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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VII ZR 179/11
  5. Verkündet am:
  6. 11. Oktober 2012
  7. Besirovic,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 635 Abs. 3, § 251 Abs. 2 Satz 1, § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1
  19. a) Der Besteller kann unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB ohne
  20. vorherige Fristsetzung Schadensersatz statt der Leistung für Mängel der Werkleistung
  21. beanspruchen, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung hinsichtlich dieser Mängel gemäß § 635 Abs. 3 BGB zu Recht als unverhältnismäßig verweigert hat.
  22. b) Macht der Besteller werkvertraglichen Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten geltend, entsprechen die für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit dieses
  23. Aufwands nach § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB maßgeblichen Kriterien denen, die bei der gemäß § 635 Abs. 3 BGB gebotenen Prüfung des unverhältnismäßigen Nacherfüllungsaufwands heranzuziehen sind.
  24. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 179/11 - OLG Oldenburg
  25. LG Osnabrück
  26. -2-
  27. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  28. vom 11. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka sowie
  29. die Richterin Safari Chabestari, den Richter Dr. Eick, den Richter Prof. Leupertz
  30. und den Richter Dr. Kartzke
  31. für Recht erkannt:
  32. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats
  33. des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 21. Juli 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Widerklage hinsichtlich eines Betrages von 42.923,73 € nebst Zinsen abgewiesen worden
  34. ist.
  35. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
  36. und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
  37. an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  38. Von Rechts wegen
  39. Tatbestand:
  40. 1
  41. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Restwerklohn für Heizungsund Sanitärinstallationsarbeiten. Mit der Widerklage beansprucht der Beklagte
  42. mangelbedingten Schadensersatz.
  43. 2
  44. Die Klägerin schloss mit dem Beklagten und seiner Mutter im Jahr 2006
  45. einen Vertrag über die Erbringung von Heizungs- und Installationsarbeiten in
  46. -3-
  47. einem Doppelhaus in I. Der Beklagte ist Eigentümer der Doppelhaushälfte 6a;
  48. die Doppelhaushälfte 6 steht im Eigentum der Mutter des Beklagten. Mit der
  49. Klage beansprucht die Klägerin Restwerklohn in Höhe von 6.248,43 € für die in
  50. der Doppelhaushälfte des Beklagten ausgeführten Werkleistungen. Den Restwerklohn für Arbeiten in der Doppelhaushälfte 6 macht sie im Parallelverfahren
  51. VII ZR 180/11 geltend.
  52. 3
  53. Der Beklagte hat Mängel der seine Doppelhaushälfte betreffenden Werkleistungen behauptet, die mit einem die Klageforderung übersteigenden Kostenaufwand beseitigt werden müssten und gemeint, die Bezahlung der Restwerklohnforderung, die mangels Abnahme der Werkleistungen ohnehin noch
  54. nicht fällig sei, jedenfalls bis zur Beseitigung der Mängel verweigern zu dürfen.
  55. Das Landgericht hat den Beklagten nach Beweisaufnahme zur Zahlung von
  56. 3.928,43 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie
  57. zur Zahlung von weiteren 2.500 € Zug um Zug gegen Beseitigung näher bezeichneter Mängel verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels dahin abgeändert, dass der Beklagte 1.078,43 € nebst Zinsen sowie weitere 4.350 € Zug um
  58. Zug gegen Beseitigung von Mängeln zahlen muss. Darüber hinaus hat es vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten zugesprochen. Im Berufungsverfahren
  59. hat der Beklagte Widerklage erhoben, mit der er die zuvor zur Begründung seines mangelbedingten Leistungsverweigerungsrechts geltend gemachten Kosten für die Beseitigung von Mängeln an der Dämmung bzw. der Befestigung der
  60. auf der Bodenplatte verlegten Warm- und Kaltwasserleitungen in Höhe von
  61. 43.923,73 € nunmehr im Wege des Schadensersatzes verlangt. Das Berufungsgericht hat die Schadensersatzforderung für nicht gerechtfertigt gehalten,
  62. weil die Klägerin die Mängelbeseitigung wegen des unverhältnismäßig hohen
  63. -4-
  64. Nachbesserungsaufwandes zu Recht verweigert habe und der Beklagte sich
  65. deshalb insoweit auf eine Minderung des Werklohns verweisen lassen müsse.
