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17 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. IX ZR 176/11
  5. Verkündet am:
  6. 11. April 2013
  7. Preuß
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. InsO §§ 50, 166 Abs. 2, § 170 Abs. 1, §§ 171, 173 Abs. 2; BGB §§ 1281, 1282 Abs. 1
  19. a) Ist die verpfändete Forderung fällig, die durch das Pfandrecht gesicherte Hauptforderung jedoch nicht, steht dem Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des
  20. Pfandschuldners das alleinige Einzugsrecht zu.
  21. b) Zieht der wegen des fehlenden Einzugsrechts des Pfandgläubigers einziehungsbefugte Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Pfandschuldners die
  22. verpfändete Forderung ein, kann er die Kosten der Feststellung und der Verwertung der
  23. Forderung vorab für die Masse entnehmen.
  24. BGH, Urteil vom 11. April 2013 - IX ZR 176/11 - OLG Brandenburg
  25. LG Neuruppin
  26. - 2 -
  27. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  28. vom 7. Februar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser,
  29. die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und den Richter
  30. Dr. Fischer
  31. für Recht erkannt:
  32. Auf die Revision des Klägers und der Streithelferin des Klägers
  33. wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. Oktober 2011 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als die Berufung gegen die Abweisung des Zahlungsantrags zu 2 und der Hilfsanträge zurückgewiesen worden
  34. ist.
  35. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
  36. und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
  37. an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  38. Von Rechts wegen
  39. Tatbestand:
  40. 1
  41. Der Beklagte ist Verwalter in dem am 22. August 2002 eröffneten Insolvenzverfahren
  42. über
  43. das
  44. Vermögen
  45. der
  46. H.
  47. GmbH (Schuldnerin). Die Schuldnerin hatte dem am 21. Oktober 1946 geborenen Kläger, einem ihrer Gesellschafter-Geschäftsführer, am 4. August 1993
  48. eine schriftliche Pensionszusage erteilt, in welcher es heißt:
  49. - 3 -
  50. 2
  51. "1. Sie erhalten ein lebenslängliches Ruhegeld in Höhe von 2000 DM
  52. [= 1.022,58 €] monatlich, wenn Sie
  53. a) nach Vollendung des 60. Lebensjahres … aus den Diensten der Gesellschaft
  54. ausscheiden …
  55. 3
  56. 2. Ihr im Zeitpunkt Ihres Ablebens mit Ihnen in gültiger Ehe lebender
  57. Ehegatte erhält eine lebenslängliche Hinterbliebenenrente …
  58. 4
  59. 4. Die Versorgungsleistungen werden am Ende eines jeden Monats gezahlt, beginnend mit dem Monat nach Eintritt des Versorgungsfalles…"
  60. 5
  61. Zur Sicherung des Anspruchs schloss die Schuldnerin eine Rückdeckungsversicherung bei der Streithelferin des Klägers (fortan: Streithelferin) ab
  62. und verpfändete die hieraus folgenden Ansprüche an den Kläger sowie für den
  63. Fall des Todes an dessen Ehefrau.
  64. 6
  65. In einem Vorprozess nahm der Beklagte den Kläger gemäß § 64 Abs. 2
  66. GmbHG aF auf Erstattung in Anspruch. Mit Urteil vom 13. Juni 2006 wurde der
  67. Kläger verurteilt, an den Beklagten 29.510,16 € nebst Zinsen und Kosten zu
  68. zahlen. Am 1. Dezember 2006 endete der Versicherungsvertrag. Am 2. April
  69. 2008 überwies die Streithelferin einen Betrag von 73.689,60 € an den Beklagten.
