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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VI ZR 255/03
  5. Verkündet am:
  6. 5. Oktober 2004
  7. Holmes,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. ja
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 823 Ah, KUG §§ 22, 23; GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2
  19. a) Die Zubilligung einer Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung hat ihre Wurzel im Verfassungsrecht und Zivilrecht und stellt keine strafrechtliche Sanktion dar.
  20. b) Bei der Bemessung der Geldentschädigung stellen der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers, der Präventionsgedanke und die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung Bemessungsfaktoren dar, die sich je nach Lage des Falles unterschiedlich auswirken können (Ergänzung der Senatsurteile BGHZ 128, 1; vom
  21. 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339 und vom 12. Dezember 1995
  22. - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341).
  23. -2BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - KG Berlin
  24. LG Berlin
  25. -3-
  26. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  27. vom 5. Oktober 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
  28. Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll
  29. für Recht erkannt:
  30. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 10. Zivilsenats
  31. des Kammergerichts in Berlin vom 26. Mai 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
  32. Von Rechts wegen
  33. Tatbestand:
  34. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Geldentschädigung
  35. für Bildveröffentlichungen in Anspruch.
  36. Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschriften "die aktuelle" und "die zwei".
  37. In der Zeit vom 28. Juli 1999 bis zum 10. Juli 2000 veröffentlichte sie in diesen
  38. Zeitschriften neun Artikel, die jeweils ohne Zustimmung der Eltern, Prinzessin
  39. Caroline von Hannover und Prinz Ernst August von Hannover, mit Bildern der
  40. im Sommer 1999 geborenen Klägerin illustriert wurden. Unter anderem handelte es sich dabei um einen im August 1999 veröffentlichten Artikel, der unter der
  41. Schlagzeile "Caroline. Die ersten Fotos. Das heimliche Babyglück" auf der Titelseite und im Innenteil des Heftes Fotos enthielt, die heimlich aus großer Ent-
  42. -4-
  43. fernung auf einem Anwesen der Eltern der Klägerin aufgenommen worden waren. Im Juli 2000 veröffentlichte die Beklagte auf der gesamten Titelseite unter
  44. der Schlagzeile "Caroline & Ernst August Scheidung?" ein Foto, welches die
  45. Klägerin nach dem Schwimmen mit Schwimmflügeln in ein Handtuch gewickelt
  46. auf dem Arm ihrer Mutter zeigte. Auf den Innenseiten folgten sechs weitere Fotos der Klägerin, die sie gleichfalls beim Baden mit ihren Eltern zeigten.
  47. Die Beklagte gab nach jeweils zeitnaher Abmahnung - teilweise unter
  48. dem Druck entsprechender einstweiliger Verfügungen - jeweils Unterlassungsverpflichtungserklärungen ab. Unter anderem wegen zwei der hier streitgegenständlichen Veröffentlichungen, darunter den im August 1999 veröffentlichten
  49. Fotos, wurde sie zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von
  50. 125.000 DM an die Mutter der Klägerin verurteilt. Die Klägerin selbst hat u.a.
  51. wegen der Veröffentlichung dieser Fotos gegenüber zwei anderen Verlagen
  52. Geldentschädigungen erstritten.
  53. Das Landgericht hat der auf Zahlung einer Geldentschädigung von mindestens 300.000 DM gerichteten Klage in Höhe von 150.000 DM stattgegeben.
  54. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Kammergericht
  55. zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren
  56. weiter.
  57. Entscheidungsgründe:
  58. I.
  59. Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe gegen die Beklagte
  60. wegen der durch die Veröffentlichungen erfolgten wiederholten Eingriffe in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht eine Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1
  61. -5-
  62. BGB, Art. 1 und Art. 2 GG zu. In Bezug auf sämtliche beanstandeten Fotos
  63. könne sich die Beklagte nicht auf die Abbildungsfreiheit gemäß § 23 Abs. 1
  64. Nr. 1 KUG berufen, wobei im Ergebnis dahinstehen könne, ob die Klägerin als
  65. relative Person der Zeitgeschichte im Sinne der Vorschrift zu behandeln sei, nur
  66. weil ihre Mutter eine absolute Person der Zeitgeschichte sei. Selbst dann wäre
  67. im Rahmen der nach § 23 Abs. 2 KUG vorzunehmenden Abwägung zu beachten, daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin Vorrang genieße,
  68. zumal bei Minderjährigen wegen der sich erst entfaltenden Persönlichkeit und
  69. der Schutzbedürftigkeit ihres Entwicklungsprozesses regelmäßig ein strengerer
