|
|
- BUNDESGERICHTSHOF
- IM NAMEN DES VOLKES
- URTEIL
- V ZR 271/14
- Verkündet am:
- 26. Juni 2015
- Weschenfelder
- Justizhauptsekretärin
- als Urkundsbeamtin
- der Geschäftsstelle
- in dem Rechtsstreit
- Nachschlagewerk:
-
- ja
-
- BGHZ:
-
- nein
-
- BGHR:
-
- ja
-
- BauGB § 11 Abs. 2 Satz 1
-
- Eine zwanzig Jahre überschreitende Frist für die Ausübung des Wiederkaufsrechts
- der Gemeinde in einem zum Zwecke der Errichtung von Eigenheimen im
- Einheimischenmodell mit Einzelpersonen abgeschlossenen Kaufvertrag verstößt,
- wenn dem Käufer ein nur geringer Preisnachlass (weniger als 20 % gegenüber dem
- Verkehrswert) gewährt wurde, gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung.
- BGH, Urteil vom 26. Juni 2015 - V ZR 271/14 - OLG Düsseldorf
- LG Düsseldorf
-
- -2-
-
- Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
- vom 26. Juni 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter
- Dr. Czub, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter
- Dr. Kazele
- für Recht erkannt:
- Die
-
- Revision
-
- gegen
-
- das
-
- Urteil
-
- des
-
- 21.
-
- Zivilsenats
-
- des
-
- Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18. November 2014 wird auf
- Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
-
- Von Rechts wegen
-
- Tatbestand:
-
- 1
-
- Mit notariellem Vertrag vom 22. August 1985 verkaufte die beklagte Stadt
- an die Kläger ein 418 m2 großes unbebautes Grundstück zu einem Preis von
- 170 DM/m2. In dem Vertrag verpflichteten sich die Kläger, das Grundstück
- entsprechend einem künftigen Bebauungsplan mit einem Einzel- oder
- Doppelhaus mit maximal zwei Wohneinheiten nach den Vorschriften der
- Bauaufsichtsbehörde
-
- zu
-
- bebauen.
-
- Die
-
- Beklagte
-
- behielt
-
- sich
-
- ein
-
- Wiederkaufsrecht mit einer Ausübungsfrist von dreißig Jahren seit der Eintragung der Kläger als Eigentümer u.a. für den Fall eines Weiterverkaufs vor.
- Ausgenommen von dem Wiederkaufsrecht waren Veräußerungen an Kinder,
- Kindeskinder oder deren Ehegatten. Im Falle der Ausübung des Wiederkaufsrechts hatte die Beklagte den Kaufpreis zuzüglich eines nach dem Anstieg der
- Lebenshaltungskosten
-
- bemessenen
-
- Zuschlags,
-
- den
-
- Verkehrswert
-
- der
-
- Aufbauten und der Außenanlagen sowie die von den Klägern aufgewendeten
-
- -3-
-
- Erschließungskosten zu zahlen. Der Kaufvertrag wurde vollzogen und das
- Grundstück von den Klägern mit einem Eigenheim bebaut.
- 2
-
- Die Kläger informierten im November 2006 die Beklagte, dass sie beabsichtigten, das Grundstück zu einem Preis von 450.000 € zu verkaufen. Die
- Beklagte teilte ihnen mit, dass sie ihr Wiederkaufsrecht ausüben werde; sie bot
- ihnen aber an, die Ausübung durch Zahlung eines Ausgleichsbetrags abzuwenden. Den Ausgleichsbetrag von 50.635,86 € berechnete die Beklagte in der
- Weise, dass sie den aktuellen Bodenwert des Grundstücks (nach einem Wert
- von 280 €/m2) ermittelte, davon den von ihr nach dem Kaufvertrag für den
- Boden zu zahlenden Wiederkaufspreis abzog sowie einen Abschlag wegen der
- Restlaufzeit des Wiederkaufsrechts von nur noch acht Jahren vornahm. Die
- Parteien
-
- einigten sich
-
- darauf, dass die
-
- Kläger unter Vorbehalt der
-
- Rückforderung diesen Betrag an die Beklagte zahlten, die ihrerseits die
- Löschung des Wiederkaufsrechts bewilligte.
- 3
-
- Mit der Klage verlangen die Kläger von der Beklagten die Rückzahlung
- des Ausgleichsbetrages. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das
- Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben und die Revision zugelassen. Mit der
- Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, will die Beklagte die
- Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erreichen.
