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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VII ZR 109/10
  5. Verkündet am:
  6. 30. Juni 2011
  7. Seelinger-Schardt,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB §§ 633, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1
  19. Ein Installateur, der den Auftrag hat, eine Hausleitung an eine Grundleitung mit
  20. Rückstausicherung anzuschließen, muss prüfen, ob die von ihm ausgewählte
  21. Grundleitung eine solche Sicherung hat.
  22. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - VII ZR 109/10 - OLG Köln
  23. LG Bonn
  24. -2-
  25. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  26. vom 30. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, den Richter Dr. Kuffer, den Richter Bauner, die Richterin Safari Chabestari und den
  27. Richter Dr. Eick
  28. für Recht erkannt:
  29. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 22. Zivilsenats
  30. des Oberlandesgerichts Köln vom 1. Juni 2010 im Kostenpunkt
  31. und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen den Beklagten zu 2
  32. abgewiesen worden ist.
  33. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung
  34. und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
  35. an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  36. Von Rechts wegen
  37. Tatbestand:
  38. 1
  39. Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen eines Wassereinbruchs in
  40. seine Souterrainwohnungen. Er ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese beauftragte im Dezember 2004 die Beklagte zu 1, ein Tiefbauunternehmen, mit der Neuorganisation der Entwässerungsanlage für das insgesamt acht Wohneinheiten aufweisende Wohngebäude. Gegenstand des Auftrags war die Trennung der Abwasserleitungen. Für die beiden Souterrainwohnungen sollte eine Ableitung mit Rückstauklappe erfolgen. Für die Wohnungen
  41. -3-
  42. darüber war eine Leitung ohne eine solche Klappe vorgesehen. Die Beklagte zu
  43. 1 verlegte zwei Entwässerungsleitungen vom öffentlichen Kanal bis an die
  44. Rückseite des Hauses, von der nur eine mit einem Rückstauventil ausgestattet
  45. war. Nachdem ein Anschluss dieser Grundleitungen zum Haus hin noch nicht
  46. erfolgen konnte, versah sie die Grundleitungen jeweils mit zwei Abzweigungen
  47. und verschloss diese mit Anschlussstopfen. Die Abzweigungen von der Grundleitung mit der Rückstausicherung befanden sich zwischen den Abzweigungen
  48. der Grundleitung ohne Rückstausicherung. Dies hatte zur Folge, dass die
  49. Hausleitung der einen Souterrainwohnung an den gegenüberliegenden Abzweig der Grundleitung mit der Rückstausicherung anzuschließen war, während
  50. der Anschluss der Hausleitung der anderen, an Z. vermieteten, Souterrainwohnung "über Kreuz" an diese Grundleitung vorzunehmen war. Die Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragte den Beklagten zu 2, einen Installateur, in
  51. dem Gebäude die erforderlichen Installations- und Anschlussarbeiten durchzuführen und die Verbindungen der Grundleitungen mit den Hausanschlüssen
  52. vorzunehmen. Der Beklagte zu 2 nahm den erforderlichen Anschluss über
  53. Kreuz nicht vor, sondern schloss die von Z. gemietete Wohnung an den gegenüberliegenden Abzweig der Grundleitung ohne Rückstausicherung an. Im
  54. Sommer 2007 kam es deshalb in dieser Wohnung zu einem Wassereinbruch,
  55. von dem im weiteren Verlauf auch die andere Souterrainwohnung des Klägers
  56. betroffen war.
  57. 2
  58. Den dadurch entstandenen Schaden hat der Kläger teils beziffert, teils
  59. als Freistellungsanspruch gegen die Beklagten geltend gemacht.
  60. 3
  61. Das Landgericht hat mit Grundurteil festgestellt, dass die Beklagten als
  62. Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche Schäden, die ihm
  63. durch den Wassereinbruch entstanden sind, zu ersetzen. Auf die Berufung der
  64. Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Der Senat hat die
  65. -4-
  66. Revision des Klägers zugelassen, soweit die Klage gegen den Beklagten zu 2
  67. abgewiesen worden ist. Insoweit verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
  68. Entscheidungsgründe:
  69. 4
  70. Die Revision des Klägers führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung
  71. des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  72. I.
