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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. V ZB 10/01
  4. vom
  5. 23. August 2001
  6. in der Wohnungseigentumssache
  7. Nachschlagewerk: ja
  8. BGHR
  9. ja
  10. BGHZ:
  11. ja
  12. WEG §§ 23 Abs. 1, 23 Abs. 4 Satz 1, 24 Abs. 6 Satz 1; ZPO § 265
  13. a) Die Veräußerung des Wohnungseigentums während eines rechtshängigen Wohnungseigentumsverfahrens
  14. läßt
  15. die
  16. Verfahrensführungsbefugnis
  17. des
  18. Veräußerers unberührt. Einer formellen Beteiligung des Erwerbers durch das Gericht bedarf es nicht.
  19. b) Der Feststellung und Bekanntgabe des Beschlußergebnisses durch den Vorsitzenden der Wohnungseigentümerversammlung kommt grundsätzlich konstitutive
  20. Bedeutung zu. Es handelt sich im Regelfall um eine Voraussetzung für das
  21. rechtswirksame Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses.
  22. c) Die formal einwandfrei zustande gekommene Ablehnung eines Beschlußantrages
  23. durch die Wohnungseigentümer hat Beschlußqualität. Ein solcher Negativbeschluß ist kein Nichtbeschluß.
  24. BGH, Beschluß vom 23. August 2001 - V ZB 10/01 - OLG Köln
  25. LG Aachen
  26. AG Eschweiler
  27. -2-
  28. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. August 2001 durch den
  29. Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Schneider, Prof. Dr. Krüger,
  30. Dr. Klein und Dr. Gaier
  31. beschlossen:
  32. Auf die Rechtsmittel der Antragsgegner werden die Beschlüsse
  33. des Amtsgerichts Eschweiler vom 4. Februar 2000 und der
  34. 2. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 30. November 2000
  35. im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der zu Tagesordnungspunkt 13 gefaßte Eigentümerbeschluß vom 21. August 1997
  36. für ungültig erklärt worden ist.
  37. Der Antrag, diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären,
  38. wird abgewiesen.
  39. Von den Gerichtskosten der ersten Instanz tragen die Antragsteller 2/3 und die Antragsgegner 1/3. Die Gerichtskosten der Beschwerdeinstanz werden den Antragstellern zu 17/20 und den
  40. Antragsgegnern zu 3/20 auferlegt. Die Gerichtskosten des
  41. Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
  42. Der Geschäftswert wird für die erste Instanz, unter Abänderung der Wertfestsetzung im angefochtenen Beschluß, auf
  43. 60.782,53 DM und für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf
  44. 35.000 DM festgesetzt.
  45. -3-
  46. Gründe:
  47. I.
  48. Die Antragsteller waren Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentumsanlage. Sie haben, wie auch die Beteiligten zu 2, im Laufe des vorliegenden Verfahrens ihre Miteigentumsanteile veräußert.
  49. Am 9. Juli 1996 stimmte die Wohnungseigentümerversammlung zu Tagesordnungspunkt 8 über die von den Antragstellern eingebrachten Beschlußanträge zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen wegen Baumängeln am Gemeinschaftseigentum ab. In der vom damaligen Verwalter erstellten Versammlungsniederschrift ist als Abstimmungsergebnis zu dem als
  50. "Hilfsantrag" bezeichneten Antrag, Wohnungseigentümer, die bestimmte Mängel am Gemeinschaftseigentum als vorhanden ansähen und hiervon betroffen
  51. seien, sollten den Bauträger auf eigene Kosten in Anspruch nehmen, "85/430
  52. Ja-Stimmen und 245/430 (richtig: 345/430) Enthaltungen" sowie die weitere
  53. Feststellung vermerkt: "Über den Hilfsantrag konnte kein gültiger Beschluß
  54. gefaßt werden".
  55. Die Antragsteller beantragten daraufhin beim zuständigen Amtsgericht
  56. die Feststellung, daß ihr Hilfsantrag von der Eigentümerversammlung angenommen worden sei, sowie hilfsweise die Aufhebung des Beschlusses der Eigentümerversammlung und ihre Ermächtigung zur Geltendmachung von Minderungsansprüchen gegenüber dem Bauträger. Im April 1997 erklärten die Antragsteller diesen Antrag für erledigt, worauf das Amtsgericht durch rechtskräftig gewordenen Beschluß vom 28. August 1998 die Erledigung der Hauptsache
  57. feststellte.
  58. -4-
  59. Am 21. August 1997 beschloß die Versammlung der Wohnungseigentümer zu Tagesordnungspunkt 13 gegen die Stimmen der Antragsteller:
  60. "Niemand soll ... ermächtigt werden, eventuelle Mängel des Gemeinschaftseigentums alleine und im eigenen Namen geltend zu machen.
  61. Die Eigentümergemeinschaft beabsichtigt auch zum jetzigen Zeitpunkt
  62. nicht, ein Wahlrecht hinsichtlich event. in Betracht kommender Gewährleistungsansprüche auszuüben (Nachbesserung und Mängelbeseitigung, Minderung oder Schadenersatz)... Auf dieser Grundlage stellt die
  63. Gemeinschaft nochmals klar, daß in der Versammlung vom 9. Juli 1996
  64. zu dem insoweitigen Hilfsantrag der Eheleute M. (scil. der Antragsteller)
  65. kein Beschluß gefaßt worden ist."
  66. Das Amtsgericht hat unter anderem diesen Beschluß antragsgemäß für
  67. ungültig erklärt. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Köln möchte die hiergegen gerichtete sofortige weitere Beschwerde zurückweisen. Es sieht sich hieran jedoch durch die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. Juni
  68. 1979 (OLGZ 1979, 296) und vom 28. Dezember 1989 (OLGZ 1990, 180) gehindert und hat deshalb die Sache mit Beschluß vom 16. Februar 2001 (ZMR
  69. 2001, 387 = ZWE 2001, 280) dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
  70. -5-
  71. II.
  72. Die Vorlage ist statthaft (§§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG i.V.m. § 28 Abs. 2
  73. FGG).
  74. Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, wegen des klaren positiven Abstimmungsergebnisses zum Beschlußantrag vom 9. Juli 1996 bestehe für die in
  75. dem angefochtenen Beschluß enthaltene Klarstellung, daß seinerzeit kein Beschluß über den Hilfsantrag zustande gekommen sei, kein begründeter Anlaß.
