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16 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 251/11
  5. Verkündet am:
  6. 28. September 2012
  7. Weschenfelder
  8. Justizhauptsekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. ja
  16. BGHR:
  17. ja
  18. WEG § 21 Abs. 3 u. 4, § 23 Abs. 4 Satz 1; BGB § 242 Cd
  19. a) Es liegt in der Kompetenz der Wohnungseigentümer, die Aufnahme eines
  20. Kredites zur Deckung des Finanzbedarfs der Wohnungseigentümergemeinschaft zu beschließen.
  21. b) Dagegen fehlt es jedenfalls seit der vom Gesetzgeber nachvollzogenen
  22. Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft
  23. (§ 10 Abs. 6 Satz 1 WEG) an der Kompetenz, den Wohnungseigentümern
  24. eine gesamtschuldnerische Haftung durch Mehrheitsbeschluss aufzubürden.
  25. c) Ein Wohnungseigentümer hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass
  26. die Ausführung eines bestandskräftigen Beschlusses unterbleibt; etwas
  27. 2
  28. anders gilt nur dann, wenn schwerwiegende Gründe - etwa bei einer erheblichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - die Durchführung der
  29. bestandskräftig beschlossenen Maßnahme als treuwidrig (§ 242 BGB) erscheinen lassen.
  30. BGH, Urteil vom 28. September 2012 - V ZR 251/11 - LG Karlsruhe
  31. AG Ettlingen
  32. 3
  33. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  34. vom 28. September 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den
  35. Richter Dr. Roth, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland sowie den
  36. Richter Dr. Kazele
  37. für Recht erkannt:
  38. Die Revision gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 19. Juli 2011 wird auf Kosten des Klägers
  39. zurückgewiesen.
  40. Von Rechts wegen
  41. Tatbestand:
  42. 1
  43. Die Parteien bilden die im Rubrum näher bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft. Auf der Eigentümerversammlung vom 29. April 2009 wurde
  44. zu dem Tagesordnungspunkt (TOP) 2 mit 14 von 17 Stimmen die Gesamtsanierung der Wohnanlage mit einem Aufwand von insgesamt 550.000 € sowie dessen Finanzierung „über staatliche Zuschüsse und zinsbegünstigte KfwDarlehen“ mit einer Zinsbindung von 10 Jahren und einer Laufzeit von 20 Jahren beschlossen. Die Finanzierungskosten sollten regelmäßig in den Wirtschaftsplan eingestellt und in monatlichen Teilbeträgen von den Wohnungseigentümern „gemäß den vorliegenden Einzelauswertungen“ getragen werden.
  45. Der Beschluss wurde nicht angefochten.
  46. 4
  47. 2
  48. Auf einer weiteren Versammlung wurde am 6. November 2009 zu TOP 3
  49. mehrheitlich die Zurückweisung des Antrags des Klägers beschlossen, diesen
  50. von jeglicher Haftung aus der Finanzierung freizustellen. Den Antrag hatte der
  51. Kläger damit begründet, dass er seinen Anteil aus eigenen Mitteln aufbringen
  52. und deshalb an der beschlossenen Finanzierung nicht teilnehmen wolle.
  53. 3
  54. Die am 30. November 2009 eingereichte Klage, mit der der Kläger die
  55. Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses vom 29. April 2009 zu TOP 2 und
