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356 lines
18 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. X ZB 33/03
  4. vom
  5. 19. Oktober 2004
  6. in der Rechtsbeschwerdesache
  7. betreffend die Patentanmeldung 100 49 825.6
  8. BGHR:
  9. ja
  10. BGHZ:
  11. nein
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. Anbieten interaktiver Hilfe
  14. PatG § 1
  15. Ein Verfahren zum Betrieb eines Kommunikationssystems, bei dem von einem
  16. Kunden an seinem Rechner vorgenommene Bedienhandlungen erfaßt, an einen zentralen Rechner gemeldet, dort protokolliert und mit Referenzprotokollen
  17. verglichen werden, um dem Kunden, wenn er voraussichtlich sonst keinen Auftrag erteilen wird, an seinem Rechner eine interaktive Hilfe anzubieten, ist als
  18. solches nicht dem Patentschutz zugänglich.
  19. BGH, Beschl. v. 19. Oktober 2004 - X ZB 33/03 - Bundespatentgericht
  20. -2-
  21. -3-
  22. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
  23. Richter Dr. Melullis, die Richter Scharen, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck
  24. am 19. Oktober 2004
  25. beschlossen:
  26. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 17. Senats (Technischen
  27. Beschwerdesenats)
  28. des
  29. Bundespatentgerichts
  30. vom
  31. 20. Mai 2003 wird auf Kosten der Rechtsbeschwerdeführerin zurückgewiesen.
  32. Der Beschwerdewert wird auf 25.000,-- € festgesetzt.
  33. Gründe:
  34. I.
  35. Die Rechtsbeschwerdeführerin hat am 25. Juli 2001 ein Verfahren
  36. zum Betrieb eines Kommunikationssystems zum Patent angemeldet.
  37. Die Prüfungsstelle hat die Anmeldung zurückgewiesen, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
  38. -4-
  39. Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin den Antrag auf Erteilung
  40. eines Patents mit einem Haupt- und einem Hilfsantrag weiterverfolgt. Nach
  41. dem Hauptantrag lautet Patentanspruch 1:
  42. "Verfahren zum Betrieb eines Kommunikationssystems mit wenigstens
  43. einem Kunden-Rechner und einem zentralen Rechner, die über ein Netz
  44. miteinander verbindbar sind, beinhaltend folgende Schritte [Buchstaben
  45. in eckigen Klammern vom Bundespatentgericht hinzugefügt]:
  46. [a]
  47. Ein Aufrufen einer Angebotsseite zu wenigstens einem Angebot
  48. eines Anbieters durch einen Kunden am Kunden-Rechner wird
  49. vom zentralen Rechner erkannt,
  50. [b]
  51. die vom Kunden im Zusammenhang mit der Angebotsseite am
  52. Kunden-Rechner vorgenommenen Bedienhandlungen werden erfaßt und in Echtzeit an den zentralen Rechner gemeldet,
  53. [c]
  54. die gemeldeten Bedienhandlungen werden im zentralen Rechner
  55. fortlaufend in ein Protokoll eingetragen, das kontinuierlich mit Referenzprotokollen verglichen wird, und
  56. [d]
  57. ergibt das Vergleichen an einem Zeitpunkt mit einer vorgebbaren
  58. Wahrscheinlichkeit, daß der Kunde keinen Auftrag zu dem Angebot eingeben wird, so wird dem Kunden am Kunden-Rechner eine
  59. interaktive Hilfe angeboten."
  60. -5-
  61. Nach dem Hilfsantrag lauten die Merkmale c und d:
  62. [c]
  63. die gemeldeten Bedienhandlungen werden im zentralen Rechner
  64. fortlaufend in ein Protokoll eingetragen, das kontinuierlich mit Referenzprotokollen, die mit einer vorgebbaren Wahrscheinlichkeit
  65. darauf hinweisen, daß der Kunde keinen Auftrag zu dem Angebot
  66. eingeben wird, und mittels einer lernenden Struktur bestimmt werden, verglichen wird, und
  67. [d]
  68. ergibt das Vergleichen an einem Zeitpunkt, daß der Kunde keinen
  69. Auftrag zu dem Angebot eingeben wird, so wird dem Kunden am
  70. Kunden-Rechner eine interaktive Hilfe angeboten."
  71. Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen.
  72. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Anmelderin.
  73. II.
  74. Die kraft Zulassung statthafte und auch im übrigen zulässige
  75. Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Bundespatentgericht
  76. hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß der Gegenstand des Anspruchs 1
  77. sowohl nach dem Haupt- wie nach dem Hilfsantrag der Anmelderin dem Patentschutz nicht zugänglich ist.