-
- Entscheidungsgründe:
- I.
- 4
-
- Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Kläger nach § 812
- Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Die Ausgleichszahlung sei ohne Rechtsgrund erfolgt.
- Die Beklagte hätte das Wiederkaufsrecht nicht ausüben können, weil die
- Vereinbarung im notariellen Kaufvertrag unwirksam sei. Das Wiederkaufsrecht
- widerspreche dem für Verträge über die Bereitstellung von Bauland durch die
-
- -4-
-
- Gemeinden
-
- an
-
- ortsansässige
-
- Bürger
-
- geltenden
-
- Gebot
-
- angemessener
-
- Vertragsgestaltung in § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Zwar sei die Vereinbarung
- eines Wiederkaufsrechts der Gemeinde grundsätzlich zulässig, wenn diese an
- einen Einheimischen Bauland zu einem unterhalb des Verkehrswerts liegenden
- Preis veräußere. Die dem Käufer dadurch auferlegte Belastung dürfe aber nicht
- unangemessen sein. So verhalte es sich jedoch hier, da die Beschränkung der
- Weiterverkaufsmöglichkeit durch das Wiederkaufsrecht für einen Zeitraum von
- dreißig Jahren bei einer Vergünstigung von 16,5 % unverhältnismäßig sei. Die
- Unangemessenheit der 30jährigen Bindung werde auch nicht dadurch
- ausgeglichen oder gemindert, dass die Beklagte das Wiederkaufsrecht in den
- Fällen der Veräußerung an Nachkommen oder deren Ehegatten nicht ausüben
- könne. An der Unangemessenheit der Vereinbarung über das Wiederkaufsrecht
- ändere es schließlich nichts, dass die Beklagte den von ihr errechneten
- Ausgleichsbetrag
-
- im
-
- Hinblick
-
- auf
-
- die
-
- geringe
-
- Restlaufzeit
-
- des
-
- Wiederkaufsrechts von noch acht Jahren um ca. 20 % gekürzt habe.
- II.
- 5
-
- Das hält rechtlicher Prüfung stand.
-
- 6
-
- 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Kläger auf
- Grund des Vorbehalts (zu dessen Bedeutung: BGH, Urteil vom 8. Februar 1984
- - IVb ZR 52/82, NJW 1984, 2826; Urteil vom 9. Juni 1992 - VI ZR 215/91, NJWRR
-
- 1992,
-
- 1214,
-
- 1216)
-
- die
-
- Rückzahlung
-
- des
-
- zur
-
- Ablösung
-
- des
-
- Wiederkaufsrechts geleisteten Betrags nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB
- verlangen können, wenn die das Recht betreffende Vereinbarung unwirksam
- war. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwendungen.
- 7
-
- 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die rechtliche Würdigung
- des Berufungsgerichts, dass das Wiederkaufsrecht mit einer 30jährigen Ausübungsfrist in dem Grundstückskaufvertrag der Parteien eine unangemessene
- Vertragsgestaltung im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB darstellt.
-
- -5-
-
- 8
-
- a) Die Vorschrift des Baugesetzbuchs ist unmittelbar anzuwenden, weil
- der Grundstückskaufvertrag ein städtebaulicher Vertrag im Sinne des § 11
- Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 letzter Satzteil BauGB ist. Der für einen städtebaulichen
- Vertrag erforderliche Zusammenhang mit der gemeindlichen Bauleitplanung (zu
- diesem Erfordernis: Senat, Urteil vom 30. September 2005 - V ZR 37/05, WM
- 2006, 300, 301) ergibt sich daraus, dass die beklagte Stadt den Klägern das
- Grundstück als Bauplatz verkauft und ihnen eine Bauverpflichtung nach den
- Vorgaben eines (künftigen) Bebauungsplans auferlegt hat. Der verbilligte
- Verkauf diente der Sicherung der Bauleitplanung im Wege einer Förderung des
- (Einheimischen-)Wohnungsbaus durch die damals ortsansässigen Kläger (vgl.
- zu diesem Zweck: Senat, Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ
- 153, 93, 103).
-
- 9
-
- b) Die Wirksamkeit der 30jährigen Ausübungsfrist für das Wiederkaufsrecht ist allein an dem Gebot angemessener Vertragsgestaltung nach § 11
- Abs. 2 Satz 1 BauGB und nicht an den Vorschriften der §§ 305 ff. BGB zu
- messen.