  70. Maßstab an die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen anzulegen sei.
  71. Sowohl die Veröffentlichung der heimlich aufgenommenen Fotos im August 1999 als auch die im Juli 2000 beeinträchtige das Persönlichkeitsrecht der
  72. Klägerin so schwerwiegend, daß eine Geldentschädigung erforderlich sei. Die
  73. weiteren Veröffentlichungen zeigten zwar heimlich, jedoch an öffentlich zugänglichen Orten entstandene Fotos, die für sich genommen keine Zuerkennung
  74. einer Geldentschädigung rechtfertigten, aber doch zeigten, mit welcher Hartnäckigkeit die Beklagte unerlaubt Fotos der Klägerin veröffentliche.
  75. Bei der Höhe der Geldentschädigung könne deren Genugtuungsfunktion
  76. auch bei einem Kleinkind nicht völlig außer Acht bleiben, weil die Veröffentlichungen geeignet gewesen seien, die Eltern-Kind-Beziehung zu stören und
  77. dabei unmittelbar auf die Lebensbedingungen der Klägerin negativen Einfluß zu
  78. nehmen.
  79. In erster Linie aber rechtfertige sich die Höhe der Entschädigung aufgrund ihrer spezialpräventiven Wirkung. Wegen der gesteigerten Bedeutung
  80. des Persönlichkeitsschutzes bei einem Minderjährigen müsse in derartigen Fällen eine Geldentschädigung für den Schädiger fühlbar sein und der Berichter-
  81. -6-
  82. stattung den wirtschaftlichen Vorteil nehmen. Dem stehe nicht entgegen, daß
  83. die Mutter der Klägerin ihrerseits bereits eine Geldentschädigung erstritten habe. In jenem Verfahren sei es um das Persönlichkeitsrecht der Mutter gegangen, vorliegend gehe es aber um das Persönlichkeitsrecht der Klägerin selbst.
  84. Daß die Beklagte nunmehr nur noch solche Fotos veröffentlichen wolle,
  85. die die Klägerin in Begleitung ihrer Eltern bei offiziellen Anlässen zeigten, stehe
  86. angesichts ihrer bisherigen Hartnäckigkeit der zugesprochenen Geldentschädigung nicht entgegen. Deren Herabsetzung sei auch nicht wegen der von der
  87. Klägerin bereits gegen andere Verlage erstrittenen Entschädigungen geboten,
  88. weil diese Veröffentlichungen eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzungen
  89. darstellten.
  90. Für die Höhe der Geldentschädigung sei auch die Wirtschaftsmacht der
  91. hinter der Beklagten stehenden Gruppe von Bedeutung. Diese gebe 500 Printmedien in verschiedenen europäischen Ländern heraus, darunter über 4 Millionen Exemplare einer Tageszeitung und verfüge über Umsatzrenditen in zweistelliger Prozenthöhe.
  92. II.
  93. Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
  94. 1. Die Revision macht geltend, der Zubilligung einer Geldentschädigung
  95. an die Klägerin stehe das Grundrecht der Beklagten aus Art. 103 Abs. 3 GG
  96. entgegen, nicht wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze
  97. mehrmals bestraft zu werden. Es sei ein Strafklageverbrauch eingetreten, weil