  78. 1.
  79. Die Anmeldung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Kommuni-
  80. kationssystems mit wenigstens einem Kunden-Rechner und einem zentralen
  81. Rechner, die über ein Netz miteinander verbindbar sind.
  82. -6-
  83. Die Beschreibung, die nach dem zuletzt gestellten Antrag dem Patent
  84. zugrundegelegt werden soll, erläutert, an einem Klientenrechner seien über
  85. das Internet auf Servern gespeicherte Angebotsseiten verschiedener Anbieter
  86. mit Angeboten zu Produkten oder Dienstleistungen aufrufbar. Dabei wiesen die
  87. aufgerufenen Angebotsseiten zumeist einen virtuellen Warenkorb auf, der vom
  88. Kunden gefüllt werden könne. Zum Bestellen der im virtuellen Warenkorb befindlichen Angebote werde auf der aufgerufenen Angebotsseite eine Maske
  89. geöffnet, in der zur Bestellausführung eine Lieferadresse und eine Kreditkartennummer eingegeben werden müßten. Dabei hätten Studien gezeigt,
  90. daß bei einer überwiegenden Anzahl der Vorgänge trotz gefülltem virtuellen
  91. Warenkorb der Bestellvorgang nicht abgeschlossen werde, d.h. kein Auftrag zu
  92. einem der Angebote erteilt werde, weil der am Klientenrechner tätige Kunde
  93. nicht in der Lage sei, alle Schritte bis zum erfolgreichen Bestellen durchzuführen.
  94. In der US-Patentschrift 6 108 637 sei eine Möglichkeit zum Überwachen
  95. eines an einem Rechnersystem angezeigten Inhalts beschrieben. Dabei könnten Überwachungsinformationen erzeugt werden, aus denen Schlüsse über ein
  96. Betrachten des angezeigten Inhalts durch einen Betrachter gezogen werden
  97. könnten. Des weiteren könne anhand der Überwachungsinformationen ein aktualisierter oder maßgeschneiderter Inhalt über ein Netzwerk von einer Inhaltbereitstellungsstelle an einer Inhaltsanzeigestelle zur Verfügung gestellt werden. In einer Ausführungsform werde dabei das Überwachen an einer Inhaltsanzeigestelle mittels einer Applettechnik eingeleitet und durchgeführt. Es sei
  98. beispielsweise überwachbar, wie oft ein an einer Anzeigevorrichtung angezeig-
  99. -7-
  100. ter Zeiger in eine vorgebbare Fläche der Anzeigevorrichtung ein- und wieder
  101. austrete.
  102. Als Aufgabe der Erfindung wird angegeben, ein verbessertes Verfahren
  103. der vorgenannten Art zu schaffen, mit dem unter anderem die Anzahl erfolgreich abgeschlossener Bestellvorgänge erhöht werden kann.
  104. Diese Aufgabe soll durch ein Verfahren mit den Schritten a bis d gelöst
  105. werden.
  106. Dadurch sei es dem Anbieter möglich, bei einem drohenden Kaufabbruch einzuschreiten und den Kunden beispielsweise im Rahmen eines individuellen Beratungsgesprächs doch noch zum Eingeben eines Auftrages zu bewegen.
  107. 2.
  108. Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, die beanspruchte Lehre
  109. liege nicht auf technischem Gebiet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei zu verlangen, daß die prägenden Anweisungen einer beanspruchten Lehre der Lösung eines konkreten technischen Problems dienten.
  110. Die in der geltenden Beschreibung angegebene Aufgabe sei jedoch keine Problemstellung technischer Art. Die Problemstellung liege vielmehr auf geschäftlichem Gebiet und sei etwa mit dem Wunsch nach Steigerung des Auftragsvolumens gleichzusetzen. Ein Ansatz in Richtung auf eine Verbesserung der zur
  111. Durchführung des Verfahrens verwendeten technischen Mittel (Kundenrechner,
  112. Netz, zentraler Rechner) sei in der angegebenen Aufgabe nicht erkennbar.
  113. Auch die angegebene Lösung liege nicht auf technischem Gebiet. Im Vordergrund des Patentanspruchs 1 stehe die Lehre, die Anzahl der erfolgreich abge-
  114. -8-
  115. schlossenen Bestellvorgänge dadurch zu erhöhen, daß das Bedienverhalten
  116. der Kunden ausgewertet und im geeigneten Moment Hilfe angeboten werde.