  73. 5
  74. Das Berufungsgericht hat dahinstehen lassen, ob das Grundurteil verfahrensfehlerfrei ergangen ist und der Kläger im Hinblick darauf, dass der Werkvertrag mit dem Beklagten zu 2 (im Folgenden: Beklagter) von der Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossen wurde, aktivlegitimiert ist. Denn dem Kläger stehe weder aus eigenem noch aus abgeleitetem Recht ein Schadensersatzanspruch zu. Der Beklagte habe weder vertragliche Pflichten verletzt noch
  75. sei ihm eine rechtswidrige Eigentumsverletzung vorzuwerfen. Grundsätzlich
  76. könne ein Werkunternehmer verpflichtet sein, die Arbeiten des Vorunternehmers zu überprüfen. Jedoch stecke der Rahmen der von dem Unternehmer vertraglich übernommenen Verpflichtung zugleich den Umfang der ihn treffenden
  77. Obhutspflichten ab. Hier sei dem Beklagten bei Auftragserteilung erklärt worden, die Grundleitungen seien "vorgerichtet". Der Zustand der Leitungen habe
  78. ihm unverdächtig in dem Sinne erscheinen dürfen, dass die jeweilige Grundleitung an den ihr gegenüberliegenden Hausanschluss anzuschließen sei. Der
  79. -5-
  80. Beklagte habe weder Anlass gehabt, die von dem Tiefbauunternehmer verlegten Grundleitungen in weiterem Umfang als geschehen freizulegen, noch habe
  81. er sich veranlasst sehen müssen, bei diesem wegen des Verlaufs der Grundleitungen nachzufragen. Bei dem ihm erteilten Kleinauftrag sei der Beklagte auch
  82. nicht verpflichtet gewesen, nach Beendigung seiner Arbeiten Überprüfungen
  83. vorzunehmen, die über sein eigenes Werk hinausgingen. Zudem hätte er besorgen müssen, dass die Eigentümergemeinschaft nicht bereit gewesen wäre,
  84. solchen zusätzlichen, nicht in Auftrag gegebenen Aufwand zu bezahlen.
  85. II.
  86. 6
  87. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts rechtfertigen die Abweisung
  88. des von dem Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nicht.
  89. 7
  90. Der Beklagte haftet dem Berechtigten gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1
  91. BGB für den geltend gemachten Schaden, wenn sein Werk mangelhaft war, er
  92. diesen Mangel zu vertreten hat und der Schaden durch den Mangel verursacht
  93. worden ist. Denn eine mangelhafte Leistung ist eine Pflichtverletzung im Sinne
  94. des § 280 Abs. 1 BGB. Diese Voraussetzungen können nach dem Sachverhalt,
  95. von dem in der Revision auszugehen ist, nicht verneint werden.
  96. 8
  97. 1. In der Revision ist davon auszugehen, dass der Beklagte beauftragt
  98. wurde, die Hausanschlüsse fachgerecht an die Grundleitungen anzuschließen.
  99. Er hatte deshalb einen Anschluss zu errichten, der die Abflüsse der Souterrainwohnungen mit dem Entwässerungsrohr verband, das ein Rückstauventil hatte.
  100. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, er habe lediglich den "Durchschluss"
  101. zu den Hausanschlüssen vorzunehmen, stehen dem nicht entgegen. Dem Beklagten war, wovon in der Revision angesichts der vorgegebenen Anschlüsse
  102. -6-
  103. ohne weiteres auszugehen ist, bekannt, dass die Souterrainwohnungen an die
  104. bereits verlegte Grundleitung mit Rückstauventil anzuschließen und die darüber
  105. liegenden Wohnungen mit der anderen Grundleitung zu verbinden waren.