-
- Für
-
- städtebauliche
-
- Verträge
-
- verdrängt
-
- die
-
- spezialgesetzliche
-
- Rechtsfolgeregelung des § 11 Abs. 2 BauGB grundsätzlich die Vorschriften der
- §§ 305 ff. BGB (vgl. Senat, Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02,
- BGHZ 153, 93, 99 f. zum AGB-Gesetz). Die von dem Senat bisher offen
- gelassene
-
- Frage,
-
- ob
-
- das
-
- auch
-
- für
-
- Verträge
-
- gilt,
-
- die
-
- nach
-
- dem
-
- 31. Dezember 1994 geschlossen wurden, also nach Inkrafttreten der - in
- Umsetzung der EG-Richtlinie vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klausel in
- Verbraucherverträgen eingefügten - Vorschrift des § 24a AGBG (jetzt § 310
- Abs. 3 BGB), kann auch hier dahinstehen, da der zu beurteilende Vertrag aus
- dem Jahr 1985 stammt.
- 10
-
- c) Dass die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechts der Gemeinde zur
- Sicherung des mit der verbilligten Abgabe des Grundstücks als Bauland im Einheimischenmodell verfolgten städtebaulichen Ziels grundsätzlich nicht gegen
- das Gebot angemessener Vertragsgestaltung in § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB
-
- -6-
-
- verstößt, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (Urteil vom
- 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 105; Urteil vom
- 13. Oktober 2006 - V ZR 33/06, NJW-RR 2007, 962 Rn. 11; Urteil vom
- 16. April 2010 - V ZR 175/09, NJW 2010, 3505 Rn.12).
- 11
-
- d) Gegen dieses Gebot verstößt jedoch die vereinbarte Ausübungsfrist
- für das Wiederkaufsrecht (§ 503 Satz 2 BGB aF = § 462 Satz 2 BGB) von
- dreißig Jahren. Diese Frist ist angesichts der Höhe der nach den Feststellungen
- des Berufungsgerichts gewährten Verbilligung (von einem Verkehrswert von
- 198 DM/m2
-
- zu
-
- einem
-
- Kaufpreis
-
- von
-
- 170
-
- DM/m2)
-
- von
-
- 14,14
-
- %
-
- unverhältnismäßig lang.
- 12
-
- aa)
-
- Beschränkungen,
-
- die
-
- die
-
- öffentliche
-
- Hand
-
- dem
-
- Subventionsempfänger auferlegt, entsprechen dem Gebot angemessener
- Vertragsgestaltung, wenn sie geeignet und erforderlich sind, um das Erreichen
- der mit dem Einheimischenmodell zulässigerweise verfolgten Zwecke im
- Bereich der Wohnungsbau-, Siedlungs- oder Familienpolitik für einen
- angemessenen Zeitraum sicherzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 21. Juli 2006
- - V ZR 252/05, NJW-RR 2006, 1452 Rn. 12, Urteil vom 16. April 2010
- - V ZR 175/09, NJW 2010, 3505 Rn. 14). Die dem Käufer auferlegten
- Bindungen dürfen allerdings nicht zu einer unzumutbaren Belastung führen. Die
- Zeit für die Ausübung eines Wiederkaufsrechts der Gemeinde muss deshalb
- begrenzt sein und die vereinbarte Ausübungsfrist in einem angemessenen
- Verhältnis zur Höhe der durch den Preisnachlass dem Käufer gewährten
- Subvention stehen (vgl. Senat, Urteil vom 30. September 2005 – V ZR 37/05,
- NJW-RR 2006, 298, 300; Urteil vom 16. April 2010 – V ZR 175/09, NJW 2010,
- 3505 Rn. 16).
- 13
-
- bb)
-
- Von
-
- diesen
-
- Grundsätzen
-
- ausgehend
-
- hat
-
- der
-
- Senat
-
- bei
-
- Grundstücksverkäufen, die zum Zweck der Errichtung von Eigenheimen an
- Einzelpersonen im Einheimischenmodell erfolgten, eine Bindungsfrist zur
-
- -7-
-
- Sicherung der Ziele der Bauleitplanung von fünfzehn Jahren für zulässig
- erachtet (Urteil vom 20. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 105),
- eine dreißig Jahre übersteigende Dauer dagegen in aller Regel als
- unverhältnismäßig
-
- angesehen
-
- (Senat,
-
- Urteil
-
- vom
-
- 29.
