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4 years ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. VIII ZR 281/16
  4. vom
  5. 19. September 2017
  6. in dem Rechtsstreit
  7. ECLI:DE:BGH:2017:190917BVIIIZR281.16.0
  8. -2-
  9. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. September 2017 durch
  10. die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter
  11. Prof. Dr. Achilles, Dr. Schneider und Kosziol
  12. beschlossen:
  13. Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten durch
  14. einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.
  15. Gründe:
  16. I.
  17. 1
  18. Die Klägerin ist Netzbetreiberin in Schleswig-Holstein. Die Beklagte betreibt eine Photovoltaikanlage. Diese nahm sie am 30. September 2012 in Betrieb. Den mit der Anlage erzeugten Strom speiste sie in das Netz der Klägerin
  19. ein und erhielt von dieser die EEG-Vergütung. Am Tag der Inbetriebnahme der
  20. Anlage hatte die Beklagte ein von der Klägerin übersandtes Formblatt mit Angaben zu der Anlage ausgefüllt und unterschrieben. Dieses Formblatt trägt die
  21. Überschrift "Verbindliche Erklärung zur Ermittlung der Förderfähigkeit und der
  22. maßgeblichen Vergütungshöhe für Strom aus Photovoltaikanlagen nach dem
  23. Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-GesetzEEG)". Die unter Ziffer 25 des Formblattes gestellte Frage "Ist der Standort und
  24. die Leistung der Photovoltaikanlage der Bundesnetzagentur unmittelbar nach
  25. der Inbetriebsetzung gemeldet worden? (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 EEG)" bejahte die
  26. Beklagte. Weiter heißt es in dem Formblatt (unmittelbar über der Unterschrift
  27. der Beklagten): "Der Betreiber der Stromerzeugungsanlage versichert hiermit,
  28. -3-
  29. dass die vorstehenden Angaben der Wahrheit entsprechen. […]. Sofern vorstehende Angaben des Betreibers der Stromerzeugungsanlage unzutreffend sein
  30. sollten, behält sich der Netzbetreiber eine verzinsliche Rückforderung gezahlter
  31. Einspeisevergütungen im entsprechenden Umfang vom Betreiber der Stromerzeugungsanlage vor."
  32. 2
  33. Die Meldung der Anlage bei der Bundesnetzagentur nahm die Beklagte
  34. jedoch erst am 9. April 2015 vor. Die Parteien streiten um die Frage, ob sich
  35. wegen der zunächst unterbliebenen Meldung der Anlage bei der Bundesnetzagentur der Vergütungsanspruch der Beklagten für den streitgegenständlichen
  36. Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Juli 2014 gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1
  37. Buchst. a EEG 2012 auf den tatsächlichen Monatsmittelwert des energieträgerspezifischen Marktwertes - hier mithin auf einen Betrag von 592,04 € - und für
  38. den Zeitraum ab dem 1. August 2014 (dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des
  39. EEG 2014) bis zum 8. April 2015 gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 100 Abs. 1
  40. Nr. 3 Buchst. b EEG 2014 auf null verringert hat und der Klägerin demzufolge
  41. für die Jahre 2013 und 2014 insgesamt ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von
  42. 3.367,85 € nebst Zinsen gegen die Beklagte zusteht.
  43. 3
  44. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete
  45. Berufung der Beklagten hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
  46. II.
  47. 4
  48. 1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht (mehr) vor (§ 552a
  49. Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
  50. -4-
  51. 5
  52. a) Das Berufungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) zugelassen, da eine
  53. Vielzahl vergleichbarer Verfahren anhängig sei und es für deren Behandlung
  54. nach einheitlichem Maßstab einer höchstrichterlichen Leitentscheidung bedürfe.
  55. Die insoweit maßgeblichen Rechtsfragen sind mittlerweile jedoch geklärt. Es
  56. liegt auch keiner der weiteren im Gesetz genannten Revisionszulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) vor.
