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70 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VIII ZR 68/17
  5. Verkündet am:
  6. 21. März 2018
  7. Ermel
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. ja
  16. BGHR:
  17. ja
  18. ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
  19. 1)
  20. Ein Klageantrag ist grundsätzlich hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2
  21. ZPO, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der
  22. gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine
  23. Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (im Anschluss an
  24. BGH, Urteile vom 9. Januar 2013 - VIII ZR 94/12, NJW 2013, 1367 Rn. 12; vom 2. Dezember 2015 - IV ZR 28/15, NJW 2016, 708, Rn. 8; jeweils mwN).
  25. 2)
  26. Zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO kommt es nicht darauf an, ob der maßgebliche Sachverhalt bereits vollständig beschrieben oder ob der
  27. Klageanspruch schlüssig und substantiiert dargelegt worden ist. Vielmehr ist es im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist (im Anschluss
  28. an BGH, Urteile vom 18. Juli 2000 - X ZR 62/98, NJW 2000, 3492 unter II 1 c; vom
  29. 11. Februar 2004 - VIII ZR 127/03, NJW-RR 2005, 216 unter II; vom 24. März 2011
  30. - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 9; vom 16. November 2016 - VIII ZR 297/15, NJW-RR
  31. 2017, 380 Rn. 12; jeweils mwN).
  32. 3)
  33. Macht ein Vermieter Mietrückstände (und ggfs. sonstige aus dem Mietverhältnis resultierende Forderungen) geltend und bezieht er sich dabei auf den Inhalt eines Mietkontos,
  34. ECLI:DE:BGH:2018:210318UVIIIZR68.17.0
  35. -2-
  36. in das Bruttomieten und damit auch Ansprüche auf Nebenkostenvorauszahlungen eingestellt sind, bringt er beim Fehlen weiterer Erklärungen zum Ausdruck, dass er diese
  37. Ansprüche (und nicht Nachforderungen aus erteilten Nebenkostenabrechnungen) zum
  38. Gegenstand seiner Klage macht. Das Gericht darf die Bestimmtheit des Klagebegehrens
  39. nicht deswegen in Frage stellen, weil der Vermieter nach Eintritt der Abrechnungsreife
  40. (§ 556 Abs. 3 BGB) keine Vorauszahlungen mehr verlangen darf. Dies ist ausschließlich
  41. eine Frage der Begründetheit der Klage.
  42. 4)
  43. Berücksichtigt der Vermieter in dem der Klage zugrunde gelegten Mietkonto zugunsten
  44. des Mieters Zahlungen und Gutschriften, ohne diese konkret einer bestimmten Forderung oder einem bestimmten Forderungsteil (Nettomiete oder Nebenkostenvorauszahlung) zuzuordnen, stellt dies die Bestimmtheit des Klageantrags nicht ohne Weiteres in
  45. Frage. Vielmehr kommt hier im Rahmen der gebotenen Auslegung des Klagebegehrens
  46. auch ohne ausdrückliche Verrechnungs- oder Aufrechnungserklärung ein Rückgriff auf
  47. die gesetzliche Anrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB in Betracht.
  48. ZPO §§ 263, 264 Nr. 2; § 531 Abs. 2, § 533
  49. 1)
  50. Der Vermieter ist allerdings nicht gehindert, in den Tatsacheninstanzen eine hiervon
  51. abweichende Erklärung über die Zuordnung erbrachter Zahlungen und erteilter Gutschriften abzugeben. Macht er hiervon erst nach Klageerhebung Gebrauch, handelt es
  52. sich hierbei entweder um eine Klageänderung nach § 263 ZPO (die im Berufungsverfahren ergänzend an § 533 ZPO zu messen ist) oder, wenn sich an dem zugrundeliegenden Lebenssachverhalt nichts ändert, um eine nach § 264 Nr. 2 ZPO jederzeit zulässige
  53. Klageänderung.
  54. 2)
  55. Erfolgt eine solche Erklärung erstmals in der Berufungsinstanz, ist sie unabhängig von
  56. den Vorgaben des § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen, weil sie kein Angriffs- oder
  57. Verteidigungsmittel im Sinne dieser Vorschrift darstellt, sondern zum Angriff selbst gehört (im Anschluss an BGH, Urteil vom 9. Januar 2013 - VIII ZR 94/12, aaO Rn. 9 mwN).
  58. BGB § 366 Abs. 2
  59. 1)
  60. Bei unzureichenden Zahlungen auf Nettomieten aus verschiedenen Zeiträumen ist § 366
  61. Abs. 2 BGB direkt und nicht nur analog heranzuziehen, weil § 366 BGB das Schuldverhältnis im engeren Sinne, also die einzelne Forderung, meint und daher auch bei einer
  62. Mehrheit von Forderungen aus demselben Schuldverhältnis (im weiteren Sinne) direkt
  63. anwendbar ist (Fortführung von BGH, Urteile vom 5. April 1965 - VIII ZR 10/64, NJW
  64. 1965, 1373 unter II 1 c; vom 20. Juni 1984 - VIII ZR 337/82, BGHZ 91, 375, 379; vom
  65. 9. Oktober 2014 - IX ZR 69/14, NJW 2015, 162 Rn. 22). Handelt es sich nicht um Zahlungen des Mieters, sondern um Gutschriften des Vermieters, kommt eine entsprechende Anwendung von § 366 Abs. 2 BGB in Betracht.
  66. 2) Eine analoge Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB ist auch insoweit geboten, als erfolgte
  67. Zahlungen des Schuldners oder erteilte Gutschriften nicht ausreichen, um die jeweilige
  68. monatliche Bruttomiete zu tilgen, weil sich es hierbei zwar um eine einheitliche Forderung aus verschiedenen Bestandteilen (Nettomiete zuzüglich Nebenkostenvorauszahlung) handelt (im Anschluss an BGH, Urteile vom 6. April 2005 - XII ZR 225/03, BGHZ
  69. 163, 1, 7; vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 347/04, NJW 2005, 2773 unter II 1 a; vom 13. April
  70. 2011 - VIII ZR 223/10, NJW 2011, 1806 Rn. 11), die Forderung auf Nebenkostenvoraus-
  71. -3-
  72. zahlung aber weitgehende rechtliche Eigenständigkeiten aufweist, die es rechtfertigen,
  73. bei unzureichenden Zahlungen des Mieters die Vorschrift des § 366 BGB analog heranzuziehen (Fortentwicklung von BGH, Urteile vom 11. Mai 2006 - VII ZR 261/04, BGHZ
  74. 167, 337 Rn. 16 ff., 22 mwN; vom 13. Juli 1973 - V ZR 186/71, NJW 1973, 1689 unter II
  75. 2; vom 6. November 1990 - XI ZR 262/89, NJW-RR 1991, 169 unter I 2 b; jeweils mwN).
  76. 3)
  77. Sind in das dem Klagebegehren zugrundliegende Mietkonto Bruttomieten aus mehreren
  78. Zeiträumen eingestellt, sind die oben unter 1) und 2) dargestellten Verrechnungsgrundsätze wie folgt anzuwenden und zu kombinieren:
  79. a)
  80. Die Vorschrift des § 366 Abs. 2 BGB ist (analog) zur Festlegung heranzuziehen, auf
  81. welchen Bestandteil der jeweiligen Bruttomiete (Nettomiete oder geschuldete Nebenkostenvorauszahlung) die Zahlungen oder Gutschriften zu verrechnen sind. Dabei ist das
  82. Kriterium der "geringeren Sicherheit" maßgebend. Dies führt dazu, dass für die Tilgung
  83. der jeweiligen Bruttomiete unzureichende Zahlungen oder Gutschriften zunächst auf die
  84. die darin enthaltene Forderung auf Erbringung von Nebenkostenvorauszahlungen anzurechnen sind, weil diese nach Eintritt der Abrechnungsreife oder erfolgter Abrechnung
  85. grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden kann und daher weniger sicher ist als
  86. die Nettomietforderung.
  87. b)
  88. Werden Bruttomietrückstände aus mehreren Jahren oder mehreren Monaten geltend
  89. gemacht, sind die Kriterien des § 366 Abs. 2 BGB ein weiteres Mal heranzuziehen. Dabei ist stets eine Anrechnung auf die ältesten Rückstände vorzunehmen. Dies ergibt sich
  90. bei Mieten, die aus verschiedenen Jahreszeiträumen stammen, daraus, dass die älteren
  91. Rückstände zuerst verjähren (vgl. § 199 Abs. 1 BGB) und daher dem Kläger die geringeren Sicherheiten bieten (im Anschluss an BGH, Urteile vom 5. April 1965 - VIII ZR 10/64,
  92. aaO; vom 20. Juni 1984 - VIII ZR 337/82, aaO; vom 19. November 2008 - XII ZR 123/07,
  93. BGHZ 179, 1 Rn. 9; vom 9. Oktober 2014 - IX ZR 69/14, aaO). Bezüglich der Mietrückstände, die im selben Jahr angefallen sind und bei denen nach § 199 Abs. 1 BGB regelmäßig zum gleichen Zeitpunkt die Verjährung eintritt, folgt dies aus der Heranziehung
  94. des Kriteriums "ältere Schuld".
  95. c)
  96. Die Frage, wie diese beiden Verrechnungsweisen für die im Rahmen der Zulässigkeit
  97. der Klage erforderliche Bestimmung, welche Beträge der Kläger bei Bruttomietrückständen aus mehreren Monaten oder Jahren geltend macht, miteinander zu kombinieren
  98. sind, hängt davon ab, ob der Kläger die Gutschriften oder Zahlungen einzelnen Zeiträumen zugeordnet hat (etwa: Miete Januar 2017) oder nicht.
  99. aa) Erfolgt eine Zuordnung zu einem bestimmten Zeitraum, hat der Kläger die Zahlung beziehungsweise Gutschrift auf die für diesen Zeitraum geschuldete Nebenkostenvorauszahlung und anschließend auf die für diesen Monat geschuldete Nettokaltmiete verrechnet. Übersteigt eine für eine bestimmten Zeitraum erbrachte Zahlung oder Gutschrift die
  100. für diesen Zeitraum geschuldete Bruttomiete, ist der überschießende Betrag - bis er aufgebraucht ist - gemäß § 366 Abs. 2 BGB analog - in absteigendem Alter - auf die ältesten Nebenkostenvorauszahlungsforderungen und anschließend - wiederum beginnend
  101. mit der ältesten Schuld - auf die Nettomieten anzurechnen.
  102. bb) Nimmt der Kläger bezüglich erbrachter Zahlungen oder Gutschriften keine Zuordnung zu
  103. einem bestimmten Zeitraum vor, sondern zieht diese lediglich vom Gesamtsaldo ab,
  104. sind diese in Anwendung der Kriterien des § 366 Abs. 2 BGB zunächst in absteigendem
  105. Alter auf die Nebenkostenvorauszahlungsforderungen (etwa Januar 2017; Februar
  106. -4-
  107. 2017) und anschließend - wiederum beginnend mit der ältesten Forderung - auf die Nettomietrückstände (etwa Januar 2017; Februar 2017) zu verrechnen.