  98. sechs der neun Bildveröffentlichungen bereits in anderen Verfahren mit einer
  99. Geldentschädigung geahndet worden seien.
  100. -7-
  101. Entgegen dem Ansatz der Revision handelt es sich bei der Zubilligung
  102. einer Geldentschädigung jedoch nicht um eine Strafe im Sinne des Art. 103
  103. GG. Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof sehen den Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts vielmehr als ein Recht an, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und
  104. Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Demgemäß wird der Anspruch aus § 823 Abs. 1
  105. BGB i.V.m. Art. 1 und Art. 2 GG hergeleitet (vgl. BVerfGE 34, 269, 292 – Soraya = NJW 1973, 1221, 1226; Senatsurteile BGHZ 128, 1, 15; vom
  106. 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340 und vom 12. Dezember 1995 – VI ZR 223/94 – VersR 1996, 341, 342; so auch BGHZ 143, 214,
  107. 218 f.). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, daß ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne
  108. Sanktion blieben mit der Folge, daß der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (vgl. Senatsurteile, BGHZ
  109. 128, 1, 15; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 – aaO und vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO). Auch unter Berücksichtigung kritischer Stimmen in der Literatur, die teilweise geltend machen, daß der Präventionszweck
  110. als Mittel der Verhaltenssteuerung ein pönales Element darstelle, und die deshalb die Frage aufwerfen, ob es sich nicht um eine Norm mit Strafcharakter
  111. handele (vgl. Deutsch, Anm. zum Urteil des Senats vom 5. Dezember 1995, LM
  112. § 823 (Ah) Nr. 122; Gounalakis, AfP 1998, 10, 14 ff.; Funkel, Schutz der Persönlichkeit durch Ersatz immaterieller Schäden in Geld, 2001, S. 164 ff.; Hoppe,
  113. Persönlichkeitsschutz durch Haftungsrecht, 2001, S. 123 ff., 133 ff.; Seitz, NJW
  114. 1996, 2848), hält der erkennende Senat an dem grundlegenden Ansatz fest,
  115. daß die Zubilligung einer Geldentschädigung ihre Wurzel im Verfassungsrecht
  116. -8-
  117. und Zivilrecht findet und keine strafrechtliche Sanktion darstellt (vgl. dazu auch
  118. Steffen, NJW 1997, 10; Körner, NJW 2000, 241 ff.). Dementsprechend hat das
  119. Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, daß die zivilgerichtliche Verurteilung zu einem immateriellen Schadensersatz bei einer Persönlichkeitsverletzung - mögen ihr auch "pönale Elemente" nicht ganz fremd sein - keine Strafe
  120. im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG ist (vgl. BVerfGE 34, 269, 293 – Soraya =
  121. NJW 1973, 1221, 1226).
  122. Im Gegensatz zum staatlichen Strafanspruch soll die Zubilligung einer
  123. Geldentschädigung im Zivilrecht in Fällen der vorliegenden Art den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG im Interesse des konkret Betroffenen gewährleisten. Dies wird bei der hier vorliegenden Verletzung des Rechts am eigenen Bild besonders deutlich, weil dem Verletzten - anders als in anderen Fällen, in denen er etwa den Widerruf oder die Richtigstellung einer sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Äußerung verlangen kann - gegen eine solche
  124. Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf
  125. eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen (vgl. Senatsurteil vom
  126. 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO). Deshalb unterliegt es keinem Zweifel, daß die Zivilgerichte zur Gewährleistung dieses Interesses des Betroffenen
  127. berufen sind. Der Präventionsgedanke stellt lediglich einen Bemessungsfaktor
  128. für die Entschädigung dar, der sich je nach Lage des Falles unterschiedlich
  129. auswirken kann. Soweit im Schrifttum für den "Strafcharakter" einer solchen
  130. Entschädigung auf eine Entscheidung zur Vollstreckbarerklärung eines USSchadensersatzurteils (BGHZ 118, 312, 344 ff.) verwiesen wird, betraf jenes
  131. Urteil einen ganz anders gelagerten Sachverhalt, der keine Parallele zum Streitfall aufweist.
  132. -9-
  133. 2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin sei nicht, jedenfalls nicht so schwerwiegend beeinträchtigt, daß dies eine Geldentschädigung rechtfertige.
  134. a) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß die Beklagte
  135. durch die Veröffentlichung der Fotos der Klägerin deren Recht am eigenen Bild
  136. und damit ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt hat.
  137. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung
  138. verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Ist der Abgebildete minderjährig, bedarf
  139. es der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (vgl. Löffler/Steffen, Presserecht, Bd. I, 4. Aufl., Rdn. 125 zu § 6 LPG; Wenzel/von Strobl-Albeg, Das Recht
  140. der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 7, Rdn. 69 m.w.N.). Eine solche Einwilligung liegt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die die
  141. Revision nicht angreift, nicht vor.
  142. b) In rechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht
  143. den Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG verneint, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten
  144. veröffentlicht werden dürfen.
  145. Daß die Klägerin selbst nicht zu einem Kreis von Personen gehört, deren
  146. Bildnisse allein schon der Person wegen grundsätzlich einwilligungsfrei verbreitet werden dürfen, zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Unter den Umständen des vorliegenden Falles kann es auch auf sich beruhen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Klägerin dadurch zu einer Person der Zeitgeschichte
  147. werden könnte, daß sie auf Fotos zusammen mit ihrer Mutter abgebildet wird.