  117. Diese Lehre beruhe nicht auf technischen Überlegungen, sondern hänge von
  118. der zutreffenden Auswertung des Bedienverhaltens des Kunden in (verkaufs-)
  119. psychologischer Hinsicht ab. Die im Patentanspruch angegebene Implementierung der verkaufspsychologischen Lehre beschränke sich auf eine platte Umsetzung in Datenverarbeitungsschritte, ohne daß Maßnahmen ersichtlich wären, die auf die Überwindung besonderer technischer Schwierigkeiten hinwiesen und somit einen Patentschutz rechtfertigen könnten.
  120. 3.
  121. Die Rechtsbeschwerde ist demgegenüber der Auffassung, Ver-
  122. fahren, die automatisierte Abläufe zum Gegenstand hätten, welche wiederum
  123. nur mit Hilfe von Rechnern möglich seien, seien als technisch anzusehen. Das
  124. Bundespatentgericht habe das technische Problem nur unzureichend erkannt.
  125. Es gehe nicht lediglich allgemein um den Wunsch nach Steigerung des Auftragsvolumens. Vielmehr sollten durch bestimmte technische Maßnahmen Probleme der Kunden bei der Bedienung des Bestellprogramms erkannt und durch
  126. weitere technische, automatisiert ablaufende Maßnahmen Hilfestellungen für
  127. den Kunden bei der Bedienung des Programms bereitgestellt werden. Die in
  128. Form von Daten hinterlegten, durch verkaufspsychologische Auswertung des
  129. Kundenverhaltens gewonnenen Erkenntnisse lösten bestimmte technische Aktionen aus, wie das Bereitstellen der interaktiven Hilfe. Dies könne die Anzahl
  130. der aufgerufenen Seiten vermindern und führe zu einer Verkürzung der erforderlichen Onlinezeit und damit zu einer Entlastung des Netzes.
  131. 4.
  132. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
  133. -9-
  134. a)
  135. Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Verfahren, das sich
  136. zur Herbeiführung des angestrebten Erfolges eines Programms bedient, mit
  137. dessen Hilfe eine Datenverarbeitungsanlage so gesteuert wird, daß der gewünschte Erfolg erzielt wird, nicht schon wegen des Vorgangs der elektronischen Datenverarbeitung dem Patentschutz zugänglich. Da das Gesetz Programme für Datenverarbeitungsanlagen als solche vom Patentschutz ausschließt (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 PatG), muß die beanspruchte Lehre vielmehr Anweisungen enthalten, die der Lösung eines konkreten technischen
  138. Problems
  139. mit
  140. technischen
  141. Mitteln
  142. dienen
  143. (Sen.Beschl.
  144. v.
  145. 24.5.2004
  146. - X ZB 20/03, GRUR 2004, 667 - Elektronischer Zahlungsverkehr, für BGHZ
  147. vorgesehen; BGHZ 149, 68 - Suche fehlerhafter Zeichenketten).
  148. Nichts anderes gilt, wenn in Rede steht, ob eine beanspruchte Lehre als
  149. mathematische Methode (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 PatG), als Regel oder Verfahren für
  150. geschäftliche Tätigkeiten (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 PatG) oder als Wiedergabe von Informationen (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 PatG) nicht als Erfindung anzusehen ist. Sofern
  151. Anweisungen beansprucht werden, mit denen ein konkretes technisches Problem gelöst wird, kommt es nicht darauf an, ob der Patentanspruch auch auf
  152. die Verwendung eines Algorithmus, einen im geschäftlichen Bereich liegenden
  153. Zweck des Verfahrens oder den Informationscharakter von Verfahrensergebnissen abstellt.
  154. Hiervon ist auch das Bundespatentgericht der Sache nach ausgegangen; daß es dabei nicht auf die Grenzen der Patentierbarkeit nach § 1 Abs. 2
  155. und 3 PatG, sondern auf das Erfordernis der Technizität Bezug genommen hat,
  156. nötigt deshalb nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
  157. - 10 -
  158. Soweit die Rechtsbeschwerde demgegenüber meint, es sei nicht sachgerecht, an Verfahren höhere Anforderungen als an Vorrichtungen zur Datenverarbeitung zu stellen, denen nach der Rechtsprechung des Senats stets
  159. technischer Charakter zukomme (BGHZ 144, 282 - Sprachanalyseeinrichtung),
  160. vernachlässigt sie, daß auch § 1 Abs. 2 Nr. 3 PatG zu beachten ist und diese
  161. Vorschrift nur Programme für Datenverarbeitungsanlagen, nicht aber solche
  162. Anlagen selbst betrifft. Im übrigen ergibt sich im Ergebnis kein Unterschied, da
  163. auch bei der vorrichtungsmäßigen Einkleidung einer Lehre, die sich der elektronischen Datenverarbeitung bedient, deren Patentfähigkeit nur dann zu bejahen ist, sofern hierbei die Lösung eines konkreten technischen Problems mit
  164. Mitteln gelehrt wird, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen
  165. und gewerblich anwendbar sind (Sen.Beschl. v. 24.5.2004, aaO).