  66. Hierfür hat es den nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen
  67. wegen der unzureichenden Isolierung der Warmwasserrohre verbleibenden
  68. technischen Minderwert von 1.000 € von der Klageforderung abgezogen; die
  69. Widerklage hat es abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision
  70. wendet sich der Beklagte nur gegen die Aberkennung seiner einen Betrag von
  71. 1.000 € übersteigenden Widerklageforderung.
  72. Entscheidungsgründe:
  73. 4
  74. Die Revision führt im geltend gemachten Umfang zur Aufhebung des Berufungsurteils und insoweit zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
  75. I.
  76. 5
  77. Das Berufungsgericht führt aus, die Werkleistungen der Klägerin seien
  78. mangelhaft, weil sie die Warmwasserleitungen in der Bodenplatte nur mit einer
  79. 13 mm starken Dämmung versehen habe, obwohl nach den maßgeblichen
  80. Bestimmungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) die Dämmung eine
  81. Mindeststärke von 20 mm aufweisen müsse. Dass dies dem Beklagten schon
  82. vor Beginn der Dämmarbeiten bewusst gewesen sei und er die von der Klägerin
  83. vorgesehene Ausführung dennoch zugelassen habe, könne insbesondere mit
  84. Rücksicht auf deren Erklärung, stets eine derartige Dämmung zu verwenden,
  85. zwar nicht als Verzicht auf eine vertragsgerechte Erstellung des Werkes
  86. -5-
  87. angesehen werden. Gleichwohl stehe dem Beklagten der mit der Widerklage
  88. geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu, weil die Klägerin gemäß
  89. § 635 Abs. 3, § 275 Abs. 2 BGB berechtigt gewesen sei, die Nacherfüllung
  90. wegen Unverhältnismäßigkeit zu verweigern. Der Aufwand für die Beseitigung
  91. der in Rede stehenden Mängel stehe in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem
  92. Vorteil, den der Beklagte durch die Nachbesserung erlangen könne. Dessen
  93. Interesse an einer Beseitigung der Mängel sei gering, weil nach den
  94. Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen H. die konkrete Nutzung
  95. des
  96. Gebäudes
  97. durch
  98. die
  99. nicht
  100. fachgerechte
  101. Dämmung
  102. der
  103. Warmwasserleitungen nicht beeinträchtigt sei und der mangelbedingt höhere
  104. Energieverbrauch lediglich zu Mehrkosten von ca. 50 € pro Jahr führe. Dem
  105. stünden erhebliche, unangemessen hohe Nachbesserungskosten von ca.
  106. 44.000 € gegenüber. Berücksichtige man vor diesem Hintergrund, dass die
  107. Klägerin den Mangel weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verursacht habe
  108. und das Ausmaß des ihr anzulastenden Verschuldens eher gering sei, der
  109. Beklagte seinerseits aus Zeitgründen sehenden Auges eine mangelhafte
  110. Dämmung der Warmwasserrohre hingenommen habe, so führe die Gesamtabwägung der maßgeblichen Umstände dazu, dass die Klägerin berechtigt sei,
  111. die Nacherfüllung wegen Unverhältnismäßigkeit zu verweigern. Der Beklagte
  112. könne lediglich Minderung in Form eines angemessenen Ausgleichs für den
  113. Wertverlust des Werkes verlangen. Maßgeblich sei der verbliebene technische
  114. Minderwert, der auf der Grundlage der hierzu vom Sachverständigen H.
  115. getroffenen Feststellungen mit 1.000 € zu veranschlagen sei. Ein Ausgleich für