  148. Weil mit der Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ein Rechtsverlust verbunden ist, ist es erforderlich, Kinder von Personen der Zeitgeschichte allenfalls
  149. dann in diesen Personenkreis einzubeziehen, wenn sie als deren Angehörige in
  150. - 10 -
  151. der Öffentlichkeit auftreten oder im Pflichtenkreis ihrer Eltern öffentliche Funktionen
  152. wahrnehmen
  153. (vgl.
  154. Senatsurteile
  155. vom
  156. 12. Dezember
  157. 1995
  158. - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341 und vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 VersR 2004, 863 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
  159. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedürfen
  160. Kinder eines besonderen Schutzes vor den Gefahren, die von dem Interesse
  161. der Medien und ihrer Nutzer an einer Berichterstattung über sie oder an Abbildungen von ihnen ausgehen. Ihre Persönlichkeitsentfaltung kann durch die Berichterstattung in Medien empfindlicher gestört werden als diejenige von Erwachsenen, so daß der Bereich, in dem sie sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, umfassender geschützt sein muß. Dieser
  162. Schutz verwirklicht sich nicht nur über das elterliche Erziehungsrecht des Art. 6
  163. Abs. 1 GG, sondern folgt auch aus dem eigenen Recht des Kindes auf ungehinderte Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1
  164. Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 101, 361, 385 f. = NJW 2000, 1021, 1023; BVerfG,
  165. NJW 2000, 2191; NJW 2000, 2191 f. und NJW 2003, 3262 f.).
  166. Nach diesen Grundsätzen genießt im Streitfall das besondere Schutzbedürfnis der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin grundsätzlich
  167. den Vorrang vor der Berichterstattung in den Medien. Die beanstandeten Fotos
  168. zeigen die Klägerin und deren Eltern im Alltagsleben, also bei rein privaten Tätigkeiten. Sie tragen in keiner Weise zu einer wichtigen öffentlichen Auseinandersetzung in einer demokratischen Gesellschaft bei, die den Schutz des Art. 5
  169. Abs. 1 GG in Anspruch nehmen könnte, sondern dienen nur dem Zweck, die
  170. Neugier eines bestimmten Publikums im Hinblick auf Einzelheiten aus dem Privatleben der Betroffenen zu befriedigen, wobei sich das Interesse an der Kläge-
  171. - 11 -
  172. rin ausschließlich aus der Einstufung ihrer Eltern als sogenannte Prominente
  173. ableitet.
  174. Auch wenn die Reichweite des Persönlichkeitsschutzes eines Kindes
  175. vom Schutzzweck her unter Berücksichtigung der Entwicklungsphasen des
  176. Kindes zu bestimmen ist, steht dem nicht entgegen, daß die Klägerin zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen noch ein Kleinkind war. Eine Beeinträchtigung des
  177. Persönlichkeitsrechts kann nämlich nicht nur dann vorliegen, wenn das Kind die
  178. persönlichkeitserheblichen Einwirkungen Dritter bemerkt, sondern auch dann,
  179. wenn andere Gründe den Schutz der Persönlichkeitsentwicklung erfordern (vgl.
  180. BVerfG, NJW 2003, 3262 f.). Hier kann die Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin schon dadurch beeinträchtigt werden, daß wegen der ständigen Verfolgung durch die Presse eine natürliche Eltern-Kind-Beziehung gefährdet ist.
  181. Wenn sich die Eltern im Zusammenleben mit dem Kind nicht unbefangen verhalten können, weil sie befürchten müssen, daß auch gegen ihren Willen Fotos
  182. veröffentlicht werden, die den privaten Bereich betreffen, kann sich dies
  183. nachteilig auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes auswirken. Insoweit
  184. reicht bereits die Gefährdung aus, ohne daß es, wie die Revision meint, der
  185. Darlegung bedarf, daß tatsächlich bereits eine Störung des Eltern-KindVerhältnisses eingetreten sei.
  186. c) Die Angriffe der Revision bleiben auch insoweit ohne Erfolg, als sie die
  187. Voraussetzungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung in Zweifel zieht.
  188. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die
  189. Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden
  190. kann. Das hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs,
  191. - 12 -
  192. ferner von Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines
  193. Verschuldens ab (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 1, 12; 132, 13, 27 und vom
  194. 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341; vgl. auch BVerfG, NJW
  195. 2004, 591). Eine wiederholte und hartnäckige Verletzung des Rechts am eigenen Bild, die um des wirtschaftlichen Vorteils willen erfolgt, kann sich als schwere, einen Anspruch auf Geldentschädigung rechtfertigende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen darstellen, auch wenn die einzelne Bildveröffentlichung - jeweils für sich betrachtet - nicht als schwerwiegend
  196. einzustufen ist. Die Besonderheit einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild
  197. besteht nämlich darin, daß dem Verletzten gegen eine solche Rechtsverletzung
  198. keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen. Daraus folgt, daß in einem solchen Fall an die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu stellen sind (Senatsurteil
  199. vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO, 342).