  106. Wenn ihm der Auftrag erteilt wurde, "den Durchschluss" vorzunehmen, so
  107. musste er diesen Auftrag dahin verstehen, dass die von der Beklagten zu 1
  108. nicht fertig gestellte Leistung zu vollenden, also die richtigen Anschlüsse vorzunehmen waren. Er schuldete danach nicht allein die Verbindung der gegenüberliegenden Rohre, sondern als Werkerfolg einen funktionierenden Anschluss an
  109. die Grundleitung mit Rückstauklappe. Das gälte selbst dann, wenn er von der
  110. Eigentümergemeinschaft unzutreffende Informationen zu den von der Beklagten zu 1 verlegten Abzweigen erhalten hätte. Denn der vertraglich geschuldete
  111. Erfolg bestimmt sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten
  112. Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das
  113. Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll (BGH, Urteil vom
  114. 8. November 2007 - VII ZR 183/05, BGHZ 174, 110, Rn. 15).
  115. 9
  116. 2. Auf dieser Grundlage entspricht die Werkleistung des Beklagten nicht
  117. der vereinbarten Beschaffenheit, § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB. Er hat die geschuldeten Anschlüsse nicht vorgenommen.
  118. 10
  119. 3. Der Unternehmer ist für einen Folgeschaden allerdings nicht verantwortlich, wenn er den Mangel der Werkleistung nicht zu vertreten hat. Das Berufungsgericht will dies offenbar annehmen, weil es davon ausgeht, der Beklagte habe nicht erkennen können, dass der Anschluss falsch gewesen sei. Seine
  120. Ausführungen dazu sind jedoch rechtsfehlerhaft.
  121. 11
  122. a) Jeder Werkunternehmer, der seine Arbeit in engem Zusammenhang
  123. mit den Vorarbeiten eines anderen oder aufgrund dessen Planung auszuführen
  124. hat, muss prüfen und gegebenenfalls auch geeignete Erkundigungen einziehen,
  125. -7-
  126. ob diese Vorarbeiten eine geeignete Grundlage für sein Werk bieten und keine
  127. Eigenschaften besitzen, die den Erfolg seiner Arbeit in Frage stellen können.
  128. Der Rahmen dieser Verpflichtung und ihre Grenzen ergeben sich aus dem
  129. Grundsatz der Zumutbarkeit, wie sie sich nach den besonderen Umständen des
  130. Einzelfalls darstellt (BGH, Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05, BGHZ
  131. 174, 110, Rn. 24; Urteil vom 23. Oktober 1986 - VII ZR 48/85, BauR 1987, 79,
  132. 80 = ZfBR 1987, 32). Zu Unrecht wendet das Berufungsgericht diese
  133. Grundsätze unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom
  134. 3. Mai 2000 (X ZR 49/98, NZBau 2000, 328 = ZfBR 2000, 411) nicht an. Es
  135. übersieht, dass in jenem Fall der geltend gemachte Folgeschaden, der infolge
  136. einer fehlerhaft montierten Rücklaufleitung entstanden war, dem Unternehmer
  137. deshalb nicht zugerechnet werden konnte, weil er die Installation dieser Leitung
  138. nicht geschuldet hatte und es deshalb allein um die Frage ging, inwieweit eine
  139. Nebenpflichtverletzung bejaht werden konnte. Darum geht es hier nicht. Der
  140. Beklagte schuldete den Anschluss an das Entwässerungsrohr mit Rückstauventil. Diese Pflicht hat er verletzt. Es geht also lediglich darum, ob der fehlerhafte
  141. Anschluss schuldhaft erfolgt ist.
  142. 12
  143. b) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, der Beklagte habe keinen Anlass gehabt, Nachforschungen hinsichtlich der richtigen Grundleitungen anzustellen. Die von dem Beklagten zu erbringende Leistung baute unmittelbar auf
  144. derjenigen der Beklagten zu 1 auf. Ihm war nicht bekannt, welcher der Abzweige zur Grundleitung mit Rückstauventil führte. Er hatte daher, sollte seine Werkleistung mangelfrei erstellt werden, zwingend zu überprüfen, welche der von der
  145. Beklagten zu 1 erstellten Abzweige zu der Grundleitung mit der Rückstausicherung führten. Denn nur dann konnte er seine vertragliche Pflicht, die Hausleitungen der Souterrainwohnungen an die Grundleitung mit der Rückstausicherung anzuschließen, verlässlich erfüllen. Der Beklagte durfte sich daher nicht
  146. -8-
  147. darauf verlassen, dass der Anschluss der Hausleitungen jeweils an die gegenüberliegenden Abzweige der Grundleitungen zu erfolgen hatte.