  116. merkantilen Minderwert komme nicht in Betracht, weil die Nutzbarkeit des
  117. Gebäudes
  118. nicht
  119. eingeschränkt
  120. Energieverbrauch unwesentlich sei.
  121. und
  122. der
  123. mangelbedingt
  124. höhere
  125. -6-
  126. II.
  127. 6
  128. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
  129. 7
  130. 1. Der Entscheidung des Berufungsgerichts liegt die Erwägung
  131. zugrunde, dass der Besteller keinen Schadensersatz statt der Leistung gemäß
  132. § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB wegen festgestellter Mängel der
  133. Werkleistungen beanspruchen kann, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung
  134. hinsichtlich dieser Mängel gemäß § 635 Abs. 3 BGB zu Recht verweigert hat.
  135. Stattdessen will es ihn auf eine Minderung des Werklohns in Höhe eines
  136. angemessenen Ausgleichsbetrages für den Wertverlust des Werkes verweisen.
  137. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
  138. 8
  139. a) Der Anspruch des Bestellers auf Schadensersatz für schuldhaft
  140. verursachte Werkmängel entfällt nicht schon dadurch, dass der Unternehmer zu
  141. Recht gemäß § 635 Abs. 3 BGB einwendet, diese Mängel nicht beseitigen zu
  142. müssen. Er darf gemäß § 635 Abs. 3 BGB die Nacherfüllung verweigern, wenn
  143. sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Darüber hinaus darf er die
  144. Leistung in den Fällen der "faktischen oder praktischen Unmöglichkeit" gemäß
  145. § 275 Abs. 2 und 3 BGB verweigern. Für diese Fälle ergibt sich unmittelbar aus
  146. § 275 Abs. 4, § 283 BGB, dass der Besteller unter den Voraussetzungen des
  147. § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung für Mängel
  148. der Werkleistung ohne vorherige Fristsetzung beanspruchen kann. Eine
  149. entsprechende Regelung für den Fall der Leistungsverweigerung gemäß § 635
  150. Abs. 3 BGB fehlt zwar. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass der Gesetzgeber
  151. auch für diesen Fall einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung unter
  152. den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB eröffnen wollte. Das
  153. ergibt sich ohne weiteres aus § 636 BGB, wonach es zur Entstehung des
  154. Schadensersatzanspruchs grundsätzlich einer Fristsetzung nicht bedarf, wenn
  155. -7-
  156. der Unternehmer die Nacherfüllung gemäß § 635 Abs. 3 BGB verweigert (vgl.
  157. auch BT-Drucks. 14/6040, S. 234 und 265).
  158. 9
  159. b) In welcher Höhe der Unternehmer Schadensersatz zu leisten hat und
  160. wie die Entschädigung zu berechnen ist, ergibt sich aus den Vorschriften zum
  161. allgemeinen Schadensrecht in §§ 249 ff. BGB. Allerdings kommt ein Anspruch
  162. auf Naturalrestitution regelmäßig nicht in Betracht, weil dadurch die Erfüllung
  163. der vertraglichen Leistung herbeigeführt würde, die der Besteller gemäß § 281
  164. Abs. 4 BGB gerade nicht mehr verlangen kann. Stattdessen ist er in Geld zu
  165. entschädigen (BGH, Urteil vom 6. November 1986 - VII ZR 97/85, BGHZ 99,
  166. 81).
  167. 10
  168. Die
  169. Entschädigung
  170. kann
  171. der
  172. Besteller
  173. nach
  174. der
  175. bisherigen
  176. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich wahlweise nach der
  177. Differenz zwischen dem Verkehrswert des Werkes mit und ohne Mangel
  178. ermitteln oder in Höhe der Aufwendungen geltend machen, die zur
  179. vertragsgemäßen Herstellung des Werkes erforderlich sind (BGH, Urteil vom
  180. 10. März 2005 - VII ZR 321/03, BauR 2005, 1014 = NZBau 2005, 390 = ZfBR
  181. 2005, 461; Urteil vom 11. Juli 1991 - VII ZR 301/90, BauR 1991, 744 = ZfBR
  182. 1991, 265; Urteil vom 26. Oktober 1972 - VII ZR 181/71, BGHZ 59, 365, 366).