  57. 6
  58. b) Der Senat hat - nach Erlass des Berufungsurteils - in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass dem aufnehmenden Netzbetreiber gegen den Betreiber einer Photovoltaikanlage, der gegen seine Pflicht zur Meldung des
  59. Standorts und der installierten Leistung der Anlage an die Bundesnetzagentur
  60. verstoßen hat und dessen EEG-Vergütungsanspruch deshalb für den Zeitraum
  61. dieses Verstoßes gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EEG 2012 bis zum 31. Juli
  62. 2014 auf den tatsächlichen Monatsmittelwert des energieträgerspezifischen
  63. Marktwertes und für den Zeitraum ab dem 1. August 2014 gemäß § 25 Abs. 1
  64. Satz 1 Nr. 1, § 100 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EEG 2014 auf null verringert ist, gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012 beziehungsweise § 57 Abs. 5 Satz 1, 3
  65. EEG 2014 ein Anspruch auf Rückzahlung des darüber hinausgehenden Mehrbetrages der geleisteten EEG-Vergütung zusteht (Senatsurteil vom 5. Juli 2017
  66. - VIII ZR 147/16, juris Rn. 19 ff.).
  67. 7
  68. Die vorstehend genannten Sanktionen für den Fall einer Nichterfüllung
  69. der Meldepflicht des Anlagenbetreibers gegenüber der Bundesnetzagentur verstoßen, wie der Senat in dem vorbezeichneten Urteil ebenfalls entschieden hat,
  70. nicht
  71. gegen
  72. den
  73. verfassungsrechtlichen
  74. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
  75. (Senatsurteil vom 5. Juli 2017 - VIII ZR 147/16, aaO Rn. 77 ff.). Auch ändert die
  76. mittlerweile durch den Gesetzgeber getroffene Regelung in § 52 EEG 2017
  77. nichts an dem vollständigen Entfallen des Vergütungsanspruchs des Anlagen-
  78. -5-
  79. betreibers für den im Zeitraum ab dem 1. August 2014 - hier bis zum 31. Dezember 2014 - eingespeisten Strom. Denn diese Vorschrift, die unter bestimmten Voraussetzungen eine mildere als die vorstehend genannte Sanktionierung
  80. des Verstoßes des Anlagenbetreibers gegen seine Meldepflicht vorsieht (§ 52
  81. Abs. 3 Nr. 1 EEG 2017), findet, wie der Senat in seinem Urteil vom 5. Juli 2017
  82. (VIII ZR 147/16, aaO Rn. 38 ff.) im Einzelnen ausgeführt hat, keine Anwendung
  83. auf ältere Bestandsanlagen, die - wie die Anlage der Beklagten - im Zeitraum
  84. nach dem 31. Dezember 2011 und bis zum Inkrafttreten des EEG 2014 am
  85. 1. August 2014 in Betrieb genommen worden sind.
  86. 8
  87. Weiter hat der Senat bereits entschieden, dass der Rückforderungsanspruch des Netzbetreibers gegen den Anlagenbetreiber nach § 35 Abs. 4
  88. Satz 1, 3 EEG 2012 beziehungsweise § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014 sowie
  89. die Verpflichtung des Netzbetreibers, die zurückgeforderte Vergütung bei der
  90. nächsten Abrechnung als Einnahme zu berücksichtigen und sie auf diese Weise dem EEG-Ausgleichsmechanismus zuzuführen, nicht davon abhängen, dass
  91. der Netzbetreiber seinerseits durch den Übertragungsnetzbetreiber auf eine
  92. entsprechende Rückzahlung in Anspruch genommen wird. Auch kommt es
  93. nicht darauf an, ob der Netzbetreiber einem möglichen Rückforderungsanspruch des Übertragungsnetzbetreibers die Einrede der Verjährung entgegenhalten könnte (Senatsurteil vom 5. Juli 2017 - VIII ZR 147/16, aaO Rn. 55 ff.).