  166. b)
  167. Die Auffassung des Bundespatentgerichts, der beanspruchten
  168. Lehre liege der nicht-technische Wunsch nach einer Steigerung des Auftragsvolumens zugrunde, erfaßt allerdings, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend macht, den Sachverhalt nicht vollständig. Welches technische Problem
  169. durch eine Erfindung gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die
  170. Erfindung tatsächlich leistet. Die in der Patentschrift angegebene Aufgabe ist
  171. demgegenüber als solche nicht maßgeblich, sondern lediglich ein Hilfsmittel für
  172. die Ermittlung des objektiven technischen Problems (BGHZ 78, 358, 364
  173. - Spinnturbine II; BGHZ 98, 12, 19 f. - Formstein; Sen.Urt. v. 12.2.2003
  174. - X ZR 200/99, GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger). Im hier interessierenden
  175. Zusammenhang ist zudem zu beachten, daß der Ausschlußtatbestand des § 1
  176. Abs. 2 Nr. 3 PatG schon dann nicht eingreift, wenn wenigstens einem Teil der
  177. Lehre ein konkretes technisches Problem zugrundeliegt. Es ist dann unschädlich, wenn dieses Bestandteil eines umfassenderen durch die beanspruchte
  178. - 11 -
  179. Lehre gelösten Problems ist, das seinerseits nicht oder nur teilweise technischen Charakter trägt (Sen.Beschl. v. 24.5.2004, aaO).
  180. Die hier beanspruchte Lehre bewirkt nicht unmittelbar eine Steigerung
  181. des Auftragsvolumens. Eine solche Steigerung ist vielmehr lediglich das Endziel oder der wirtschaftliche Zweck der konkreten, durch den Patentanspruch
  182. gelehrten Anweisungen. Sie sollen es ermöglichen, (durch das Angebot interaktiver Hilfe) auf den Kunden einzuwirken, wenn mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, daß er trotz seines mit dem Aufruf der Angebotsseiten bekundeten
  183. Interesses andernfalls keinen Auftrag erteilen wird. Darin erschöpft sich die
  184. Leistung, die das beanspruchte Verfahren erbringt. Aus ihr folgt wiederum, daß
  185. das Problem darin besteht, dem Anbieter rechtzeitig diejenigen Informationen
  186. zu verschaffen, aus denen sich eine bestimmte Wahrscheinlichkeit ergibt, die
  187. ein zusätzliches Einwirken auf den Kunden zur Folge haben soll.
  188. c)
  189. Dieses Problem ist indessen seinerseits nicht technischer Natur,
  190. da es nicht notwendigerweise den Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Herbeiführung eines kausal übersehbaren Erfolges erfordert. Es rechtfertigt auch
  191. keine andere Beurteilung, daß die Informationsverschaffung automatisch mit
  192. Hilfe elektronischer Datenverarbeitung erfolgen soll, denn dies genügt noch
  193. nicht zur Annahme eines konkreten technischen Problems im Sinne der Rechtsprechung des Senats.
  194. Ein konkretes technisches Problem liegt schließlich auch nicht den Mitteln zugrunde, mit denen dem Anbieter anspruchsgemäß die benötigten Informationen verschafft werden sollen. Die benötigte Information besteht aus zwei
  195. Teilen: zum einen aus einem bestimmten Verhalten des Kunden bei der Bedie-
  196. - 12 -
  197. nung des Computers wie beispielsweise einer längeren Inaktivität, der Aktivierung eines Links oder des Aufrufs einer Standardhilfe (deutsche Offenlegungsschrift 100 49 825, Sp. 4 Z. 26 bis 59), zum anderen aus einem Referenzverhalten, das in Referenzprotokollen festgehalten ist (Merkmal c). Nach der beanspruchten Lehre sollen Mittel angegeben werden, mit deren Hilfe beide Informationen dem Zentralrechner des Anbieters gleichzeitig zur Verfügung gestellt werden, so daß aus ihrem Vergleich die Reaktion auf das Kundenverhalten resultieren kann. Dieses Problem wird dadurch gelöst, daß die am Kundenrechner vorgenommenen Bedienhandlungen erfaßt und in Echtzeit an den Zentralrechner gemeldet werden (Merkmal b). Die technische Prägung dieses Lösungsmittels und damit auch des zugrundeliegenden Problems beschränkt sich
  198. wiederum darauf, die Informationserfassung und -übermittlung mit Hilfe der
  199. elektronischen Datenverarbeitung vorzunehmen. Das genügt nicht, um die beanspruchte Lehre dem Patentschutz zugänglich zu machen.
