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21 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. VII ZB 45/12
  4. vom
  5. 18. Juli 2013
  6. in dem Rechtsstreit
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. GVG § 13; ArbGG § 5 Abs. 3 Satz 1; HGB § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
  14. a) Ein selbständiger Handelsvertreter, dem verboten ist, für Konkurrenzunternehmer tätig zu sein, und der eine anderweitige Tätigkeit frühestens 21 Tage nach
  15. Eingang seiner Anzeige und Vorlage von Unterlagen über diese Tätigkeit aufnehmen darf, ist kein Einfirmenvertreter kraft Vertrags im Sinne des § 92a Abs.
  16. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB.
  17. b) Für Rechtsstreitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis ist daher der Rechtsweg zu
  18. den ordentlichen Gerichten eröffnet.
  19. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2013 - VII ZB 45/12 - OLG Dresden
  20. LG Leipzig
  21. -2-
  22. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Juli 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, die Richterin Safari Chabestari, die Richter
  23. Halfmeier, Kosziol und Dr. Kartzke
  24. beschlossen:
  25. Dem Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 27. Februar 2012 gewährt.
  26. Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des
  27. 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 27. Februar
  28. 2012 wird zurückgewiesen.
  29. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
  30. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird
  31. auf 3.360,36 € festgesetzt.
  32. Gründe:
  33. I.
  34. 1
  35. Die Klägerin betreibt ein Finanzdienstleistungsunternehmen, das insbesondere Vermögensanlagen, Versicherungen und Bausparverträge vermittelt.
  36. Der Beklagte war für sie aufgrund eines unter dem 25. Mai/3. Juli 2007 abgeschlossenen, vom Beklagten gekündigten Vermögensberater-Vertrags als Han-
  37. -3-
  38. delsvertreter tätig. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung
  39. angeblich überzahlter Provisionsvorschüsse in Höhe von 16.801,78 € nebst
  40. Zinsen und Mahnauslagen sowie die Rückzahlung eines dem Beklagten gewährten Darlehens in Höhe von 3.052,47 € nebst Zinsen.
  41. 2
  42. Ziffer I. Abs. 5 des genannten Vermögensberater-Vertrags lautet wie
  43. folgt:
  44. "Die Ausübung einer anderweitigen Erwerbstätigkeit hat der Vermögensberater vor der Aufnahme einer solchen Tätigkeit schriftlich anzuzeigen. Mit dieser Anzeige sind der Gesellschaft sämtliche für die beabsichtigte Tätigkeit maßgebenden Umstände offenzulegen und vertraglichen Vereinbarungen und sonstigen Unterlagen, die sich bestimmend auf den Inhalt dieser beabsichtigten Tätigkeit auswirken, zugänglich zu machen. Die beabsichtigte Tätigkeit darf frühestens 21 Tage nach Eingang der Anzeige und aller
  45. notwendigen Unterlagen aufgenommen werden. Ein Verstoß hiergegen stellt einen schwerwiegenden Vertrauensbruch dar."
  46. 3
  47. Ziffer V. Abs. 1 dieses Vertrags bestimmt:
  48. "Der Vermögensberater ist verpflichtet, die Interessen der Gesellschaft zu wahren, wie es ihm durch § 86 I HGB aufgegeben ist. Er
  49. hat ferner jede Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen oder die
  50. Vermittlung von Vermögensanlagen, die nicht zur Produktpalette
  51. der Gesellschaft gehören, ebenso zu unterlassen wie das Abwerben von Vermögensberatern oder anderen Mitarbeitern oder Kunden der Gesellschaft oder dies alles auch nur zu versuchen."
  52. 4
  53. Der Beklagte hat in erster Instanz die Zulässigkeit des beschrittenen
  54. Rechtswegs gerügt und geltend gemacht, dass nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 5
  55. Abs. 3 ArbGG die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben sei.
  56. 5
  57. Das Landgericht hat der Klage nahezu vollständig stattgegeben. In den
  58. Entscheidungsgründen seines Urteils hat das Landgericht ausgeführt, dass der
  59. Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist.