  108. BGH, Urteil vom 21. März 2018 - VIII ZR 68/17 - LG Frankfurt am Main
  109. AG Frankfurt am Main
  110. -5-
  111. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  112. vom 21. März 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterinnen
  113. Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Kosziol
  114. für Recht erkannt:
  115. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts
  116. Frankfurt am Main - 11. Zivilkammer - vom 14. Februar 2017 im
  117. Kostenpunkt
  118. und
  119. insoweit
  120. aufgehoben
  121. als
  122. in
  123. Höhe
  124. von
  125. 11.032,93 € (Hauptforderung) und in Höhe weiterer 344,75 € an
  126. außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Mahngebühren sowie hinsichtlich des Antrags auf Feststellung, dass sich der
  127. Rechtsstreit in Höhe weiterer 346,42 € in der Hauptsache erledigt
  128. hat, zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
  129. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
  130. und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
  131. an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  132. Von Rechts wegen
  133. Tatbestand:
  134. 1
  135. Die Beklagte hatte zusammen mit Herrn A.
  136. T.
  137. im Zeitraum vom
  138. 1. August 2013 bis zum 8. April 2015 eine Wohnung der Klägerin in Frankfurt
  139. am Main angemietet. Die monatliche Bruttomiete belief sich auf 749,50 €. Darin
  140. waren Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 146 € monatlich enthalten.
  141. -6-
  142. 2
  143. Mit Schreiben vom 12. November 2014 erteilte die Klägerin gegenüber
  144. der Beklagten und dem weiteren Mieter die Betriebskostenabrechnung für das
  145. Jahr 2013. Dieser Abrechnung legte sie die Sollvorauszahlungen und nicht die
  146. tatsächlich geleisteten Zahlungen zugrunde. In gleicher Weise verfuhr sie im
  147. Schreiben vom 4. November 2015, mit dem sie über die Betriebskosten für das
  148. Jahr 2014 abrechnete.
  149. 3
  150. Die Klägerin hat mit der vorliegenden Klage ausstehende Zahlungen aus
  151. dem Zeitraum von Oktober 2013 bis April 2015 in Höhe von 13.544,63 € nebst
  152. Rechtshängigkeitszinsen abzüglich einer am 17. November 2015 erfolgten Betriebskostengutschrift in Höhe von 346,42 € geltend gemacht und bezüglich
  153. dieser Gutschrift die Feststellung begehrt, dass sich der Rechtsstreit insoweit
  154. erledigt hat. Sie stützt ihre Forderung auf die nachfolgend dargestellte "Mietrückstandsaufstellung", die in Form einer Tabelle verschiedene Forderungsarten (Bruttomiete, Rückläufergebühren, Mahngebühr sowie Mahngebühr ext.
  155. RA-Gebühr), erbrachte Zahlungen/Gutschriften und offene Forderungen ausweist.
  156. 4
  157. Monat
  158. Differenz
  159. Rückstand
  160. 749,50 €
  161. 749,50 €
  162. 749,50 €
  163. Rückläufergebühr
  164. 3,00 €
  165. 3,00 €
  166. 752,50 €
  167. Rückläufergebühr
  168. 3,00 €
  169. 3,00 €
  170. 755,50 €
  171. 749,50 €
  172. 749,50 €
  173. 1.505,00 €
  174. Rückläufergebühr
  175. 3,00 €
  176. 3,00 €
  177. 1.508,00 €
  178. Mahngebühr
  179. 2,50 €
  180. 2,50 €
  181. 1.510,50 €
  182. Mahngebühr
  183. 2,50 €
  184. 2,50 €
  185. 1.513,00 €
  186. Miete Dezember 2013
  187. 749,50 €
  188. 749,50 €
  189. 2.262,50 €
  190. Mahngebühr ext. RA-Gebühr
  191. 261,30 €
  192. 261,30 €
  193. 2.523,80 €
  194. Mahngebühr ext. RA-Gebühr
  195. 20,00 €
  196. 20,00 €
  197. 2.543,80 €
  198. Miete Oktober 2013
  199. Miete November 2013
  200. zu zahlen
  201. gezahlt
  202. -7-
  203. 53,45 €
  204. 53,45 €
  205. 2.597,25 €
  206. Miete Januar 2014
  207. 749,50 €
  208. 749,50 €
  209. 3.346,75 €
  210. Miete Februar 2014
  211. 749,50 €
  212. 749,50 €
  213. 4.096,25 €
  214. Miete März 2014
  215. 749,50 €
  216. 749,50 €
  217. 4.845,75 €
  218. Miete April 2014
  219. 749,50 €
  220. 749,50 €
  221. 5.595,25 €
  222. Miete Mai 2014
  223. 749,50 €
  224. 749,50 €
  225. 6.344,75 €
  226. Miete Juni 2014
  227. 749,50 €
  228. 749,50 €
  229. 7.094,25 €
  230. Miete Juli 2014
  231. 749,50 €
  232. 749,50 €
  233. 7.843,75 €
  234. Miete August 2014
  235. 749,50 €
  236. 749,50 €
  237. 8.593,25 €
  238. Miete September 2014
  239. 749,50 €
  240. 749,50 €
  241. 9.342,75 €
  242. Miete Oktober 2014
  243. 749,50 €
  244. 749,50 €
  245. 10.092,25 €
  246. Miete November 2014
  247. 749,50 €
  248. 749,50 €
  249. 10.841,75 €
  250. - 99,98 €
  251. 10.741,77 €
  252. Mahngebühr ext. RA-Gebühr
  253. 99,98 €
  254. Gutschrift Betriebskosten
  255. Miete Dezember 2014
  256. 749,50 €
  257. 749,50 €
  258. 11.491,27 €
  259. Miete Januar 2015
  260. 749,50 €
  261. 749,50 €
  262. 12.240,77 €
  263. Miete Februar 2015
  264. 749,50 €
  265. 349,50 €
  266. 12.590,27 €
  267. Miete März 2015
  268. 749,50 €
  269. 749,50 €
  270. 13.339,77 €
  271. Miete April 2015
  272. 749,50 €
  273. 749,50 €
  274. 14.089,27 €
  275. - 549,64 €
  276. 13.539,63 €
  277. 549,64 €
  278. Gutschrift Miete April 2015
  279. Mahngebühr
  280. 2,50 €
  281. 2,50 €
  282. 13.542,13 €
  283. Mahngebühr
  284. 2,50 €
  285. 2,50 €
  286. 13.544,63 €
  287. - 346,42 €
  288. 13.198,21 €
  289. Gutschrift Betriebskosten
  290. 5
  291. 400,00 €
  292. 346,42 €
  293. Bei den zwei Gutschriften "Betriebskosten" handelt es sich um die zugunsten der Beklagten in den Betriebskostenabrechnungen vom 12. November
  294. 2014 und vom 4. November 2015 ausgewiesenen Guthabensalden. Weitere
  295. Angaben zur Verrechnung der erteilten Gutschriften und der geleisteten Zahlung hat die Klägerin nicht gemacht, sich aber in der Berufungsinstanz darauf
  296. -8-
  297. berufen, dass mangels Vortrags der Parteien die gesetzliche Verrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB greife.
  298. 6
  299. Das Amtsgericht hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe eine
  300. unzulässige "Saldoklage" erhoben, bei der der Streitgegenstand nicht entsprechend den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt
  301. sei. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Landgericht die
  302. ausgesprochene Klageabweisung als unzulässig bestätigt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren
  303. weiter, macht allerdings für die in den Jahren 2013 bis 2015 nicht erbrachten
  304. Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von insgesamt 1.820,53 € Nachforderungen nicht mehr geltend.
  305. Entscheidungsgründe:
  306. 7
  307. Die Revision hat Erfolg.
  308. I.
  309. 8
  310. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit
  311. für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
  312. 9
  313. Die von der Klägerin erhobene "Saldoklage" sei unzulässig, weil sie den
  314. Streitgegenstand nicht - wie nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gefordert - hinreichend bestimmt habe. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung seien im Falle
  315. der Erhebung von mehreren Ansprüchen grundsätzlich die für jeden Anspruch
  316. geforderten Teilbeträge anzugeben. Daher müsse sich aus dem Klagevorbringen ergeben, welche in den Klagezeitraum fallenden Ansprüche dem geltend
  317. gemachten Betrag zugrunde lägen.
  318. -9-
  319. 10
  320. Soweit der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 9. Januar 2013
  321. (VIII ZR 94/12) eine "Saldoklage" unter den dort gegebenen Voraussetzungen
  322. für zulässig erachtet habe, seien die insoweit aufgestellten Grundsätze auf den
  323. Streitfall nicht anwendbar. Dort sei allein darüber zu befinden gewesen, ob den
  324. Vermietern für den streitigen Zeitraum eine monatliche Nutzungsentschädigung
  325. in der von ihnen bezifferten Höhe und damit der von ihnen angegebene Gesamtbetrag zugestanden habe, und ob die Mieter hiervon einen Betrag in Höhe
  326. der Klageforderung schuldig geblieben seien. Aus dieser Entscheidung könne
  327. nicht der Schluss gezogen werden, dass es genüge, sämtliche Forderungen
  328. und Zahlungen in ein laufendes Mietkonto einzustellen und hieraus nur den jeweiligen Saldo geltend zu machen, ohne vorzutragen, welche Zahlungen auf
  329. welche Ausstände verrechnet worden seien. Denn in einem solchen Fall handele es sich - anders als in der vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fallgestaltung - nicht um gleichartige Forderungen und damit auch nicht um einen einheitlichen Gesamtanspruch. Solche Fallgestaltungen seien nach der überwiegenden Auffassung in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum als unzulässige "Saldoklagen" zu behandeln.
