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18 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VII ZR 76/11
  5. Verkündet am:
  6. 12. Januar 2012
  7. Boppel,
  8. Justizamtsinspektor
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. ja
  16. BGHR:
  17. ja
  18. VOB/B (1998) § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1, § 13 Nr. 4; BGB § 638 Abs. 1
  19. a.F.
  20. Die Verjährung des vor der Abnahme des Bauwerks aufgrund eines
  21. VOB-Vertrages entstandenen Anspruchs des Auftraggebers auf Ersatz der
  22. Mängelbeseitigungskosten (§ 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B) beginnt grundsätzlich nicht vor der Abnahme.
  23. BGH, Urteil vom 12. Januar 2012 - VII ZR 76/11 - OLG Hamburg
  24. LG Hamburg
  25. -2-
  26. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  27. vom 12. Januar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, den
  28. Richter Dr. Kuffer, den Richter Bauner, die Richterin Safari Chabestari und den
  29. Richter Dr. Eick
  30. für Recht erkannt:
  31. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats
  32. des
  33. Hanseatischen
  34. Oberlandesgerichts
  35. Hamburg
  36. vom
  37. 3. März 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die
  38. Widerklage in Höhe von 42.166 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
  39. Die Sache wird in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und
  40. Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an
  41. das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  42. Von Rechts wegen
  43. Tatbestand:
  44. 1
  45. Die Beklagte beauftragte die Klägerin 1999 mit der Lieferung und Montage von Wand- und Deckenelementen für die Errichtung einer Industriehalle. In
  46. das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ist die VOB/B einbezogen worden.
  47. 2
  48. Mit ihrer Klage hat die Klägerin Restwerklohnansprüche geltend gemacht, die Beklagte hat mit der am 2. Mai 2008 erhobenen Widerklage Schadensersatz aufgrund von Mängeln begehrt. Zwischen den Parteien ist streitig,
  49. -3-
  50. ob eine Abnahme der Leistungen der Klägerin stattgefunden hat. Die Klägerin
  51. erhebt die Einrede der Verjährung.
  52. 3
  53. Das Landgericht hat die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von
  54. 42.166 € Schadensersatz und 19.000 € Minderung, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer, verurteilt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die
  55. Widerklage hinsichtlich der Schadensersatzansprüche und der Mehrwertsteuer
  56. auf die Minderung abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen
  57. Revision verfolgt die Beklagte ihren Zahlungsanspruch in Höhe von 42.166 €
  58. zuzüglich Zinsen weiter.
  59. Entscheidungsgründe:
  60. 4
  61. Die Revision der Beklagten führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  62. I.
  63. 5
  64. Das Berufungsgericht weist den auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten gerichteten Anspruch der Beklagten wegen Eintritts der Verjährung ab. Zur
  65. Begründung führt es aus, mangels Abnahme und Abnahmefiktion komme ein
  66. Schadensersatzanspruch der Beklagten aus § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B in Betracht. Dieser sei im Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage jedoch bereits verjährt gewesen. Er unterliege der dreijährigen Regelverjährung nach § 195 BGB,
  67. die auch für bereits vor dem 1. Januar 2002 entstandene Ansprüche gelte und
  68. ab dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen habe. Die neue Rechtsprechung
  69. -4-
  70. des Bundesgerichtshofs zur Anwendbarkeit der Verjährungsregelung des § 638
  71. Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. auf Gewährleistungsansprüche vor Abnahme (BGH,
  72. Urteil vom 8. Juli 2010 - VII ZR 171/08, BauR 2010, 1778 = NZBau 2010, 768 =
  73. ZfBR 2010, 773) sei nicht einschlägig, da es sich vorliegend um einen Fall unter
  74. Anwendbarkeit der VOB/B handele. Dort seien anders als im Bürgerlichen Gesetzbuch die Ansprüche des Bestellers wegen während der Bauausführung erkannter Mängel in § 4 Nr. 7 VOB/B ausdrücklich geregelt. § 4 Nr. 7 VOB/B enthalte im Gegensatz zu § 13 VOB/B keine Regelung zur Verjährung, sodass
  75. § 13 Nr. 4 VOB/B auf diese Ansprüche keine Anwendung finde und diese daher
  76. der Regelverjährung unterlägen. Zudem sei es in dem vom Bundesgerichtshof
  77. entschiedenen Fall um nicht nachbesserungsfähige Mängel aus einem Architektenwerk gegangen, während es hier um nachbesserungsfähige Mängel gehe. Auch habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Umwandlung von
  78. Ansprüchen aus § 4 Nr. 7 VOB/B in Gewährleistungsansprüche aus § 13
  79. VOB/B erst mit der Abnahme stattfinde, sodass auch erst ab diesem Zeitpunkt
  80. die Verjährungsregelung in § 13 Nr. 4 VOB/B anwendbar werde. Hemmungstatbestände seien nicht erfüllt und die Ansprüche somit seit 31. Dezember 2004
  81. verjährt.