  183. 11
  184. c) Die dem Besteller nach dieser Rechtsprechung eröffnete Möglichkeit,
  185. seinen Schadensersatzanspruch anhand der Mängelbeseitigungskosten zu
  186. berechnen, gilt nicht uneingeschränkt. Der Senat hat bereits entschieden, dass
  187. dieser Schadensberechnung in entsprechender Anwendung des § 251 Abs. 2
  188. Satz 1 BGB der Einwand entgegengehalten werden kann, die Aufwendungen
  189. zur Mängelbeseitigung seien unverhältnismäßig (BGH, Urteil vom 26. Oktober 1972 - VII ZR 181/71, BGHZ 59, 365, 366; Urteil vom 27. März 2003
  190. - VII ZR 443/01,
  191. BGHZ
  192. 154,
  193. 301,
  194. 305;
  195. Urteil
  196. vom
  197. 10. März 2005
  198. -8-
  199. - VII ZR 321/03, BauR 2005, 1014 = NZBau 2005, 390 = ZfBR 2005, 461; Urteil
  200. vom 29. Juni 2006 - VII ZR 86/05, BauR 2006, 1736, 1738 = NZBau 2006, 642
  201. = ZfBR 2006, 668). Unverhältnismäßig in diesem Sinne sind die Aufwendungen
  202. für die Beseitigung des Werkmangels, wenn der in Richtung auf die Beseitigung
  203. des Mangels erzielte Erfolg oder Teilerfolg bei Abwägung aller Umstände des
  204. Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten
  205. Geldaufwandes steht und es dem Unternehmer nicht zugemutet werden kann,
  206. die vom Besteller in nicht sinnvoller Weise gemachten Aufwendungen tragen zu
  207. müssen. In einem solchen Fall würde es Treu und Glauben widersprechen,
  208. wenn der Besteller diese Aufwendungen dem Unternehmer anlasten könnte
  209. (BGH,
  210. Urteil
  211. vom
  212. 26. Oktober 1972
  213. - VII ZR 181/71,
  214. aaO;
  215. Urteil
  216. vom
  217. 27. März 2003 - VII ZR 443/01, aaO; Urteil vom 10. März 2005 - VII ZR 321/03,
  218. aaO; Urteil vom 29. Juni 2006 - VII ZR 86/05, aaO).
  219. 12
  220. Der Bundesgerichtshof hat bisher nicht entschieden, ob die nach obigen
  221. Grundsätzen für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 251
  222. Abs. 2 Satz 1 BGB maßgeblichen Kriterien denen entsprechen, die bei der nach
  223. § 635 Abs. 3 BGB gebotenen Prüfung des unverhältnismäßigen Nacherfüllungsaufwands heranzuziehen sind. Das ist zu bejahen, wenn, wie hier,
  224. werkvertraglicher Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten
  225. beansprucht wird. Durch die Zubilligung dieses Schadensersatzanspruches soll
  226. der Besteller einen Ausgleich für die Nachteile erhalten, die ihm durch die
  227. mangelhafte Ausführung der Werkleistung entstanden sind. Sein Anspruch auf
  228. monetären Ausgleich für Mangelschäden beruht auf seinem berechtigten
  229. Interesse
  230. an
  231. der Verwirklichung des vom
  232. Unternehmer geschuldeten
  233. Werkerfolgs. Er soll hinsichtlich der Beseitigung dieser Mängel im Ergebnis
  234. nicht besser stehen als er bei tauglicher Nacherfüllung durch den Unternehmer
  235. stünde. Dann aber besteht kein vernünftiger Grund, dem Unternehmer, der die
  236. -9-
  237. Beseitigung von Mängeln wegen eines damit verbundenen unverhältnismäßigen Aufwands gemäß § 635 Abs. 3 BGB verweigern darf, gleichwohl im
  238. Wege des Schadensersatzes die Erstattung der Mängelbeseitigungskosten
  239. abzuverlangen. Aus dem Umstand, dass der Besteller Schadensersatz nur für
  240. solche Mängel beanspruchen kann, die der Unternehmer zu vertreten hat, folgt