  330. 11
  331. Im Streitfall folge die Unzulässigkeit der Klage daraus, dass die Klägerin
  332. unterschiedliche
  333. Forderungen
  334. (Nettomiete,
  335. Nebenkostenvorauszahlungen,
  336. Rückläufergebühr, Mahngebühr ext. RA-Gebühr, Mahngebühr) in das Mietkonto
  337. eingestellt habe, ohne darzulegen, in welcher Höhe die jeweiligen Forderungsarten dem geltend gemachten Saldobetrag im Einzelnen zugrunde lägen. Es sei
  338. nicht erkennbar, worauf die Gutschrift "Betriebskosten" in Höhe von 99,98 € aus
  339. der Betriebskostenabrechnung vom 12. November 2014, die im Februar 2015
  340. erfolgte Zahlung von 400 €, die Gutschrift "Miete April 2015" in Höhe von
  341. 549,64 € und die nach Zustellung des Mahnbescheids erfolgte Gutschrift "Betriebskosten" in Höhe von 346,42 € verrechnet worden seien. Möglich sei sowohl eine Verrechnung auf die rückständigen Nettomieten als auch auf die
  342. - 10 -
  343. Vorauszahlungsforderungen, die bezüglich der Jahre 2013 und 2014 jedoch
  344. gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB mit den erfolgten Abrechnungen, spätestens
  345. aber mit dem Ablauf des 31. Dezember 2014 beziehungsweise des 31. Dezember 2015 weggefallen seien. Da diese Forderungen ausweislich des Mietkontos
  346. aber nie ausgebucht und durch Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen ersetzt worden seien, müsse hierüber entschieden werden. Dazu
  347. müsse das Gericht Kenntnis davon haben, ob die Klägerin die in den Jahren
  348. 2014 und 2015 erfolgten Gutschriften und die Zahlung aus dem Jahr 2015 auf
  349. die Vorauszahlungsforderungen, auf die Nettomiete oder auf die eingestellten
  350. Gebühren verrechnet habe.
  351. 12
  352. Die Klägerin habe aber die von ihr vorgenommenen Verrechnungen nicht
  353. im Einzelnen offengelegt. Sie könne sich nicht darauf beschränken, das Gericht
  354. auf die gesetzliche Anrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB zu verweisen. Vielmehr sei erforderlich, dass sie darlege, sich an die gesetzliche Regelung gehalten zu haben, und dass sie damit bestimme, welche Forderungen sie
  355. in welcher Höhe einklage. Hierzu reichten ihre pauschalen und keinen Aussagehalt aufweisenden Angaben nicht aus, die sich auf den Vortrag beschränkten,
  356. das Betriebskostenguthaben von 346,42 € sei mit den restlichen streitigen Forderungen beziehungsweise die erteilten Gutschriften und die erfolgte Zahlung
  357. seien mit den ältesten Mietrückständen verrechnet worden. Das Gericht müsse
  358. und könne auch nicht eruieren, welche Beträge die Klägerin als die ältesten
  359. Mietrückstände ansehe.
  360. II.
  361. 13
  362. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Revision
  363. macht zu Recht geltend, dass die Klage nicht mangels Bestimmtheit des Klagebegehrens (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) hätte als unzulässig abgewiesen werden
  364. - 11 -
  365. dürfen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der
  366. erhobenen Zahlungsklage nicht um eine "unzulässige Saldoklage".
  367. 14
  368. 1. Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht allerdings
  369. an, dass in den Fällen, in denen in einer Klage mehrere Ansprüche erhoben
  370. werden, im Hinblick auf das Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2
  371. Nr. 2 ZPO grundsätzlich die für jeden Anspruch geforderten Teilbeträge anzugeben sind. Dies gilt insbesondere bei einer Teilleistungsklage, aber auch dann,
  372. wenn die Klage den gesamten Anspruch des Klägers umfasst (vgl. Senatsurteil
  373. vom 9. Januar 2013 - VIII ZR 94/12, NJW 2013, 1367 Rn. 13).
  374. 15
  375. a) Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte
  376. Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Damit wird der Streitgegenstand abgegrenzt und zugleich die Grundlage für
  377. eine etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung geschaffen. Daran gemessen ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den
  378. erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt,
  379. das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus
  380. dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 14. Dezember 1998 - II ZR 330/97,
  381. NJW 1999, 954 unter I 2 a mwN; vom 14. Dezember 2006 - I ZR 34/04, NJWRR 2007, 1530 Rn. 23; vom 9. Januar 2013 - VIII ZR 94/12, aaO Rn. 12; vom
  382. 2. Dezember 2015 - IV ZR 28/15, NJW 2016, 708 Rn. 8; jeweils mwN).
  383. 16
  384. b) Gemessen an diesen Grundsätzen kann auf eine konkrete Bezifferung
  385. der im Falle einer Klagehäufung nach Abzug geleisteter Zahlungen geforderten
  386. - 12 -
  387. Einzelbeträge dann verzichtet werden, wenn diese Angaben zur Abgrenzung
  388. des Streitgegenstands nicht erforderlich sind, also weder für den Entscheidungsumfang des Gerichts (§ 308 ZPO) noch für den Ausgang des Rechtsstreits und auch nicht zur Ermittlung der Rechtskraft einer späteren gerichtlichen Entscheidung oder für eine Zwangsvollstreckung von Bedeutung sind
  389. (Senatsurteil vom 9. Januar 2013 - VIII ZR 94/12, aaO Rn. 14 f.). So liegen die
  390. Dinge, wenn ein einheitlicher Gesamtanspruch geltend gemacht wird, von dem
  391. nach dem Klägervortrag unter Berücksichtigung geleisteter Zahlungen noch ein
  392. Betrag in Höhe der Klageforderung offen ist (Senatsurteil vom 9. Januar 2013
  393. - VIII ZR 94/12, aaO [für den Fall einer Nutzungsentschädigung nach § 546a
  394. BGB]). Hier erübrigt sich im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO eine Aufschlüsselung des geltend gemachten Gesamtbetrags dahin, welche Zahlung
  395. auf welche Einzelforderung angerechnet wird. Denn es macht für die Bestimmung des Streitgegenstands letztlich keinen Unterschied, ob der Kläger hierbei
  396. die monatlich geschuldeten Beträge im Einzelnen auflistet und die erbrachten
  397. Zahlungen konkreten Monaten zuordnet oder ob er die im streitigen Zeitraum
  398. entstandenen Forderungen addiert und hiervon die Gesamtzahlungen in Abzug
  399. bringt.
  400. 17
  401. c) Noch frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht angenommen,
  402. dass im Streitfall ein solch einheitlicher Gesamtanspruch nicht geltend gemacht
  403. wird. Die Klägerin nimmt die Beklagte zwar auf Zahlung ihrer gesamten Außenstände aus dem Mietverhältnis in Anspruch. Es handelt sich dabei aber nicht
  404. um einen "einheitlichen" Gesamtanspruch, denn die Klageforderung setzt sich
  405. nicht ausschließlich aus gleichförmigen, periodisch wiederkehrenden Einzelforderungen zusammen, sondern die Klägerin verlangt neben der Nettomiete auch
  406. Nebenkostenvorauszahlungen und Gebühren für Lastschriftrückläufer und
  407. Mahnungen sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten.
  408. - 13 -
  409. 18
  410. 2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch die im Rahmen der
  411. Prüfung der Zulässigkeit der Klage an die Aufschlüsselung des geltend gemachten Gesamtbetrags zu stellenden Anforderungen überspannt.
  412. 19
  413. Zwar trifft es zu, dass es zur Vereinfachung und Beschleunigung des
  414. Rechtsstreits wünschenswert wäre und auch im Interesse der klagenden Partei
  415. läge, durch eine nähere Aufgliederung des Klagebegehrens klare Verhältnisse
  416. zu schaffen. Das Berufungsgericht hat aber verkannt, dass beim Fehlen einer
  417. solchen Aufschlüsselung eine Auslegung des Klageantrags geboten ist und die
  418. Klägerin bei verständiger und objektiver Betrachtung ihres Vorbringens keine
  419. unzulässige Saldoklage erhoben hat. Vielmehr hat sie die in der "Mietrückstandsaufstellung" nach Betrag und - soweit erforderlich - nach Monat ausgewiesenen Einzelforderungen nicht nur bezüglich ihres Inhalts, sondern auch
  420. ihrer Höhe nach ausreichend bestimmt. Das Berufungsgericht hat verkannt,
  421. dass an die für eine Zulässigkeit der Klage maßgebliche Bestimmtheit einer
  422. Klageforderung nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO andere Anforderungen zu stellen
  423. sind als bei der Begründetheit einer Klage.
  424. 20
  425. a) Das Berufungsgericht sieht die Bestimmtheit der Klage nach § 253
  426. Abs. 2 Nr. 2 ZPO dadurch in Frage gestellt, dass unklar sei, ob die erteilten
  427. Gutschriften und die erbrachte Zahlung mit den rückständigen Nettomieten oder
  428. (auch) mit den von der Klägerin daneben geltend gemachten Forderungen auf
  429. die vertraglich vereinbarten monatlichen Nebenkostenvorauszahlungen verrechnet worden seien. Dabei führt es unter anderem an, die letztgenannten
  430. Forderungen seien gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB mit der Erteilung der Betriebskostenabrechnungen, spätestens aber mit Ablauf der gesetzlichen Abrechnungsfrist entfallen und nicht durch Nachforderungen ersetzt worden. Hierbei vermengt das Berufungsgericht - einer Entscheidung des Amtsgerichts
  431. Hanau vom 28. Oktober 2015 (37 C 44/15, juris) folgend - die erst für die Be-
  432. - 14 -
  433. gründetheit einer Klage maßgebliche Frage der schlüssigen und substantiierten
  434. Darlegung der anspruchsbegründenden Tatsachen (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, NJW 2012, 382 Rn. 14; vom
  435. 12. März 2013 - VIII ZR 179/12, juris Rn. 10; jeweils mwN) mit den für die Ordnungsgemäßheit einer Klageerhebung gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen Angaben zur Individualisierung des Streitgegenstands.
  436. 21
  437. aa) Zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO
  438. kommt es nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht
  439. darauf an, ob der maßgebliche Sachverhalt bereits vollständig beschrieben
  440. oder ob der Klageanspruch schlüssig und substantiiert dargelegt worden ist.
  441. Vielmehr ist es - entsprechend dem Zweck der Klageerhebung, dem Schuldner
  442. den Willen des Gläubigers zur Durchsetzung seiner Forderungen zu verdeutlichen - im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 18. Juli 2000 - X ZR 62/98, NJW 2000,
  443. 3492 unter II 1 c; vom 11. Februar 2004 - VIII ZR 127/03, NJW-RR 2005, 216
  444. unter II; vom 16. November 2016 - VIII ZR 297/15, NJW-RR 2017, 380 Rn. 12;
  445. Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 9; jeweils
  446. mwN). Es genügt also, dass das Klagebegehren - unterhalb der Stufe der Substantiierung - individualisiert und damit der Streitgegenstand bestimmt ist (BGH,
  447. Urteil vom 17. Oktober 2000 - XI ZR 312/99, NJW 2001, 305 unter II 2 c cc (2)
  448. mwN [zur Individualisierung eines Mahnbescheids]).
  449. 22
  450. Mit diesen Grundsätzen setzt sich eine in der Instanzrechtsprechung und
  451. im Schrifttum verbreitete Auffassung in Widerspruch, die die Zulässigkeit einer
  452. Klage verneint, wenn der Kläger Ansprüche auf Zahlung der vertraglich geschuldeten Nebenkostenvorauszahlungen in die Mietrückstandsaufstellung einbezieht, auf die er nach erfolgter Betriebskostenabrechnung beziehungsweise
  453. nach Eintritt der Abrechnungsreife aus materiell-rechtlicher Sicht grundsätzlich
  454. - 15 -
  455. keinen Anspruch mehr hat, und nicht erklärt, den Klageantrag nun auf den
  456. Nachzahlungsbetrag stützen zu wollen (vgl. LG Frankfurt am Main, GE 2017,
  457. 1413; LG Kempten, ZMR 2017, 400, 401; WuM 2016, 444; LG Dortmund, Beschluss vom 18. Mai 2015 - 1 S 47/15, juris Rn. 3; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 13. Aufl., § 543 BGB Rn. 141; wohl auch Zehelein, NZM 2013, 638, 640,
  458. der darin zugleich ein Zulässigkeits- und ein Schlüssigkeitsproblem sieht).