  56. die Ungültigkeitserklärung des Beschlusses vom 6. November 2009 zu TOP 3
  57. beantragt hat, ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
  58. Entscheidungsgründe:
  59. I.
  60. 4
  61. Das Berufungsgericht steht auf dem Standpunkt, dass der die Finanzierung betreffende Beschluss wirksam sei. Nichtigkeitsgründe lägen nicht vor. Die
  62. Entscheidung über eine Kreditaufnahme falle in die Beschlusskompetenz der
  63. Wohnungseigentümer. Ob die Finanzierung ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche, sei nicht mehr zu prüfen, nachdem der Kläger den Beschluss zu
  64. TOP 2 nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 46 Abs. 1 WEG angefochten
  65. habe. Entgegen der herrschenden Meinung könne davon abgesehen auch die
  66. Aufnahme eines langfristigen und höheren Kredites ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Der Beschluss zu TOP 3 sei nicht zu beanstanden. Dem
  67. Kläger stehe kein Anspruch auf Haftungsfreistellung zu. Bei Abwägung der widerstreitenden Belange überwögen die Interessen der Gemeinschaft an einer
  68. Haftung auch des Klägers.
  69. 5
  70. II.
  71. 5
  72. Der Revision bleibt der Erfolg versagt.
  73. 6
  74. 1. Der Beschluss vom 29. April 2009 zu TOP 2 ist bestandskräftig. Nichtigkeitsgründe liegen nicht vor. Zutreffend bejaht das Berufungsgericht insbesondere die Beschlusskompetenz für eine Kreditaufnahme.
  75. 7
  76. a) Die Befugnis der Wohnungseigentümer, den Finanzbedarf der Wohnungseigentümergemeinschaft auch durch die Aufnahme von Darlehen zu decken, ergibt sich zwar nicht ausdrücklich aus dem Wohnungseigentumsgesetz,
  77. wird von diesem jedoch vorausgesetzt. Über die Deckung des Finanzbedarfs
  78. des nunmehr rechtsfähigen Verbandes (§ 10 Abs. 6 Satz 1 WEG) durch Beschluss zu befinden, ist Sache der Wohnungseigentümer. Dass hierzu auch die
  79. Entscheidung darüber gehört, ob der Bedarf durch einen Rückgriff auf vorhandene Rücklagen, durch die Erhebung von Sonderumlagen oder durch die Aufnahme von Darlehen gedeckt werden soll, hat der Senat bereits für die Rechtslage vor Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft entschieden (Beschluss vom 21. April 1988 - V ZB 10/87, BGHZ 104,
  80. 197, 202). Für die Rechtslage nach der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes gilt nichts anderes (vgl. Senat, Urteil vom 18. Februar 2011 - V ZR 197/10,
  81. NJW-RR 2011, 1093 Rn. 19; LG Bielefeld, NJW-RR 2012, 143; Abramenko,
  82. ZMR 2011, 897; Elzer, NZM 2009, 57, 59 u. 61; wohl auch BayObLG, NJW-RR
  83. 2006, 20, 23; Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 27 Rn. 215; unklar Jennißen
  84. in Jennißen, WEG, 3. Auflage, § 10 Rn. 93a). Zunächst bietet das Gesetz mit
  85. der Regelung des § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG - danach ist der Verwalter berechtigt
  86. und verpflichtet, Tilgungsbeträge anzufordern, in Empfang zu nehmen und abzuführen, soweit es sich um gemeinschaftliche Angelegenheiten der Woh-
  87. 6
  88. nungseigentümer handelt - zumindest einen Anhalt dafür, dass eine Beschlusskompetenz für die Deckung des Finanzbedarfs auch durch eine Kreditaufnahme
  89. besteht (Elzer, aaO, S. 59 aaO; vgl. auch LG Bielefeld, NJW-RR 2012, 143 unter Bezugnahme auf § 27 Abs. 2 Nr. 1 WEG a.F.). Vor allem aber bestand ein
  90. Kernanliegen der Reform gerade darin, die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch Stärkung der Beschlusskompetenz zu erleichtern (BT-Drucks
  91. 16/887, S. 1, 10 f.).