  76. Der fehlerhaften Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter komme keine konstitutive, sondern nur deklaratorische Bedeutung
  77. zu. Sie ändere nichts an der Annahme des Hilfsantrags, wie sich aus der im
  78. Wege objektiver Auslegung anhand der Versammlungsniederschrift zu ermittelnden Stimmenmehrheit ergebe. Demgegenüber vertritt das Oberlandesgericht Hamm in auf weitere Beschwerden ergangenen Entscheidungen (OLGZ
  79. 1979, 296 und OLGZ 1990, 180) die Auffassung, die Entscheidung des Versammlungsleiters, der die Annahme oder Ablehnung eines gestellten Antrags
  80. verkündet habe, stelle die Beschlußfassung vorläufig verbindlich fest und könne nur in einem Beschlußanfechtungsverfahren nach § 23 Abs. 4 WEG beseitigt werden. Eine Ausnahme - auf die das Oberlandesgericht Hamm seine Entscheidungen allerdings nicht stützt - bestehe nur dann, wenn die Sachlage so
  81. eindeutig sei, daß auch ohne Verkündung durch den Vorsitzenden eine eindeutig protokollarisch festgelegte Willensäußerung der Eigentümerversammlung vorliege. Die Divergenz beider Auffassungen rechtfertigt die Vorlage.
  82. Hierbei ist der Senat an die Auffassung des vorlegenden Gerichts, es könne
  83. ohne Beantwortung der streitigen Rechtsfrage über die sofortige weitere Beschwerde nicht entscheiden, bei Prüfung der Zulässigkeit der Vorlage gebun-
  84. -6-
  85. den (st. Rspr., vgl. Senat, BGHZ 99, 90, 92; 109, 396, 398; 113, 374, 376; 116,
  86. 392, 394).
  87. III.
  88. Die sofortige weitere Beschwerde (Rechtsbeschwerde) ist zulässig
  89. (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG; §§ 27, 29 FGG) und hat in der Sache Erfolg. Soweit der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 21. August
  90. 1997 zu Tagesordnungspunkt 13 gefaßte Beschluß für ungültig erklärt wurde,
  91. können die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht aufrecht erhalten bleiben.
  92. 1. Im Ergebnis zu Recht sind das Beschwerdegericht und das vorlegende Gericht davon ausgegangen, daß die Veräußerung des Wohnungseigentums nach Einleitung des Anfechtungsverfahrens weder die aktive noch die
  93. passive Verfahrensführungsbefugnis entfallen läßt. Ob dies aus dem Fortbestehen der materiell-rechtlichen Sachlegitimation oder aus der entsprechenden
  94. Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO herzuleiten ist, bedarf hierbei keiner Entscheidung.
  95. a) Zu den Folgen eines Eigentümerwechsels während eines rechtshängigen Verfahrens kann weder dem Wohnungseigentumsgesetz noch dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. § 43 Abs. 1
  96. WEG) eine ausdrückliche Regelung entnommen werden. Die Bestimmungen
  97. der Zivilprozeßordnung sind jedoch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit - soweit eine entsprechende Anwendung nicht ohnehin ausdrücklich vorgesehen ist - dann entsprechend heranzuziehen, wenn eine Regelungslücke
  98. besteht, die eine Anwendung von Normen der Zivilprozeßordnung ungeachtet
  99. -7-
  100. der Besonderheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gebietet (vgl. BGH, Beschl.
  101. v. 14. Dezember 1989, IX ZB 40/89, NJW 1990, 1794, 1795). Danach kommt
  102. eine analoge Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO in Betracht, wenn Wohnungseigentum während der Rechtshängigkeit eines Wohnungseigentumsverfahrens
  103. veräußert wird (vgl. BayObLGZ 1983, 73, 76; BayObLG, WE 1995, 279, 280;
  104. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 43 Rdn. 113; Staudinger/Wenzel, BGB,
  105. 12. Aufl., vor § 43 WEG Rdn. 39; Weitnauer/Hauger, WEG, 8. Aufl., Anh. § 43
  106. Rdn. 8; Niedenführ/Schulze, WEG, 5. Aufl., vor § 43 Rdn. 104).
  107. b) Die für eine analoge Anwendung erforderliche Vergleichbarkeit des
  108. zur Beurteilung stehenden Sachverhalts mit dem, den der Gesetzgeber geregelt hat (vgl. BGHZ 105, 140, 143), ist zu bejahen. § 265 Abs. 2 ZPO dient
  109. - zumindest auch - der Prozeßökonomie (vgl. MünchKomm-ZPO/Lüke, 2. Aufl.,
  110. § 265 Rdn. 3; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 265 Rdn. 9; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 265 Rdn. 1), indem nach Veräußerung der im
  111. Streit befangenen Sache der bisherige Rechtsstreit trotz Verlusts der Sachlegitimation fortgeführt werden kann, falls das abschließende Urteil nach § 325
  112. ZPO auch gegen den Rechtsnachfolger wirkt. Der Veräußerer verliert seine
  113. Stellung als Partei nicht und führt den Rechtsstreit als gesetzlicher Prozeßstandschafter im eigenen Namen für den Rechtsnachfolger weiter (vgl.
  114. MünchKomm-ZPO/Lüke, aaO, § 265 Rdn. 69; Stein/Jonas/Schumann, aaO,
  115. § 265 Rdn. 39). Eine Erstreckung der Rechtskraft kennt nach § 45 Abs. 2
  116. Satz 2 WEG auch das Wohnungseigentumsverfahren (vgl. Staudinger/Wenzel,
  117. aaO, § 45 WEG Rdn. 59). Ist der Erwerber des Wohnungseigentums von dem
  118. Verfahren materiell betroffen, so kann danach die materielle Rechtskraft der
  119. richterlichen Entscheidung auch gegen ihn wirken (vgl. Staudinger/Wenzel,
  120. aaO, § 45 WEG Rdn. 59; Weitnauer/Hauger, aaO, § 43 Rdn. 37). Vergleichbar
  121. -8-
  122. der Interessenlage im Zivilprozeß besteht ferner auch im Wohnungseigentumsverfahren ein Interesse aller Beteiligten an einer ökonomischen Verfahrensgestaltung. Der Gesetzgeber wäre daher bei einer Interessenabwägung,
  123. bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei Erlaß
  124. des § 265 Abs. 2 ZPO, auch für das Wohnungseigentumsverfahren zu dem
  125. gleichen Abwägungsergebnis gekommen und hätte die Vorteile der durch § 45
  126. Abs. 2 Satz 2 WEG eröffneten Rechtskrafterstreckung im Wege der Verfahrensstandschaft bei einem Eigentümerwechsel im Wohnungseigentumsverfahren ebenfalls genutzt.