  200. Die Hinweise der Rechtsbeschwerde, daß das Verfahren unmittelbar das
  201. Gebiet der Elektronik/Informatik und damit ein nach herkömmlicher Auffassung
  202. technisches Gebiet betreffe und die Schwierigkeiten des Kunden bei der Bedienung des Bestellprogramms mit technischen Mitteln erfaßt würden, führen in
  203. diesem Zusammenhang nicht weiter. Der technische Charakter der für das Verfahren benötigten Rechner steht außer Zweifel. Daraus ergibt sich aber noch
  204. kein konkretes technisches Problem, das mit den Merkmalen des beanspruchten Verfahrens gelöst würde.
  205. Nichts anderes gilt für die Behauptung, das beanspruchte Verfahren führe zu einer Verkürzung der erforderlichen Onlinezeit und damit entgegen der
  206. Annahme des Bundespatentgerichts zu einer Entlastung des Netzes. Selbst
  207. - 13 -
  208. wenn eine solche Entlastung des Netzes einträte, handelte es sich nicht um
  209. eine technische Wirkung des beanspruchten Verfahrens, sondern um das Ergebnis eines veränderten Nutzerverhaltens. Daß das Verfahren ein solches
  210. Verhalten mag beeinflussen und fördern können, macht dessen Folgen nicht zu
  211. einer technischen Wirkung.
  212. 5.
  213. Auch der Hilfsantrag der Anmelderin, der ihren Hauptantrag in
  214. Merkmal c um die Anweisung ergänzt, die Referenzprotokolle mittels einer lernenden Struktur zu bestimmen, ist nicht anders zu würdigen.
  215. Das Bundespatentgericht hat hierzu ausgeführt, dem im Anspruch in allgemeiner Form genannten Umstand, daß zum Entscheiden über das Anbieten
  216. von Hilfe eine lernende Struktur verwendet werden solle, komme eine die Patentierbarkeit rechtfertigende Eigenheit nicht zu. Für die Implementierung einer
  217. (technischen oder nichttechnischen) Lehre mit einem Datenverarbeitungssystem biete sich dem Datenverarbeitungsfachmann eine breite Palette von Realisierungsmöglichkeiten zur Auswahl. Bei einer als wahrscheinlich anzunehmenden Implementierung der lernenden Struktur durch Software werde der
  218. Fachmann für die Realisierung der einen oder anderen Teilaufgabe, wie beispielsweise der Auswertung einer Vielzahl von Parametern, unter den aus der
  219. theoretischen Informatik bekannten Algorithmen diejenigen auswählen, die ihm
  220. am geeignetsten erschienen. Dabei seien zu den sich anbietenden Algorithmen
  221. auch solche komplexer Art zu zählen, wie sie lernende Strukturen darstellten,
  222. die nach einer Lernphase auch "intelligente" Entscheidungen optimal ausführen könnten.
  223. - 14 -
  224. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg mit dem Einwand, die lernende Struktur enthebe den Entwickler des Programms von einer
  225. zeitaufwendigen Gewichtung der einzelnen Parameter des Bedienerverhaltens,
  226. die lernende Struktur finde selbsttätig eine optimale Gewichtung, um die interaktive Hilfe zum richtigen Zeitpunkt einzusetzen, wodurch eine sonst erforderliche intellektuelle Leistung ersetzt werde, und der Einsatz einer solchen lernenden Struktur stelle infolgedessen eine technische Verbesserung des Verfahrens dar.
  227. Denn die Feststellung des Bundespatentgerichts, daß das Merkmal der
  228. lernenden Struktur lediglich für einen dem Fachmann seiner Art nach bekannten komplexen Algorithmus stehe, greift die Rechtsbeschwerde nicht an. Ein
  229. Algorithmus ist aber als solcher ebensowenig dem Patentschutz zugänglich wie
  230. ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen. Ein konkretes technisches Problem, das mit Hilfe des Algorithmus gelöst würde, zeigt die Rechtsbeschwerde
  231. nicht auf und ist auch nicht erkennbar.
  232. 6.
  233. Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG.
  234. IV.
  235. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich
  236. gehalten.
  237. Melullis
  238. Scharen
  239. Mühlens
  240. Keukenschrijver
  241. Meier-Beck