  459. 23
  460. Dabei wird verkannt, dass ein Kläger, der den Inhalt eines Mietkontos
  461. vorträgt, in das Ansprüche auf Nebenkostenvorauszahlungen eingestellt sind,
  462. beim Fehlen weiterer Erklärungen zum Ausdruck bringt, dass er diese Ansprüche (und nicht Nachforderungen aus erteilten Abrechnungen) zum Gegenstand
  463. seiner Klage macht. Dass er sein Klagebegehren nicht umstellt, berührt allein
  464. die Schlüssigkeit (so zutreffend AG Frankfurt am Main, Urteil vom 24. Januar
  465. 2014 - 33 C 3112/13, juris Rn. 2; vgl. ferner KG, GE 2002, 796), nicht aber die
  466. Bestimmtheit der Klage. Ändert ein Kläger trotz eines - grundsätzlich erforderlichen - Hinweises des Gerichts (§ 139 ZPO) seine Klage insoweit nicht ab
  467. (§§ 263, 264 ZPO), verrechnet er also erbrachte Zahlungen mit nicht mehr bestehenden Forderungen, dann ist die Klage nicht als unzulässig, sondern wegen Unschlüssigkeit der geltend gemachten Forderungen (ganz oder teilweise)
  468. als unbegründet abzuweisen.
  469. 24
  470. bb) Vor diesem Hintergrund hätte das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Bestimmtheit des Klagebegehrens (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nicht die
  471. allein unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten maßgebliche Frage einbeziehen dürfen, ob die Klägerin zur Geltendmachung von rückständigen Nebenkostenvorauszahlungen noch berechtigt war. Für die Bestimmtheit der Klage ist bei
  472. diesem ersten Prüfungsschritt insoweit allein entscheidend, ob die Klägerin hinreichend klargestellt hat, dass sie nicht erbrachte Nebenkostenvorauszahlungen nicht durch Nebenkostennachforderungen ersetzt hat.
  473. - 16 -
  474. 25
  475. Dies ist nach den diesbezüglich verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts, die im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden sind, ausweislich des der Klage zugrundeliegenden Mietkontos, in dem die
  476. Vorauszahlungsforderungen nicht ausgebucht und durch Nachforderungen aus
  477. den Betriebskostenabrechnungen ersetzt worden sind, der Fall. Dem hat das
  478. Berufungsgericht - anders als in seinem späteren Urteil vom 16. Mai 2017 (11 S
  479. 220/16, aaO) - zwar insoweit Rechnung getragen, als es zutreffend die Abgabe
  480. einer Erklärung, ob nun Nachforderungen aus den erteilten Betriebskostenabrechnungen geltend gemacht werden, nicht für notwendig erachtet hat. Gleichwohl hat es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung Ausführungen zum materiellrechtlichen Bestehen der Vorauszahlungsansprüche gemacht und sich infolgedessen bei der Anwendung des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO - wie seine weiteren
  481. Ausführungen zur Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB zeigen - an den Maßstäben für die Schlüssigkeit des Klägervorbringens orientiert ("Dann kann das Gericht prüfen, ob den Anforderungen des § 366 Abs. 2 BGB tatsächlich nachgekommen wurde").
  482. 26
  483. b) Die ausschlaggebenden Bedenken des Berufungsgerichts gegen die
  484. Bestimmtheit der Klage bestehen allerdings darin, dass es Angaben der Klägerin dazu vermisst, in welcher Höhe die erteilten Gutschriften und die erfolgte
  485. Zahlung auf die rückständigen Nettomieten, auf die geltend gemachten Forderungen auf Nebenkostenvorauszahlung oder auf die sonstigen in das Mietkonto
  486. eingestellten Ansprüche anzurechnen sind. Auch insoweit hat es zu strenge
  487. Anforderungen an die Bestimmtheit des Klagebegehrens gemäß § 253 Abs. 2
  488. Nr. 2 ZPO gestellt.
  489. 27
  490. Das Berufungsgericht hat hierbei übersehen, dass eine Zuordnung der
  491. Klagegründe (hier: in das Mietkonto eingestellte Einzelforderungen nebst Gutschriften und Zahlungen) zu dem gestellten Klageantrag durch sachgerechte
  492. - 17 -
  493. Auslegung des Klägervorbringens zu erfolgen hat. Dabei hat es weiter verkannt,
  494. dass zur Bestimmung des Streitgegenstands bei einer Klagehäufung auch ohne
  495. ausdrückliche Verrechnungs- oder Aufrechnungserklärung des Klägers bezüglich von ihm angeführter Zahlungen oder Gutschriften ein Rückgriff auf die gesetzliche Anrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB (ggfs. in entsprechender Anwendung) in Betracht kommt. Ob das Berufungsgericht diese Maßstäbe
  496. beachtet hat, unterliegt in der Revisionsinstanz der uneingeschränkten Überprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 - II ZR 305/14, WM 2016, 1599
  497. Rn. 13). Denn es geht um die Auslegung einer Prozesserklärung, die das Revisionsgericht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohne Einschränkungen nachprüfen und in freier Würdigung selbst auslegen darf (BGH,
  498. Urteile vom 18. Juni 1996 - VI ZR 325/95, NJW-RR 1996, 1210 unter II 2; vom
  499. 2. Juli 2004 - V ZR 290/03, FamRZ 2004, 1712 unter II 1; vom 21. Juni 2016
  500. - II ZR 305/14, aaO; Senatsbeschluss vom 30. Mai 2017 - VIII ZB 15/17, juris
  501. Rn. 13 mwN).
  502. 28
  503. aa) Zwar ist in der Instanzrechtsprechung und in der Literatur die vom
  504. Berufungsgericht ebenfalls vertretene Ansicht vorherrschend, dass bei der Geltendmachung eines Gesamtbetrages aus mehreren Forderungsarten vom Kläger im Einzelnen ausdrücklich vorzutragen ist, auf welche Einzelforderungen
  505. erfolgte Zahlungen oder erteilte Gutschriften zu verrechnen sind beziehungsweise verrechnet oder aufgerechnet wurden (OLG Brandenburg, WuM 2006,
  506. 579; LG Frankfurt am Main, aaO; LG Kempten, aaO; WuM 2016, 444; LG
  507. Darmstadt, Beschluss vom 28. März 2013 - 24 S 54/12, juris Rn. 9; AG Gießen,
  508. WuM 2016, 304; AG Hanau, WuM 2015, 742; AG Dortmund, GE 2015, 1103;
  509. Schmidt-Futterer/Blank, aaO; Bub/Treier/Fischer, Handbuch der Geschäfts- und
  510. Wohnraummiete, 4. Aufl. 2014, IX 61; Langenberg/Zehelein, Betriebskostenund Heizkostenrecht, 8. Aufl., J Rn. 88; BeckOK BGB/Zehelein, 44. Aufl. Stand
  511. 1. November 2017, § 535 Rn. 557; Saenger, ZPO, 7. Aufl., § 253 Rn. 16a;
  512. - 18 -
  513. Zehelein, aaO, S. 640 f.; aA BeckOK ZPO/Bacher, Stand: 1. Dezember 2017,
  514. § 253 Rn. 55.2; Musielak/Voit/Foerste, ZPO, 14. Aufl., § 253 Rn. 27).
  515. 29
  516. Diese Auffassung überspannt aber die an die Bestimmtheit einer sich
  517. aus mehreren Ansprüchen zusammensetzenden Zahlungsklage zu stellenden
  518. Anforderungen. Zwar darf der Kläger die Auswahl, über welche selbständigen
  519. Ansprüche bis zur Höhe der eingeklagten Forderung entschieden werden soll,
  520. nicht dem Gericht überlassen (BGH, Urteil vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82,
  521. NJW 1984, 2346 unter II 1 a aa; Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09,
  522. aaO Rn. 9 f.). Sind aber - wie im Streitfall - die zu beanspruchenden Einzelforderungen nach Inhalt und Höhe konkret bezeichnet, ist es in der Regel im Hinblick darauf, dass das Gesetz eine subsidiäre Verrechnungsreihenfolge bei
  523. nicht ausreichenden Teilleistungen des Schuldners auf eine Forderungsmehrheit vorsieht (§ 366 Abs. 2 BGB), unschädlich, wenn der Kläger sich nicht ausdrücklich oder nicht vollständig über die Anrechnung erfolgter Zahlungen oder
  524. erteilter Gutschriften erklärt (vgl. auch Senatsurteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR
  525. 229/09, NJW-RR 2010, 1455 Rn. 16 [zur Individualisierung einer Forderung in
  526. einem Mahnbescheid]; Musielak/Voit/Foerste, aaO).
  527. 30
  528. bb) Wie bereits unter II 2 a aa ausgeführt, ist es für die Bestimmtheit einer Klage im Allgemeinen ausreichend, wenn der geltend gemachte Anspruch
  529. als solcher identifizierbar ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 18. Juli 2000
  530. - X ZR 62/98, aaO; vom 11. Februar 2004 - VIII ZR 127/03, aaO; vom
  531. 16. November 2016 - VIII ZR 297/15, aaO; jeweils mwN). Wann diese Anforderungen erfüllt sind, kann nicht allgemein und abstrakt beantwortet werden; vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalls ab (BGH, Urteile vom 28. November 2002 - I ZR 168/00, BGHZ 153, 69, 75
  532. mwN; vom 14. Dezember 2006 - I ZR 34/04, aaO; vom 10. Juli 2015 - V ZR
  533. - 19 -
  534. 206/14, BGHZ 206, 211 Rn. 9 mwN [jeweils zu § 253 ZPO]; sowie BGH, Urteile
  535. vom 23. Januar 2008 - VIII ZR 46/07, NJW 2008, 1220 Rn. 13 mwN; vom
  536. 23. September 2008 - XI ZR 253/07, NJW-RR 2009, 544 Rn. 18 mwN; vom
  537. 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, NJW 2009, 56 Rn. 18 mwN [jeweils zu § 690
  538. ZPO]). Die Anforderungen an die Bestimmtheit eines Klageantrags sind danach
  539. in Abwägung des zu schützenden Interesses des Beklagten, sich gegen die
  540. Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie seines Interesses an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen mit dem
  541. ebenfalls schutzwürdigen Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz festzulegen (BGH, Urteile vom 28. November 2002 - I ZR 168/00, aaO
  542. S. 75 f. mwN; vom 14. Dezember 2006 - I ZR 34/04, aaO mwN; vom 10. Juli
  543. 2015 - V ZR 206/14, aaO).