  127. c) Zur Begründung der fortbestehenden Verfahrensführungsbefugnis
  128. bedarf es allerdings dann keiner entsprechenden Anwendung des § 265 Abs. 2
  129. ZPO, wenn der Verlust des Eigentums die Sachlegitimation und damit auch das
  130. Rechtsschutzinteresse eines Beteiligten nicht entfallen läßt (Staudinger/Wenzel, aaO, vor § 43 WEG Rdn. 39, 64). Bleibt etwa der Antragsteller, wie im Regelfall, an den angefochtenen Eigentümerbeschluß gebunden, so ist er aus
  131. materiell-rechtlichen Gründen anfechtungsbefugt und damit auch berechtigt,
  132. das Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG (weiter) zu betreiben (vgl. Suilmann, Das Beschlußmängelverfahren im Wohnungseigentumsrecht, 1994
  133. [künftig: Beschlußmängelverfahren], S. 148; a.A. Weitnauer/Hauger, aaO, § 43
  134. Rdn. 39; Müller, Festschrift für Merle, 2000, S. 235, 241). Ob dies vorliegend
  135. für die Antragsteller gilt, die sich etwa durch den angefochtenen Beschluß
  136. weiterhin daran gehindert sehen können, ihre von der Veräußerung des Wohnungseigentums nicht berührten Ansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum geltend zu machen, bedarf keiner Entscheidung.
  137. -9-
  138. Wie die analoge Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO zwingt nämlich auch
  139. das unveränderte Anfechtungsrecht des Veräußerers das Gericht nicht zu einer förmlichen Beteiligung des Sondernachfolgers am Verfahren (a.A. Suilmann, Beschlußmängelverfahren, S. 148 f). Ist der Sondernachfolger von dem
  140. Verfahren materiell nicht betroffen, erübrigt sich seine formelle Beteiligung
  141. schon aus diesem Grund (vgl. Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 43 Rdn. 118). Ist
  142. der Sondernachfolger dagegen materiell betroffen, so erstreckt sich - wie ausgeführt - die materielle Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung nach § 45
  143. Abs. 2 Satz 2 WEG auch auf ihn. Danach ist die entsprechende Anwendung
  144. des § 265 Abs. 2 ZPO zwar nicht zur Begründung der Verfahrensführungsbefugnis des Veräußerers, wohl aber insoweit gerechtfertigt, als dort ein Fall der
  145. gesetzlichen Prozeßstandschaft geregelt ist.
  146. In Fällen, in denen sowohl der Veräußerer als auch sein Rechtsnachfolger materiell betroffen sind, hat dies zur Folge, daß der bisherige Wohnungseigentümer das Verfahren einerseits für sich selbst, zum anderen aber auch für
  147. den Erwerber als dessen Verfahrensstandschafter führt. Diese Situation steht
  148. der Vergleichbarkeit und damit der Heranziehung des § 265 Abs. 2 ZPO nicht
  149. entgegen. Sie ist nämlich auch im unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift möglich, wenn etwa die im Streit befangene Sache nur teilweise veräußert wird (vgl. Zöller/Greger, aaO, § 266 Rdn. 3b für den vergleichbaren Fall
  150. bei § 266 ZPO). Ebensowenig kann eingewandt werden, die materielle Rechtskraft nach § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG erstrecke sich nur auf die auch formell am
  151. Verfahren Beteiligten (so Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 45 Rdn. 116; a.A.
  152. Weitnauer/Hauger, aaO, § 43 Rdn. 37; Niedenführ/Schulze, aaO, § 45
  153. Rdn. 62) oder setze voraus, daß ihnen die Entscheidung förmlich zugestellt
  154. wurde und sie Gelegenheit hatten, Rechtsmittel einzulegen (so Staudin-
  155. - 10 -
  156. ger/Wenzel, aaO, § 45 Rdn. 59). Selbst wenn dies zutreffen sollte, wäre in
  157. Fällen wie hier eine formelle Beteiligung des Sondernachfolgers oder eine Zustellung an ihn wegen der gesetzlichen Verfahrensstandschaft - selbst unter
  158. dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. MünchKommZPO/Lüke, aaO, § 265 Rdn. 70) - nicht erforderlich. Dem Erwerber bleibt zudem auch im Wohnungseigentumsverfahren die Möglichkeit, dem Verfahren
  159. als Nebenintervenient entsprechend §§ 66 ff ZPO beizutreten (vgl. Staudinger/Wenzel, aaO, vor §§ 43 ff WEG Rdn. 52).
  160. d) Hiernach macht es für das weitere Verfahren im Regelfall keinen Unterschied, ob die Verfahrensführungsbefugnis nach einem Eigentümerwechsel
  161. aus dem Fortbestehen materiell-rechtlicher Bindungen oder der entsprechenden Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO herzuleiten ist. Im vorliegenden Fall
  162. bedarf diese Frage daher auch für die Antragsgegner, die ihr Wohnungseigentum veräußert haben, keiner Entscheidung.
  163. 2. Der Antrag auf Ungültigerklärung ist jedoch nicht zulässig. Den Antragstellern fehlt für die Anfechtung des (Zweit-)Beschlusses vom 21. August
  164. 1997 das Rechtsschutzinteresse; denn er ist inhaltsgleich zu der Willensbildung der Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 9. Juli 1996 zum damaligen Tagesordnungspunkt 8, die entgegen der Ansicht der Vorinstanzen als
  165. - inzwischen bestandskräftiger - (Erst-)Beschluß anzusehen ist.
  166. 3. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts ist der Hilfsantrag
  167. der Antragsteller in der Eigentümerversammlung vom 9. Juli 1996 nicht angenommen, sondern abgelehnt worden. Allerdings kommt auch dieser Ablehnung
  168. - 11 -
  169. eines Antrags Beschlußqualität zu, es handelt sich um einen Negativbeschluß
  170. und nicht um einen "Nichtbeschluß".