  148. 13
  149. Die vom Berufungsgericht für seine gegenteilige Auffassung herangezogenen Umstände sind nicht geeignet, den Beklagten von der Prüfpflicht zu befreien.
  150. 14
  151. aa) Dies gilt insbesondere für die Tatsache, dass der Beklagte bei der
  152. von ihm vorgefundenen baulichen Situation nicht ohne weiteres wissen konnte,
  153. dass aufgrund der Vorarbeiten der Beklagten zu 1 die von Z. gemietete Wohnung "über Kreuz" angeschlossen werden musste. Auf die Unüblichkeit oder
  154. Üblichkeit eines solchen, nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im
  155. Übrigen nicht mangelhaften, Anschlusses, kommt es nicht an. Denn der Beklagte konnte nur dann eine vertragsgerechte Leistung erbringen, wenn er feststellte, welche Abzweige zu welcher Grundleitung führten. Dies setzte eine entsprechende Prüfung voraus.
  156. 15
  157. bb) Auch aus der Mitteilung, die Grundleitungen seien von der Beklagten
  158. zu 1 "vorgerichtet", ergab sich für den Beklagten nicht mit hinreichender Sicherheit, dass die von jener angebrachten Abzweige von der Grundleitung mit der
  159. Rückstausicherung den Hausanschlüssen der Souterrainwohnungen direkt gegenüber lagen. Er hätte sich bei der Beklagten zu 1 oder auf andere Weise
  160. Gewissheit verschaffen müssen, welcher Abzweig der richtige war. Die Angabe
  161. der Eigentümergemeinschaft, die Leitungen seien "vorgerichtet", barg ihrerseits
  162. erhebliche Unsicherheiten, weil nicht erkennbar war, inwieweit sie auf verlässlichen Informationen beruhte und deshalb auch dem Beklagten die Sicherheit
  163. verschaffen konnte, die gegenüberliegenden Leitungen könnten angeschlossen
  164. werden. Eine verlässliche Prüfung war - wovon nach der in der Revision als
  165. richtig zu unterstellenden Behauptung des Klägers auszugehen ist - ohne weite-
  166. -9-
  167. res und ohne großen technischen Aufwand durch eine Spülung möglich. Das
  168. hat der gerichtliche Sachverständige bestätigt.
  169. 16
  170. cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts entlastet es den Beklagten auch nicht, wenn er infolge der unklaren Situation Leistungen hätte erbringen müssen, die von dem ihm erteilten Auftrag nicht erfasst waren. Der erforderlichen Prüfung konnte er sich nicht deshalb entziehen, weil er die Besorgnis hätte haben können, die Wohnungseigentümergemeinschaft sei möglicherweise nicht bereit, notwendige zusätzliche Leistungen zu vergüten. Der Beklagte hätte für den Fall erforderlicher zusätzlicher vergütungspflichtiger Leistungen
  171. die Wohnungseigentümergemeinschaft auf diesen Umstand hinweisen müssen.
  172. Wenn diese sich geweigert hätte, die entsprechenden Leistungen zu beauftragen und trotz eines Hinweises auf die Gefahr einer fehlerhaften Verbindung der
  173. Hausanschlüsse mit den Grundleitungen darauf bestanden hätte, dass die jeweiligen Anschlüsse ohne die vom Beklagten als erforderlich angesehene
  174. Überprüfung vorzunehmen seien, wäre dieser von der Haftung für den fehlerhaften Anschluss befreit gewesen, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB.
  175. - 10 -
  176. III.
  177. 17
  178. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht keine weiteren Feststellungen getroffen hat, die für eine abschließende Entscheidung notwendig wären.
  179. Kniffka
  180. Kuffer
  181. Safari Chabestari
  182. Bauner
  183. Eick
  184. Vorinstanzen:
  185. LG Bonn, Entscheidung vom 17.09.2009 - 7 O 272/08 OLG Köln, Entscheidung vom 01.06.2010 - 22 U 152/09 -