  241. nichts anderes. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit nach § 635
  242. Abs. 3 BGB das Verschulden des Unternehmers zu berücksichtigen ist (BGH,
  243. Urteil vom 23. Februar 1995 - VII ZR 235/93, BauR 1995, 540 = ZfBR 1995,
  244. 197; vgl. auch Urteil vom 27. März 2003 - VII ZR 443/01, BGHZ 154, 301; Urteil
  245. vom 10. November 2005 - VII ZR 64/04, BauR 2006, 377 = NZBau 2006, 110 =
  246. ZfBR 2006, 154). Liegt Verschulden vor, fällt es ebenso wie bei § 251 Abs. 2
  247. Satz 1 BGB ins Gewicht, ohne dass sich hieraus die Notwendigkeit ergeben
  248. könnte,
  249. die
  250. Unverhältnismäßigkeit
  251. des
  252. Mängelbeseitigungsaufwands
  253. im
  254. Rahmen des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB anderen Kriterien zu unterwerfen, als sie
  255. für § 635 Abs. 3 BGB gelten. Daraus folgt im Ergebnis, dass der Besteller
  256. mangelbedingten
  257. Schadensersatz
  258. stets
  259. nur
  260. in
  261. Höhe
  262. der
  263. Verkehrs-
  264. wertminderung beanspruchen kann, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung
  265. zu Recht gemäß § 635 Abs. 3 BGB als unverhältnismäßig verweigert hat.
  266. 13
  267. 2. Bei Anwendung dieser Grundsätze kann die Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis nur Bestand haben, wenn der dem Beklagten
  268. zustehende Schadensersatzanspruch den Betrag nicht übersteigt, den ihm das
  269. Berufungsgericht bereits im Wege der Minderung mit 1.000 € für den
  270. technischen Minderwert des Werks zugebilligt hat. Das ist denkbar, weil
  271. Schadensersatz statt der Leistung nach § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1
  272. BGB auf einen Ausgleich für den technischen Minderwert der mangelhaften
  273. Werkleistung beschränkt sein kann, wenn eine zusätzliche Wertminderung nicht
  274. - 10 -
  275. in Betracht kommt. Der Beklagte hat im Verfahren der Vorinstanzen zwar keine
  276. Minderung geltend gemacht. Er nimmt die Entscheidung des Berufungsgerichts
  277. in diesem Punkt jedoch hin und beansprucht mit der Revision nur noch den
  278. 1.000 € übersteigenden Teil seiner Schadensersatzforderung. Damit trägt der
  279. Beklagte dem bei der Schadensbemessung zu berücksichtigenden Gesichtspunkt Rechnung, die an die Klägerin zu zahlende Vergütung in Höhe des
  280. rechtskräftig zuerkannten Minderungsbetrages erspart und hierdurch einen
  281. Vorteil erlangt zu haben, den er sich nach allgemeinen schadensrechtlichen
  282. Grundsätzen auf seinen Schadensersatzanspruch anrechnen lassen muss.
  283. 14
  284. Eine dahingehende Entscheidung kann der Senat nicht treffen. Die
  285. Feststellungen des Berufungsgerichts bieten keine ausreichende Grundlage für
  286. die Annahme, dass der dem Beklagten zu ersetzende Schaden auf einen mit
  287. 1.000 € zu veranschlagenden technischen Minderwert beschränkt ist.
  288. 15
  289. Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob die Voraussetzungen des
  290. § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB erfüllt sind. Seine zu § 635 Abs. 3 BGB getroffenen
  291. Feststellungen, die insoweit herangezogen werden könnten, sind unzureichend,
  292. weil sie den hierfür maßgeblichen Sachvortrag der Parteien nicht ausschöpfen.
