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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. X ZR 163/02
  5. Verkündet am:
  6. 11. Januar 2005
  7. Weschenfelder
  8. Justizobersekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. BGB § 651 g Abs. 1
  18. a) Für eine Reisemängelrüge gemäß § 651 g Abs. 1 BGB reicht es aus, daß
  19. der Reisende erklärt, den Vorfall nicht auf sich beruhen lassen zu wollen,
  20. und dabei die Mängel nach Ort, Zeit, Geschehensablauf und Schadensfolgen so konkret beschreibt, daß der Reiseveranstalter die zur Aufklärung
  21. des Sachverhalts gebotenen Maßnahmen zur Wahrung seiner Interessen
  22. ergreifen kann.
  23. b) Die Ausschlußfrist von einem Monat nach § 651 g Abs. 1 BGB ist jedenfalls
  24. gewahrt, wenn der Reisende seine Mängelrüge bei dem Reisebüro, über
  25. das er die Reise gebucht hat, abgibt und sie von diesem innerhalb der Monatsfrist an den Reiseveranstalter weitergeleitet wird.
  26. BGH, Urt. v. 11. Januar 2005 - X ZR 163/02 - OLG Celle
  27. LG Hannover
  28. -2-
  29. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis
  30. und die Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Dr. Kirchhoff
  31. für Recht erkannt:
  32. Die Revision der Beklagten gegen das am 19. Mai 2002 verkündete Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle wird auf
  33. ihre Kosten zurückgewiesen.
  34. Von Rechts wegen
  35. Tatbestand:
  36. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz und die Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen einer Verletzung, die sie auf der Rückreise von einem bei der Beklagten gebuchten Pauschalurlaub erlitten hat.
  37. Für den Zeitraum vom 15. bis 29. Juli 2000 buchte die Klägerin für sich
  38. und ihre damals 17 Jahre alte Tochter bei der Beklagten eine Pauschalreise
  39. nach
  40. G.
  41. mit
  42. Rückflug
  43. nach
  44. M.
  45. .
  46. Am
  47. Rückreisetag
  48. -3-
  49. wurde der Klägerin am Abfertigungsschalter für den vorgesehenen Flug in der
  50. Abflughalle des Flughafens mitgeteilt, daß in dieser Maschine nur noch ein freier Platz zur Verfügung stehe. Es könne daher nur entweder die Klägerin oder
  51. ihre Tochter zurück nach M.
  52. fliegen; die nächste verfügbare
  53. Flugmöglichkeit für zwei Personen zu diesem Flughafen sei erst 24 Stunden
  54. später. Die Klägerin war nur bereit, mit ihrer Tochter zu fliegen. Ein Schalterangestellter teilte ihr daraufhin mit, daß in Kürze ein Flug einer anderen Fluggesellschaft nach P.
  55. starte, auf dem noch Plätze für die Klägerin und ihre
  56. Tochter frei seien. Die Klägerin war mit dieser Alternative einverstanden. Der
  57. Schalterangestellte mahnte zur Eile, da der Flug nach P.
  58. nur noch we-
  59. nige Minuten für weitere Reisende geöffnet sei. Er lief im Dauerlauf zu dem
  60. Abfertigungsschalter für den Flug nach P.
  61. auf der anderen Seite der Ab-
  62. flughalle voraus. Die Klägerin und ihre Tochter folgten ihm, jeweils mit ihrem
  63. Gepäck. Während des Laufens rutschte die Klägerin aus. Als Folge wurden bei
  64. ihr ein Gelenkerguß, eine Zerrung des rechten Kniegelenks mit Teilruptur des
  65. vorderen Kreuzbandes und ein unfallbedingter Knorpeldefekt an der medialen
  66. Condyle festgestellt.
  67. Die Klägerin ist auch nach einer Operation nicht endgültig genesen und
  68. weiterhin zu 100 % arbeitsunfähig. Im Laufe des Berufungsverfahrens verlor
  69. die Klägerin, die vor dem Unfall als Altenpflegerin tätig gewesen ist, ihren Arbeitsplatz durch Kündigung des Arbeitgebers wegen Krankheit.