  544. 31
  545. cc) Ob gemessen daran im konkreten Fall die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Klage erfüllt sind, beurteilt sich nicht allein nach der Fassung
  546. des Klageantrags. Inhalt und die Reichweite des Klagebegehrens werden nicht
  547. allein durch den Wortlaut des gestellten Klageantrags bestimmt; vielmehr ist
  548. dieser unter Berücksichtigung der Klagebegründung auszulegen (BGH, Urteile
  549. vom 21. Februar 2012 - X ZR 111/09, NJW-RR 2012, 872 Rn. 23; vom 21. Juni
  550. 2016 - II ZR 305/14, aaO Rn. 12; jeweils mwN). Dabei ist im Zweifel das als
  551. gewollt anzusehen, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist
  552. und der recht verstandenen Interessenlage der erklärenden Partei entspricht
  553. (BGH, Urteile vom 18. Juni 1996 - VI ZR 325/95, aaO; vom 2. Juli 2004 - V ZR
  554. 290/03, aaO unter II 1 a; vom 2. Dezember 2015 - IV ZR 28/15, aaO Rn. 10;
  555. vom 21. Juni 2016 - II ZR 305/14, aaO; Beschlüsse vom 18. Dezember 2014
  556. - IX ZB 50/13, NJW-RR 2015, 301 Rn. 10; vom 27. Januar 2015 - II ZR 191/13,
  557. juris Rn. 10; vom 20. Januar 2016 - I ZB 102/14, WM 2016, 1190 Rn. 15; vom
  558. 30. Mai 2017 - VIII ZB 15/17, aaO Rn. 14; jeweils mwN).
  559. - 20 -
  560. 32
  561. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Prozessrecht das materielle
  562. Recht verwirklichen und nicht dessen Durchsetzung vermeidbar hindern soll
  563. (BGH, Urteile vom 1. Dezember 1997 - II ZR 312/96, NJW-RR 1998, 1005 unter
  564. II 1; vom 2. Juli 2004 - V ZR 290/03, aaO; vom 2. Dezember 2015 - IV ZR
  565. 28/15, aaO). Zudem dient ein solches Verfahrensverständnis der Verwirklichung der verfassungsrechtlichen Ansprüche der klagenden Partei auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) und auf
  566. rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG; BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 - II ZR
  567. 305/14, aaO; Beschluss vom 27. Januar 2015 - II ZR 191/13, aaO).
  568. 33
  569. dd) Die beschriebenen Auslegungsgrundsätze sind auch dann heranzuziehen, wenn zwar die vom Kläger zu beanspruchenden Forderungen nach Inhalt und Höhe bestimmt sind, die hierauf erbrachten Zahlungen und Gutschriften aber vom Kläger nur der Höhe nach angegeben und nicht ausdrücklich mit
  570. bestimmten Einzelforderungen verrechnet worden sind. Die von manchen
  571. Stimmen in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum geäußerten Bedenken
  572. gegen die Bestimmtheit der Klage ergeben sich in diesen Fällen letztlich daraus, dass eine klare Zuordnung geleisteter Zahlungen und erteilter Gutschriften
  573. vermisst wird. Eine solche Zuordnung kann aber auch stillschweigend erfolgen,
  574. etwa durch Angabe einer bestimmten Reihenfolge und/oder durch Rückgriff auf
  575. die Anrechnungsbestimmungen der § 366 Abs. 2, § 367 Abs. 1 BGB (vgl. BGH,
  576. Urteile vom 18. November 1993 - IX ZR 244/92, BGHZ 124, 164, 167 f.; vom
  577. 23. November 2000 - IX ZR 155/00, NJW-RR 2001, 1335 unter II 2 c; vom
  578. 7. November 2001 - VIII ZR 263/00, BGHZ 149, 120, 124 [zur Bestimmtheit einer Prozessaufrechnung]; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 229/09, aaO [zur Individualisierung eines Mahnbescheids]; Musielak/Voit/Foerste, aaO; Junglas, ZMR
  579. 2008, 673, 675 f.; derselbe, ZMR 2014, 89, 92 ff.; vgl. auch OLG Brandenburg,
  580. ZMR 2010, 753, 754; LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 3. Juli 1997
  581. - 8 Sa 624/96, juris Rn. 17).
  582. - 21 -
  583. 34
  584. (1) Ein solches Vorgehen entspricht regelmäßig der wohlverstandenen
  585. Interessenlage des Klägers (vgl. Junglas, ZMR 2008, aaO S. 675; 2014, aaO
  586. S. 92) und ist auch im Hinblick auf die Belange des Beklagten angemessen.
  587. Denn hierdurch ist gewährleistet, dass sämtlichen Prozessbeteiligten der Inhalt
  588. und der Umfang der geltend gemachten Forderungen hinreichend klar sind. Der
  589. Beklagte wird ausreichend in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang er sich gegen die geltend gemachten Forderungen zur Wehr setzen will. Dabei wird das Risiko eines Unterliegens nicht von dem Kläger auf den
  590. Beklagten abgewälzt, denn durch die vorgenommene Zuordnung der geleisteten Zahlungen oder erteilten Gutschriften wird dem Kläger nicht die Gefahr abgenommen, dass seine Forderungen als unbegründet abgewiesen werden und
  591. damit - anders als bei einer Klageabweisung als unzulässig - wegen entgegenstehender Rechtskraft grundsätzlich nicht mehr eingeklagt werden können.
  592. Dass sein Vortrag bei gebotener Auslegung als hinreichend bestimmt im Sinne
  593. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO anzusehen ist, bedeutet noch nicht, dass die geltend gemachten Forderungen auch schlüssig sind. Im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung kommt es vielmehr darauf an, ob die Forderungen, auf die Verrechnungen vorzunehmen oder vorgenommen worden sind, tatsächlich auch
  594. bestehen beziehungsweise bestanden haben.
  595. 35
  596. Die zur Entscheidung berufenen Gerichte laufen auch nicht Gefahr, ihre
  597. Entscheidungsbefugnis nach § 308 Abs. 1 ZPO zu überschreiten beziehungsweise eine nicht der Rechtskraft fähige und nicht vollstreckbare Entscheidung
  598. zu treffen. In der Heranziehung der Anrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2
  599. BGB, gegebenenfalls in Verbindung mit § 396 Abs. 1 Satz 2 BGB, liegt auch
  600. kein Verstoß gegen die Dispositionsmaxime (so zutreffend Junglas, ZMR 2008,
  601. aaO). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bestimmt damit nicht
  602. das Gericht selbst, sondern die im Rahmen der Auslegung von Prozesserklärungen bei einer Verrechnung/Aufrechnung bestehender Forderungen mit Zah-
  603. - 22 -
  604. lungen oder Gutschriften im Zweifel zu beachtende gesetzliche Rangfolge des
  605. § 366 Abs. 2 BGB den Umfang des Klagebegehrens (unzutreffend auch AG
  606. Köln, WuM 2008, 676, 678).
  607. 36
  608. (2) Dass die Anrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB nach ihrem
  609. Wortlaut nur bei Forderungen aus mehreren Schuldverhältnissen gilt, hindert
  610. ihre Anwendung im Falle der Verrechnung von Zahlungen oder Gutschriften auf
  611. Nettomieten und Nebenkostenvorauszahlungen nicht.
  612. 37
  613. (a) Bei unzureichenden Zahlungen auf Mieten aus verschiedenen Zeiträumen hat der Bundesgerichtshof die Bestimmung des § 366 Abs. 2 BGB entsprechend herangezogen, weil die Mieten aus einem Schuldverhältnis geschuldet seien (BGH, Urteile vom 5. April 1965 - VIII ZR 10/64, JZ 1965, 628 unter
  614. II 1 c; vom 20. Juni 1984 - VIII ZR 337/82, BGHZ 91, 375, 379; vom 9. Oktober
  615. 2014 - IX ZR 69/14, NJW 2015, 162 Rn. 22). Dabei wird allerdings übersehen,
  616. dass § 366 BGB das Schuldverhältnis im engeren Sinne, also die einzelne Forderung, meint und daher auch bei einer Mehrheit von Forderungen aus demselben Schuldverhältnis (im weiteren Sinne) direkt anwendbar ist (vgl. BAGE
  617. 143, 1 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 366 Rn. 2; Staudinger/
  618. Olzen, BGB, Neubearb. 2016, § 366 Rn. 14; MünchKommBGB/Fetzer, 7. Aufl.,
  619. § 366 BGB Rn. 2; Erman/Buck-Heeb, BGB, 15. Aufl., § 366 Rn. 1;
  620. jurisPK-BGB/Kerwer, Stand: 30. Dezember 2016, § 366 Rn. 4; BeckOKBGB/Dennhardt, aaO § 366 Rn. 1; BeckOGK/Looschelders, BGB, Stand:
  621. 1. November 2017, § 366 Rn. 21). Einer Analogie bedarf es daher nicht, wenn
  622. die erbrachten Leistungen zur Tilgung von Nettomietrückständen aus mehreren
  623. Zeiträumen
  624. nicht
  625. ausreichen
  626. (vgl.
  627. Palandt/Grüneberg,
  628. aaO;
  629. Münch-
  630. KommBGB/Fetzer, aaO; jurisPK/Kerwer, aaO; BeckOGK/Looschelders, aaO).
  631. - 23 -
  632. 38
  633. (b) Eine analoge Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB ist deshalb nur insoweit geboten, als erfolgte Zahlungen des Schuldners nicht ausreichen, um
  634. die jeweilige monatliche Bruttomiete zu tilgen, weil es sich hierbei um eine einheitliche Forderung handelt, die sich aus verschiedenen Bestandteilen (Nettomiete zuzüglich Nebenkostenvorauszahlung) zusammensetzt. Denn der Bundesgerichtshof hat im Zusammenhang mit der Bestimmung der Bemessungsgrundlage für eine Minderung der Mietsache (§ 536 BGB) mehrfach ausgesprochen, dass der Vermieter eine einheitliche Leistung (Raumüberlassung; Nebenleistungen) erbringt, wofür der Mieter ebenfalls eine einheitliche Gegenleistung
  635. (Miete und Betriebskosten) zahlt (BGH, Urteile vom 6. April 2005 - XII ZR
  636. 225/03, BGHZ 163, 1, 7; vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 347/04, NJW 2005, 2773
  637. unter II 1 a; vom 13. April 2011 - VIII ZR 223/10, NJW 2011, 1806 Rn. 11).
  638. 39
  639. (aa) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist aber
  640. § 366 BGB für das Verhältnis von rechtlich verselbständigten Forderungsteilen
  641. aus einem Schuldverhältnis entsprechend anzuwenden, also etwa in den Fällen
  642. der Teilabtretung (vgl. etwa BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - VII ZR 261/04,
  643. BGHZ 167, 337 Rn. 16 ff., 22 mwN), der Erhebung einer Teilklage (vgl. etwa
  644. BGH, Urteile vom 13. Juli 1973 - V ZR 186/71, NJW 1973, 1689 unter B 2; vom
  645. 6. November 1990 - XI ZR 262/89, NJW-RR 1991, 169 unter I 2 b; jeweils
  646. mwN) oder der Sicherung nur eines Teils der Forderung durch ein Grundpfandrecht (BGH, Urteil vom 13. Juli 1973 - V ZR 186/71, aaO). Diese Grundsätze
  647. gelten auch bei Teilzahlungen, die zur Deckung einer monatlichen Bruttomiete,
  648. die sich aus der Nettomiete und der vertraglich vereinbarten Nebenkostenvorzahlung zusammensetzt, nicht ausreichen.