  82. II.
  83. 6
  84. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  85. 7
  86. Für die Beurteilung sind mit Ausnahme der Verjährungsvorschriften das
  87. Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung bis zum 31. Dezember 2001 und die im
  88. Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültige Fassung der VOB/B (1992 in der Ergänzungsfassung von 1998) maßgeblich.
  89. -5-
  90. 8
  91. 1. Das Berufungsgericht hat sich nicht davon überzeugen können, dass
  92. die Beklagte die Werkleistung der Klägerin abgenommen hat oder eine Abnahmefiktion eingreift. Das wird von den Parteien im Revisionsverfahren nicht angegriffen.
  93. 9
  94. 2. Zutreffend weisen die Parteien im Revisionsverfahren darauf hin, dass
  95. sich der auf Erstattung der Mängelbeseitigungskosten gerichtete Anspruch des
  96. Auftraggebers nicht aus § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B, sondern nur aus § 8 Nr. 3
  97. Abs. 2 Satz 1 VOB/B ergeben kann (BGH, Urteil vom 20. April 2000
  98. - VII ZR 164/99, BauR 2000, 1479 = NZBau 2000, 421 = ZfBR 2000, 479; Urteil
  99. vom 2. Oktober 1997 - VII ZR 44/97, BauR 1997, 1027 = ZfBR 1998, 31; Urteil
  100. vom 15. Mai 1986 - VII ZR 176/85, BauR 1986, 573 = ZfBR 1986, 226). Der
  101. vom Berufungsgericht herangezogene § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B umfasst grundsätzlich nur die Pflicht des Auftragnehmers, Mangelfolgeschäden zu ersetzen.
  102. Auch wenn die Norm selbst keine ausdrückliche Beschränkung hinsichtlich des
  103. ersatzfähigen Schadens enthält, ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang, dass der auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten gerichtete Anspruch grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 7 Satz 3 in
  104. Verbindung mit § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B geltend gemacht werden kann.
  105. Zur Entstehung dieses Anspruchs ist es grundsätzlich erforderlich, dass der
  106. Auftraggeber dem Auftragnehmer vor einer Fremdnachbesserung eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung setzt und die Auftragsentziehung nach
  107. fruchtlosem Ablauf der Frist androht. Nach fruchtlosem Fristablauf kann der
  108. Auftraggeber gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B den Vertrag kündigen und dann
  109. die Ersatzvornahmekosten gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B geltend machen. Dieser Grundsatz erfährt jedoch dann eine Ausnahme, wenn die Fristsetzung und die Kündigung eine reine Förmelei wären, weil der mit ihnen verfolgte
  110. Zweck, den Auftragnehmer zur Vertragserfüllung anzuhalten und klare Verhältnisse zu schaffen, um Streitigkeiten nach Möglichkeit zu verhindern, nicht berührt ist. Das ist der Fall, wenn der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung end-
  111. -6-
  112. gültig verweigert und ein Nebeneinander von Auftragnehmer und Drittunternehmer, das zu Streitigkeiten auf der Baustelle führen könnte, ausgeschlossen
  113. ist. Unter diesen Voraussetzungen ist der Auftraggeber ohne vorherige Fristsetzung und Kündigung berechtigt, die Ersatzvornahmekosten geltend zu machen
  114. (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2008 - VII ZR 80/07, BauR 2009, 99 = NZBau
  115. 2009, 173 = ZfBR 2009, 141; Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 164/99, aaO).
  116. Es spricht viel dafür, dass diese Voraussetzungen vorliegen, jedenfalls ist in der
  117. Revision zugunsten der Beklagten davon auszugehen.
  118. 10
  119. 3. Ein der Beklagten gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 4
  120. Nr. 7 Satz 3 VOB/B zustehender Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten wäre nach den getroffenen Feststellungen nicht verjährt.