  70. 7
  71. Der Kläger verlangt die Auskehrung der Versicherungssumme, soweit
  72. diese nicht durch die Begleichung der Urteilssumme nebst Zinsen und Kosten
  73. aus dem Vorprozess verbraucht worden ist. Der Beklagte hat hilfsweise mit weiteren Ansprüchen aus § 64 Abs. 2 GmbHG aF sowie aus § 823 Abs. 2 BGB in
  74. Verbindung mit § 283 StGB aufgerechnet. Die Klage ist in den Vorinstanzen
  75. erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der
  76. - 4 -
  77. Kläger den Anspruch auf Zahlung von 47.454,93 € weiter. Hilfsweise begehrt er
  78. die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet sei, im Zeitraum Oktober 2011
  79. bis Juli 2015 monatlich 1.022,58 € sowie im August 2015 weitere 416,32 € an
  80. ihn zu zahlen; weiter hilfsweise begehrt er, den Beklagten zur Hinterlegung des
  81. Betrages von 47.454,93 € zu verurteilen. Der Beklagte beantragt, die Revision
  82. zurückzuweisen.
  83. Entscheidungsgründe:
  84. 8
  85. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  86. I.
  87. 9
  88. Entgegen der Ansicht des Beklagten war die Berufung auch insoweit zulässig, als der Kläger mit ihr den auf Zahlung von 47.454,93 € gerichteten
  89. Hauptantrag verfolgt hat.
  90. 10
  91. 1. Wird die Berufung - wie hier - unbeschränkt eingelegt, erstreckt sich
  92. die hierdurch eintretende Hemmung der Rechtskraft grundsätzlich auch dann
  93. auf das gesamte erstinstanzliche Urteil, wenn die Berufungsbegründung einen
  94. beschränkten Antrag enthält. In der Beschränkung allein liegt kein Verzicht (vgl.
  95. § 515 ZPO) auf den (zunächst) nicht weiter verfolgten Antrag (BGH, Urteil vom
  96. 28. September 2000 - IX ZR 6/99, NJW 2001, 146). Der Berufungskläger kann
  97. die Berufung auch nach Ablauf der Begründungsfrist (§ 520 Abs. 2 ZPO) bis
  98. zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erweitern,
  99. - 5 -
  100. soweit die fristgerecht vorgetragenen Berufungsgründe die Antragserweiterung
  101. decken (BGH, Urteil vom 28. September 2000, aaO; Beschluss vom 9. November 2004 - VIII ZB 36/04, NJW-RR 2005, 714, 715; Urteil vom 14. Mai 2009
  102. - I ZR 98/06, BGHZ 181, 98 Rn. 16).
  103. 11
  104. 2. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Landgericht hat die Klage
  105. mit der Begründung abgewiesen, sowohl der Zahlungs- als auch der Feststellungsantrag hätten zur Tabelle angemeldet werden müssen. Zum Zahlungsantrag heißt es ergänzend, unabhängig von der fehlenden Anmeldung habe der
  106. Kläger auch keinen Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme; er
  107. könne lediglich nach Maßgabe der getroffenen Vereinbarungen Zahlung eines
  108. monatlichen Ruhegeldes verlangen. Die Erklärung in der Berufungsbegründung, der Zahlungsanspruch solle nicht weiterverfolgt werden, weil der Kläger
  109. das Renteneintrittsalter noch nicht erreicht habe, bezieht sich nicht auf das angefochtene Urteil, sondern erklärt sich daraus, dass die Parteien in erster Instanz zu Unrecht, aber übereinstimmend davon ausgegangen waren, dass der
  110. Kläger erst ab Vollendung des 65. Lebensjahrs einen Anspruch auf Pensionszahlungen haben sollte. Sie kann daher nicht dahingehend verstanden werden,
  111. der Kläger wolle sich seines Rechts auf Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung endgültig begeben (vgl. RGZ 161, 350, 355). Nachdem in zweiter
  112. Instanz unstreitig geworden war, dass die Pensionszahlungen bereits mit dem
  113. vollendeten 60. Lebensjahr des Klägers beginnen sollten, konnte der Kläger
  114. den Zahlungsantrag wieder aufnehmen. Der wesentliche Berufungsangriff, eine
  115. Anmeldung der Forderung zur Tabelle sei nicht erforderlich gewesen, betraf
  116. ebenso den Haupt- wie den Hilfsantrag.