  70. Am 2. August 2000 gab die Klägerin in dem Reisebüro, bei dem sie die
  71. Reise mit der Beklagten gebucht hatte, ein handschriftliches Schreiben ab, in
  72. dem das Geschehen bei ihrem Rückflug unter Nennung von Zeit und Ort geschildert sowie die zum damaligen Zeitpunkt eingetretenen Unfallfolgen mit
  73. -4-
  74. Angabe des behandelnden Arztes aufgeführt waren. Es schließt mit dem Satz:
  75. "Durch diese Situation sind wir nicht bereit, dieses Verhalten auf sich beruhen
  76. zu lassen."
  77. Das Reisebüro leitete das Schreiben der Klägerin noch am 2. August
  78. 2000 an die Beklagte weiter.
  79. Die Klägerin meint, die Beklagte hafte für ihren Unfall auf dem Flughafen
  80. von G.
  81. , weil sie zuvor vertragswidrig die Klägerin und ihre Tochter
  82. nicht mit dem geschuldeten Flug nach M.
  83. transportiert habe.
  84. Die Klägerin begehrt deshalb ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,-- DM,
  85. bezifferten Ersatz verschiedener materieller Schäden und die Feststellung, daß
  86. die Beklagte verpflichtet sei, ihr sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus ihrer Unfallverletzung zu ersetzen.
  87. Die Beklagte ist der Auffassung, daß die Klägerin ihre Ansprüche nicht
  88. rechtzeitig gemäß § 651 g BGB geltend gemacht habe, so daß sie damit ausgeschlossen sei. Außerdem hafte sie für den Unfall der Klägerin nicht, weil sich
  89. insoweit deren allgemeines Lebensrisiko verwirklicht habe.
  90. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Verletzungsschaden der Klägerin sei der Beklagten nicht adäquat zurechenbar;
  91. vielmehr habe sich nur das allgemeine Lebensrisiko der Klägerin verwirklicht.
  92. Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung bestätigt, soweit die Klägerin
  93. Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes begehrt hat. Im übrigen hat
  94. das Berufungsgericht festgestellt, daß die Beklagte dem Grunde nach ver-
  95. -5-
  96. pflichtet sei, der Klägerin alle materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der
  97. Verletzung am 29. Juli 2000 entstanden seien.
  98. Mit der Revision beantragt die Beklagte, das angefochtene Berufungsurteil aufzuheben, soweit es zu ihrem Nachteil ergangen ist. Die Klägerin tritt diesem Rechtsmittel entgegen.
  99. Entscheidungsgründe:
  100. Die zulässige Revision der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
  101. Das Berufungsurteil hat Bestand.
  102. 1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, die Ausschlußfrist
  103. für die Anmeldung reisevertraglicher Ansprüche (§ 651 g Abs. 1 BGB) sei gewahrt.
  104. a) Regelungszweck dieser Bestimmung ist, dem Reiseveranstalter alsbald Kenntnis davon zu geben, daß von einem seiner Reisenden Ansprüche
  105. geltend gemacht und worauf diese gestützt werden. Dadurch wird dem Reiseveranstalter ermöglicht, unverzüglich am Urlaubsort Recherchen über die behaupteten Reisemängel anzustellen, etwaige Regreßansprüche gegen seine
  106. Leistungsträger geltend zu machen und gegebenenfalls seinen Versicherer zu
  107. benachrichtigen (vgl. BGHZ 90, 363, 367 f.; 102, 80; Tempel, NJW 1987,
  108. 2841). Es ist daher erforderlich, aber auch ausreichend, daß der Reisende
  109. deutlich macht, Forderungen gegen den Reiseveranstalter stellen zu wollen
  110. -6-
  111. und die Mängel nach Ort, Zeit, Geschehensablauf und Schadensfolgen so konkret beschreibt, daß der Reiseveranstalter Maßnahmen der geschilderten Art
  112. zur Wahrung seiner Interessen ergreifen kann. Nicht erforderlich ist dagegen
  113. die rechtliche Einordnung oder eine Bezifferung der erhobenen Ansprüche.