  60. -4-
  61. 6
  62. Der Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, die sich nicht
  63. gegen die Verurteilung zur Darlehensrückzahlung richtet, und in der Berufungsbegründung erneut die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs gerügt. Das
  64. Berufungsgericht ist in ein Vorabverfahren nach § 17a GVG eingetreten und hat
  65. durch Beschluss ausgesprochen, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist. Die Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht zugelassen.
  66. 7
  67. Der Senat hat dem Beklagten auf dessen Antrag Prozesskostenhilfe für
  68. das Rechtsbeschwerdeverfahren gegen den genannten Beschluss bewilligt.
  69. Ferner hat der Senat dem Beklagten nach Versäumung der Frist zur Einlegung
  70. der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
  71. 8
  72. Der Beklagte beantragt, ihm auch Wiedereinsetzung in den vorigen
  73. Stand wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde
  74. zu gewähren. In der Sache verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter, die Beschreitung des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig zu
  75. erklären und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht zu verweisen.
  76. 9
  77. Die Klägerin beantragt, die Rechtsbeschwerde des Beklagten zurückzuweisen.
  78. II.
  79. 10
  80. 1. Dem Beklagten ist auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen
  81. Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde
  82. zu bewilligen. Der Beklagte war aufgrund seiner zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe führenden Mittellosigkeit ohne Verschulden daran gehindert, die
  83. Rechtsbeschwerde innerhalb der Frist des § 575 Abs. 2 ZPO zu begründen,
  84. -5-
  85. § 233 ZPO; er hat die Wiedereinsetzung auch fristgerecht nach Behebung des
  86. Hindernisses beantragt und die versäumte Prozesshandlung nachgeholt (§ 234
  87. Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
  88. 11
  89. 2. Die gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO
  90. statthafte und - nach Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
  91. 12
  92. a) Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
  93. Wesentlichen ausgeführt:
  94. 13
  95. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten sei gemäß § 13 GVG eröffnet. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG seien die Gerichte für Arbeitssachen
  96. ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Um eine solche bürgerliche Rechtsstreitigkeit gehe es im Streitfall nicht, da der Beklagte nicht Angestellter im Sinne des § 84 Abs. 2 HGB und damit nicht Arbeitnehmer im Sinne
  97. des § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG gewesen sei. Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ergebe sich auch nicht aus § 5 Abs. 3 ArbGG. Es fehle bereits an der von
  98. § 5 Abs. 3 ArbGG aufgestellten ersten Voraussetzung, denn der Beklagte gehöre nicht zu dem Personenkreis, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der
  99. vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden könne. Keine
  100. der von § 92a HGB vorgesehenen Varianten sei einschlägig; weder sei der Beklagte ein Handelsvertreter, der vertraglich nicht für weitere Unternehmer habe
  101. tätig werden dürfen, noch sei es ihm nach Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit nicht möglich gewesen, für weitere Unternehmer tätig zu werden.
  102. 14
  103. Die Regelungen des Vermögensberater-Vertrags vom 25. Mai/3. Juli
  104. 2007 ergäben nicht, dass es dem Beklagten versagt gewesen sei, für weitere
  105. Unternehmer tätig zu werden. Ziffer I. Abs. 5 dieses Vertrags enthalte ein sol-
  106. -6-
  107. ches Tätigkeitsverbot nicht. Mit der Klausel werde dem Handelsvertreter zunächst lediglich eine Anzeige- und Offenlegungspflicht auferlegt. Diese Pflichten
  108. erschwerten zwar die Aufnahme anderweitiger Tätigkeiten. Entscheidend sei
  109. aber, dass die Aufnahme der anderweitigen Tätigkeit nicht von einer Einwilligung der Klägerin abhängig gemacht werde. Einfirmenvertreter kraft Vertrags
  110. werde der Handelsvertreter nicht bereits dadurch, dass er lediglich für die Frist
  111. von 21 Tagen an der Ausübung einer anderweitigen Tätigkeit gehindert sei.
