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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. VERSÄUMNISURTEIL
  4. VIII ZR 108/02
  5. Verkündet am:
  6. 27. November 2002
  7. Mayer,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. NMV 1970 § 20
  16. Zur Wirksamkeit einer Nebenkostenabrechnung
  17. BGH, Versäumnisurteil vom 27. November 2002 - VIII ZR 108/02 -LG Berlin
  18. AG Neukölln
  19. -2-
  20. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  21. vom 27. November 2002 durch Richter Dr. Hübsch als Vorsitzenden und die
  22. Richter Dr. Beyer, Dr. Leimert, Wiechers und Dr. Frellesen
  23. für Recht erkannt:
  24. Auf die Revision der Klägerin wird das Anerkenntnisteil- und
  25. Schlußurteil der Zivilkammer 64 des Landgerichts Berlin vom
  26. 22. März 2002 im Umfang der zugelassenen Revision aufgehoben
  27. und teilweise abgeändert.
  28. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 82,03
  29. 
  30. DM) zu zahlen.
  31. Wegen des Zinsanspruchs aus 82,03
  32.  !!"#%$
  33. u-
  34. ten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
  35. Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  36. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
  37. Von Rechts wegen
  38. Tatbestand:
  39. Zwischen der Klägerin und den Beklagten bestand auf der Grundlage eines schriftlichen Mietvertrages vom 9. März 1999 ein Mietverhältnis über Wohnräume im Haus S.
  40. straße
  41. in B.
  42. . Es war ein monatlicher Mietzins
  43. inklusive Nebenkostenvorauszahlungen und Umlagen von 1.557,34 DM vereinbart. Mit Schreiben vom 29. März 1999 kündigten die Beklagten das Mietverhältnis "ab sofort". Die Klägerin vermietete die Wohnung zum 21. Juni 1999 an-
  44. -3-
  45. derweitig. Die Beklagten leisteten keine Zahlungen. Die Klägerin hat zunächst
  46. von den Beklagten die vereinbarte Miete inklusive Nebenkostenvorauszahlungen und Umlagen für die Zeit vom 11. März bis 20. Juni 1999 klageweise geltend gemacht. In einer Umlagenabrechnung vom 24. November 2000 berechnete die Klägerin den Beklagten im Hinblick auf die Nebenkosten eine Nachforderung von 160,43 DM für die Zeit vom 11. März 1999 bis 20. Juni 1999; diese
  47. Nachforderung hat die Klägerin sodann in der Berufungsinstanz im Wege der
  48. Klageerweiterung geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat die Klage insoweit abgewiesen und die Revision "in Höhe eines Teilbetrages von 160,43 DM
  49. nebst anteiligen Zinsen" zugelassen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin die
  50. Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 160,43 DM nebst Zinsen. Für
  51. die Beklagten ist in der mündlichen Verhandlung über die Revision niemand
  52. erschienen. Die Klägerin hat den Erlaß eines Versäumnisurteils beantragt.
  53. Entscheidungsgründe:
  54. I.
  55. Über die Revision der Klägerin ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil
  56. zu entscheiden. Inhaltlich beruht die Entscheidung allerdings nicht auf einer
  57. Säumnisfolge, sondern auf der Berücksichtigung des gesamten Sach- und
  58. Streitstandes (BGHZ 37, 79, 81).
  59. II.
  60. Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
  61. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf den Nachzahlungsbetrag aus der
  62. Betriebskostenabrechnung vom 24. November 2000. Diese sei zwar innerhalb
  63. -4-
  64. der Abrechnungsfrist erstellt, sei jedoch formell unwirksam. Eine Betriebskostenabrechnung habe grundsätzlich eine aufgeschlüsselte und geordnete Zusammenstellung der Kosten zu enthalten, ferner die Angabe und nötigenfalls
  65. die Erläuterung des Verteilungsschlüssels sowie eine Berechnung des Anteils
  66. des Mieters und den Abzug seiner Vorauszahlungen. Die Betriebskostenabrechnung der Klägerin vom 24. November 2000 stelle jedoch nicht die tatsächlich geleisteten Vorschüsse der Beklagten, sondern die mietvertraglich vereinbarten Sollvorschüsse den entstandenen Kosten gegenüber.