  649. 40
  650. (bb) Zwar meinen einige Stimmen in der Literatur im Hinblick darauf,
  651. dass Nettomiete und Nebenkostenvorauszahlung unselbständige Einzelpositionen einer einheitlichen Forderung sind, dass § 366 BGB weder direkt noch ana-
  652. - 24 -
  653. log anwendbar sei (Schmidt-Futterer/Blank, aaO, § 543 BGB Rn. 86a; Bieber,
  654. NZM
  655. 2006,
  656. 683,
  657. 686;
  658. jurisPK-BGB/Kerwer,
  659. aaO
  660. Rn.
  661. 6;
  662. BeckOGK/
  663. Looschelders, aaO Rn. 33). Die Gegenmeinung hält demgegenüber § 366
  664. Abs. 2 BGB für direkt (OLG Rostock, OLG-Report 2001, 440, 441; OLG Düsseldorf, GE 2006, 255, 257; OLG Brandenburg, aaO; LG Berlin, GE 2002,
  665. 1336), zumindest aber für entsprechend anwendbar (LG Hamburg, Urteil vom
  666. 12. August 2010 - 307 S 30/10, juris Rn. 13 f.; Schmidt-Futterer/Eisenschmid,
  667. aaO, § 536 BGB Rn. 387; Staudinger/Olzen, aaO Rn. 15; MünchKommBGB/
  668. Häublein, 7. Aufl., § 535 Rn. 157; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., III Rn. 102;
  669. Derleder, NZM 2011, 654, 655; Thoms, ZMR 2012, 7, 8). Der Senat hat zu dieser Problematik bislang noch nicht Stellung bezogen. Er konnte in seiner Entscheidung vom 13. April 2011 (VIII ZR 223/10, aaO Rn. 11, 13) die vom damaligen Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob ein monatlicher Minderungsbetrag in entsprechender Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB anteilig auf die Nettomiete und die monatliche Betriebskostenvorauszahlung anzurechnen sei, offen lassen, weil es im dortigen Fall in Ansehung der im Rahmen einer Minderung anzustellenden Gesamtbetrachtung letztlich rechnerisch keinen Unterschied machte, ob der Minderungsbetrag nur auf die Nettomiete oder auf das
  670. Gesamtentgelt verrechnet wurde.
  671. 41
  672. (cc) Im Streitfall besteht dagegen Anlass, die Frage der Anwendbarkeit
  673. des § 366 Abs. 2 BGB auf Teilzahlungen bei Nettomiete und geschuldeter Nebenkostenvorauszahlung zu entscheiden. Bei richtiger Betrachtung weisen die
  674. Nettomiete und die vertraglich vereinbarte Nebenkostenvorauszahlung, die das
  675. Gesamtentgelt des Mieters für die Leistungen des Vermieters bilden, weitgehende rechtliche Eigenständigkeiten auf, die es rechtfertigen, bei unzureichenden Zahlungen des Mieters auf die Bruttomiete die Vorschrift des § 366 BGB
  676. analog heranzuziehen (LG Hamburg, aaO Rn. 13; Staudinger/Olzen, aaO; vgl.
  677. ferner Zehelein, aaO S. 640). Über die Betriebskosten ist - soweit keine Pau-
  678. - 25 -
  679. schale vereinbart ist - jährlich abzurechnen (§ 556 BGB); Vorauszahlungen auf
  680. die Betriebskosten stellen damit keine endgültige Tilgung dieser Kosten dar
  681. (vgl. etwa LG Hamburg, aaO mwN). Die Erhöhung der Nettomiete folgt anderen
  682. Regeln (§§ 558 ff. BGB) als die Anpassung einer Betriebskostenvorauszahlung
  683. (§ 560 BGB). Die daraus resultierende rechtliche Verselbständigung der beiden
  684. Mietbestandteile rechtfertigt eine entsprechende Anwendung des § 366 Abs. 1
  685. und 2 BGB. Denn die Interessenlage ist hier mit sonstigen anerkannten Fällen
  686. verselbständigter Forderungsteile vergleichbar.
  687. 42
  688. Auch
  689. liegt
  690. eine
  691. planwidrige
  692. Regelungslücke
  693. vor
  694. (aA
  695. Schmidt-
  696. Futterer/Blank, aaO, der aber andererseits § 366 BGB bei unzureichenden Zahlungen auf Miete und Betriebskostennachzahlungen direkt anwenden will [§ 543
  697. BGB Rn. 117]). Denn der Gesetzgeber war bestrebt, nicht nur bei mehreren
  698. Hauptforderungen (§ 366 BGB), sondern sogar bei mehreren Nebenforderungen (§ 367 BGB) ein einseitiges Bestimmungsrecht des Gläubigers auszuschließen (vgl. Motive II, S. 86 ff.). Diese gesetzgeberische Zielsetzung würde
  699. aber unterlaufen, wenn die bei der Schaffung der §§ 366, 367 BGB ersichtlich
  700. nicht bedachten Fälle, dass sich Teile einer einheitlichen Hauptforderung rechtlich verselbständigt haben, von einer entsprechenden Anwendung des § 366
  701. Abs. 1 und 2 BGB ausgenommen wären mit der Folge, dass nun doch dem
  702. Gläubiger die Entscheidungsbefugnis darüber zufiele, auf welchen Teil die erbrachte Teilleistung angerechnet wird (so aber Schmidt-Futterer/Blank, aaO,
  703. § 543 BGB Rn. 86a).
  704. 43
  705. (3) Die beschriebene Anwendbarkeit des § 366 BGB einerseits auf Mietrückstände aus verschiedenen Zeiträumen und andererseits auf die Einzelbestandteile offener Bruttomietrückstände hat zur Konsequenz, dass bei Fehlen
  706. einer Tilgungsbestimmung des Mieters Zahlungen, die zur Deckung der Ge-
  707. - 26 -
  708. samtforderungen nicht ausreichen, unter Heranziehung der abgestuften Anrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB zu verrechnen sind.
  709. 44
  710. (a) Da dem Vermieter - abgesehen vom Fall einer Aufrechnung (§ 396
  711. Abs. 1 Satz 1 BGB) - materiell kein Bestimmungsrecht bezüglich einer Anrechnung unzureichender Zahlungen des Mieters auf die geltend gemachten
  712. Außenstände zusteht, sondern sich die Verrechnung bei einer fehlenden Tilgungsbestimmung des Mieters direkt aus dem Gesetz (§ 366 Abs. 2 BGB)
  713. ergibt, dessen Anwendung dem Gericht von Amts wegen obliegt (vgl. auch
  714. OLG Brandenburg, NZM 2007, 685), kann von ihm - entgegen der Auffassung
  715. des Berufungsgerichts - auch hinsichtlich der Bestimmtheit des Klagebegehrens
  716. nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht verlangt werden, dass er die aus seiner
  717. Sicht nach § 366 Abs. 2 BGB maßgebliche Verrechnungsreihenfolge im Einzelnen darlegt. Andererseits ist er aber nicht gehindert, zur Festlegung seines Klagebegehrens entsprechenden Vortrag zu halten. Dies wäre - wie bereits ausgeführt - auch wünschenswert.
  718. 45
  719. Erfolgen solche Darlegungen, sind diese aber - sofern nicht eine Aufrechnungserklärung nach § 396 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt - im Rahmen der
  720. Schlüssigkeitsprüfung ohne Bedeutung, wenn sie in Widerspruch zu § 366
  721. Abs. 2 BGB stehen, da allein das vom Gericht auszulegende Gesetz (§ 366
  722. Abs. 2 BGB) die Rangfolge der Verrechnung vorgibt (vgl. hierzu Senatsurteil
  723. vom 9. Januar 2013 - VIII ZR 94/12, aaO Rn. 16, sowie Junglas, ZMR 2014, 89,
  724. 93 f.). Solcher in Widerspruch zu § 366 Abs. 2 BGB erfolgender Vortrag ist also
  725. nur für die Bestimmtheit des Klagebegehrens maßgebend.
  726. 46
  727. Die dargestellten Grundsätze gelten entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch dann, wenn es nicht um Zahlungen des Mieters geht,
  728. sondern der Vermieter Gutschriften (etwa wegen Guthaben aus Nebenkosten-
  729. - 27 -
  730. abrechnungen oder wegen unstreitiger Mietminderungen) erteilt und gegen diese Forderungen des Mieters mit Mietforderungen aufrechnet, ohne zu bestimmen, welche Forderungen gegeneinander aufgerechnet werden sollen. § 396
  731. Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB verweist nämlich für diese Fälle auf § 366 Abs. 2 BGB.
  732. Rechnet der Vermieter nicht (auch nicht stillschweigend) auf, sondern stellt er
  733. solche Gutschriften seinen Forderungen lediglich gegenüber, ohne eine Zuordnung zu bestimmten Forderungen vorzunehmen, ist darin - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - regelmäßig ein konkludenter Verweis auf die
  734. in § 366 Abs. 2 BGB beschriebene Anrechnungsreihenfolge zu sehen. Da es
  735. sich hierbei aber nicht um eine Leistung des Schuldners handelt, ist die Vorschrift des § 366 Abs. 2 BGB hier allerdings nicht direkt anwendbar, sondern
  736. entsprechend heranzuziehen.
  737. 47
  738. (b) Die danach im Allgemeinen beim Fehlen einer Zuordnung von Zahlungen oder Gutschriften gebotene (direkte oder analoge) Anwendung der Verrechnungskriterien des § 366 Abs. 2 BGB zur Bestimmung des Inhalts und der
  739. Reichweite des Klagebegehrens ist, wenn Bruttomietrückstände geltend gemacht werden, in zweifacher Hinsicht vorzunehmen.