  94. 9
  95. Schließlich hat der Senat in seinem vorbezeichneten Urteil auch geklärt,
  96. dass der Netzbetreiber grundsätzlich weder verpflichtet ist, den Anlagenbetreiber auf dessen Pflicht zur Meldung seiner Photovoltaikanlage und zur Übermittlung von deren Standort und installierter Leistung an die Bundesnetzagentur
  97. hinzuweisen, noch ihn über die rechtlichen Folgen einer Nichterfüllung dieser
  98. Pflicht aufzuklären. Der Betreiber einer Photovoltaikanlage, der Fördermittel
  99. nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz in Anspruch nehmen will, hat sich
  100. -6-
  101. über die geltende Rechtslage und über die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Förderung zu informieren und ist deshalb grundsätzlich auch
  102. selbst verantwortlich für die Erfüllung seiner Meldepflichten gegenüber der
  103. Bundesnetzagentur (Senatsurteil vom 5. Juli 2017 - VIII ZR 147/16, aaO
  104. Rn. 65 ff.).
  105. 10
  106. 2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsurteil
  107. hält rechtlicher Nachprüfung anhand der vorstehend genannten Maßstäbe
  108. stand.
  109. 11
  110. Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler zu der Beurteilung gelangt,
  111. dass sich infolge der zunächst unterbliebenen Meldung der Photovoltaikanlage
  112. der Beklagten bei der Bundesnetzagentur deren Vergütungsanspruch für den
  113. streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Juli 2014 gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EEG 2012 auf den tatsächlichen Monatsmittelwert des energieträgerspezifischen Marktwertes - hier mithin auf 592,04 € und für den Zeitraum ab dem 1. August 2014 bis zum 31. Dezember 2014 gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 100 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EEG 2014 auf null
  114. verringert hat. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auf dieser
  115. Grundlage einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin gemäß § 35 Abs. 4
  116. Satz 1, 3 EEG 2012 beziehungsweise § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014 gegenüber der Beklagten in der mit der Klage geltend gemachten Höhe von
  117. 3.367,85 € nebst Zinsen bejaht.
  118. 12
  119. Vergeblich macht die Revision geltend, die Rückzahlungsforderung der
  120. Klägerin sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durch die von der
  121. Beklagten erklärte Aufrechnung mit einer in gleicher Höhe gegen die Klägerin
  122. bestehenden Schadensersatzforderung (§ 280 Abs. 1 BGB) wegen Verletzung
  123. von Hinweis- und Aufklärungspflichten erloschen. Denn wie oben (unter II 1 b)
  124. bereits erwähnt, ist der Netzbetreiber weder verpflichtet, den Anlagenbetreiber
  125. -7-
  126. auf dessen Pflicht zur Meldung seiner Photovoltaikanlage und zur Übermittlung
  127. von deren Standort und installierter Leistung an die Bundesnetzagentur hinzuweisen, noch ihn über die rechtlichen Folgen einer Nichterfüllung dieser Pflicht
  128. aufzuklären.
  129. 13
  130. Ebenfalls ohne Erfolg bleibt schließlich auch die Rüge der Revision, § 35
  131. Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012 beziehungsweise § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014
  132. seien, soweit diesen Vorschriften für den Fall einer unterbliebenen Meldung der
  133. Anlage an die Bundesnetzagentur ein Rückzahlungsanspruch des Netzbetreibers gegen den Anlagenbetreiber zu entnehmen sei, insbesondere wegen Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Wie im
  134. Senatsurteil vom 5. Juli 2017 (VIII ZR 147/16, aaO Rn. 77 ff.) im Einzelnen
  135. ausgeführt, hat sich der Gesetzgeber mit den in § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a
  136. EEG 2012 und § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EEG 2014 für den Fall der Nichtmeldung der Anlage bei der Bundesnetzagentur vorgesehenen Sanktionen innerhalb des ihm insoweit zustehenden weiten Gestaltungsspielraums gehalten und
  137. sind diese Sanktionen daher verfassungsrechtlich - entgegen der Auffassung
  138. der Revision - nicht zu beanstanden.
  139. -8-
  140. 14
  141. 3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab
  142. Zustellung dieses Beschlusses.
  143. Dr. Milger
  144. Dr. Hessel
  145. Dr. Schneider
  146. Dr. Achilles
  147. Kosziol
  148. Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
  149. Vorinstanzen:
  150. AG Flensburg, Entscheidung vom 05.04.2016 - 63 C 117/15 LG Flensburg, Entscheidung vom 04.11.2016 - 7 S 28/16 -