  92. 8
  93. Im Detail heftig umstritten ist allerdings die hiervon zu trennende Frage,
  94. ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Aufnahme eines Kredites, bei
  95. dem es nicht nur um die Deckung eines kurzfristigen Finanzbedarfes in überschaubarer Höhe geht, den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung
  96. entspricht (vgl. dazu und zum Streitstand BayObLG, NJW-RR 2006, 20, 23; LG
  97. Bielefeld, NJW-RR 2012, 143 ff.; Merle in Bärmann, aaO, § 27 Rn. 215; Abramenko, aaO, S. 897 f.; Elzer, aaO, S. 57, 61 f.; jeweils mwN). Nur kommt es
  98. darauf vorliegend nicht an, weil ein Beschluss zur Aufnahme eines nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechenden Kredits nach der Systematik des
  99. Wohnungseigentumsgesetzes nur auf fristgerecht erhobene Anfechtungsklage
  100. hin (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG) zu beanstanden ist (vgl. nur Elzer, NZM 2009, 57,
  101. 61). Daran fehlt es hier. Der Finanzierungsbeschluss ist in Bestandskraft erwachsen.
  102. 9
  103. b) Soweit die Revision auf Grundrechte des Klägers verweist, führt dies
  104. weder zu einer Einschränkung der Beschlusskompetenz im Wege der verfassungskonformen Auslegung noch wird dadurch die Wirksamkeit des Beschlusses unter dem Blickwinkel der Regelungen nach §§ 134, 138 BGB in Frage gestellt.
  105. 10
  106. aa) Allerdings ist es richtig, dass bei der Auslegung und Anwendung des
  107. sog. einfachen Rechts der Ausstrahlwirkung der Grundrechte der Wohnungsei-
  108. 7
  109. gentümer - insbesondere aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 14 GG - Rechnung zu
  110. tragen ist. Das daraus auch in vermögensrechtlicher Hinsicht fließende Selbstbestimmungsrecht jedes Wohnungseigentümers ändert jedoch nichts daran,
  111. dass es mit Rücksicht auf die besonders engen nachbarschaftlichen Verhältnisse innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft in erhöhtem Maße einer
  112. gemeinschaftsverträglichen Ausbalancierung der widerstreitenden Belange
  113. durch Herstellung praktischer Konkordanz bedarf (zumindest im Ergebnis
  114. ebenso Hogenschurz in Jennißen, aaO, § 13 Rn. 2 u. § 14 Rn. 1; Timme/
  115. Dötsch, aaO, § 14 Rn. 1 f.; § 14 Rn. 7 ff. u. 31 f.; vgl. auch BVerfG, NJW 2010,
  116. 220 f. u. Abramenko, ZMR 2011, 897 f., der für eine starke Gewichtung der Interessen finanzschwacher Wohnungseigentümer eintritt). Es steht jedoch im
  117. Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ob er der Wirkkraft der Grundrechte
  118. über die zivilrechtlichen Generalklauseln oder über andere Regelungen Geltung
  119. verschafft.
  120. 11
  121. bb) Den zuletzt genannten Weg hat der Gesetzgeber hier in verfassungskonformer Weise beschritten. Er hat den Wohnungseigentümern die
  122. Kompetenz zugewiesen, die Aufnahme von Krediten durch die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zu beschließen, und die Frage der Rechtmäßigkeit von Finanzierungen dem Kriterium der ordnungsgemäßen Verwaltung mit der Folge einer Überprüfungsmöglichkeit im Rahmen einer Anfechtungsklage zugewiesen. Bei der Frage, ob eine Maßnahme ordnungsgemäßer
  123. Verwaltung entspricht, ist zu berücksichtigen, dass die Wohnungseigentümer
  124. aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts in der Regel - und so auch hier - einen
  125. Ermessensspielraum haben, bei dessen Ausgestaltung alle relevanten Umstände abzuwägen sind (Timme/Elzer, WEG, § 21 Rn. 164 f.; Merle in Bärmann, aaO, § 21 Rn. 28; jeweils mwN; vgl. auch Senat, Beschluss vom
  126. 25. September 2003 - V ZB 21/03, BGHZ 156, 192, 203). Hierzu gehören insbesondere auch grundrechtsrelevante Positionen und Interessen.