  117. - 6 -
  118. II.
  119. 12
  120. Das Berufungsgericht hat gemeint, es fehle an einer Anspruchsgrundlage für die geltend gemachten Ansprüche. § 170 Abs. 1 InsO sei nicht einschlägig, weil der Beklagte den Versicherungsvertrag nicht verwertet habe. § 166
  121. Abs. 2 InsO gelte nicht für eine verpfändete Forderung, bei der Pfandreife eingetreten sei. Der Anspruch des Klägers aus der Pensionszusage sei von November 2006 an ratierlich fällig geworden, weil der Kläger im Oktober 2006 das
  122. 60. Lebensjahr vollendet habe und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens als
  123. Ausscheiden aus dem Dienst der Schuldnerin anzusehen sei. Gemäß § 1282
  124. Abs. 1 Satz 1 BGB habe die Streithelferin daher nur an den Kläger mit befreiender Wirkung leisten können. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung
  125. kämen nicht in Betracht, weil nicht der Beklagte, sondern die Streithelferin des
  126. Klägers an diesen geleistet habe. Die Bereicherung sei auch nicht auf Kosten
  127. des Klägers erfolgt, weil die Streithelferin durch die Zahlung an den Beklagten,
  128. soweit sie nicht auf die titulierte Forderung bezogen sei, nicht von ihrer Verpflichtung gegenüber dem Kläger freigeworden sei. Schadensersatzansprüche
  129. seien nicht ersichtlich. Ansprüche aus § 60 InsO richteten sich gegen den Kläger persönlich. Die Hilfsanträge seien gleichfalls nicht begründet. Der Anspruch
  130. auf Zahlung einer monatlichen Rente stelle eine Insolvenzforderung dar und
  131. müsse zur Tabelle festgestellt werden. Die Hinterlegung nach §§ 191 f InsO
  132. diene der Sicherung aufschiebend bedingter Insolvenzforderungen; solche habe der Kläger jedoch nicht angemeldet.
  133. - 7 -
  134. III.
  135. 13
  136. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
  137. Grundlage der geltend gemachten Ansprüche ist § 170 Abs. 1 Satz 2 InsO in
  138. entsprechender Anwendung.
  139. 14
  140. 1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Streithelferin des
  141. Klägers die Versicherungssumme am 2. April 2008 an den Beklagten als Berechtigten ausgezahlt. Die Berechtigung des Beklagten folgt aus § 173 Abs. 2
  142. Satz 2 InsO in entsprechender Anwendung.
  143. 15
  144. a) Der Beklagte war nicht nach § 166 Abs. 2 InsO einziehungsbefugt.
  145. Diese Vorschrift erlaubt dem Verwalter die Einziehung oder anderweitige Verwertung einer Forderung, welche der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs
  146. abgetreten hatte. Auf verpfändete Forderungen ist sie nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar (BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - IX ZR 262/01, NZI 2002,
  147. 599 f; vom 7. April 2005 - IX ZR 138/04, NZI 2005, 384, 385; vgl. auch Berger,
  148. Festschrift für Gero Fischer, 2008, S. 1, 4).
  149. 16
  150. b) Der Beklagte war jedoch deshalb zur Einziehung der Versicherungssumme befugt, weil der Kläger als der einzige andere in Betracht kommende
  151. Berechtigte nach den insoweit maßgebenden Vorschriften des Bürgerlichen
  152. Gesetzbuchs nicht zur Einziehung der Versicherungsleistung berechtigt war.
  153. 17
  154. aa) Gemäß § 1282 Abs. 1 BGB ist der Pfandgläubiger erst dann zur Einziehung der gepfändeten Forderung berechtigt, wenn Pfandreife gemäß § 1228
  155. Abs. 2 BGB eingetreten ist. Nach dieser Vorschrift tritt Pfandreife bereits dann
  156. ein, wenn die gesicherte Forderung nur teilweise fällig geworden ist. Die gesi-
  157. - 8 -
  158. cherte Forderung aus der Pensionszusage vom 4. August 1993 entstand jedoch
  159. nicht insgesamt mit Ablauf des Monats, in welchem der Kläger sein 60. Lebensjahr vollendete, sondern von diesem Zeitpunkt an Monat für Monat neu, jeweils
  160. aufschiebend bedingt durch den Erlebensfall (vgl. BGH, Urteil vom 7. April
  161. 2005, aaO; vom 10. Juli 1997 - IX ZR 161/96, BGHZ 136, 220, 223). Am 2. April
  162. 2008 waren überhaupt erst Pensionsansprüche für die Monate November 2006
  163. bis einschließlich März 2008 in Höhe von (17 x 1.022,58 € =) 17.383,86 € angefallen.
