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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VIII ZR 52/03
  5. Verkündet am:
  6. 12. November 2003
  7. Kirchgeßner,
  8. Justizhauptsekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. MHG § 2 Abs. 2
  16. Ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen ist gegeben, wenn der Vermieter
  17. unter zutreffender Einordnung der Wohnung des Mieters in die entsprechende Kategorie des Mietspiegels die dort vorgesehene Mietspanne richtig nennt und die erhöhte Miete angibt.
  18. Liegt die verlangte Miete oberhalb der im Mietspiegel ausgewiesenen Mietspanne, so
  19. ist das Erhöhungsverlangen insoweit unbegründet, als es über den im Mietspiegel
  20. ausgewiesenen Höchstbetrag hinausgeht.
  21. BGH, Urteil vom 12. November 2003 - VIII ZR 52/03 - LG Köln
  22. AG Köln
  23. -2-
  24. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  25. vom 12. November 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die
  26. Richter Dr. Hübsch, Wiechers, Dr. Wolst und Dr. Frellesen
  27. für Recht erkannt:
  28. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer
  29. des Landgerichts Köln vom 29. Januar 2003 wird zurückgewiesen.
  30. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
  31. Von Rechts wegen
  32. Tatbestand:
  33. Die Beklagte mietete im Jahr 1972 von dem Rechtsvorgänger der Kläger
  34. eine 73 qm große Wohnung in K.
  35. . Der Mietzins betrug zuletzt 788,40 DM
  36. netto. Unter Bezugnahme auf den Mietspiegel der Stadt K.
  37. und die darin für
  38. vergleichbare Wohnungen angegebene Mietzinsspanne von 10 bis 14 DM/m2
  39. verlangte die für die Kläger tätige Hausverwaltung mit Schreiben vom 23. Mai
  40. 2001
  41. von
  42. der
  43. Beklagten
  44. eine
  45. Mieterhöhung
  46. auf
  47. 1.024,92 DM
  48. netto
  49. (= 14,04 DM/m2) monatlich. Die Überschreitung der Mietzinsspanne wurde nicht
  50. begründet. Die Beklagte stimmte der begehrten Mieterhöhung nicht zu, da sich
  51. der verlangte Mietzins außerhalb der von dem Mietspiegel der Stadt K.
  52. gegebenen Spanne befinde.
  53. vor-
  54. -3-
  55. Die Kläger haben zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, einer
  56. Erhöhung des Mietzinses ab 1. August 2001 auf monatlich 1.024,92 DM zuzustimmen. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Amtsgericht haben sie die Klage teilweise zurückgenommen und Zustimmung zu
  57. einer Mieterhöhung auf 919,80 DM monatlich (= 12,60 DM/m2) beantragt.
  58. Das Amtsgericht hatte der geänderten Klage stattgegeben, das Landgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter.
  59. Entscheidungsgründe:
  60. I.
  61. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
  62. Die erfolgte Überschreitung der sich aus dem Mietspiegel ergebenden
  63. Spanne um 0,04 DM/m2 in dem Mieterhöhungsverlangen der Kläger führe nicht
  64. zu dessen Unwirksamkeit, sondern nur zur Unwirksamkeit des durch die Begründung nicht gedeckten Teils. Es komme allein darauf an, ob der Mieter
  65. durch das Mieterhöhungsverlangen in die Lage versetzt werde, die Berechtigung des Begehrens zu überprüfen. Dabei müsse der Vermieter dem Mieter
  66. lediglich die Tatsachen liefern, die dieser benötige, um feststellen zu können,
  67. ob das Zustimmungsverlangen zumindest ansatzweise berechtigt sei. Diese
  68. Voraussetzung sei aber dann gegeben, wenn die sich aus dem Mietspiegel ergebende Mietzinsspanne korrekt angegeben werde. In diesem Falle stünden
  69. dem Mieter die notwendigen Informationen zur Verfügung, um zu entscheiden,
  70. ob das Mieterhöhungsverlangen berechtigt sei. Ein wirksames Erhöhungsverlangen liege daher bis zur Obergrenze der Mietzinsspanne vor.
  71. -4-
  72. II.
  73. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand, so daß
  74. die Revision zurückzuweisen ist. Die von den Klägern verlangte Mietzinserhöhung ist bis zu der vom Amtsgericht ausgeurteilten Höhe wirksam.
  75. 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen,
  76. daß gemäß Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB auf den vorliegenden Fall noch
  77. die Vorschrift des § 2 MHG (jetzt § 558 ff. BGB) anzuwenden ist, da das Erhöhungsverlangen vor dem 1. September 2001 gestellt wurde.
  78. 2. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 MHG kann der Vermieter die Begründung eines Mieterhöhungsanspruchs gemäß Abs. 1 der Vorschrift auf einen Mietspiegel stützen. Sofern dieser Mietzinsspannen enthält, genügt es, wenn die verlangte Miete innerhalb der Spanne liegt.
  79. a) Umstritten ist in Literatur und Rechtsprechung, welche rechtliche Folge es hat, wenn der Vermieter - wie im vorliegenden Fall - zwar auf einen Mietspiegel Bezug nimmt, jedoch einen Mietzins verlangt, der außerhalb der dort
  80. vorgesehenen Mietzinsspanne liegt.