  127. 8
  128. 12
  129. Dass ein Wohnungseigentümer insoweit effektiven Rechtsschutz grundsätzlich nur innerhalb der Ausschlussfristen nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG erreichen kann, ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Die den zeitnahen Eintritt
  130. der Bestandskraft anfechtbarer Beschlüsse sichernde Regelung ist Ausdruck
  131. des legitimen gesetzgeberischen Anliegens, über die Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu gewährleisten, dass für die Wohnungseigentümer und für den zur Ausführung von Beschlüssen berufenen Verwalter zumindest im Hinblick auf Anfechtungsgründe alsbald Klarheit darüber hergestellt
  132. wird, ob, in welchem Umfang und aufgrund welcher tatsächlichen Grundlage
  133. gefasste Beschlüsse einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden (vgl.
  134. Senat, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 74/08, BGHZ 179, 230, 237 Rn. 20;
  135. Urteil vom 2. Oktober 2009 - V ZR 235/08, BGHZ 182, 307, 312 Rn. 14).
  136. 13
  137. c) Soweit der Kläger schließlich der Sache nach argumentiert, es fehle
  138. jedenfalls an der Kompetenz, die Übernahme einer gesamtschuldnerischen
  139. Haftung durch die Wohnungseigentümer mehrheitlich zu beschließen, ist das im
  140. rechtlichen Ausgangspunkt zwar richtig. Spätestens seit der vom Gesetzgeber
  141. nachvollzogenen Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband (§ 10 Abs. 6 Satz 1 WEG), die ganz entscheidend
  142. mit der Ausschaltung einer gesamtschuldnerischen Haftung begründet worden
  143. ist (Senat, Beschluss vom 2. Juni 2005 - V ZB 32/05, BGHZ 163, 154, 163 u.
  144. 172 ff.), fehlt es an einer dahingehenden Kompetenz (Heinemann in Jennißen,
  145. aaO, § 21 Rn. 106 mwN; der Sache nach ebenso Jennißen in Jennißen, aaO,
  146. § 10 Rn. 93a; vgl. auch Klein in Bärmann, aaO, § 10 Rn. 304 i.V.m. Rn. 74:
  147. „zwingendes Recht“). Eine gesamtschuldnerische Haftung kommt nur noch in
  148. Betracht, wenn sich die einzelnen Wohnungseigentümer selbst neben dem
  149. Verband klar und eindeutig auch persönlich verpflichten (Senat, aaO, 172 f.;
  150. Klein in Bärmann, aaO, § 10 Rn. 304; Elzer, NZM 2009, 57, 59 mit Fn. 30).
  151. Dass der Gesetzgeber diese Sichtweise übernommen hat, wird dadurch bestätigt, dass er mit der Regelung des § 10 Abs. 8 WEG ausdrücklich und mit Be-
  152. 9
  153. dacht nur eine anteilsmäßige (teilschuldnerische) persönliche Außenhaftung der
  154. Wohnungseigentümer angeordnet hat (vgl. BT-Drucks. 16/887, insbesondere
  155. S. 65 f.).
  156. 14
  157. Der Kläger übersieht indessen, dass seine Argumentation zur gesamtschuldnerischen Haftung in dem Beschluss vom 29. April 2009 zu TOP 2 keine
  158. Grundlage findet. Maßgebend für die Auslegung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer sind Wortlaut und Sinn, wie er sich für einen unbefangenen
  159. Betrachter als nächstliegend ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung dürfen
  160. nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des
  161. Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (grundlegend Senat,
  162. Beschluss vom 10. September 1998 - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 291 f.; vgl.
  163. auch Urteil vom 18. Juni 2010 - V ZR 193/09, NJW 2010, 2801 Rn. 1). Der Beschluss enthält jedoch nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass eine gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer begründet werden sollte. Er ist daher nächstliegend dahin auszulegen, dass vollen Umfangs lediglich
  164. der rechtsfähige Verband und die einzelnen Wohnungseigentümer nur entsprechend ihren Anteilen für die Darlehensverbindlichkeiten einstehen sollen (§ 10
  165. Abs. 8 WEG).
  166. 15
  167. 2. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht erachtet das Berufungsgericht auch
  168. die gegen den Beschluss vom 6. November 2009 zu TOP 3 gerichtete Anfechtungsklage für unbegründet.