  200. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet und unter den Umständen des vorliegenden Falles zu Recht die Voraussetzungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung bejaht. Ebenso wie in dem dem vorstehend zitierten Senatsurteil zugrundeliegenden Fall läßt die Vorgehensweise der Beklagten eine besondere Hartnäckigkeit erkennen, indem sie die wiederholten
  201. Bildveröffentlichungen vorgenommen hat, obwohl sie nach dem Erscheinen der
  202. Fotos von den Eltern jeweils zeitnah abgemahnt worden ist, sie jeweils Unterlassungsverpflichtungserklärungen abgegeben hat und gegen sie mehrfach
  203. einstweilige Verfügungen erlassen worden sind.
  204. d) Unter diesen Umständen ist auch die Höhe der zugebilligten Geldentschädigung, die in erster Linie Sache des Tatrichters ist, nicht unverhältnismäßig. In Fällen, in denen der Schädiger die Verletzung der Persönlichkeit seines
  205. - 13 -
  206. Opfers als Mittel zur Auflagensteigerung und damit zur Verfolgung eigener
  207. kommerzieller Interessen eingesetzt hat, ist die Erzielung von Gewinnen aus
  208. der Rechtsverletzung als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe
  209. der Geldentschädigung mit einzubeziehen. In solchen Fällen muß von der Höhe
  210. der Geldentschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehen; als weiterer
  211. Bemessungsfaktor kann die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung berücksichtigt werden, der hier angesichts der nachhaltigen Störung des Privatlebens ein hohes Gewicht zukommt. Zudem darf die Geldentschädigung nicht
  212. eine Höhe erreichen, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl.
  213. Senatsurteile BGHZ 128, 1, 16 und vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 VersR 1996, 339, 340).
  214. Im Hinblick darauf ist die Bemessung der Entschädigung durch das Berufungsgericht in Anbetracht der besonderen Hartnäckigkeit der Beklagten und
  215. der vom Berufungsgericht festgestellten Wirtschaftsmacht der hinter ihr stehenden Gruppe nicht zu beanstanden. Selbst wenn für diese keine rechtliche Verpflichtung besteht, etwaige Verluste wegen der Verurteilung zu einer Geldentschädigung zu ersetzen, dürfen die faktischen wirtschaftlichen Verhältnisse der
  216. Konzerngruppe hinter einem Presseorgan bei der Beurteilung, wie der Persönlichkeitsschutz gewährleistet werden kann, nicht außer Betracht bleiben. Im übrigen läßt der Beklagtenvortrag nicht erkennen, inwieweit die hier zuerkannte
  217. Geldentschädigung die Pressefreiheit gefährden könnte.
  218. Auch die weiteren Rügen der Revision stehen der zuerkannten Entschädigung nicht entgegen. Wie vom Berufungsgericht zu Recht angenommen, stellen sowohl die Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der Mutter der Klägerin als
  219. auch die Veröffentlichungen durch andere Verlage eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzungen dar. Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Mutter betrifft das Rechtsgut einer anderen Person, deren Persönlichkeitsschutz
  220. - 14 -
  221. ebenso wie der der Klägerin zu gewährleisten ist. Könnte sich ein später in Anspruch genommener Schädiger darauf berufen, daß bereits eine Entschädigung
  222. wegen einer Veröffentlichung durch einen anderen Verlag zuerkannt worden ist,
  223. bliebe eine eigenständige weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung ohne ausreichenden Schutz des Betroffenen. Den Vortrag der Beklagten, sie wolle nunmehr nur noch solche Fotos der Klägerin veröffentlichen, die diese in Begleitung ihrer Eltern bei offiziellen Anlässen zeige, hat das Berufungsgericht berücksichtigt. Es hat jedoch gemeint, die Beklagte könne nur durch eine fühlbare
  224. Entschädigung in ihrem Verhalten beeinflußt werden. Diese tatrichterliche Wertung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
  225. III.
  226. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
  227. Müller
  228. Wellner
  229. Stöhr
  230. Diederichsen
  231. Zoll