  112. 15
  113. Ein Tätigkeitsverbot ergebe sich ebenso wenig aus der unter Ziffer V.
  114. Abs. 1 des Vertrags enthaltenen Regelung. Diese statuiere ein bloßes Konkurrenzverbot, das über die sich aus § 86 Abs. 1 HGB ergebenden Pflichten zur
  115. Interessenwahrung nicht hinausgehe.
  116. 16
  117. Der Beklagte sei für die Klägerin auch nicht als Einfirmenvertreter kraft
  118. Weisung gemäß § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 HGB tätig gewesen. Die vorliegenden vertraglichen Regelungen ließen weder auf eine organisatorische noch auf
  119. eine zeitliche Einbindung des Beklagten schließen, die ihm ein Tätigwerden für
  120. andere Unternehmer faktisch unmöglich gemacht habe. Dass die Vertragsdurchführung dazu geführt hätte, dass der Beklagte allein für die Klägerin habe
  121. tätig werden können, sei nicht ersichtlich.
  122. 17
  123. b) Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Überprüfung stand.
  124. 18
  125. aa) Nach § 13 GVG gehören vor die ordentlichen Gerichte alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder aufgrund von
  126. Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen
  127. sind. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG sind die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig für näher bezeichnete bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeit-
  128. -7-
  129. nehmern und Arbeitgebern. Als Angestellter - und damit gemäß § 5 Abs. 1
  130. Satz 1 ArbGG als Arbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG - gilt gemäß § 84 Abs. 2 HGB derjenige, der, ohne selbständig im Sinne des § 84
  131. Abs. 1 HGB zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte
  132. zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Handelsvertreter im Sinne
  133. des § 84 Abs. 1 HGB gelten nach § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG nur dann als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis
  134. gehören, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der
  135. letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer
  136. während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 Euro auf Grund
  137. des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für
  138. im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG ist im Verhältnis zu § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG die
  139. vorgreifliche Sonderregelung; § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG enthält eine in sich geschlossene Zuständigkeitsregelung, die es verbietet, Handelsvertreter im Sinne
  140. des § 84 Abs. 1 HGB unter anderen als den in § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG genannten Voraussetzungen als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 ArbGG zu behandeln (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2009 - VIII ZB 42/08, BGHZ 183, 49 Rn. 23; Beschluss vom 25. Oktober 2000 - VIII ZB 30/00, NJOZ 2001, 42, 44 m.w.N.).
  141. 19
  142. bb) Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, der Beklagte sei
  143. nicht Angestellter im Sinne des § 84 Abs. 2 HGB und damit nicht Arbeitnehmer
  144. im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG gewesen, wird dies von der Rechtsbeschwerde hingenommen. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
  145. 20
  146. cc) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, der Beklagte sei
  147. als Einfirmenvertreter im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 1 HGB einzustufen.
  148. -8-
  149. 21
  150. (1) Zu dem Personenkreis, für den nach § 92a HGB die untere Grenze
  151. der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, gehören Handelsvertreter, die vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden
  152. dürfen (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB; so genannte Einfirmenvertreter kraft
  153. Vertrags, vgl. BT-Drucks. 1/3856, S. 40), und Handelsvertreter, denen dies
  154. nach Art und Umfang der verlangten Tätigkeit nicht möglich ist (§ 92a Abs. 1