  171. a) Der unter anderem von dem vorlegenden Gericht vertretenen Ansicht,
  172. maßgeblich für den Beschlußinhalt sei das tatsächliche (hier positive) Abstimmungsergebnis, während der Ergebnisfeststellung durch den Versammlungsleiter mangels gesetzlicher Regelung eine rechtliche Bedeutung nicht zukomme und daher nur deklaratorischen Charakter habe (ebenso BayObLGZ 1984,
  173. 213, 216; 1995, 407, 411; BayObLG, NZM 1998, 866, 867; 917, 918; 1999,
  174. 712; ZWE 2001, 267; ZMR 2001, 365; KG, OLGZ 1979, 28, 30; 1989, 423,
  175. 424; differenzierend dagegen in OLGZ 1993, 52, 56; OLG Schleswig, DWE
  176. 1987, 31; Staudinger/Bub, aaO, § 23 Rdn. 174; Soergel/Stürner, BGB,
  177. 12. Aufl., WEG § 23 Rdn. 6 a; Wangemann, WuM 1989, 53, 55; ders., Die Eigentümerversammlung nach WEG, 1994 [künftig: Eigentümerversammlung],
  178. Rdn. A 68; Patermann, ZMR 1991, 361, 363; Huff, WE 1999, 210, 211; Ormanschick, WE 2000, 223; Drabek, ZWE 2000, 395, 400; Rinke, ZMR 2001, 389 f),
  179. vermag der Senat nicht zu folgen. Ebensowenig kann die Auffassung überzeugen, die eine Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Verwalter zwar
  180. nicht für erforderlich hält, einer gleichwohl getroffenen Feststellung aber (lediglich) inhaltsfixierende Wirkung beilegt und sie daher für vorläufig verbindlich
  181. erachtet (so im Grundsatz KG, OLGZ 1990, 421, 423; NJW-RR 1991, 213, 214;
  182. WE 1992, 283; MünchKomm-BGB/Röll, 3. Aufl., § 23 WEG Rdn. 16; Staudinger/Wenzel, aaO, § 43 WEG Rdn. 36; Weitnauer/Lüke, aaO, § 23 Rdn. 13;
  183. Niedenführ/Schulze, aaO, § 23 Rdn. 7; Suilmann, Beschlußmängelverfahren,
  184. S. 10 f; Becker/Gregor, ZWE 2001, 245, 250). Vielmehr kommt der Feststellung
  185. und Bekanntgabe des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter
  186. darüber hinaus grundsätzlich konstitutive Bedeutung zu. Es handelt sich im
  187. - 12 -
  188. Regelfall um eine Voraussetzung für das rechtswirksame Zustandekommen
  189. eines Eigentümerbeschlusses (ebenso Merle, Bestellung und Abberufung des
  190. Verwalters nach § 26 WEG, 1977, S. 41 ff; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23
  191. Rdn. 34; Sauren, WEG, 3. Aufl., § 23 Rdn. 3; Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 4. Aufl., 1997, Rdn. 267; Prüfer, Schriftliche Beschlüsse, gespaltene Jahresabrechnungen, 2001, S. 55 f; Deckert, Festschrift für Seuß,
  192. 1987, S. 101, 105; Merle, PiG 6, 65, 72; ders., PiG 17, 267, 270; ders. PiG 18,
  193. 125, 132; ders. PiG 25, 119, 127 = WE 1987, 138, 141; Bub, ZWE 2000, 194,
  194. 202; Wenzel, Festschrift für Merle, 2000, S. 353, 357 = [aktualisiert] ZWE
  195. 2000, 382, 384; Hadding, ZWE 2001, 179, 184 f; wohl auch OLG Hamm, OLGZ
  196. 1979, 296, 297; 1990, 180, 183; RGRK-Augustin, BGB, 12. Aufl., § 23 WEG
  197. Rdn. 20; Palandt/Bassenge, BGB, 60. Aufl., § 23 WEG Rdn. 13; Rau, ZMR
  198. 2000, 119, 120).
  199. aa) Diese Auffassung findet ihre gesetzliche Grundlage in § 24 Abs. 6
  200. WEG, wonach über die in der Versammlung "gefaßten Beschlüsse" eine Niederschrift aufzunehmen ist. Der Vorsitzende der Eigentümerversammlung hat
  201. mithin dafür zu sorgen, daß neben dem Abstimmungsergebnis auch das hieraus nach den maßgeblichen rechtlichen Regeln hergeleitete Beschlußergebnis
  202. zutreffend in die Niederschrift aufgenommen wird, und dies gemäß § 24 Abs. 6
  203. Satz 2 WEG durch seine Unterschrift zu bestätigen. Das setzt die Feststellung
  204. voraus, daß eine gemeinschaftsinterne Willensbildung stattgefunden und zu
  205. einem bestimmten Ergebnis geführt hat. Aus dem Fehlen einer ausdrücklichen
  206. und durch die Nichtigkeitsfolge sanktionierten gesetzlichen Anordnung zur Beschlußfeststellung wie etwa in §§ 130 Abs. 2, 241 Nr. 2 AktG kann deshalb
  207. nicht geschlossen werden, die Wohnungseigentümerversammlung bedürfe
  208. keines Vorsitzenden und das Beschlußergebnis keiner Feststellung durch ihn
  209. - 13 -
  210. (Wenzel, ZWE 2000, 382, 384; Hadding, ZWE 2001, 179, 185; a.A. Suilmann,
  211. Beschlußmängelverfahren, S. 9 f). Fehlt bei einer Eigentümerversammlung
  212. entgegen § 24 Abs. 5 WEG ausnahmsweise ein Vorsitzender, was nur bei
  213. kleinsten Wohnanlagen vorstellbar ist, kommt es darauf an, ob sich die Wohnungseigentümer über ein aus dem Abstimmungsergebnis gefolgertes Beschlußergebnis einig sind. Die Einigung hat dann die Wirkung einer Feststellung durch einen Versammlungsleiter (vgl. Zöllner, Festschrift für Lutter, 2000,