  67. III.
  68. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  69. Zu Unrecht meint das Landgericht, die Nebenkostenabrechnung der Klägerin vom 24. November 2000 sei formell unwirksam, weil die Klägerin von den
  70. entstandenen Betriebskosten die von den Beklagten geschuldeten und in der
  71. Abrechnung als "Soll-Vorschuß" bezeichneten Nebenkostenvorauszahlungen in
  72. Abzug gebracht hat.
  73. 1. Ein Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Nachzahlung entstandener und von Vorauszahlungen nicht gedeckter Betriebskosten ist erst
  74. dann fällig, wenn der Vermieter eine ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung erstellt hat. Diese Abrechnung muß den allgemeinen Anforderungen des
  75. § 259 BGB entsprechen, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten. Soweit keine besonderen Abreden getroffen
  76. sind, sind in die Abrechnung bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: eine Zusammenstellung der
  77. Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der Voraus-
  78. -5-
  79. zahlungen des Mieters (Senat, Urteil vom 23. November 1981 - VIII ZR 298/80,
  80. NJW 1982, 573 unter I 2 a aa).
  81. 2. Hinsichtlich der Vorauszahlungen hat der Vermieter grundsätzlich die
  82. vom Mieter im Abrechnungszeitraum tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen
  83. in Abzug zu bringen. Denn der Mieter muß überprüfen können, welche von ihm
  84. erbrachten Leistungen der Vermieter bei der Berechnung seiner Saldoforderung
  85. berücksichtigt hat. Eine Abrechnung, in der lediglich die geschuldeten Vorschüsse aufgeführt sind, entspricht jedenfalls dann den Anforderungen an eine
  86. ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung, wenn - wie hier - zum Zeitpunkt
  87. der Erteilung der Abrechnung der Mieter für den Abrechnungszeitraum keinerlei
  88. Vorauszahlungen erbracht hat, die offenen Vorauszahlungsansprüche vom
  89. Vermieter bereits eingeklagt sind und auch noch keine Abrechnungsreife im
  90. Sinne des § 20 Abs. 3 Satz 4 NMV 1970 eingetreten ist.
  91. Die Beklagten haben für den hier streitigen Abrechnungszeitraum weder
  92. Mietzahlungen noch Vorschußzahlungen auf die Betriebskosten erbracht. Bei
  93. Erteilung der Abrechnung im November 2000 hatte die Klägerin bereits auf
  94. Zahlung der rückständigen Miete und der Betriebskostenvorauszahlung geklagt.
  95. Zu diesem Zeitpunkt war für das Abrechnungsjahr 1999 auch noch keine Abrechnungsreife nach § 20 Abs. 3 Satz 4 NMV 1970 eingetreten (vgl. jetzt auch
  96. § 556 Abs. 3 BGB), so daß die Klägerin noch berechtigt war, die vereinbarten
  97. Vorauszahlungsansprüche geltend zu machen. In dieser Situation konnte die
  98. Klägerin mit ihrer Betriebskostenabrechnung vom 24. November 2000 den sich
  99. aus der Differenz zwischen den verauslagten Betriebskosten und den geschuldeten Vorauszahlungen ergebenden Saldo geltend machen. Für einen durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten
  100. Mieter, auf den insoweit abzustellen ist (vgl. BGH aaO), war auch aus einer solchen Abrechnung ohne weiteres erkennbar, daß die Klägerin die bereits einge-
  101. -6-
  102. klagten offenen Vorauszahlungen gesondert verlangte und mit dem Saldo der
  103. Abrechnung von 160,43 DM lediglich den sich im Fall der Zahlung der Vorschüsse noch ergebenden Nachzahlungsbetrag geltend machte.
  104. IV.
  105. Bezüglich des Zinsanspruches bedarf es noch tatsächlicher Feststellungen. Die Sache ist daher insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung
  106. an das Landgericht zurückzuverweisen.
  107. Dr. Hübsch
  108. Dr. Beyer
  109. Wiechers
  110. Dr. Leimert
  111. Dr. Frellesen