-
- Oktober
-
- 2010
-
- - V ZR 48/10, NJW 2011, 515 Rn. 18; Urteil vom 20. Mai 2011 - V ZR 76/10,
- NJW-RR 2011, 1582 Rn. 20).
- 14
-
- Über zwanzig Jahre hinausgehende Bindungen des Käufers hat der
- Senat bisher nur dann für verhältnismäßig erachtet, wenn die Höhe der dem
- Käufer gewährten Subvention deutlich über die bei dem Einheimischenmodell
- üblichen Abschläge von bis zu 30 % gegenüber dem Verkehrswert
- hinausgegangen war (Senat, Urteil vom 30. September 2005 - V ZR 37/05,
- NJW-RR 2006, 298, 300; Urteil vom 16. April 2010 - V ZR 175/09, NJW 2010,
- 3505 Rn. 17 - bei Nachlässen von 70 % bzw. von 50 % gegenüber dem
- Verkehrswert). In den Entscheidungen, in denen den Käufern eine Subvention
- in der hier vorliegenden Größenordnung gewährt wurde, ging es um
- Bindungsfristen
-
- von
-
- zehn
-
- Jahren,
-
- die
-
- zur
-
- Sicherung
-
- der
-
- mit
-
- dem
-
- Einheimischenmodell von der Gemeinde verfolgten Zwecke ohne weiteres
- zulässig sind (Senat, Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153,
- 93, 105 [Verkehrswert 160 bis 200 DM/m2; Preis: 131 DM/m2, Nachlass
- zwischen 18,13% und 34,5 %; Urteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR 33/06, NJWRR 2007, 962 Rn. 11 [Verkehrswert: 355 DM/m2, Nachlass 50 DM/m2 =
- 14,1 %]).
- 15
-
- cc) Über die Frage, ob eine 20 Jahre überschreitende Frist für die
- Ausübung
-
- des
-
- angemessener
-
- Wiederkaufsrechts
- Vertragsgestaltung
-
- der
-
- Gemeinde
-
- entspricht,
-
- noch
-
- wenn
-
- sie
-
- dem
-
- Gebot
-
- mit
-
- einer
-
- verhältnismäßig geringen Subvention einhergeht, hatte der Senat noch nicht zu
- entscheiden. Die Antwort ergibt sich aus den oben genannten Grundsätzen in
- Fortführung
-
- der
-
- bisherigen
-
- Rechtsprechung.
-
- Eine
-
- zwanzig
-
- Jahre
-
- überschreitende Frist für die Ausübung des Wiederkaufsrechts der Gemeinde in
-
- -8-
-
- einem zum Zwecke der Errichtung von Eigenheimen im Einheimischenmodell
- mit Einzelpersonen abgeschlossenen Kaufvertrag verstößt, wenn dem Käufer
- ein
-
- nur
-
- geringer
-
- Verkehrswert)
-
- Preisnachlass
-
- gewährt
-
- (weniger
-
- als
-
- gegen
-
- das
-
- wurde,
-
- 20 %
- Gebot
-
- gegenüber
-
- dem
-
- angemessener
-
- Vertragsgestaltung (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB).
- 16
-
- (1) (a) Der Käufer wird durch das - hier für den Fall des Weiterverkaufs
- ausbedungene - Wiederkaufsrecht der Gemeinde in seiner Verfügungsfreiheit
- beschränkt. Die durch das Wiederkaufsrecht bewirkte Bindung des Käufers ist
- der Preis für den verbilligen Erwerb des Grundstücks (vgl. Senat, Urteil vom
- 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 104; Urteil vom
- 30. September 2005 - V ZR 37/05, NJW-RR 2006, 298, 300; Urteil vom
- 16. April
-
- 2010
-
- -
-
- V
-
- ZR
-
- 179/09,
-
- NJW
-
- 2010,
-
- 3505
-
- Rn.
-
- 16).