  214. S. 821, 828 zum GmbH-Recht).
  215. bb) Da § 24 Abs. 6 WEG die Feststellung des Beschlußergebnisses
  216. voraussetzt, kann dieser nicht lediglich der Charakter eines Rechtsscheintatbestandes zukommen, der nur aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes
  217. eine Anfechtung ermöglicht. Vielmehr findet hierin die gesetzgeberische Wertung Ausdruck, daß sowohl die mit der Feststellung der Zahl gültiger Ja- und
  218. Nein-Stimmen abschließende Prüfung der Gültigkeit der abgegebenen Stimmen als auch die rechtliche Beurteilung des Abstimmungsergebnisses nicht bei
  219. den Wohnungseigentümern verbleiben soll, sondern dem Versammlungsleiter
  220. obliegt und seine Einschätzung aus Gründen der Rechtssicherheit für die
  221. Wohnungseigentümer (vorläufig) verbindlich ist. Da nach § 23 Abs. 4 Satz 2
  222. WEG die Anfechtung von Eigentümerbeschlüssen nur innerhalb der kurzen
  223. Frist von einem Monat seit der Beschlußfassung möglich ist, sind die Anfechtungsberechtigten darauf angewiesen, von einem bestimmten Beschlußergebnis als maßgebend ausgehen zu können. Das dient der notwendigen Rechtssicherheit der Wohnungseigentümer, insbesondere derjenigen, die an der Versammlung nicht teilgenommen haben (Bub, ZWE 2000, 194, 202; Wenzel,
  224. ZWE 2000, 382, 385), wie auch der Sondernachfolger. Wäre nämlich eine
  225. förmliche Feststellung nicht erforderlich, müßten die Wohnungseigentümer auf
  226. - 14 -
  227. eigenes Risiko zunächst eine Interpretation und Bewertung des Abstimmungsergebnisses innerhalb laufender Anfechtungsfrist vornehmen. Mit der danach
  228. notwendigen Ermittlung des objektivierten Beschlußwillens sind die Wohnungseigentümer jedoch regelmäßig überfordert. Sowohl die Ermittlung des
  229. richtigen Abstimmungsergebnisses als auch seine Beurteilung anhand der
  230. rechtlichen Mehrheitserfordernisse setzen Rechtskenntnisse voraus, die von
  231. den Eigentümern weder erwartet werden können noch verlangt werden dürfen.
  232. So hinge die Gewährung von Rechtsschutz in Fällen des Stimmrechtsmißbrauchs (vgl. dazu BayObLG, NZM 1999, 712) von einer Kenntnis der einschlägigen Grundsätze oder in Fällen wie dem vorliegenden davon ab, ob einem Wohnungseigentümer bekannt ist, in welcher Weise Stimmenthaltungen
  233. rechtlich zu werten sind. Das läßt sich mit dem berechtigten Interesse aller
  234. Beteiligter an Rechtssicherheit nicht vereinbaren (Bärmann/Pick/Merle, aaO,
  235. § 23 Rdn. 36; Merle, PiG 18, 125, 139; ders., PiG 25, 119, 129; Suilmann, WE
  236. 1998, 512; Bub, aaO; Wenzel, ZWE 2000, 382, 386). Die Beschlußfeststellung
  237. hat daher nicht nur inhaltsfixierende, sondern auch konstitutive Wirkung (a.A.
  238. Becker/Gregor, ZWE 2001, 245, 251).
  239. cc) Ein Vergleich mit der Rechtslage bei Personenvereinigungen bestätigt die Richtigkeit dieser Ansicht. Der Feststellung und Verkündung des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter kommt überall dort konstitutive und inhaltsfixierende Bedeutung zu, wo ein fehlerhafter Beschluß nur im
  240. Wege eines fristgebundenen Beschlußanfechtungsverfahrens beseitigt werden
  241. kann. So wird für Beschlüsse der Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften die konstitutive und das Ergebnis fixierende Wirkung nicht aus § 130
  242. Abs. 2 AktG, sondern aus der kurzen Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG
  243. hergeleitet. Wegen der Frist von lediglich einem Monat müssen die Anfech-
  244. - 15 -
  245. tungsberechtigten von einem bestimmten Beschlußergebnis als maßgebend
  246. ausgehen können (BGH, Urt. v. 26. Mai 1975, II ZR 34/74, NJW 1975, 2101;
  247. vgl. auch BGHZ 76, 191, 197). In gleicher Weise regelt § 51 Abs. 1 GenG die
  248. Anfechtung von Beschlüssen der Generalversammlung, weshalb der Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter auch im Genossenschaftsrecht konstitutive und verbindliche Wirkung beigelegt wird (BGH,
  249. Urt. v. 23. September 1996, II ZR 126/95, NJW 1997, 318, 320). Ferner kann,
  250. weil die §§ 130 Abs. 2, 246 Abs. 1 AktG nach § 36 VAG auch für den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Anwendung finden, für diese Personenvereinigung nichts anderes gelten (Merle, PiG 18, 125, 129). Wenn im GmbHRecht für Gesellschafterbeschlüsse nach überwiegender Ansicht eine Beschlußfeststellung und -verkündung nicht gefordert wird (vgl. BGHZ 76, 154;
  251. 88, 320, 329; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 17. Aufl., § 47 Rdn. 18
  252. m.w.N.), einer gleichwohl erfolgten Feststellung aber inhaltsfixierende Wirkung
  253. zukommen soll (BGHZ 104, 66, 69; BGH, Urt. v. 3. Mai 1999, II ZR 119/98,
  254. NJW 1999, 2115, 2116), so ist die Rechtslage deswegen nicht vergleichbar,
  255. weil es für die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen keine strikte Frist
  256. von einem Monat gibt, die Klage vielmehr mit aller dem anfechtungsberechtigten Gesellschafter zumutbaren Beschleunigung erhoben werden muß (BGHZ
  257. 111, 224, 225 f m.w.N.). Zudem fehlt eine dem § 24 Abs. 6 WEG korrespondierende Vorschrift. Auch im Vereinsrecht, das eine besondere Anfechtungsklage
  258. nicht kennt, besteht kein Anlaß für die sofortige maßgebliche Feststellung des
  259. Inhalts eines Vereinsbeschlusses (BGH, Urt. v. 26. Mai 1975, aaO). Hieraus
  260. läßt sich als allgemeiner Rechtsgedanke herleiten, daß - um den Rechtsschutz
  261. der Beteiligten nicht zu gefährden - immer dann eine konstitutive und verbindliche Feststellung und Bekanntgabe des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter erforderlich ist, wenn ein mangelhafter Beschluß nur durch
  262. - 16 -
  263. fristgebundene Beschlußanfechtung beseitigt werden kann (Merle, PiG 18,
  264. 125, 131). Es gibt keine sachliche Rechtfertigung dafür, diesen Grundsatz nicht
  265. auch im Wohnungseigentumsrecht mit seinem ebenfalls an eine Frist gebundenen Verfahren der Beschlußanfechtung anzuwenden (Merle, PiG 25, 119,
  266. 127; Wenzel, aaO).
  267. dd) Gegen die hier vertretene Auffassung können Bedenken wegen unzuträglicher Folgen nicht eingewandt werden.