  121. 11
  122. a) Der Senat hat bisher nicht entschieden, ob der dem Auftraggeber wegen Mängeln der Bauleistung vor der Abnahme zustehende Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten vor der Abnahme verjähren kann. Er hat
  123. allerdings, ohne dass es für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf angekommen wäre, die Auffassung vertreten, dass Ansprüche aus § 4 Nr. 7 VOB/B
  124. in der im Zeitpunkt der Entscheidungen geltenden dreißigjährigen Regelfrist
  125. verjähren (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1970 - VII ZR 71/69, BGHZ 54, 352;
  126. Urteil vom 13. Januar 1972 - VII ZR 46/70, MDR 1972, 410). Diese Entscheidungen sind jeweils zu der Frage ergangen, wann die kurze Verjährung der
  127. Gewährleistungsansprüche nach § 13 Nr. 4 VOB/B beginnt. Der Senat ist dabei, ähnlich wie bei dem vor der Abnahme bestehenden gesetzlichen Anspruch
  128. auf Ersatz von Mangelfolgeschäden (BGH, Urteil vom 30. September 1999
  129. - VII ZR 162/97, BauR 2000, 128 = NZBau 2000, 22 = ZfBR 2000, 97), ohne
  130. weiteres davon ausgegangen, dass diese Ansprüche in der Regelfrist verjähren, weil eine Abnahme noch nicht erfolgt ist.
  131. 12
  132. b) Die Verjährung des dem Auftraggeber gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1
  133. VOB/B zustehenden Anspruchs beginnt grundsätzlich erst mit der Abnahme.
  134. -7-
  135. Der Senat hat inzwischen klargestellt, dass die Verjährung der nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der Fassung bis zum 31. Dezember 2001 vor Abnahme bestehenden Gewährleistungsansprüche grundsätzlich erst mit der Abnahme oder dann beginnt, wenn Umstände gegeben sind, nach denen eine Erfüllung des Vertrages nicht mehr in Betracht kommt (BGH, Urteil vom
  136. 24. Februar 2011 - VII ZR 61/10, BauR 2011, 1032 = NZBau 2011, 310 = ZfBR
  137. 2011, 461; Urteil vom 8. Juli 2010 - VII ZR 171/08, BauR 2010, 1778 = NZBau
  138. 2010, 768 = ZfBR 2010, 773). Vorher kann der Lauf der Gewährleistungsfrist
  139. nicht beginnen. Nichts anderes gilt für den vor der Abnahme entstandenen Anspruch des Auftraggebers auf Zahlung der Ersatzvornahmekosten gemäß § 8
  140. Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B.
  141. 13
  142. aa) Der Senat hat darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit § 638
  143. BGB die Verjährung der werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche insgesamt den für die Regelverjährung maßgeblichen Vorschriften in §§ 195, 198
  144. BGB entzogen hat. Die Anwendbarkeit des § 638 BGB hängt nicht davon ab,
  145. wann die Ansprüche entstanden sind. Vielmehr erfasst die Regelung sowohl die
  146. vor der Abnahme als auch danach entstandenen Ansprüche auf Beseitigung
  147. eines Mangels des Werkes sowie die dem Besteller wegen des Mangels zustehenden Ansprüche auf Wandelung, Minderung oder Schadensersatz, sofern
  148. der Mangel nicht arglistig verschwiegen worden ist.
  149. 14
  150. bb) Es stellt sich die Frage, ob die dem § 638 Abs. 1 BGB entsprechende
  151. Regelung des § 13 Nr. 4 VOB/B in gleicher Weise verstanden werden muss
  152. oder ob sich aus den verschiedenen Regelungen der VOB/B beziehungsweise
  153. ihrem Gesamtzusammenhang ergibt, dass die Verjährung der vor der Abnahme
  154. entstandenen Ansprüche wegen Mängeln des Bauwerks vor der Abnahme zu
  155. laufen beginnen kann. Letzteres ist nicht der Fall.
