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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. X ZB 13/07
  4. vom
  5. 22. April 2008
  6. in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
  7. betreffend die Patentanmeldung P 43 15 525.1-41
  8. Nachschlagewerk:
  9. BGHZ
  10. :
  11. BGHR
  12. :
  13. ja
  14. nein
  15. ja
  16. Tramadol
  17. PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3
  18. Jedenfalls dann, wenn das Bundespatentgericht im Beschwerdeverfahren nach
  19. zurückgewiesener Anmeldung vor Beginn der Bearbeitung durch besondere
  20. Mitteilung Gelegenheit zur Einreichung einer Beschwerdebegründung gibt, kann
  21. ein Beschwerdeführer, der um eine entsprechende Mitteilung gebeten hat, darauf vertrauen, dass er eine entsprechende Aufforderung erhält. Unterbleibt diese und reicht er deshalb keine Beschwerdebegründung ein, verletzt die gleichwohl ergangene Entscheidung seinen Anspruch auf rechtliches Gehör.
  22. BGH, Beschl. v. 22. April 2008 - X ZB 13/07 - Bundespatentgericht
  23. -2-
  24. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. April 2008 durch
  25. den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin
  26. Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Gröning
  27. beschlossen:
  28. Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluss des
  29. 14. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 16. April 2007 aufgehoben.
  30. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an
  31. das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
  32. Gerichtskosten für die Rechtsbeschwerdeinstanz werden nicht erhoben.
  33. Gründe:
  34. 1
  35. I. Durch Beschluss vom 14. Juli 2004 hat das Deutsche Patent- und Markenamt die eine pharmazeutische Zusammensetzung betreffende Patentanmeldung 43 15 525.1-41 der Anmelderin zurückgewiesen. Dagegen hat die
  36. Anmelderin durch die sie vertretende M.
  37. GmbH Beschwer-
  38. de eingelegt und beantragt, den Zurückweisungsbeschluss aufzuheben. Des
  39. -3-
  40. Weiteren wird in der Beschwerdeschrift um Mitteilung gebeten, wenn die Bearbeitung der Beschwerde bevorsteht; eine Beschwerdebegründung würde dann
  41. entsprechend eingereicht.
  42. 2
  43. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Bundespatentgericht die
  44. Beschwerde unter Bezugnahme auf die Begründung der Entscheidung des
  45. Deutschen Patent- und Markenamtes und mit dem zusätzlichen Bemerken zurückgewiesen, die Anmelderin habe nichts vorgetragen, was zu deren Aufhebung hätte führen können. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der
  46. Anmelderin, mit der sie die Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs rügt.
  47. 3
  48. II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, da mit ihr der Rechtsbeschwerdegrund des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG geltend gemacht wird und auch im Übrigen zulässig.
  49. 4
  50. 2. Das Rechtsmittel ist begründet und führt zur Zurückverweisung des
  51. Verfahrens an das Beschwerdegericht (§ 108 Abs. 1 PatG). Der Anmelderin
  52. war im Beschwerdeverfahren das rechtliche Gehör versagt.
  53. 5
  54. a) Der im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass die ein gerichtliches Verfahren betreibende
  55. Partei Gelegenheit hat, ihr Petitum darzulegen und zu begründen. Vielfach wird
  56. dieses Verfahrensgrundrecht schon durch die die Modalitäten der Rechtsverfolgung vorgebenden formalen Bestimmungen der Verfahrensordnungen sichergestellt. So muss die Klageschrift im Zivilprozess u. a. die bestimmte Angabe