  293. 16
  294. a) Allerdings wirft die Revision dem Berufungsgericht zu Unrecht vor, es
  295. habe bei der nach § 635 Abs. 3 BGB vorzunehmenden Abwägung der
  296. Regelung des § 12 Abs. 5 EnEV keine hinreichende Beachtung geschenkt, die
  297. eine von der Klägerin nicht eingehaltene Mindestdämmung der Warmwasserleitungen vorschreibe. Das Berufungsgericht hat diesen Gesichtspunkt
  298. berücksichtigt, indem es zutreffend von einem fahrlässigen Verstoß gegen die
  299. Vorschriften der EnEV ausgeht. Der weitergehende Einwand der Revision, hier
  300. wiege das Ergebnis der nicht vertragsgerechten Ausführung der Werkleistung
  301. besonders schwer, weil die Klägerin gegen gesetzliche Bestimmungen
  302. - 11 -
  303. verstoßen habe, greift ebenfalls nicht. Er allein führt jedenfalls nicht dazu, dass
  304. die Klägerin sich nicht auf die Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten berufen kann. Der Beklagte übersieht, dass gerade die
  305. Nichteinhaltung der Vorgaben in § 12 Abs. 5 EnEV den Mangelvorwurf
  306. begründet.
  307. Für
  308. die
  309. nach
  310. Unverhältnismäßigkeitsprüfung
  311. § 251
  312. Abs. 2
  313. kommt
  314. Satz 1
  315. diesem
  316. BGB
  317. Umstand
  318. vorzunehmende
  319. keine
  320. andere
  321. Bedeutung zu, als sie einem schuldhaften Verstoß gegen anerkannte Regeln
  322. der Technik oder vertragliche Beschaffenheitsvereinbarungen zuteil wird. Im
  323. Übrigen
  324. ist
  325. der
  326. Beklagte
  327. nicht
  328. der
  329. Gefahr
  330. ausgesetzt,
  331. durch
  332. die
  333. Entgegennahme der mangelhaften Werkleistungen selbst in einer Weise gegen
  334. gesetzliche Bestimmungen verstoßen zu haben, die von entscheidender
  335. Bedeutung für die Abwägung nach § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB sein könnte.
  336. Maßgebend
  337. ist
  338. die
  339. Energieeinsparverordnung
  340. in
  341. der
  342. Fassung
  343. vom
  344. 8. Dezember 2004 (BGBl. I, S. 3144, 3146). Danach war der Beklagte zwar
  345. verpflichtet, für eine den Vorgaben des § 12 Abs. 5 EnEV entsprechende
  346. Dämmung der Warmwasserleitungen zu sorgen. Er muss allerdings nicht
  347. befürchten, wegen der Nichteinhaltung dieser Vorgaben mit Ordnungsmitteln
  348. belegt zu werden, welche der Verordnungsgeber erst durch § 27 der
  349. Energieeinsparverordnung in der Fassung vom 1. Oktober 2007 (BGBl. I,
  350. S. 1519) eingeführt hat.
  351. 17
  352. b) Unbegründet ist auch der Einwand der Revision, das Berufungsgericht
  353. habe
  354. nicht
  355. berücksichtigt,
  356. dass
  357. die
  358. Klägerin
  359. den
  360. hohen
  361. Mängel-
  362. beseitigungsaufwand schuldhaft dadurch herbeigeführt habe, dass sie auf die
  363. entsprechende Rüge des Beklagten nicht auf die gesetzlich vorgesehene
  364. Dämmung hingewiesen habe. Diesen Sachverhalt hat das Berufungsgericht
  365. vertretbar gewürdigt und zutreffend darauf hingewiesen, dass der Beklagte trotz
  366. der ihm durch einen Bausachverständigen vor Beginn der Estrich- und
  367. - 12 -
  368. Verlegearbeiten vermittelten Kenntnis von der nicht ordnungsgemäßen
  369. Dämmung auf Durchführung der von der Klägerin vorgesehenen Arbeiten
  370. bestanden und dadurch selbst dazu beigetragen habe, dass die hohen Kosten
  371. entstanden seien.