  156. 15
  157. (1) Insoweit ist zunächst allerdings zu berücksichtigen, dass die VOB/B
  158. in der Regelung der vor der Abnahme bestehenden Ansprüche von der Syste-
  159. -8-
  160. matik des Gesetzes abweicht. Während das Gesetz keine Unterschiede in den
  161. Anspruchsgrundlagen vor und nach der Abnahme sieht, enthält die VOB/B besondere Regelungen, die auch eigene Anspruchsgrundlagen enthalten. So wird
  162. der vor der Abnahme bestehende Mängelbeseitigungsanspruch in § 4 Nr. 7
  163. Satz 1 VOB/B geregelt, während sich der Mängelbeseitigungsanspruch nach
  164. der Abnahme aus § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 VOB/B ergibt. Der Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten vor der Abnahme ergibt sich aus § 8 Nr. 3
  165. Abs. 2 Satz 1 VOB/B, derjenige nach der Abnahme aus § 13 Nr. 5 Abs. 2
  166. VOB/B. Der vor der Abnahme entstandene Anspruch auf Ersatz weitergehender
  167. Schäden ist in § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B geregelt, der Anspruch nach der Abnahme wird aus § 13 Nr. 7 VOB/B hergeleitet.
  168. 16
  169. (2) Der Umstand, dass die Ansprüche des Auftraggebers vor der Abnahme in anderen Anspruchsgrundlagen geregelt sind als die Ansprüche nach
  170. der Abnahme, lässt jedoch nicht den Schluss zu, die Ansprüche vor der Abnahme sollten abweichend von der gesetzlichen Regelung selbständig verjähren. Der Senat hat bereits in anderem Zusammenhang darauf hingewiesen,
  171. dass es nicht zu rechtfertigen und unverständlich wäre, wenn gleichartige Ansprüche wegen Mängeln vor und nach der Abnahme unterschiedlichen Verjährungsregeln unterlägen (vgl. schon BGH, Urteil vom 25. Februar 1982
  172. - VII ZR 161/80, BauR 1982, 277 = ZfBR 1982, 122). Er hat daraus den Schluss
  173. gezogen, dass die vor der Abnahme entstandenen Ansprüche der kurzen Verjährungsfrist des § 13 Nr. 4 VOB/B unterliegen, wenn die Abnahme erfolgt ist
  174. (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 103/00, BGHZ 153, 244; Urteil
  175. vom 25. Februar 1982 - VII ZR 161/80, BauR 1982, 277 = ZfBR 1982, 122).
  176. Bereits daraus wird deutlich, dass der Umstand, dass die VOB/B für die vor und
  177. nach Abnahme entstandenen Ansprüche unterschiedliche Anspruchsgrundlagen vorsieht, verjährungsrechtlich keine Bedeutung haben sollte, soweit die
  178. Ansprüche vergleichbar sind. Das muss auch gelten, soweit es um die Frage
  179. geht, ob die Verjährung der vor der Abnahme entstandenen Ansprüche wegen
  180. -9-
  181. Mängeln des Bauwerks überhaupt zu laufen beginnt. Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn die VOB/B abweichend vom Gesetz eine Regelung hätte treffen
  182. wollen, wonach mit der Schaffung eigener Anspruchsgrundlagen und der Regelung des § 13 Nr. 4 VOB/B zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass die vor
  183. der Abnahme bereits entstandenen Ansprüche auch dann selbständig verjähren, wenn sie mit den nach der Abnahme entstandenen Ansprüchen vergleichbar sind. Denn das würde dazu führen, dass der Auftraggeber nach Verjährung
  184. der vor der Abnahme entstandenen Ansprüche die Abnahme erklären könnte
  185. und trotz der Vertragswidrigkeit des Werkes erklären müsste, um den Lauf der
  186. Verjährung seiner Gewährleistungsansprüche (erneut) in Gang zu setzen. Das
  187. kann nicht gewollt sein. Es spricht vielmehr alles dafür, dass § 13 Nr. 4 VOB/B
  188. in gleicher Weise wie § 638 Abs. 1 BGB zum Ausdruck bringt, dass die Verjährung der wegen Mängeln vor der Abnahme entstandenen und gleichartig nach
  189. der Abnahme geregelten Ansprüche nicht beginnt, wenn die Abnahme nicht
  190. erklärt worden ist und kein Umstand gegeben ist, nach dem die Erfüllung des
  191. Vertrages nicht mehr in Betracht kommt (so auch Locher, Das private Baurecht,
  192. 8. Aufl., § 15 Rn. 207). Zu diesen Ansprüchen gehört der Anspruch des Auftraggebers auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten nach § 8 Nr. 3 Abs. 2
  193. Satz 1 VOB/B. Er ist gleichartig in § 13 Nr. 5 VOB/B geregelt, weil die Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruchs lediglich dem Umstand angepasst
  194. sind, dass eine Kündigung des Vertrages nicht mehr in Betracht kommt.