-
- Das
-
- Äquivalenzverhältnis zwischen den Leistungen der Parteien (vgl. Hausmann,
- NJW 2010, 3508) ist im Vergleich zu anderen (nicht subventionierten)
- Grundstücksverkäufen zum Nachteil des Käufers erheblich gestört, wenn ihm
- eine langfristige Bindung durch ein Wiederkaufsrecht auferlegt wird, der keine
- oder eine nur geringe Vergünstigung beim Kaufpreis gegenübersteht. Die
- Gemeinde erlangt dadurch einen unverhältnismäßigen Vorteil, dass sie durch
- Ausübung
-
- ihres
-
- Wiederkaufsrechts
-
- (oder
-
- das
-
- Verlangen
-
- nach
-
- einer
-
- Ablösezahlung) noch nach Ablauf von mehr als zwei Jahrzehnten seit dem
- Verkauf die Vorteile aus den nach der Veräußerung eingetretenen Bodenwertsteigerungen bei dem Käufer abschöpfen kann, der dafür keine adäquate
- Gegenleistung erhalten hat. Dieses Missverhältnis wird nicht dadurch behoben,
- sondern in seinen Wirkungen nur abgemildert, dass die Beklagte von den zur
- Ablösung des Wiederkaufsrechts von den Käufern geforderten Beträgen
- Abschläge vornimmt, die umso höher sind, je näher der das Wiederkaufsrecht
- begründende Weiterverkauf an das Ende der Ausübungsfrist heranrückt.
- 17
-
- (b) Die Bestimmung der zulässigen Bindung des Käufers nach dem Maß
- zu beurteilen, in dem der Kaufpreis hinter dem Verkehrswert zurückbleibt, ist
-
- -9-
-
- nicht - wie die Revision meint - deshalb undurchführbar, weil der Verkehrswert
- eines Grundstücks sich nicht exakt im Sinne einer mathematischen Genauigkeit
- ermitteln lässt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 - III ZR 345/12, BGHZ
- 198, 265 Rn. 20). Dass sich bei der sachverständigen Bestimmung des
- Verkehrswerts eines unbebauten Grundstücks, die üblicherweise im Wege der
- Vergleichswertmethode erfolgt (nach den für nach Lage, Beschaffenheit,
- planerische Situation usw. gleichartige Grundstücken gezahlten Preisen),
- gewisse Toleranzen ergeben können (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 1990
- - II ZR 164/89, juris Rn. 34), schließt die Eignung des Verkehrswerts als
- Maßstab für die Feststellung der Höhe der Verbilligung und damit als
- Beurteilungsgrundlage für die Angemessenheit der Länge der zulässigen
- Bindung des Käufers nicht aus. In Bezug auf den zugrunde zu legenden
- Verkehrswert stellt sich die Sachlage nicht anders dar als in den Fällen, in
- denen anhand des Vergleichs von Verkehrswert und Kaufpreis über das
- Vorliegen eines groben Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung im
- Sinne des § 138 BGB zu entscheiden ist. Die Gemeinde muss bei einem
- verbilligten Verkauf im Wege des Einheimischenmodells die Höhe des
- Abschlags vom Verkehrswert ohnehin ermitteln; diese ist nämlich nur bis zu
- einer bestimmten Höhe (regelmäßig 30 % des Bodenwerts) zulässig, weil die
- Gegenleistung des Käufers gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG noch in einem
- angemessenen Verhältnis zum Wert der Leistung der Gemeinde stehen muss
- (vgl. BayVGH, MittBayNot 1990, 259, 264).
- 18
-
- Das Berufungsgericht hat deshalb zutreffend entschieden, dass die verkaufende Gemeinde das Risiko zu tragen hat, wenn sie die Höhe der
- gewährten Verbilligung und damit die zulässige Dauer einer Bindungsfrist falsch
- einschätzt. Die vereinbarten Leistungen sind nicht den gesamten Umständen
- nach angemessen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB), wenn dem Käufer eine lange
- Bindungsfrist wegen eines Preisnachlasses auferlegt wird, den er tatsächlich
- nicht erhalten hat.
-
- - 10 -
-
- 19
-
- (2) Eine über zwanzig Jahre hinausgehende Beschränkung der Verfügungsfreiheit des Käufers, dem nur eine geringe Subvention gewährt wurde, ist
- auch nicht deshalb angemessen, weil sie eine Verfehlung des mit dem
- begünstigen Verkauf an ortsansässige Bürger verfolgten Zwecks durch
- Bodenspekulationen zu Lasten der Allgemeinheit infolge Mitnahme von
- (planungsbedingten oder konjunkturellen) Wertsteigerungen verhindert (vgl.