  114. b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte das
  115. Schreiben der Klägerin vom 2. August 2000 innerhalb der Monatsfrist des
  116. § 651 g Abs. 1 BGB erhalten. Dieses Schreiben enthält unter Nennung von Zeit
  117. und Ort eine Schilderung des Geschehens am Flughafen, das zu dem Unfall
  118. der Klägerin führte, und teilt die zum damaligen Zeitpunkt eingetretenen Unfallfolgen unter Angabe des behandelnden Arztes mit. Das Schreiben endet mit
  119. dem Satz: "Durch diese Situation sind wir nicht bereit, dieses Verhalten auf
  120. sich beruhen zu lassen." Damit wurde der Sachverhalt dem Reiseveranstalter
  121. so konkret vorgetragen, daß er in eine Sachprüfung eintreten konnte. Er mußte
  122. den Schlußsatz des klägerischen Schreibens auch dahingehend verstehen,
  123. daß von der Klägerin Ansprüche geltend gemacht wurden. Denn wenn der Reiseveranstalter nach Reiseende ein Schreiben des Reisenden erhält, in dem
  124. erhebliche Mängel oder im Zusammenhang mit der Reise eingetretene gravierende Schäden konkret geschildert werden, ist dies nach der Lebenserfahrung
  125. jedenfalls dann im Sinne einer Forderung nach finanzieller Entschädigung auszulegen, wenn der Reisende wie hier unmißverständlich erklärt, den Vorfall
  126. nicht auf sich beruhen lassen zu wollen. Es ist dem Reiseveranstalter zumutbar
  127. und von ihm zu erwarten, insoweit etwa bestehende Zweifel durch Rückfrage
  128. beim Reisenden zu beseitigen (vgl. Tempel, aaO, 2847).
  129. 2. Die Beklagte ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat,
  130. gemäß § 651 f BGB zum Ersatz derjenigen Schäden verpflichtet, die der Kläge-
  131. -7-
  132. rin entstanden sind, weil die Beklagte die Rückflugleistung nicht vertragsgemäß erbracht hat. Da die Fluggesellschaft ihr Erfüllungsgehilfe bei der Erbringung reisevertraglicher Leistungen ist, muß die Beklagte insoweit für sie einstehen. Die Beklagte hat den ihr zum Ausschluß ihrer Haftung obliegenden
  133. Entlastungsbeweis nicht geführt. Der eingeklagte Verletzungsschaden ist auch
  134. noch zurechenbar durch die mangelhafte Rückflugleistung verursacht, so daß
  135. die Ersatzpflicht der Beklagten festzustellen war.
  136. a) Die Beklagte hat die Verletzung der Klägerin äquivalent verursacht.
  137. Denn bei vertragsgemäßer Leistung der Beklagten hätte die Klägerin sich nicht
  138. mit Gepäck durch die Abflughalle zu einem anderen Schalter bewegen müssen
  139. und hätte sich dabei auch nicht verletzen können. Um eine unerträgliche Ausweitung der Schadensersatzpflicht zu vermeiden, hat sie die Rechtsprechung
  140. allerdings schon seit langem durch weitere Zurechnungskriterien eingeschränkt. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind als solche Kriterien die Adäquanz des Kausalverlaufs und der Schutzzweck der Norm anerkannt (vgl. nur BGH, Urt. v. 11.11.1999 - III ZR 98/99, NJW 2000, 947).
  141. b) Adäquat ist eine Bedingung dann, wenn das Ereignis im allgemeinen
  142. und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem
  143. gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg der fraglichen Art herbeizuführen (vgl. nur BGH, Urt .v.
  144. 04.07.1994 - II ZR 126/94, NJW 1995, 126, 127; BGHZ 57, 137, 141; st. Rspr.).
  145. Adäquanz kann fehlen, wenn der Geschädigte selbst in völlig ungewöhnlicher
  146. oder unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf
  147. eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden endgültig herbeiführt