  81. Nach einer Meinung ist in einem solchen Fall das Mieterhöhungsverlangen insgesamt formell unwirksam (so unter anderem LG Berlin GE 1996, 1181,
  82. LG Hamburg NJW-RR 1993, 82, Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht,
  83. 8. Aufl., § 558 a Rdnr. 45). Nach anderer Ansicht ist das Erhöhungsverlangen
  84. nur insoweit unwirksam, als es den außerhalb der von dem Mietspiegel gewährten Spanne liegenden Teil betrifft (OLG Karlsruhe WuM 1984, 21, LG Berlin GE 1997, 241, AG Berlin-Tiergarten GE 1997, 1231, Schultz in: Bub/Treier,
  85. Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III A. Rdnr. 414; Ster-
  86. -5-
  87. nel, Mietrecht Aktuell, 3. Aufl., Rdnr. 613, Emmerich/Sonnenschein, Miete,
  88. 8. Aufl., § 558 a Rdnr. 37).
  89. b) In dem hier vorliegenden Fall einer Überschreitung der im Mietspiegel
  90. genannten Mietzinsspanne ist der Senat der Auffassung, daß das Mieterhöhungsverlangen bis zu dem im Mietspiegel angegebenen Höchstbetrag formell
  91. wirksam ist. Das für ein Mieterhöhungsverlangen nach § 2 Abs. 2 MHG bestehende Begründungserfordernis soll dem Mieter konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens geben, damit er während der
  92. Überlegungsfrist des § 2 Abs. 3 Satz 1 MHG die Berechtigung der Mietzinserhöhung überprüfen und sich darüber schlüssig werden kann, ob er dem Erhöhungsverlangen zustimmt oder nicht (vgl. Senat, Urteil vom 18. Dezember 2002
  93. - VIII ZR 72/02, NJW 2003, 963 unter II 1 a und bereits grundlegend Senat,
  94. Beschluß vom 20. September 1982 - VIII ARZ 5/82 - WuM 1982, 324 unter II 3
  95. a, vgl. auch BVerfGE 53, 352, 358). Dabei dürfen an das Begründungserfordernis im Hinblick auf das Grundrecht des Vermieters aus Art. 14 GG keine überhöhten Anforderungen gestellt werden (vgl. insoweit BVerfGE 49, 244, 249).
  96. Daraus folgt, daß der Vermieter, der sein Mieterhöhungsverlangen auf einen
  97. Mietspiegel stützen will, zur Begründung seines Begehrens unter zutreffender
  98. Einordnung der fraglichen Wohnung in die entsprechende Kategorie des Mietspiegels die dort genannten Mietzinsspannen anzugeben hat. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, ist es dem Mieter in diesem Fall ohne weiteres möglich, durch Vergleich der im Mietspiegel genannten Spanne mit dem
  99. vom Vermieter verlangten erhöhten Mietzins die Berechtigung des Mieterhöhungsbegehrens zu überprüfen.
  100. Nach diesen Grundsätzen haben die Kläger in formeller Hinsicht das Erforderliche getan, um die Mietzinserhöhung zu begründen. Sie haben unter zutreffender Einordnung der Wohnung der Beklagten in die entsprechende Kate-
  101. -6-
  102. gorie des Mietspiegels der Stadt K.
  103. die dort vorgesehene Mietzinsspanne
  104. richtig genannt und gleichzeitig die erhöhte Miete angegeben, wobei sie auch
  105. den Mietzins pro Quadratmeter Wohnfläche aufgeführt haben. Die Beklagte war
  106. somit ohne jede Schwierigkeit in der Lage, die Rechtmäßigkeit des Erhöhungsverlangens der Kläger zu überprüfen. Es liegt folglich ein formell wirksames
  107. Mieterhöhungsverlangen der Kläger vor. Dies scheitert nicht daran, daß der
  108. Mietspiegel der Stadt K.
  109. die von den Klägern geforderte Mieterhöhung nicht
  110. deckt. Dies ist allein eine Frage der materiellen Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens.
  111. c) Ist ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen gegeben, so ist anschließend materiell-rechtlich zu überprüfen, ob die konkret von dem Vermieter
  112. geltend gemachte Mieterhöhung tatsächlich berechtigt ist. Soweit sich der Vermieter auf einen Mietspiegel berufen hat, erfolgt diese Überprüfung anhand eines Vergleichs der in dem Mietspiegel ausgewiesenen Mietzinsspanne mit dem
  113. begehrten erhöhten Mietzins. In diesem Rahmen hat der Tatrichter den Mietzins
  114. zu ermitteln, den der Vermieter berechtigterweise verlangen kann. Für eine
  115. vollständige Abweisung der Klage wegen der Überschreitung der im Mietspiegel
  116. vorgesehenen Mietzinsspannen bleibt kein Raum mehr. Vielmehr hat das Gericht nunmehr zu prüfen, inwieweit der geltend gemachte Anspruch materiell
  117. begründet ist. Daraus ergibt sich, daß für den Fall des Vorliegens eines formell
  118. wirksamen Erhöhungsverlangens die erhöhte Miete vom Gericht auf den nach
  119. § 2 MHG in Verbindung mit dem Mietspiegel zulässigen Betrag zu reduzieren
  120. ist.
  121. -7-
  122. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies angesichts des vom Amtsgericht
  123. eingeholten Gutachtens, daß die Kläger jedenfalls bis zu der vom Amtsgericht
  124. ausgeurteilten Höhe von 919,80 DM monatlich zur Erhöhung des Mietzinses
  125. berechtigt waren.
  126. Dr. Hübsch
  127. Dr. Hübsch
  128. Wiechers
  129. zugleich für die infolge Urlaubs an
  130. der Unterschriftsleistung verhinderte
  131. Vorsitzende Richterin
  132. Dr. Deppert
  133. Dr. Hübsch
  134. für den infolge Erkrankung an der
  135. Unterschriftsleistung verhinderten
  136. Richter am Bundesgerichtshof
  137. Dr. Frellesen
  138. Dr. Wolst