- Senat, Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 105; Urteil
- vom 21. Juli 2006 - V ZR 252/05, NJW-RR 2006, 1452 Rn. 14 ff.). Auch
- insoweit bestimmt sich die zulässige Laufzeit in erster Linie nach dem Umfang
- des dem Käufer gewährten Preisnachlasses (vgl. Senat, Urteil vom 22. Juni
- 2007 – V ZR 260/06, NJW-RR 2007, 1608 Rn. 21). Ist von der Gemeinde kein
- oder nur ein geringer Nachlass gewährt worden, ist der mit dem Verkauf des
- Grundstücks im Einheimischenmodell verfolgte Zweck dann erreicht worden,
- wenn das Grundstück entsprechend den Festsetzungen des (künftigen)
- Bebauungsplanes bebaut und - hier ohne Auferlegung einer Nutzungsbeschränkung - über 20 Jahre zweckentsprechend genutzt wurde.
-
- 20
-
- (3) Entgegen der Ansicht der Revision (ebenso allerdings OLG
- Düsseldorf, MittBayNot 2013, 336, 337) ist es für die Beurteilung der
- Angemessenheit der 30jährigen Ausübungsfrist schließlich unbeachtlich, dass
- die Beklagte ihr Wiederkaufsrecht bei einem Weiterverkauf an Abkömmlinge
- des Käufers oder deren Ehegatten nicht hätte ausüben können. Eine
- Verfügungsbeschränkung des Käufers, die sich unter Berücksichtigung der mit
- dem Vertrag verfolgten städtebaulichen Ziele und der Höhe der dem Käufer
- gewährten Subvention als unangemessen lang darstellt, kann nicht deshalb
- verhältnismäßig sein, weil das Wiederkaufsrecht in einem Sonderfall (der
- Weiterveräußerung an Abkömmlinge des Käufers oder deren Ehegatten) nicht
- ausgeübt werden kann. Bedeutung hat diese Regelung nur bei einem
- Weiterverkauf innerhalb einer für die Ausübung des Wiederkaufsrechts
- angemessenen Frist. Die vertragliche Bestimmung nimmt der Beklagten bei den
- Verkäufen zur Übertragung des Grundbesitzes an die folgende Generation die
-
- - 11 -
-
- von ihr ansonsten nach pflichtgemäßen Ermessen zu treffende Entscheidung
- ab, ob das Wiederkaufsrecht auf Grund der besonderen Umstände des
- Verkaufs (in der Familie des Käufers) ausgeübt werden soll.
- 21
-
- 3. Die Revision ist danach als unbegründet zurückzuweisen, weil der
- Rechtsstreit von dem Berufungsgericht richtig entschieden worden ist. Ob der
- Verstoß gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung in § 11 Abs. 2
- Satz 1 BauGB zur Nichtigkeit der Vereinbarung über das Wiederkaufsrecht
- insgesamt oder in entsprechender Anwendung des § 139 BGB zur Verkürzung
- der vereinbarten auf eine angemessene Ausübungsfrist führt (vgl. Senat, Urteil
- vom 20. September 2005 - V ZR 37/05, NJW-RR 2006, 298, 300 - betr. einen
- Verkauf unter Geltung des Reichsheimstättengesetzes; Senat, Urteil vom
- 22. Juni 2007 - V ZR 260/06, NJW-RR 2007, 1608 Rn. 18 - betr. einen Verkauf
- zu einem Preis nach dem Verkaufsgesetz der DDR vom 7. März 1990 - GBl. I
- 157) kann dahinstehen. Denn eine längere Frist als zwanzig Jahre wäre nicht
- angemessen; die Weiterveräußerung des Grundstücks durch die Kläger ist
- jedoch erst nach Ablauf dieser Frist erfolgt. Da die Kläger das Grundstück dem
- Vertrag gemäß bebaut haben, kann ebenfalls offen bleiben, ob die
- Vereinbarung einer Ausübungsfrist von dreißig Jahren für den Sonderfall des
- Weiterverkaufs des noch unbebauten Grundstücks aufrecht zu erhalten wäre;
- hierfür könnte sprechen, dass in einem solchen Fall die Mitnahme des
- Gewinnes aus der Bodenwertsteigerung durch den Käufer dem von der
- Gemeinde mit dem Verkauf des Grundstücks als Bauplatz im Einheimischenmodell verfolgten städtebaulichen Ziel in besonders krasser Weise
- widerspricht (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1994 - IX ZR 251/93, DNotZ
- 1995, 204, 207).
-
- - 12 -
-
- III.
- 22
-
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
-
- Stresemann
-
- Czub
- Weinland
-
- Brückner
- Kazele
-
- Vorinstanzen:
- LG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.02.2014 - 9 O 416/10 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 18.11.2014 - I-21 U 102/14 -
-
|