  148. (BGH, Urt. v. 07.01.1993 - IX ZR 199/91, NJW 1993, 1587, 1589). Mit diesem
  149. -8-
  150. Inhalt wirkt die Adäquanzlehre nur als recht grober Filter zur Beschränkung der
  151. Zurechenbarkeit.
  152. Bei Anwendung dieses Maßstabes liegt es noch nicht außerhalb des zu
  153. erwartenden Verlaufs der Dinge, daß nach Wegfall einer vereinbarten Rückflugmöglichkeit die Fluggesellschaft nach einem Ersatzflug sucht, für einen solchen die Zeit knapp wird und der betroffene Fluggast dann infolge von Hektik
  154. oder Unachtsamkeit stürzt. Die Reaktion der Klägerin war nicht derart ungewöhnlich oder unsachgemäß, daß sie den Zurechnungszusammenhang zur
  155. Pflichtverletzung der Beklagten nach der Adäquanzlehre unterbrochen hätte.
  156. c) Eine vertragliche Haftung besteht schließlich nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, zu deren Abwendung die verletzte
  157. Vertragspflicht übernommen wurde. Diese Haftungsbegrenzung aufgrund des
  158. Schutzzwecks der Norm erfordert eine wertende Betrachtung und gilt gleichermaßen für die vertragliche wie die deliktische Haftung (vgl. BGH, Urt. v.
  159. 20.10.1994 - IX ZR 116/93, NJW 1995, 449; Urt. v. 04.07.1994 - II ZR 126/93,
  160. NJW 1995, 126; BGHZ 116, 209; Urt. v. 30.01.1990 - XI ZR 63/89, NJW 1990,
  161. 2057). Zweck vertraglicher und damit auch reisevertraglicher Haftung ist nicht,
  162. den Ersatzberechtigten von seinem allgemeinen Lebensrisiko zu entlasten. Für
  163. Schäden, die aufgrund des allgemeinen Lebensrisikos eintreten, wird deshalb
  164. auch dann nicht gehaftet, wenn sie im Zusammenhang mit einem haftungsbegründenden
  165. Ereignis
  166. eintreten
  167. (vgl.
  168. etwa
  169. BGH,
  170. Urt.
  171. v.
  172. 13.07.1971
  173. - VI ZR 165/69, NJW 1971, 1982, 1983).
  174. Das Berufungsgericht erkennt zutreffend, daß Sturzschäden grundsätzlich dem normalen Lebensrisiko zuzuordnen sind. Es meint jedoch, die Mitar-
  175. -9-
  176. beiter der Fluggesellschaft hätten als Erfüllungsgehilfen der Beklagten durch
  177. Nichtgewährung der ursprünglich versprochenen Flugmöglichkeit ein Verhalten
  178. der Klägerin herausgefordert, durch das sie in eine gesteigerte Gefahrenlage
  179. geraten sei; nachdem die Beklagte so ein vergrößertes Risiko geschaffen habe, sei sie auch für diejenigen Folgeschäden verantwortlich, die die Klägerin
  180. bei dem so veranlaßten Verhalten im Rahmen des normalen Lebensrisikos erlitten habe. Dazu gehören nach Auffassung des Berufungsgerichts auch die
  181. materiellen Schäden aus dem Sturz. Diese Ausführungen halten zwar nicht in
  182. allen Elementen der Begründung, wohl aber im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
  183. d) Der Lauf durch die Abflughalle war ein willentliches, selbstgefährdendes Handeln der Klägerin, das ein deutlich erhöhtes Sturzrisiko bewirkte. Für
  184. den Bereich der unerlaubten Handlung hat der Bundesgerichtshof in ständiger
  185. Rechtsprechung in den sogenannten Herausforderungs- und Verfolgungsfällen
  186. klargestellt, daß eine deliktische Haftung besteht, wenn das selbstgefährdende
  187. Verhalten durch vorwerfbares Tun herausgefordert wurde und der geltend gemachte Schaden infolge des durch die Herausforderung gesteigerten Risikos
  188. entstanden ist (BGHZ 132, 164; BGH, Urt. v. 04.05.1993 - VI ZR 283/92, NJW
  189. 1993, 2234). Diese zur Abgrenzung von Haftung und allgemeinem Lebensrisiko im Deliktsrecht entwickelten Grundsätze gelten ebenso bei der Anwendung
  190. der Schutzzwecklehre im Vertragsrecht.
  191. e) Die Klägerin hat sich in einer gesteigerten Gefahrenlage verletzt, die
  192. auf vorwerfbares Tun der Erfüllungsgehilfen der Beklagten zurückzuführen war.