  268. (1) Die für das Entstehen eines Eigentümerbeschlusses erforderliche
  269. Feststellung und Verkündung des Beschlußergebnisses muß nicht in das Versammlungsprotokoll (§ 24 Abs. 6 WEG) aufgenommen werden (vgl. Bärmann/
  270. Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 41) und kann auch in konkludenter Weise geschehen (vgl. Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 35). Allerdings ist zu beachten,
  271. daß - zumindest dann, wenn der Beschluß auch für Sondernachfolger gelten
  272. soll (§ 10 Abs. 3 WEG) - für die Auslegung nur solche Umstände Berücksichtigung finden können, die für jedermann ohne weiteres erkennbar sind, sich insbesondere aus dem Protokoll ergeben (vgl. Senat, BGHZ 139, 288, 292). Daher wird für die Annahme einer konkludenten Feststellung in der Regel die bloße Wiedergabe des für sich genommen eindeutigen Abstimmungsergebnisses
  273. im Versammlungsprotokoll genügen, es sei denn, daß sich das hieraus folgende Beschlußergebnis nach den zu berücksichtigenden Umständen, insbesondere aufgrund der protokollierten Erörterungen in der Eigentümerversammlung,
  274. vernünftigerweise in Frage stellen läßt. Allein aus dem Fehlen einer Beschlußfeststellung im Protokoll läßt sich hiernach regelmäßig noch nicht
  275. schließen, daß ein Beschluß nicht zustande gekommen ist, im Zweifel wird
  276. - 17 -
  277. vielmehr bei einem protokollierten klaren Abstimmungsergebnis von einer konkludenten Beschlußfeststellung auszugehen sein.
  278. (2) Obwohl das Anfechtungsrecht der Wohnungseigentümer - abweichend von §§ 245 Nr. 1 AktG; 51 Abs. 2 Satz 1 GenG - nicht von einem schon
  279. in der Versammlung erklärten Widerspruch abhängt, müssen Feststellung und
  280. Verkündung des Beschlußergebnisses in der Eigentümerversammlung erfolgen
  281. (a.A. Merle, PiG 18, 125, 132 f; einschränkend aber Bärmann/Pick/Merle, aaO,
  282. § 23 Rdn. 41). Bereits der Wortlaut des § 24 Abs. 6 Satz 1 WEG spricht dafür,
  283. daß - soweit nicht die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 WEG erfüllt sind - die
  284. Eigentümerbeschlüsse "in der Versammlung" gefaßt werden, also der gesamte
  285. Entstehungstatbestand von den Beteiligten schon in der Eigentümerversammlung zu verwirklichen ist. Vor allem ist aber nur bei diesem Verständnis die
  286. Rechtssicherheit gewährleistet, auf die die Wohnungseigentümer insbesondere
  287. wegen der nur einmonatigen Anfechtungsfrist (§ 23 Abs. 4 Satz 2 WEG) angewiesen sind. Ist eine Feststellung oder Bekanntgabe des Beschlußergebnisses
  288. in der Eigentümerversammlung unterblieben, so steht für die Wohnungseigentümer außer Frage, daß sie eine möglicherweise konkludente Feststellung und
  289. Bekanntgabe des Beschlußergebnisses in Betracht ziehen und, wenn dies zu
  290. bejahen ist, den damit zustande gekommenen Beschluß rechtzeitig anfechten
  291. müssen. Sie brauchen weder abzuwarten, bis eine Beschlußfeststellung oder verkündung nachgeholt wird (wofür sich eine bestimmte Frist nicht herleiten
  292. läßt), noch müssen sie befürchten, daß für diesen Fall ein Beschlußergebnis
  293. Verbindlichkeit erlangt, das mit ihrer eigenen Auslegung nicht übereinstimmt.
  294. Ist dagegen eine konkludente Feststellung und Bekanntgabe des Beschlußergebnisses nicht gegeben, so können die Wohnungseigentümer, wie im Fall
  295. einer vom Versammlungsleiter ausdrücklich verweigerten Beschlußfeststellung
  296. - 18 -
  297. und -verkündung, um eine gerichtliche Entscheidung nachsuchen, ohne daß
  298. ein Nachholen des Versäumten zur Unzulässigkeit des anhängig gemachten
  299. Verfahrens führt.
  300. (3) Lehnt es der Versammlungsleiter - pflichtwidrig oder auch, weil er
  301. sich hierzu wegen tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten bei der Bewertung des Abstimmungsergebnisses außer Stande sieht - ab, ein Beschlußergebnis festzustellen, so besteht die Möglichkeit eines nicht fristgebundenen (Beschlußfeststellungs-)Antrags nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG (vgl. Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 23; Staudinger/Wenzel, aaO, § 43 WEG
  302. Rdn. 37). Die rechtskräftige Feststellung des Beschlußergebnisses durch das
  303. Gericht ersetzt die unterbliebene Feststellung des Versammlungsleiters und
  304. komplettiert so den Tatbestand für das Entstehen eines Eigentümerbeschlusses (vgl. Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 35; Merle, PiG 18, 125, 135,
  305. Wenzel, ZWE 2000, 382, 385; gegen eine nicht heilbare Unwirksamkeit mangels Beschlußfeststellung durch den Versammlungsleiter auch Zöllner, aaO,
  306. S. 829 f, für das Aktienrecht).
  307. (4) Der Gefahr einer Manipulation des Beschlußergebnisses bei der
  308. Feststellung durch den Versammlungsleiter (so OLG Schleswig, DWE 1987,
  309. 133; Staudinger/Bub, aaO, § 23 WEG Rdn. 174) können die Wohnungseigentümer in der Versammlung durch Austausch des Versammlungsleiters gemäß
  310. § 24 Abs. 5 WEG und später im Wege der gerichtlichen Anfechtung begegnen
  311. (Suilmann, WE 1998, 512; Wenzel, aaO; Becker/Gregor, aaO).
  312. (5) Wegen der auch hier zu beachtenden konstitutiven Wirkung kommt
  313. im schriftlichen Verfahren (§ 23 Abs. 3 WEG) ein Beschluß erst mit der Feststellung und einer an alle Wohnungseigentümer gerichteten Mitteilung des Be-
  314. - 19 -
  315. schlußergebnisses zustande (Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 93; Prüfer,
  316. aaO, S. 51 ff; so auch bereits KG, OLGZ 1974, 399, 403; a.A. Staudinger/Bub,
  317. aaO, § 23 WEG Rdn. 218; Weitnauer/Lüke, aaO, § 23 Rdn. 11; Niedenführ/
  318. Schulze, aaO, § 23 Rdn. 13). Da es nur um eine entsprechende Anwendung
  319. der Regeln zur Beschlußfeststellung und -bekanntgabe in der Wohnungseigentümerversammlung gehen kann, ist dies nicht im Sinne des Zugangs der
  320. Mitteilung bei jedem einzelnen Eigentümer zu verstehen. Es genügt jede Form
  321. der Unterrichtung (etwa durch einen Aushang oder ein Rundschreiben), die
  322. den internen Geschäftsbereich des Feststellenden verlassen hat, und bei der
  323. den gewöhnlichen Umständen nach mit einer Kenntnisnahme durch die Wohnungseigentümer gerechnet werden kann (vgl. Merle, PiG 18, 125, 134; Bärmann/ Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 93; a.A. Prüfer, aaO, S. 56 f). Bereits zu dem
  324. Zeitpunkt, in dem diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist ein Beschluß im
  325. schriftlichen Verfahren existent geworden.
