nicht geeignet, den Verbraucher davon abzuhalten, von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, sondern im Gegenteil in besonderem Maße geeignet, den Verbraucher in die
  263. Lage zu versetzen, seine Interessen sachgerecht wahrzunehmen und ihn
  264. zu einem Widerruf zu veranlassen (vgl. OLG Dresden, Urteil vom
  265. 17. Oktober
  266. 2006
  267. - 12 U
  268. 1069/06,
  269. Urteilsumdruck
  270. S. 17 f.;
  271. OLG
  272. Frankfurt, Urteil vom 11. Januar 2007 - 15 U 113/06, Urteilsumdruck
  273. S. 11 f.). Ein Hinweis auf die Rechte des Verbrauchers, auf sein Freiwerden von der kreditvertraglichen Verpflichtung und die Rückabwicklung der unwirksamen Verträge, ist insbesondere nach dem Haustürwiderrufsgesetz nicht erforderlich.
  274. 20
  275. c) Der II. Zivilsenat hat auf Anfrage mitgeteilt, dass er an seiner im
  276. Urteil vom 14. Juni 2004 (II ZR 385/02, WM 2004, 1527, 1528) geäußerten abweichenden Auffassung nicht festhält.
  277. - 13 -
  278. III.
  279. 21
  280. Die Revision war deshalb auf Kosten der Klägerin zurückzuweisen.
  281. Nobbe
  282. Müller
  283. Schmitt
  284. Ellenberger
  285. Grüneberg
  286. Vorinstanzen:
  287. LG Bremen, Entscheidung vom 01.12.2005 - 2 O 1239/05 OLG Bremen, Entscheidung vom 11.05.2006 - 2 U 8/06 -