  164. 18
  165. bb) § 1282 Abs. 1 Satz 2 BGB erlaubt dem Pfandgläubiger die Einziehung der Forderung nur insoweit, als sie zu seiner Befriedigung erforderlich ist.
  166. Handelt es sich bei der gesicherten Forderung um eine Rente, ist eine Einziehung nur entsprechend den vereinbarten Rentenzahlungen möglich (Lehleiter,
  167. EWiR 1996, 7, 8; Blomeyer, VersR 1999, 653, 659). Auch aus diesem Grunde
  168. war der Kläger nicht befugt, die Versicherungssumme einzuziehen, soweit sie
  169. den Betrag von 17.383,86 € überstieg. Ist der Pfändungsgläubiger nach den
  170. allgemeinen Vorschriften mangels Fälligkeit der Hauptforderung nicht zur Einziehung der verpfändeten Forderung berechtigt, kann im Insolvenzverfahren
  171. nichts anderes gelten. Der Absonderungsberechtigte hat auch hier keinen Anspruch darauf, dass noch nicht entstandene und nicht fällige Forderungen befriedigt werden. Auf der anderen Seite ist der Versicherer weder vertraglich
  172. noch gesetzlich verpflichtet, die Versicherungssumme ratierlich an den Pfändungsgläubiger auszuzahlen; er hat Anspruch darauf, die von ihm geschuldete
  173. Einmalzahlung als solche erbringen zu dürfen. Damit ist der Verwalter nicht nur
  174. berechtigt, sondern auch verpflichtet, die Versicherungssumme entgegen zu
  175. nehmen.
  176. - 9 -
  177. 19
  178. cc) Es kann sich damit nur noch die Frage stellen, ob die Versicherungssumme gemäß oder entsprechend § 1281 BGB an den Pfandgläubiger und den
  179. Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Gläubigers gemeinsam zu leisten ist. Diese Frage ist zu verneinen. Der Senat hat in dem vergleichbaren Fall der vorzeitigen Beendigung der verpfändeten Rückdeckungsversicherung ein alleiniges Einzugsrecht des Verwalters entsprechend § 173
  180. Abs. 2 Satz 2 InsO angenommen (BGH, Urteil vom 7. April 2005 - IX ZR
  181. 138/04, NZI 2005, 384 f). Ein solches entspricht auch in anderen Fällen der fehlenden Pfandreife dem wohlverstandenen Interesse der Insolvenzgläubiger an
  182. der zügigen Verwertung des zur Masse gehörenden Vermögens einerseits und
  183. des auch nach § 1281 BGB nicht allein einzugsberechtigten Pfandgläubigers
  184. andererseits. Ein nur gemeinsam auszuübendes Einzugsrecht würde die Verwertung der verpfändeten Forderung erschweren.
  185. 20
  186. Außerhalb des Insolvenzverfahrens dient die Vorschrift des § 1281 BGB
  187. dem Schutz des noch nicht einziehungsberechtigten Pfandgläubigers davor,
  188. dass der Pfandschuldner die verpfändete Forderung einzieht und den Erlös
  189. verbraucht. Im Insolvenzverfahren bedarf der Pfandgläubiger dieses Schutzes
  190. nicht in gleicher Weise. Zu den Amtspflichten des Insolvenzverwalters gehört
  191. auch, die Rechte des Absonderungsberechtigten zu wahren und den aus der
  192. Verwertung eines belasteten Massegegenstandes erzielten Erlös nach Maßgabe der §§ 165 ff InsO an den Berechtigten auszukehren. Bei schuldhafter Verletzung dieser Pflichten haftet er gemäß § 60 InsO. Die dem Verwalter in Bezug
  193. auf die verpfändete Forderung obliegenden Pflichten, insbesondere im Hinblick
  194. auf die Separierung und die ratenweise Auszahlung des eingezogenen Betrags
  195. nach Fälligkeit des Versorgungsanspruchs, änderten sich bei Anwendung des
  196. § 1281 BGB im Übrigen nicht. Auch die praktischen Schwierigkeiten, die sich
  197. aus der Pflicht zur Einziehung und Verwahrung der fälligen Versicherungssum-
  198. - 10 -
  199. me und zur monatlichen Bedienung des Versorgungsanspruchs ergeben mögen (vgl. hierzu etwa Rhein/Lasser, NZI 2007, 153 f), würden nicht gelöst.