  155. Satz 1 Alt. 2 HGB; so genannte Einfirmenvertreter kraft Weisung, vgl.
  156. BT-Drucks. 1/3856, S. 40). Ein vertragliches Verbot im Sinne von § 92a Abs. 1
  157. Satz 1 Alt. 1 HGB besteht nicht nur in den Fällen, in denen dem Handelsvertreter vertraglich untersagt ist, für weitere Unternehmer tätig zu werden, sondern
  158. auch in den Fällen, in denen die Ausübung einer solchen Tätigkeit nach dem
  159. Vertrag von der Einwilligung bzw. Genehmigung des Unternehmers abhängig
  160. ist und eine derartige Einwilligung bzw. Genehmigung nicht vorliegt (vgl. BAGE
  161. 113, 308, 310 f. m.w.N.). Für die Annahme eines vertraglichen Tätigkeitsverbots
  162. im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB reicht hingegen ein vereinbartes
  163. Konkurrenzverbot nicht aus, weil dadurch nicht die Möglichkeit ausgeschlossen
  164. wird, für Unternehmer eines anderen Wirtschaftszweigs tätig zu werden (vgl.
  165. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2009 - VIII ZB 45/08, NJOZ 2010, 2116 Rn.
  166. 22, m.w.N.). Auch die Vereinbarung einer bloßen Anzeigepflicht reicht für die
  167. Annahme eines vertraglichen Tätigkeitsverbots im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz
  168. 1 Alt. 1 HGB regelmäßig nicht aus, weil dadurch nicht die Möglichkeit ausgeschlossen wird, für weitere Unternehmer tätig zu werden (vgl. Emde, Vertriebsrecht, 2. Aufl., § 92a Rn. 9). Für Versicherungsvertreter gilt, vorbehaltlich der
  169. Sonderregelung gemäß § 92a Abs. 2 HGB, Entsprechendes.
  170. 22
  171. (2) Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Beklagte aufgrund der
  172. Klauseln des Vermögensberater-Vertrags vom 25. Mai/3. Juli 2007 nicht als
  173. Einfirmenvertreter kraft Vertrags (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB) einzustufen,
  174. -9-
  175. weshalb hieraus keine Einstufung des Beklagten als Arbeitnehmer gemäß § 5
  176. Abs. 3 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 92a HGB resultiert.
  177. 23
  178. (a) Durch die vertragliche Regelung in Ziffer I. Abs. 5 wird eine Tätigkeit
  179. des Beklagten als Handelsvertreter für weitere Unternehmer ebenso wie eine
  180. anderweitige Erwerbstätigkeit generell, von dem in Ziffer I. Abs. 5 Satz 3 genannten kurzfristigen Zeitraum abgesehen, nicht ausgeschlossen. Ein Vetorecht
  181. der Klägerin bezüglich der Aufnahme einer Tätigkeit für weitere Unternehmer ist
  182. nicht vorgesehen. Allerdings wird die Aufnahme einer solchen Tätigkeit durch
  183. die Erfordernisse einer schriftlichen Anzeige und der Vorlage näher bezeichneter Unterlagen sowie durch die vorgesehene Wartefrist von 21 Tagen nach Eingang der Anzeige und der betreffenden Unterlagen erschwert. Diese Erschwerungen reichen für die Annahme eines vertraglichen Tätigkeitsverbots im Sinne
  184. des § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB indes nicht aus, weil dadurch nicht generell
  185. die Möglichkeit ausgeschlossen wird, für andere Unternehmer tätig zu werden.
  186. Soweit der Beklagte nach der vertraglichen Regelung in Ziffer I. Abs. 5 gehindert war, für Unternehmer tätig zu werden, die auf eine kurzfristige Arbeitsaufnahme angewiesen sind und nicht den Ablauf der vorgesehenen Wartefrist abwarten können, ist diese Einschränkung nicht gewichtig genug, um ein vertragliches Tätigkeitsverbot im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB anzunehmen. Entsprechendes gilt für die Einschränkung, die darin liegt, dass der Beklagte möglicherweise nicht für andere Unternehmer tätig werden konnte, die
  187. mit einer Vorlage der vertraglichen Vereinbarungen bei der Klägerin nicht einverstanden sind. Die Beschränkung des besonderen Schutzes gemäß § 92a
  188. HGB auf den Einfirmenvertreter findet ihre Rechtfertigung darin, dass er in seiner Stellung am stärksten einem Angestellten angenähert ist; der Einfirmenvertreter ist an einen bestimmten Unternehmer gebunden, für den er seine Arbeitskraft und -zeit einsetzen muss und von dem er dadurch wirtschaftlich völlig abhängig ist (vgl. BT-Drucks. 1/3856, S. 40). So liegt der Fall hier angesichts der
  189. - 10 -
  190. lediglich 21-tägigen Wartefrist und des fehlenden Vetorechts der Klägerin bezüglich der Aufnahme einer Tätigkeit für weitere Unternehmer nicht.