  195. 17
  196. (3) Dem steht nicht entgegen, dass § 13 Nr. 4 VOB/B sich auf "die Gewährleistung" bezieht. Jedenfalls soweit die vor der Abnahme entstandenen
  197. Ansprüche wegen Mängeln mit den nach der Abnahme entstandenen Ansprüchen vergleichbar sind, handelt es sich auch um die Übernahme der Gewähr
  198. dafür, dass die Leistung des Auftragnehmers vertragsgerecht erfolgt ist. Der
  199. vom Gesetz abweichenden Wortwahl lässt sich nicht entnehmen, dass die
  200. VOB/B eine vom Gesetz systematisch abweichende Verjährungsregelung hat
  201. schaffen wollen.
  202. - 10 -
  203. 18
  204. cc) Ohne Erfolg bleibt schließlich auch der Hinweis der Revisionserwiderung darauf, dass § 4 Nr. 7 Satz 1 VOB/B den Erfüllungsanspruch regele und
  205. nach Verjährung dieses Anspruchs gemäß § 218 BGB eine Kündigung nicht
  206. mehr wirksam erfolgen könne, so dass auch der Anspruch aus § 8 Nr. 3 Abs. 2
  207. Satz 1 VOB/B nicht entstehen könne. Es trifft zwar zu, dass die Mängelbeseitigung gemäß § 4 Nr. 7 Satz 1 VOB/B auf Erfüllung des Vertrages gerichtet ist
  208. (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1982 - VII ZR 161/80, BauR 1982, 277 =
  209. ZfBR 1982, 122). Die Revisionserwiderung lässt jedoch unberücksichtigt, dass
  210. der Besteller nach der gesetzlichen Regelung des § 633 Abs. 1 BGB auch einen Anspruch auf Beseitigung des Mangels hätte. § 4 Nr. 7 Satz 1 VOB/B betrifft auch diesen Anspruch. Das ergibt sich nicht nur aus seinem Wortlaut, wonach den Auftragnehmer die Pflicht trifft, die mangelhafte oder vertragswidrige
  211. Leistung auf eigene Kosten durch eine mangelfreie zu ersetzen, sondern vor
  212. allem daraus, dass es das wesentliche Ziel der Regelung in § 4 Nr. 7 VOB/B ist,
  213. die Gewährleistungsregelung des Gesetzes abzuändern, wonach der Verzug
  214. des Auftragnehmers mit der Beseitigung des Mangels ausreicht, um den Anspruch auf Mängelbeseitigungskosten zu begründen, § 633 Abs. 3 BGB.
  215. 19
  216. Gemäß § 638 Abs. 1 BGB beginnt auch die Verjährung des Anspruchs
  217. auf Beseitigung der Mängel nicht vor der Abnahme. Es gibt keinen Hinweis in
  218. der VOB/B darauf, dass diese Verjährung deshalb anders geregelt sein soll,
  219. weil der Anspruch in § 4 Nr. 7 Satz 1 VOB/B inhaltlich gleich ausdrücklich erwähnt wird. Geht es in der Regelung des § 4 Nr. 7 VOB/B im Wesentlichen um
  220. die Modifikation der gesetzlichen Gewährleistungsansprüche, wird jedoch der
  221. Beginn der Verjährung nicht anders geregelt als im Gesetz, so verbietet sich die
  222. Annahme, die Verjährung des Anspruchs auf Mängelbeseitigung beginne in
  223. einem Vertrag, in den die VOB/B einbezogen ist, vor der Abnahme.
  224. 20
  225. dd) Aus allem ergibt sich, dass es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf ankommt, ob der geltend gemachte Anspruch sich
  226. - 11 -
  227. aus der Nichterfüllung eines Mängelbeseitigungsanspruchs herleitet oder dieser
  228. von vornherein nicht besteht, wie etwa in dem Fall, dass ein Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB gegen den Architekten geltend gemacht wird, nachdem sich Mängel seiner Planung bereits im Bauwerk verkörpert haben.
  229. 21
  230. 4. Das Berufungsurteil unterliegt daher im angefochtenen Umfang der
  231. Aufhebung. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das
  232. Berufungsgericht zurückverwiesen, da dem Senat eine eigene Entscheidung
  233. nicht möglich ist.
  234. Kniffka
  235. Kuffer
  236. Safari Chabestari
  237. Bauner
  238. Eick
  239. Vorinstanzen:
  240. LG Hamburg, Entscheidung vom 30.07.2008 - 401 O 133/01 OLG Hamburg, Entscheidung vom 03.03.2011 - 6 U 186/08 -