  372. 18
  373. c) Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit den Standpunkt eingenommen, dass nur die Dämmung der
  374. Warmwasserleitungen nachgebessert werden müsse; die Kaltwasserleitungen
  375. seien nicht betroffen, weil insoweit keine Mindestanforderungen an die
  376. Dämmung bestünden.
  377. Damit hat es Tatsachenvortrag des Beklagten
  378. übergangen, den es bei der Abwägung hätte berücksichtigen müssen. Der
  379. Beklagte hat vorgetragen, dass die Kaltwasserleitungen mangelhaft seien, weil
  380. sie ungedämmt unmittelbar neben den warmgebenden Rohrleitungen lägen,
  381. zudem über keine vollständige Schwitzwasserisolierung verfügten und deshalb
  382. die Gefahr einer Salmonellenbildung bestehe. Darüber hinaus seien die
  383. Rohrleitungen nur unzureichend mit einem Textilgurt und einem Bolzenschussgerät auf der Sohlplatte befestigt worden (S. 2 des Schriftsatzes vom
  384. 9. Februar 2010; S. 4/5 des Schriftsatzes vom 30. Januar 2008; siehe auch S. 3
  385. des
  386. Schriftsatzes
  387. vom
  388. 25. März 2008).
  389. Der
  390. Beklagte
  391. hat
  392. seine
  393. Schadensersatzforderung auch - zumindest teilweise - mit diesen Mängeln
  394. begründet (S. 2 des Schriftsatzes vom 19. November 2009). Das Berufungsgericht hätte aufklären müssen, inwieweit Streit über das Vorhandensein der
  395. Mängel besteht und hierzu gegebenenfalls Beweis durch Einholung eines
  396. Sachverständigengutachtens erheben müssen. Die Aufklärung der vom
  397. Beklagten behaupteten Tatsachen ist für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit von Bedeutung, weil das Interesse des Beklagten an der
  398. Mängelbeseitigung durch das Hinzutreten weiterer Mängel mehr Gewicht
  399. erlangt. Darüber hinaus wird das Berufungsgericht zu klären haben, ob durch
  400. - 13 -
  401. die unzureichende Dämmung der Kaltwasserleitungen die Gefahr einer
  402. Salmonellenbildung besteht. Sollte die dahin gehende Behauptung des
  403. Beklagten zutreffen, wäre es ihm kaum zuzumuten, dieses Risiko tragen zu
  404. müssen.
  405. 19
  406. 3. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung der Unverhältnismäßigkeit gemäß § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB unter Berücksichtigung der obigen
  407. Ausführungen und der darüber hinaus vom Beklagten mit der Revision
  408. vorgebrachten Einwendungen zu dem Ergebnis kommen, dass der Beklagte
  409. Schadensersatz nur in Höhe einer mangelbedingten Verkehrswertminderung
  410. beanspruchen kann, wird es im Hinblick auf eventuelle weitere Mängel und
  411. deren Folgen für die zweckentsprechende Verwendung der Werkleistungen neu
  412. darüber befinden müssen, ob der vom Sachverständigen H. geschätzte
  413. technische Minderwert einen angemessenen Ausgleich darstellt. Gleiches gilt
  414. für seine Entscheidung, dass dem Beklagten kein merkantiler Minderwert zu
  415. ersetzen sei. Mit Recht beanstandet die Revision in diesem Punkt, dass das
  416. Berufungsgericht seine Annahme, der Verkehrswert des Gebäudes sei nicht
  417. - 14 -
  418. tangiert, mit dem schlichten Hinweis auf einen nur geringfügig höheren
  419. Energieverbrauch und keine darüber hinausgehenden Nutzungsnachteile nicht
  420. hinreichend begründet hat.
  421. Kniffka
  422. Safari Chabestari
  423. Leupertz
  424. Eick
  425. Kartzke
  426. Vorinstanzen:
  427. LG Osnabrück, Entscheidung vom 13.05.2009 - 10 O 2795/07 (224) OLG Oldenburg, Entscheidung vom 21.07.2011 - 8 U 141/09 -