  193. Mangels Entlastungsbeweises vorwerfbar war der Beklagten zwar zunächst nur
  194. die fehlende Bereitstellung der vertragsgemäßen Rückflugleistung. Durch die-
  195. - 10 -
  196. se Pflichtwidrigkeit ist für die Klägerin noch kein gesteigertes Risiko eines
  197. Sturzes bei einem Lauf mit Gepäck durch die Abflughalle geschaffen worden.
  198. Die Mitteilung der Fluggesellschaft, daß der gebuchte Flug nicht angetreten
  199. werden kann, veranlaßt einen Reisenden nicht zu einem Lauf durch die Abflughalle mit Gepäck.
  200. Die Klägerin wurde zu dem risikobehafteten Lauf vielmehr veranlaßt,
  201. weil sie von dem Mitarbeiter der Fluggesellschaft auf die kurzfristige anderweitige Flugmöglichkeit nach P.
  202. hingewiesen wurde. Dieser Hinweis auf an-
  203. derweitige Flugmöglichkeiten war zwar im Interesse der Klägerin geboten, die
  204. deutlich gemacht hatte, nicht auf den nächsten Flug nach M.
  205. warten zu wollen. Die Klägerin hätte gegenüber der Beklagten die Verletzung
  206. einer vertraglichen Sorgfaltspflicht geltend machen können, wenn der Hinweis
  207. auf die andere Flugmöglichkeit unterblieben wäre.
  208. Die Klägerin und ihre Tochter sollten den angebotenen Flug nach P.
  209. allerdings
  210. anstelle
  211. des
  212. geschuldeten
  213. Fluges
  214. nach
  215. M.
  216. als Erfüllung der vertraglichen Rückflugleistung annehmen. Damit hat die Beklagte durch ihre Erfüllungsgehilfen eine Leistung an Erfüllung statt angeboten.
  217. Dabei hat sie dieselben Sorgfaltsmaßstäbe zu beachten wie bei der ursprünglich geschuldeten Leistung. Sie mußte den Alternativflug insbesondere so anbieten, daß die Klägerin dadurch nicht in eine gesteigerte Gefahrenlage geriet.
  218. Die Beklagte hatte der Klägerin vielmehr durch angemessene Hilfe zu ermöglichen, den anderen Flug gefahrlos zu erreichen. Nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt wurde diese Hilfe nicht gewährt. Das die Klägerin zum Nachlaufen animierende Vorauslaufen des Mitarbeiters der Fluggesellschaft setzte die Klägerin vielmehr einem erhöhten Sturzrisiko aus. Es ist nicht
  219. - 11 -
  220. ersichtlich, daß die Erfüllungsgehilfen der Beklagten die ihnen zumutbaren
  221. Maßnahmen ergriffen hätten, um der Klägerin ein problemloses Erreichen des
  222. Ausweichfluges zu ermöglichen. Unter diesen Umständen haftet die Beklagte
  223. für die materiellen Schäden der Klägerin infolge ihres Sturzes. Diese Haftung
  224. ergibt sich aus der Beklagten vorwerfbarem Verhalten bei der Bereitstellung
  225. des Ausweichfluges, nicht jedoch, wie das Berufungsgericht meint, schon aus
  226. der Nichtgewährung der vereinbarten Flugmöglichkeit.
  227. f) Auf der Grundlage des von ihm festgestellten Sachverhalts hat das
  228. Berufungsgericht auch ein Mitverschulden der Klägerin rechtsfehlerfrei verneint. Das ist von der Revision nicht beanstandet worden.
  229. 3. Die gegen die Tenorierung des Berufungsurteils erhobene Rüge greift
  230. ebenfalls nicht durch. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  231. kann über eine unbezifferte Feststellungsklage zwar nicht durch Grundurteil
  232. entschieden werden (BGH, Urt. v. 04.10.2000 - VIII ZR 109/99, NJW 2001, 155
  233. m.w.N.). Die Auslegung des Berufungsurteils ergibt aber, daß es als Feststellungsurteil zu verstehen ist. Die Worte "dem Grunde nach" im Feststellungsausspruch sind bedeutungslos.
  234. 4. Das angefochtene Urteil hat somit Bestand. Die Revision ist zurückzuweisen.
  235. Melullis
  236. Scharen
  237. Asendorf
  238. Keukenschrijver
  239. Kirchhoff