  326. ee) Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts ist danach unerheblich, ob das Ergebnis der Abstimmung der Wohnungseigentümer vom
  327. 9. Juli 1996 zu Tagesordnungspunkt 8 rechtlich zutreffend als Annahme des
  328. Hilfsantrags der Antragsteller zu werten ist (vgl. dazu Senat, BGHZ 106, 179,
  329. 183). Maßgeblich ist vielmehr die verlautbarte Feststellung des Vorsitzenden
  330. der Eigentümerversammlung, wonach über den Hilfsantrag "kein gültiger Beschluß gefaßt" werden konnte. Die Auslegung des festgestellten und verkündeten Beschlußergebnisses hat "aus sich selbst heraus" - objektiv und normativ - zu erfolgen und kann vom Rechtsbeschwerdegericht selbst vorgenommen
  331. werden (Senat, BGHZ 139, 288, 291 ff). Aus dem Zusammenhang mit dem
  332. ebenfalls protokollierten und daher zu berücksichtigenden (vgl. Senat, BGHZ
  333. 139, 288, 292) Abstimmungsergebnis unter Angabe der Ja-Stimmen und der
  334. - 20 -
  335. Stimmenthaltungen folgt, daß mit der - nicht seltenen, ungenauen - Formulierung des Protokolls (vgl. Zöllner, aaO, S. 823) die Ablehnung des (hilfsweisen)
  336. Beschlußantrags der Antragsteller festgestellt worden ist. Soweit die Antragsteller mit Schriftsatz vom 15. August 2001 erstmals vortragen, entgegen dem
  337. Protokollinhalt sei eine Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Verwalter in der Versammlung nicht erfolgt, handelt es sich um eine neue Tatsachenbehauptung, die im Rechtsbeschwerdeverfahren keine Berücksichtigung
  338. finden kann (§ 43 Abs. 1 WEG; § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG; § 561 ZPO).
  339. b) Bei der hiernach maßgeblichen Ablehnung des Antrags durch die
  340. Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 9. Juli 1996 handelt es sich um
  341. einen - in Bestandskraft erwachsenen - Beschluß der Wohnungseigentümer.
  342. aa) Allerdings vertritt insbesondere das Bayerische Oberste Landesgericht die Auffassung, ein Beschluß im Sinne von § 23 Abs. 4 WEG liege nur
  343. dann vor, wenn sich die Mehrheit für einen Antrag ausgesprochen und dadurch
  344. eine Regelung getroffen habe (anders noch BayObLGZ 1972, 150, 153). Werde ein Antrag abgelehnt, bleibe im Unterschied zum positiven Beschluß die
  345. Rechtslage unverändert; ein Eigentümerbeschluß, der angefochten werden
  346. könne, sei deshalb mangels sachlicher Regelung nicht vorhanden (BayObLGZ
  347. 1984, 213, 215; BayObLG, ZMR 1986, 319; NJW-RR 1992, 83, 84; 1994, 658,
  348. 659; WuM 1997, 57; 344; NZM 1998, 866, 867; 917; 1999, 712; 713, 714; ZMR
  349. 2000, 115, 116; ebenso OLG Hamburg, NJW-RR 1994, 783; OLG Hamm,
  350. NJW-RR 1995, 465; OLG Zweibrücken, NZM 1999, 849; OLG Düsseldorf, ZMR
  351. 2000, 118, 119; ähnlich OLG Köln, NZM 2001, 293, 294; Staudinger/Bub, aaO,
  352. § 23 WEG Rdn. 147 f; Weitnauer/Lüke, aaO, § 23 Rdn. 17; MünchKommBGB/Röll, aaO, § 23 WEG Rdn. 28; Niedenführ/Schulze, aaO, § 23 Rdn. 6;
  353. - 21 -
  354. Sauren, aaO, § 23 Rdn. 26, 42; Deckert, Festschrift für Seuß, 1987, S. 101,
  355. 111; Patermann, ZMR 1991, 361, 362; Buck, WE 1998, 90, 92).
  356. bb) Dem folgt der Senat nicht. Auch einem negativen Abstimmungsergebnis kommt Beschlußqualität zu (ebenso Bärmann/Pick/Merle, § 23 Rdn. 40,
  357. 103; Staudinger/Wenzel, aaO, § 43 Rdn. 36; Soergel/Stürner, aaO, WEG § 23
  358. Rdn. 6; Wangemann, Eigentümerversammlung, Rdn. A 42; Suilmann, Beschlußmängelverfahren, S. 14; Bub, ZWE 2000, 194, 196; Wenzel, ZWE 2000,
  359. 382, 383; Schmidt, ZfIR 2001, 212, 214; Hadding, ZWE 2001, 179, 182; auch
  360. bereits AG Kerpen, NJW-RR 1991, 1236, 1237). Zwar trifft es zu, daß die Ablehnung eines Antrags die Rechtslage unverändert läßt, insbesondere kann
  361. aus der Ablehnung nicht auf den Willen der Wohnungseigentümer geschlossen
  362. werden, das Gegenteil des Beschlußantrags zu wollen (Suilmann, Beschlußmängelverfahren, S. 13). Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Entsprechend der Funktion des Beschlusses, den gemeinschaftsinternen Willen
  363. verbindlich festzulegen (vgl. Suilmann, Beschlußmängelverfahren, S. 13;
  364. Weitnauer/Lüke, aaO, § 23 Rdn. 12), kann einem kollektiven Willensakt, der
  365. diese Aufgabe erfüllt, Beschlußqualität nicht abgesprochen werden. Nicht anders als ein positiver Beschluß kommt auch ein negatives Abstimmungsergebnis in Verwirklichung der Beschlußkompetenz der Wohnungseigentümerversammlung zustande und ist daher das Resultat einer verbindlichen Willensbildung der Gemeinschaft aus mehreren Einzelwillen (Bub, aaO; Wenzel, aaO).