  57. des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten (§ 253
  58. Abs. 1 Nr. 2 ZPO); der Berufungskläger muss sein Rechtsmittel in einer den
  59. Vorgaben von § 520 ZPO genügenden Weise begründen.
  60. -4-
  61. 6
  62. b) Die Ausgestaltung des patentrechtlichen Beschwerdeverfahrens ist im
  63. Patentgesetz nur fragmentarisch geregelt. Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Patentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden,
  64. wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen (§ 99 Abs. 1 PatG). Nach den danach für eine entsprechende Anwendung in Betracht kommenden Bestimmungen über die sofortige Beschwerde (§§ 567 ff. ZPO) soll der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel begründen
  65. (§ 571 Abs. 1 ZPO). Die Modalitäten für die Einreichung einer solchen Begründung sind im Gesetz nicht geregelt; der Vorsitzende oder das Beschwerdegericht kann aber für das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln eine
  66. Frist setzen (§ 571 Abs. 3 ZPO).
  67. 7
  68. c) Unter den gegebenen Voraussetzungen konnte das Bundespatentgericht ohne Verletzung des Anspruchs der Anmelderin auf rechtliches Gehör keine Entscheidung treffen, bevor dieser unter Hinweis auf die bevorstehende Bearbeitung Gelegenheit zur Einreichung einer Beschwerdebegründung gegeben
  69. worden war. Die Anmelderin konnte darauf vertrauen, vor der Beschwerdeentscheidung eine solche Mitteilung zu erhalten.
  70. 8
  71. Allerdings genügt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  72. zur Wahrung des rechtlichen Gehörs im schriftlichen Verfahren grundsätzlich,
  73. wenn das Gericht von einer - wenngleich zweckmäßigen - Fristsetzung absieht
  74. und lediglich eine angemessene Zeit auf eine mögliche Stellungnahme einer
  75. Partei wartet (Sen.Beschl. v. 1.2.2000 - X ZB 27/98, GRUR 2000, 597 - ChromNickel-Legierung). Im vorliegenden Fall war das Bundespatentgericht nach dem
  76. Gang des Verfahrens jedoch daran gehindert, seine Entscheidung allein aufgrund des Zeitablaufs seit der Beschwerdeeinlegung zu treffen. Die Anmelderin
  77. -5-
  78. hatte im Beschwerdeverfahren darum gebeten, zeitnah vor Eintritt in die Bearbeitung Gelegenheit zur Beschwerdebegründung zu erhalten und das Bundespatentgericht wollte dieser Bitte auch entsprechen. Durch Verfügung vom
  79. 18. Januar 2007 hat die Berichterstatterin des beim Bundespatentgericht unter
  80. dem Aktenzeichen 14 W (pat) 54/04 geführten Beschwerdeverfahrens die Geschäftsstelle angewiesen, dem Beschwerdeführer mitzuteilen, dass die Bearbeitung der Beschwerde demnächst anstehe und daher einer Beschwerdebegründung bis zum 29. März 2007 entgegengesehen werde. In den Akten des Beschwerdeverfahrens findet sich danach lediglich ein von der Geschäftsstelle
  81. des 15. Senats zwar zur richtigen Anmeldungsnummer, im Übrigen aber zum
  82. Aktenzeichen 15 W (pat) 54/04 gefertigtes und an andere Patent- und Rechtsanwälte adressiertes Schreiben, in welchem zudem als Beschwerdeführer ein
  83. anderes Unternehmen genannt ist. Der verfügte Hinweis hat die Anmelderin
  84. deshalb nicht erreicht und die Vertreter der Anmelderin haben von der Fristsetzung, wie die Anmelderin durch die eidesstattliche Versicherung von Patentanwalt Dr. M.
  85. glaubhaft gemacht hat, auch nicht auf anderem Wege erfah-
  86. ren. Unter diesen Umständen kann zum einen nicht von Kenntnis der Anmelderin vom Inhalt der Mitteilung ausgegangen werden (§ 697 Abs. 1, § 270 Satz 2
  87. ZPO analog), zum anderen war damit ohne Weiteres der Anspruch der Anmelderin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht gewahrt.
  88. 9
  89. Die Sache ist danach an das Bundespatentgericht zur anderweiten Entscheidung über die Beschwerde zurückzuverweisen.
  90. -6-
  91. 10
  92. III. Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren sind nach § 21
  93. Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben.
  94. Melullis
  95. Scharen
  96. Meier-Beck
  97. Mühlens
  98. Gröning
  99. Vorinstanz:
  100. Bundespatentgericht, Entscheidung vom 16.04.2007 - 14 W(pat) 54/04 -