  191. 24
  192. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen kann im vorliegenden
  193. Zusammenhang dahinstehen, ob die Klauseln in Ziffer I. Abs. 5 des Vermögensberater-Vertrags vom 25. Mai/3. Juli 2007 wirksam sind, insbesondere einer etwaigen Inhaltskontrolle in jeder Hinsicht standhalten.
  194. 25
  195. (b) Der Beklagte ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde
  196. auch nicht aufgrund der Klauseln in Ziffer V. Abs. 1 des VermögensberaterVertrags vom 25. Mai/3. Juli 2007 als Einfirmenvertreter kraft Vertrags (§ 92a
  197. Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB) einzustufen. Es kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen, ob mit dieser vertraglichen Regelung lediglich ein Konkurrenzverbot in dem Umfang statuiert wird, wie es sich bereits aus § 86 Abs. 1
  198. HGB ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 1964 - VII ZR 254/62, BGHZ 42, 59,
  199. 61; BGH, Beschluss vom 25. September 1990 - KVR 2/89, BGHZ 112, 218, 221
  200. - Pauschalreisen-Vermittlung; BAGE 93, 112, 127 m.w.N.), oder ob sie ein Tätigkeitsverbot enthält, das über das sich aus § 86 Abs. 1 HGB ergebende Konkurrenzverbot hinausgeht. Auch wenn Letzteres der Fall sein sollte, reicht dies
  201. für die Annahme eines vertraglichen Tätigkeitsverbots im Sinne des § 92a Abs.
  202. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB nicht aus, weil dadurch jedenfalls nicht die Möglichkeit ausgeschlossen wird, für Unternehmer eines anderen Wirtschaftszweigs außerhalb
  203. der Vermittlung von Vermögensanlagen tätig zu werden (vgl. BGH, Beschluss
  204. vom 27. Oktober 2009 - VIII ZB 45/08, NJOZ 2010, 2116 Rn. 22, zu einem vereinbarten Konkurrenzverbot). Insoweit kann dahinstehen, ob die Klauseln in
  205. Ziffer
  206. V.
  207. Abs. 1
  208. des
  209. Vermögensberater-Vertrags
  210. vom
  211. 25. Mai/
  212. 3. Juli 2007 wirksam sind, insbesondere einer etwaigen Inhaltskontrolle in jeder
  213. Hinsicht standhalten.
  214. - 11 -
  215. 26
  216. (3) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde des Weiteren mit einer Verfahrensrüge aus § 286 ZPO, das Berufungsgericht habe von den Parteien in
  217. den Tatsacheninstanzen vorgelegte Anlagen nicht gewürdigt, aus denen sich
  218. ergebe, dass der Beklagte als Regionalgeschäftsstellenleiter seine frühere
  219. Berufstätigkeit nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht habe fortführen
  220. dürfen, und ihm untersagt gewesen sei, eine anderweitige Berufstätigkeit neu
  221. aufzunehmen. Der Senat hat diese Verfahrensrüge, die möglicherweise auch
  222. relevant sein könnte für die Beurteilung, ob der Beklagte als Einfirmenvertreter
  223. kraft Weisung zu beurteilen ist, geprüft und nicht für durchgreifend erachtet,
  224. § 577 Abs. 6 Satz 2, § 564 ZPO.