  740. 48
  741. (aa) Die Vorschrift des § 366 Abs. 2 BGB ist (analog) zur Festlegung
  742. heranzuziehen, auf welchen Bestandteil der jeweiligen Bruttomiete (Nettomiete
  743. oder geschuldete Nebenkostenvorauszahlung) die Zahlungen oder Gutschriften
  744. zu verrechnen sind. Dabei ist nicht das Auffangkriterium "anteilige Verrechnung", sondern das Kriterium der "geringeren Sicherheit" maßgebend. Dies
  745. führt dazu, dass für die Tilgung der jeweiligen Bruttomiete unzureichende Zahlungen oder Gutschriften zunächst auf die darin enthaltene Forderung auf Erbringung von Nebenkostenvorauszahlungen anzurechnen sind, weil diese nach
  746. Eintritt der Abrechnungsreife oder erfolgter Abrechnung grundsätzlich nicht
  747. mehr geltend gemacht werden kann und daher weniger sicher ist als die Netto-
  748. - 28 -
  749. mietforderung (vgl. etwa OLG Rostock, aaO; OLG Düsseldorf, aaO; OLG Brandenburg, aaO; OLG Köln, ZMR 2010, 850, 852; LG Berlin, aaO; LG Hamburg,
  750. aaO Rn. 15; MünchKommBGB/Häublein, aaO; BeckOGK/Looschelders, aaO,
  751. § 366 Rn. 32; Sternel, aaO Rn. III 105; Schmid, NZM 2001, 705; Zehelein, aaO;
  752. aA Derleder, aaO S. 655 f.; Thoms, aaO [anteilige Tilgung]; Schmidt-Futterer/
  753. Eisenschmid, aaO, § 536 BGB Rn. 388 [Nettomiete als lästigere Forderung]).
  754. 49
  755. (bb) Wird nicht nur eine offenstehende Bruttomiete, sondern werden
  756. Bruttomietrückstände aus verschiedenen Jahren oder mehreren Monaten geltend gemacht, sind die Kriterien des § 366 Abs. 2 BGB ein weiteres Mal heranzuziehen. Dabei ist stets eine Anrechnung auf die ältesten Rückstände vorzunehmen. Dies ergibt sich bei Mieten, die aus verschiedenen Jahreszeiträumen
  757. stammen, daraus, dass die älteren Rückstände zuerst verjähren (vgl. § 199
  758. Abs. 1 BGB) und daher dem Kläger die geringeren Sicherheiten bieten (BGH,
  759. Urteile vom 5. April 1965 - VIII ZR 10/64, aaO; vom 19. November 2008 - XII ZR
  760. 123/07, BGHZ 179, 1 Rn. 19; vom 9. Oktober 2014 - IX ZR 69/14, aaO;
  761. Junglas, ZMR 2014, 89, 93). Bezüglich der Mietrückstände, die im selben Jahr
  762. angefallen sind und bei denen nach § 199 Abs. 1 BGB regelmäßig zum gleichen Zeitpunkt die Verjährung eintritt, folgt dies aus der Heranziehung des Kriteriums "ältere Schuld" (Junglas, aaO).
  763. 50
  764. (cc) Wie diese beiden Verrechnungsweisen für die im Rahmen der Zulässigkeit der Klage erforderliche Bestimmung, welche Beträge der Kläger bei
  765. Bruttomietrückständen aus mehreren Monaten oder Jahren geltend macht, miteinander zu kombinieren sind, hängt davon ab, ob der Kläger die Gutschriften
  766. oder Zahlungen einzelnen Zeiträumen zugeordnet hat (etwa: Miete Januar
  767. 2017) oder nicht.
  768. - 29 -
  769. 51
  770. Erfolgt eine Zuordnung zu einem bestimmten Zeitraum, ist regelmäßig
  771. davon auszugehen, dass der Kläger die Zahlung beziehungsweise Gutschrift
  772. auf die für diesen Zeitraum geschuldete Nebenkostenvorauszahlung und anschließend auf die für diesen Monat geschuldete Nettokaltmiete verrechnet.
  773. Übersteigt eine für einen bestimmten Zeitraum erbrachte Zahlung oder Gutschrift die für diesen Zeitraum geschuldete Bruttomiete ist der überschießende
  774. Betrag - bis er aufgebraucht ist - gemäß § 366 Abs. 2 BGB analog - in absteigendem Alter - auf die ältesten Nebenkostenvorauszahlungsforderungen und
  775. anschließend - wiederum beginnend mit der ältesten Schuld - auf die Nettomieten anzurechnen.
  776. 52
  777. Nimmt der Kläger bezüglich erbrachter Zahlungen oder Gutschriften keine Zuordnung zu einem bestimmten Zeitraum vor, sondern zieht diese lediglich
  778. vom Gesamtsaldo ab, sind diese in Anwendung der Kriterien des § 366
  779. Abs. 2 BGB zunächst im absteigenden Alter auf die Nebenkostenvorauszahlungsforderungen (etwa Januar 2017; Februar 2017) und anschließend
  780. - wiederum beginnend mit der ältesten Forderung - auf die Nettomietrückstände
  781. (etwa Januar 2017; Februar 2017) zu verrechnen.
  782. 53
  783. c) Ausgehend von den beschriebenen Grundsätzen hat die Klägerin bei
  784. der gebotenen sachgerechten Auslegung ihres Klagebegehrens durch die von
  785. ihr vorgetragene "Mietrückstandsaufstellung" und die darin enthaltenen Angaben den Inhalt und die Reichweite ihres Begehrens hinreichend bestimmt
  786. (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die von ihr beanspruchten Forderungen sind im Einzelnen nach Zeitraum, Höhe und Forderungsart bezeichnet, wobei die Klägerin
  787. noch in erster Instanz klargestellt hat, dass der monatlich verlangte Betrag von
  788. 749,50 € die Nettomiete von 603,50 € und eine zu leistende Nebenkostenvorauszahlung von 146 € umfasst. Die von den Vorinstanzen vermisste Zuordnung
  789. der erteilten Gutschriften und der erbrachten Zahlung ist - was diese nicht in
  790. - 30 -
  791. den Blick genommen haben - mit der Klageschrift unter stillschweigender Bezugnahme auf die Verrechnungsgrundsätze des § 366 Abs. 2 BGB erfolgt. In
  792. der Berufungsinstanz hat sich die Klägerin sogar ausdrücklich auf die von dieser gesetzlichen Regelung vorgesehene Anrechnungsreihenfolge berufen.
  793. 54
  794. aa) Dass die Klägerin in erster Instanz bezüglich der Verrechnung der
  795. von ihr in der Forderungsaufstellung berücksichtigten drei Gutschriften und der
  796. erfolgten Einmalzahlung der Mieter keine ausdrückliche Anrechnung auf ihre
  797. aufgelisteten Forderungen vorgenommen hat, berechtigte das Amtsgericht
  798. nicht, die Klage als unzulässige Saldoklage zu behandeln. Da - wie eingangs
  799. bereits dargelegt - bei Prozesserklärungen im Zweifel dasjenige gewollt ist, was
  800. nach Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen
  801. Interessenlage entspricht, ist letztlich maßgebend, ob sich aus der Aufstellung
  802. der Klägerin und ergänzender Heranziehung der Anrechnungsreihenfolge des
  803. § 366 Abs. 2 BGB eine Zuordnung der Gutschriften und der Zahlung auf die
  804. Außenstände vornehmen lässt. Dies ist - wie nachfolgend näher darzustellen
  805. sein wird - der Fall.
  806. 55
  807. Soweit die Revisionserwiderung eine Heranziehung des § 366
  808. Abs. 2 BGB mit der Begründung verneinen will, das Berufungsgericht habe die
  809. Erklärungen der Parteien, insbesondere der Beklagten dahingehend ausgelegt,
  810. dass die Klägerin habe frei darüber entscheiden können, wie die Zahlungen der
  811. Beklagten zu verrechnen gewesen seien, sind solche Feststellungen dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen. Vielmehr hat das Berufungsgericht mehrfach
  812. ausgeführt, dass sich die von der Klägerin vorgenommene Verrechnung in materiell-rechtlicher Hinsicht an § 366 Abs. 2 BGB zu orientieren habe; es hat aber
  813. für die Zulässigkeit der Klage verlangt, dass die Klägerin im Einzelnen die anhand der gesetzlichen Kriterien vorzunehmende Anrechnungsreihenfolge beschreibt. Damit überspannt es jedoch - wie oben unter II b dd (3) (a) im Einzel-
  814. - 31 -
  815. nen ausgeführt - die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klagebegehrens
  816. (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
  817. 56
  818. (1) Die sich aus der Betriebskostenabrechnung vom 12. November 2014
  819. für das Jahr 2013 ergebende Gutschrift in Höhe von 99,98 € war zur Bestimmung des Umfangs des Klagebegehrens (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nach der
  820. oben unter II 2 b dd (3) (b) im Einzelnen beschriebenen Vorgehensweise gemäß § 366 Abs. 2 BGB analog auf die älteste Nebenkostenvorauszahlungsforderung anzurechnen. Die Klägerin hat in ihrer tabellarischen Aufstellung keine
  821. hiervon abweichende Zuordnung vorgenommen. Daher war die Gutschrift auf
  822. die für den Monat Oktober 2013 geltend gemachte Nebenkostenvorauszahlung
  823. zu verrechnen, so dass die Klägerin für diesen Monat die Nettomiete von
  824. 603,50 € und restliche Nebenkostenvorauszahlungen von 46,02 € (146 € abzüglich 99,98 €) geltend gemacht hat.
  825. 57
  826. (2) Bezüglich der von den Mietern erbrachten Zahlung in Höhe von 400 €
  827. war ein Rückgriff auf die Verrechnungsgrundsätze des § 366 Abs. 2 BGB nur
  828. ergänzend erforderlich. Denn die Klägerin hat diese Zahlung unter der Rubrik
  829. "gezahlt" der offenstehenden Bruttomiete für Februar 2015 gegenübergestellt.
  830. Dass trotz dieser expliziten Angabe eine Zuordnung zur Miete Februar 2015
  831. nicht beabsichtigt war, war ihrem erstinstanzlichen Vorbringen nicht zu entnehmen. Der damit aus der Aufstellung zu entnehmenden Zuordnung zu einem
  832. bestimmten Monat gebührte der Vorrang vor der gesetzlichen Anrechnungsbestimmung. Die Stufenfolge des § 366 Abs. 2 BGB war aber insoweit heranzuziehen, als die Klägerin keine Aussage darüber getroffen hat, auf welche der
  833. Bestandteile der Bruttomiete (Nettomiete oder Nebenkostenvorauszahlung) zunächst eine Anrechnung erfolgen sollte. Daher war die Zahlung von 400 € unter
  834. analoger Heranziehung der genannten Vorschrift in Höhe von 146 € auf die
  835. Vorauszahlungsforderung für den Monat Februar 2015 und in Höhe von weite-
  836. - 32 -
  837. ren 254 € auf die für diesen Monat geschuldete Nettomiete anzurechnen. Dies
  838. bedeutete, dass die Klägerin für diesen Monat nur eine restliche Nettomiete von
  839. 349,50 € geltend gemacht hat.
  840. 58
  841. (3) Bei der "Gutschrift Miete April 2015" bedurfte es nicht einmal einer
  842. ergänzenden (analogen) Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB. Denn die Klägerin
  843. hat mit dieser Bezeichnung hinreichend deutlich gemacht, dass sie von der in
  844. der vorherigen Zeile aufgeführten vollen Bruttomiete für den Monat April 2015
  845. den infolge der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses zum 8. April 2015
  846. letztlich nicht geschuldeten Anteil der Bruttomiete in Höhe von 549,64 € (für 22
  847. Tage) den Mietern gutgeschrieben hat, so dass sie bezüglich April 2015 nur
  848. noch anteilig für acht Tage eine Nettomiete von 160,93 € und eine Nebenkostenvorauszahlung von 38,93 € (zusammen 199,86 €) verlangt hat.