  366. Es wird der Gemeinschaftswille festgelegt, daß die beantragte Änderung oder
  367. Ergänzung des Gemeinschaftsverhältnisses nicht eintreten soll (Hadding,
  368. aaO). Insoweit unterscheidet sich die Ablehnung eines Antrags in nichts von
  369. der - unzweifelhaft als Beschluß anzusehenden - Annahme des "negativen"
  370. - 22 -
  371. Antrags, eine bestimmte Handlung nicht vorzunehmen oder zu unterlassen (AG
  372. Kerpen, aaO; Bub, aaO; Wenzel aaO; Hadding, aaO).
  373. Damit gilt auch hier im Ergebnis nichts anderes als nach nahezu einhelliger Ansicht im Gesellschaftsrecht (vgl. Hadding, aaO, in Fn. 11). Der Bundesgerichtshof geht in neuerer, inzwischen ständiger Rechtsprechung davon aus,
  374. daß auch die formal einwandfrei zustande gekommene Ablehnung eines Beschlußantrags mit Mehrheit oder infolge Stimmengleichheit ein Beschluß ist,
  375. der aus sachlichen Gründen nichtig oder anfechtbar sein kann, weil nur so für
  376. den antragstellenden Gesellschafter ein in allen Fällen ausreichender Rechtsschutz gewährleistet ist (BGHZ 76, 191, 198; 88, 320, 328; 97, 28, 30; 104, 66,
  377. 69 m.w.N.). Wiederum ist eine Rechtfertigung dafür, daß dies im Wohnungseigentumsrecht anders sein müßte, nicht erkennbar (Wenzel aaO; Hadding,
  378. ZWE 2001, 179, 183).
  379. 4. Dieser in der Eigentümerversammlung vom 9. Juli 1996 gefaßte Negativbeschluß wurde durch den nunmehr angefochtenen, inhaltsgleichen Eigentümerbeschluß vom 21. August 1997 bestätigt.
  380. a) Beide Beschlüsse haben die Ermächtigung der Wohnungseigentümer
  381. zur Geltendmachung von Baumängeln am Gemeinschaftseigentum zum Gegenstand. Mit dem früheren Beschluß wurde ein Antrag auf Erteilung der Ermächtigung abgelehnt, mit dem nachfolgenden Mehrheitsbeschluß ein negativ
  382. formulierter Antrag angenommen, nach dem keiner der Eigentümer ermächtigt
  383. sein sollte, Mängel am Gemeinschaftseigentum geltend zu machen. Da der
  384. spätere Beschluß ausdrücklich an den Inhalt des früheren anknüpft und diesen
  385. "klarstellen" soll, betreffen beide - entgegen der Ansicht der Antragsteller - die-
  386. - 23 -
  387. selben Mängel. Dem späteren Beschluß kommt damit ein über den früheren
  388. Beschluß hinausgehender Inhalt nicht zu. Es handelt sich, wie der Hinweis auf
  389. die Klarstellung des Beschlusses vom 9. Juli 1996 zeigt, nicht um einen Zweitbeschluß, durch den der inhaltsgleiche Erstbeschluß aufgehoben und novatorisch ersetzt worden ist, sondern um einen bestätigenden Zweitbeschluß mit
  390. dem Ziel, etwaige Mängel des Erstbeschlusses auszuräumen.
  391. b) Die Wohnungseigentümer sind grundsätzlich nicht gehindert, über
  392. eine schon geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen.
  393. Die Befugnis dazu ergibt sich aus der autonomen Beschlußzuständigkeit der
  394. Gemeinschaft. Dabei ist unerheblich, aus welchen Gründen die Gemeinschaft
  395. eine erneute Beschlußfassung für angebracht hält. Von Bedeutung ist nur, ob
  396. der neue Beschluß aus sich heraus einwandfrei ist (Senat, BGHZ 113, 197,
  397. 200; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 51 f; Merle, DWE 1995, 146; Lüke,
  398. ZWE 2000, 98, 100). Gleichwohl erlangt die vom vorlegenden Gericht erörterte
  399. Frage, ob der Zweitbeschluß schutzwürdige Belange aus Inhalt und Wirkungen
  400. des Erstbeschlusses mißachtet (vgl. dazu Senat, BGHZ 113, 197, 200), hier
  401. keine Entscheidungserheblichkeit.
  402. 5. Für die Anfechtung des Zweitbeschlusses vom 21. August 1997 fehlt
  403. den Antragstellern nämlich das Rechtsschutzinteresse, nachdem der inhaltsgleiche Eigentümerbeschluß vom 9. Juli 1996 infolge rechtskräftig festgestellter
  404. Erledigung des zunächst anhängigen Anfechtungsverfahrens Bestandskraft
  405. erlangt hat. Eine Aufhebung des Zweitbeschlusses, der allein Gegenstand des
  406. vorliegenden Verfahrens ist, wäre ohne Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis
  407. zwischen den Wohnungseigentümern, weil es bei der Wirksamkeit des bestandskräftigen Erstbeschlusses vom 9. Juli 1996 mit identischem Beschlußin-
  408. - 24 -
  409. halt verbliebe (vgl. Senat, BGHZ 127, 99, 106; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23
  410. Rdn. 62, § 43 Rdn. 59; Merle, DWE 1995, 146, 153; Müller, ZWE 2000, 557,
  411. 559).
  412. Damit wäre, weil dann die Unwirksamkeit ohnehin jederzeit geltend gemacht werden könnte, nur im Falle der Nichtigkeit des Erstbeschlusses ein
  413. Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des Zweitbeschlusses gegeben (vgl.
  414. Senat, BGHZ 127, 99, 102). Der Beschluß vom 9. Juli 1996 ist jedoch nicht
  415. nichtig. Insbesondere stellt die unrichtige Feststellung des Abstimmungsergebnisses keinen Nichtigkeits-, sondern lediglich einen Anfechtungsgrund dar (vgl.
  416. BGHZ 104, 66, 69 zum GmbH-Recht), der nach Erledigung des Anfechtungsverfahrens nicht mehr berücksichtigungsfähig ist.
  417. 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Entscheidung über
  418. den Geschäftswert auf § 48 Abs. 3 WEG. Grundlage ist jeweils die Festsetzung
  419. der Einzelwerte für den Geschäftswert im Beschluß des Landgerichts. Der Senat hat für den Geschäftswert der ersten Instanz von der durch § 31 Abs. 1
  420. Satz 2 KostO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht.
  421. Wenzel
  422. Schneider
  423. Klein
  424. Krüger
  425. Gaier