  169. 16
  170. a) Der den Antrag des Klägers zurückweisende Beschluss entspricht
  171. ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Wohnungseigentümer haben sich bei
  172. nächstliegender Auslegung des bestandskräftigen Finanzierungsbeschlusses
  173. vom 29. April 2009 für eine Kreditaufnahme ohne Haftungsfreistellung einzelner
  174. Wohnungseigentümer im Innenverhältnis entschieden; sie haben eine solche
  175. Freistellung auch nicht einer gesonderten Beschlussfassung vorbehalten. Ob
  176. 10
  177. eine derartige schematische Regelung unter Einbeziehung auch derjenigen
  178. Wohnungseigentümer, die über ausreichende Liquidität verfügen und diese zur
  179. Abwendung einer Kreditfinanzierung einsetzen wollen, ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, ist streitig (bejahend etwa Abramenko, ZMR 2011, 897 f.;
  180. verneinend Jennißen in Jennißen, aaO, § 16 Rn. 10a mwN auch zum Streitstand), braucht hier aber nicht entschieden zu werden. Denn ein Wohnungseigentümer hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass die Ausführung eines
  181. bestandskräftigen Beschlusses unterbleibt, weil die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums vorrangig den Beschlüssen der Wohnungseigentümer
  182. entsprechen muss (§ 21 Abs. 4 WEG); ein bestandskräftiger Beschluss schließt
  183. zumindest den Einwand aus, die Beschlussfassung habe nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen (Senat, Urteil vom 13. Mai 2011 - V ZR 202/10,
  184. NJW 2011, 2660, 2661 Rn. 16; Urteil vom 3. Februar 2012 - V ZR 83/11, WuM
  185. 2012, 399, 400).
  186. 17
  187. b) Etwas anders gilt allerdings dann, wenn schwerwiegende Gründe
  188. - etwa bei einer erheblichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - die
  189. Durchführung der bestandskräftig beschlossenen Maßnahme als treuwidrig
  190. (§ 242 BGB) erscheinen lassen (zum Ganzen Merle in Bärmann, aaO, § 21
  191. Rn. 54 mwN; vgl. auch Senat, Urteil vom 3. Februar 2012, aaO). Das ist hier
  192. jedoch nicht ersichtlich. Dass in fehlerhafter Umsetzung des Finanzierungsbeschlusses über die anteilige Haftung nach § 10 Abs. 8 WEG hinaus ein die gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer vorsehender Darlehensvertrag abgeschlossen worden wäre, ist nicht festgestellt; auch die Revision verweist auf kein dahingehendes tatsächliches Vorbringen. Im Übrigen wäre
  193. ein solcher Darlehensvertrag zumindest insoweit schwebend unwirksam gewesen (§ 177 Abs. 1 BGB i.V.m § 139 BGB), so dass es in der Macht jedes Wohnungseigentümers gestanden hätte, zumindest die eigene gesamtschuldnerische Haftung durch Verweigerung der Genehmigung abzuwenden.
  194. 11
  195. III.
  196. 18
  197. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
  198. Stresemann
  199. Roth
  200. Weinland
  201. Brückner
  202. Kazele
  203. Vorinstanzen:
  204. AG Ettlingen, Entscheidung vom 23.04.2010 - 4 C 17/09 LG Karlsruhe, Entscheidung vom 19.07.2011 - 11 S 75/10 -