  849. 59
  850. (4) Die aus der Betriebskostenabrechnung vom 4. November 2015 für
  851. das Jahr 2014 resultierende Gutschrift von 346,42 € war mangels Zuordnung
  852. der Klägerin anhand der Rangfolge des § 366 Abs. 2 BGB auf die verbliebenen
  853. Nebenkostenvorauszahlungsforderungen, dabei beginnend mit den ältesten
  854. Ansprüchen, zu verrechnen. Da nach der Anrechnung der ersten Gutschrift in
  855. Höhe von 99,98 € für den Monat Oktober 2013 noch eine restliche Nebenkostenvorauszahlung von 46,02 € verblieb, hatte zuerst eine Anrechnung auf diese
  856. Restforderung zu erfolgen. Danach war eine Verrechnung auf die Nebenkostenvorauszahlungen für den Monat November 2013 und anschließend für den
  857. Monat Dezember 2013 in Höhe von jeweils 146 € vorzunehmen. Der verbleibende Rest der Gutschrift von 8,40 € war auf die Nebenkostenvorauszahlung
  858. für den Monat Januar 2014 anzurechnen.
  859. 60
  860. (5) Die Klägerin hat demzufolge in erster Instanz für die Monate Oktober
  861. bis Dezember 2013 nur die Nettomiete, für den Monat Januar 2014 die Netto-
  862. - 33 -
  863. miete und 137,60 € an Nebenkostenvorauszahlung, für den Monat Februar
  864. 2015 349,50 € restliche Nettomiete sowie für den Monat April 2015 einen Betrag von 160,93 € als Nettomiete und eine Nebenkostenvorauszahlung von
  865. 38,93 € verlangt. Für die übrigen Monate hat sie - wie sich aus der eingereichten Aufstellung ergibt - die volle Bruttomiete geltend und daneben die dort aufgeführten sonstigen Forderungen (Gebühren verschiedener Art) zum Gegenstand ihrer Klage gemacht. Damit war das Klagebegehren bereits in erster Instanz hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
  866. 61
  867. bb) Durch eine im Berufungsverfahren bezüglich der Verrechnung der
  868. Zahlung von 400 € in zweiter Instanz abgegebene abweichende Erklärung hat
  869. die Klägerin allerdings die diesbezüglich und hinsichtlich der nachfolgenden
  870. Gutschrift in Höhe von 346,42 € in erster Instanz vorgenommene Anrechnung
  871. und damit auch den Streitgegenstand verändert. Auch bei Berücksichtigung des
  872. in zweiter Instanz geänderten Klägervortrags hätte eine Klageabweisung als
  873. unzulässig aber nicht erfolgen dürfen.
  874. 62
  875. (1) Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat bezüglich der Zahlung
  876. von 400 € im Berufungsverfahren erklärt, hier greife - wie auch bei den Gutschriften über 99,98 € und 346,42 € - die von Amts wegen zu beachtende gesetzliche Verrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB; die Klägerin habe
  877. deutlich gemacht, dass die Zahlung und die beiden Gutschriften mit den ältesten bestehenden Mietrückständen zu verrechnen gewesen seien. Eine Zuordnung der Zahlung von 400 € zur Miete für Februar 2015 sei nicht möglich, weil
  878. nicht ansatzweise klar gewesen sei, ob diese Leistung von den Mietern für Februar 2015 oder für einen anderen Monat bestimmt gewesen sei.
  879. 63
  880. (2) Mit dieser Erklärung hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu
  881. verstehen gegeben, dass die Klägerin bei der Zahlung und den genannten zwei
  882. - 34 -
  883. Gutschriften ausschließlich eine Verrechnung nach den Grundsätzen des § 366
  884. Abs. 2 BGB vornehmen will. Soweit er darauf verweist, dass eine Verrechnung
  885. mit den "ältesten bestehenden Mietforderungen" zu erfolgen habe, hat er damit
  886. bei verständiger Würdigung in verkürzter Form zum Ausdruck gebracht, dass
  887. für die Anrechnung die oben unter II 2 b dd (3) (b) beschriebenen, von der
  888. höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung geprägten Grundsätzen maßgeblich seien. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Klägerin, wie bereits an früherer Stelle ausgeführt, nicht gehalten, die sich hieraus
  889. ergebende Zuordnung der Zahlung und der Gutschriften im Einzelnen konkret
  890. darzulegen.
  891. 64
  892. (3) Eine solche (Teil-)Umstellung ihres Klagebegehrens (vgl. hierzu auch
  893. Senatsurteil vom 7. November 2001 - VIII ZR 263/00, aaO) war der Klägerin
  894. auch noch im Berufungsverfahren möglich. Es handelte sich hierbei um eine
  895. nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageänderung, die im Berufungsverfahren
  896. nicht an den Anforderungen des § 533 ZPO zu messen ist (grundlegend BGH,
  897. Urteil vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, BGHZ 158, 295, 305 f.). An dem zugrundeliegenden Lebenssachverhalt hat sich durch die in der Berufungsinstanz
  898. abgegebene Erklärung nichts geändert (vgl. auch LG Frankfurt/Oder, GE 2013,
  899. 813, das für den dortigen Sachverhalt § 264 Nr. 1 ZPO anwendet). Es werden
  900. nach wie vor Bruttomieten für den Zeitraum von Oktober 2013 bis April 2015
  901. geltend gemacht. Lediglich der Höhe nach ergeben sich bezüglich einzelner
  902. Mietbestandteile Berechnungsunterschiede (vgl. auch Zöller/Greger, ZPO,
  903. 32. Aufl., § 264 Rn. 2, 3a).
  904. 65
  905. Ausgehend von der in zweiter Instanz ausdrücklich erfolgten Bezugnahme auf § 366 Abs. 2 BGB war die erste Gutschrift in Höhe von 99,98 € - wie
  906. auch bereits in erster Instanz - auf die Nebenkostenvorauszahlung für den Monat Oktober 2013 zu verrechnen. Veränderungen ergaben sich aber hinsichtlich
  907. - 35 -
  908. der Verrechnung der Zahlung von 400 €, die nicht mehr - wie in erster Instanz auf die Nebenkostenvorauszahlung für Februar 2015 und ergänzend auf die
  909. Nettomiete für diesen Monat anzurechnen war, sondern in ausschließlicher Anwendung der Grundsätze des § 366 Abs. 2 BGB zunächst auf den noch offenen
  910. Rest der Nebenkostenvorauszahlung für Oktober 2013 (46,02 €), sodann auf
  911. die Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate November und Dezember
  912. 2013 (jeweils 146 €) und schließlich in Höhe von 61,98 € auf die Nebenkostenvorauszahlung Januar 2014. Die geänderte Zuordnung der Zahlung hatte auch
  913. Auswirkungen auf die ebenfalls nach den Grundsätzen des § 366 Abs. 2 BGB
  914. vorzunehmende Anrechnung der Gutschrift von 346,42 €. Diese war in der Berufungsinstanz zunächst auf die noch verbliebene Forderung auf Nebenkostenvorauszahlung für den Monat Januar 2014 (84,02 €), sodann auf die Nebenkostenvorauszahlung für den Monat Februar 2014 (146 €) und schließlich in Höhe
  915. der restlichen 116,40 € auf die Nebenkostenvorauszahlung für März 2014 zu
  916. verrechnen. Bezüglich der Zuordnung der "Gutschrift Miete April 2015" hat die
  917. Klägerin im Berufungsverfahren keine abweichende Erklärung abgegeben, so
  918. dass die in erster Instanz maßgebliche Zuordnung weiter maßgeblich war.
  919. 66
  920. (4) Die Klägerin hat damit in zweiter Instanz bezüglich der Monate Oktober 2013 bis einschließlich Februar 2014 nur die Nettomieten, für den Monat
  921. März 2014 die Nettomiete zuzüglich 29,60 € an restlichen Nebenkostenvorauszahlungen und für die Monate April 2014 bis März 2015 die volle Bruttomiete
  922. sowie für den Monat April 2015 - wie schon in erster Instanz - 160,93 € als
  923. Nettomiete nebst einer Nebenkostenvorauszahlung von 38,93 € verlangt.
  924. 67
  925. (5) Die teilweise Umstellung der Zuordnung der erfolgten Zahlung und
  926. der erteilten Gutschrift über 346,42 € war auch nicht aus sonstigen Gründen im
  927. Berufungsverfahren unbeachtlich. Denn die darin liegende nähere Aufgliederung der Klageforderung stellt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts-
  928. - 36 -
  929. hofs kein Angriffs- oder Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO dar,
  930. sondern gehört zum Angriff selbst (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 2013
  931. - VIII ZR 94/12, aaO Rn. 9 mwN; aA LG Frankfurt am Main, aaO).
  932. 68
  933. cc) In der Revisionsinstanz hat die Klägerin die beiden aus den Betriebskostenabrechnungen resultierenden Gutschriften und die Zahlung von 400 €
  934. ebenfalls auf die Nebenkostenvorauszahlungen aus den Jahren 2013 und 2014
  935. verrechnet. Dass sie dabei eine leicht geänderte Anrechnung vorgenommen hat
  936. (die Zahlung von 400 € und die Gutschrift von 346,42 € hat sie ausschließlich
  937. auf die Nebenkostenvorauszahlungen für das Jahr 2014 verrechnet), ist unschädlich. Denn sie hat die Berechnung allein zu dem Zweck angestellt, sämtliche Nebenkostenvorauszahlungsforderungen aus den Jahren 2013 und 2014
  938. sowie für das Rumpfjahr 2015 vom Revisionsverfahren auszunehmen. Sie hat
  939. Revision ausdrücklich nur insoweit eingelegt, als die Klage hinsichtlich der
  940. Nettomieten von Oktober 2013 bis einschließlich April 2015 (18 x 603,50 € für
  941. Oktober 2013 bis März 2015 zuzüglich 160,93 € für acht Tage im April 2015)
  942. und der daneben geltend gemachten Rückläufergebühren (3 x 3 €), insgesamt
  943. also wegen einer Hauptforderung von 11.032,93 €, sowie bezüglich der als Nebenforderungen geltend gemachten Mahngebühren und außergerichtlichen
  944. Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 344,75 € und der daneben begehrten
  945. Teilerledigungserklärung wegen des Gutschriftbetrags von 346,42 € abgewiesen worden ist. Auf den Umstand, dass nach ständiger Rechtsprechung eine
  946. reine Klarstellung eines bereits zuvor hinreichend bestimmten Klagebegehrens
  947. noch in der Revisionsinstanz nachgeholt werden kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1953 - III ZR 66/52, BGHZ 11, 192, 195 f.; vom 7. November 2001 - VIII ZR 263/00, aaO), kommt es angesichts der vorstehenden
  948. Ausführungen nicht an.
  949. - 37 -
  950. III.
  951. 69
  952. Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts in dem aus dem
  953. Tenor ersichtlichen Umfang keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, da das
  954. Berufungsgericht keine Feststellungen zur Begründetheit der geltend gemachten Forderungen getroffen hat. Sie ist deshalb im Umfang der Aufhebung zur
  955. neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
  956. Dr. Milger
  957. Dr. Hessel
  958. Dr. Bünger
  959. Dr. Fetzer
  960. Kosziol
  961. Vorinstanzen:
  962. AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 11.02.2016 - 33 C 3928/15 (94) LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 14.02.2017 - 2-11 S 61/16 -