  225. 27
  226. (4) Keinen Erfolg hat die Rechtsbeschwerde, soweit sie die von der Klägerin
  227. gegenüber
  228. der
  229. Auskunftsstelle
  230. über
  231. den
  232. Versicherungs-/
  233. Bausparkassenaußendienst und Versicherungsmakler in Deutschland e.V.
  234. AVAD am 30. Juni 2011 abgegebene Auskunft als Indiz dafür berücksichtigt
  235. wissen will, dass der Beklagte während der Vertragslaufzeit nicht für weitere
  236. Unternehmer tätig werden durfte. In dieser der genannten Selbsthilfeeinrichtung
  237. am Ende der Vertragslaufzeit erteilten Auskunft hat die Klägerin den Beklagten
  238. als "Ausschließlichkeitsagent gemäß §§ 84/92 HGB" und nicht als "Mehrfachvertreter gemäß §§ 84/92 HGB" eingestuft. Das Berufungsgericht hat diese
  239. Auskunft dahingehend gewürdigt, sie belege allenfalls, dass der Beklagte
  240. - entsprechend dem vereinbarten Konkurrenzverbot - hinsichtlich der von der
  241. Klägerin angebotenen Produkte ausschließlich für diese tätig geworden sei,
  242. nicht hingegen, dass der Beklagte generell ausschließlich als Handelsvertreter
  243. für die Klägerin tätig werden sollte. Diese tatrichterliche Würdigung ist vom
  244. Rechtsbeschwerdegericht, dem lediglich die Kontrolle auf Rechtsfehler obliegt
  245. (BGH, Beschluss vom 1. August 2012 - XII ZB 438/11, NJW 2012, 2885
  246. Rn. 12), nur eingeschränkt zu überprüfen (vgl. BGH, Beschluss vom
  247. 23. April 2013 - II ZB 7/09, ZIP 2013, 1165 Rn. 11). Sie ist in diesem Rahmen
  248. - 12 -
  249. vor dem Hintergrund der abweichenden Vereinbarungen im VermögensberaterVertrag vom 25. Mai/3. Juli 2007 nicht zu beanstanden.
  250. 28
  251. (5) Ebenfalls keinen Erfolg hat die Rechtsbeschwerde, soweit sie den
  252. Umstand, dass der Beklagte für seine Tätigkeit bei der Klägerin nach § 34d
  253. Abs. 4 GewO keiner gewerberechtlichen Erlaubnis bedurfte, als Indiz dafür berücksichtigt wissen will, dass der Beklagte während der Vertragslaufzeit nicht
  254. für weitere Unternehmer tätig werden durfte. Nach § 34d Abs. 4 GewO bedarf
  255. ein Versicherungsvermittler (Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler)
  256. keiner Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 Satz 1 GewO, wenn er (1.) seine Tätigkeit
  257. als Versicherungsvermittler ausschließlich im Auftrag eines, oder wenn die Versicherungsprodukte nicht in Konkurrenz stehen, mehrerer im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen ausübt und (2.) durch das
  258. oder die Versicherungsunternehmen für ihn die uneingeschränkte Haftung aus
  259. seiner Vermittlertätigkeit übernommen wird. Das Berufungsgericht hat der Entbehrlichkeit der gewerberechtlichen Erlaubnis keine indizielle Wirkung dahingehend beigemessen, dass der Beklagte durch den mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrag oder faktisch an einer Tätigkeit als Handelsvertreter für andere
  260. nicht konkurrierende Unternehmen gehindert gewesen sei. Diese tatrichterliche
  261. - 13 -
  262. Würdigung lässt unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich § 34d GewO
  263. speziell mit der Tätigkeit als Versicherungsvermittler, nicht mit der Tätigkeit als
  264. Handelsvertreter generell befasst, keine Rechtsfehler erkennen.
  265. 29
  266. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
  267. Kniffka
  268. Safari Chabestari
  269. Kosziol
  270. Halfmeier
  271. Kartzke
  272. Vorinstanzen:
  273. LG Leipzig, Entscheidung vom 29.09.2011 - 7 O 2820/10 OLG Dresden, Entscheidung vom 27.02.2012 - 17 U 1750/11 -