  200. 21
  201. 2. Nach Eintritt der Pfandreife ist der Verwalter verpflichtet, den absonderungsberechtigten Pfandgläubiger aus dem durch die Einziehung der verpfändeten Forderung erzielten Erlös zu befriedigen. Diese Pflicht folgt wie in den
  202. gesetzlich geregelten Fällen eines Verwertungsrechts des Verwalters aus § 170
  203. Abs. 1 Satz 2 InsO (analog). Das Einziehungsrecht des Verwalters ändert
  204. nichts am Recht des Absonderungsberechtigten auf abgesonderte Befriedigung, also auch nichts daran, dass dem absonderungsberechtigten Gläubiger
  205. der Verwertungserlös zusteht.
  206. 22
  207. 3. Da der Verwalter mit der Feststellung und Einziehung der verpfändeten Forderung sowie mit der Auskehrung des Erlöses an den Pfandgläubiger
  208. befasst ist, hat er zuvor entsprechend § 170 Abs. 1 Satz 1 InsO die Kosten der
  209. Feststellung und der Verwertung (§ 171 InsO) abzurechnen. Die Vorschrift des
  210. § 170 Abs. 1 Satz 1 InsO gilt unmittelbar nur für die Fälle des § 166 Abs. 1 und
  211. 2 InsO, in welchem das Gesetz dem Insolvenzverwalter ausdrücklich das Recht
  212. zuweist, mit Absonderungsrechten belastete bewegliche Sachen und Forderungen zu verwerten. Ob sie auch im Fall des § 173 Abs. 2 Satz 2 InsO gilt, ob der
  213. Verwalter also auch dann die Kosten der Feststellung und der Verwertung beanspruchen kann, wenn er den belasteten Vermögensgegenstand nach ergebnisloser Fristsetzung verwertet, ist streitig (vgl. etwa Uhlenbruck/Brinkmann,
  214. InsO, 13. Aufl., § 173 Rn. 14: Verwertungs-, nicht aber Feststellungskosten;
  215. Flöther in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2009, § 173 Rn. 9: keine Kostenbeiträge;
  216. HK-InsO/Landfermann, InsO, 6. Aufl., § 173 Rn. 6: §§ 171, 170 Abs. 1 InsO
  217. gelten entsprechend). Zieht der Verwalter eine verpfändete Forderung ein, weil
  218. mangels Fälligkeit der Hauptforderung kein Einziehungsrecht des Pfandgläubi-
  219. - 11 -
  220. gers besteht, und separiert oder hinterlegt er den Erlös zur Auskehrung an den
  221. Pfandgläubiger nach Eintritt der Pfandreife, wird der damit verbundene Aufwand
  222. regelmäßig demjenigen entsprechen, der für eine Verwertung nach § 166
  223. Abs. 1 und 2 InsO erforderlich ist; dies rechtfertigt eine entsprechende Anwendung des § 171 InsO.
  224. 23
  225. 4. Der Kläger hat danach Anspruch auf Auskehrung der Versicherungssumme in Höhe seiner Pensionsansprüche für die Zeit ab November 2006 bis
  226. zum Zeitpunkt des erneuten Schlusses der mündlichen Verhandlung abzüglich
  227. der Kostenbeiträge gemäß § 171 InsO. Der verbleibende Betrag ist bis zu seiner Erschöpfung Monat für Monat in Höhe der monatlich geschuldeten Pension
  228. an den Kläger auszuzahlen; wird das Insolvenzverfahren aufgehoben, ist ein
  229. etwa noch vorhandener Betrag gemäß §§ 191 Abs. 1, 198 InsO zugunsten des
  230. Klägers zu hinterlegen.
  231. IV.
  232. 24
  233. Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO); die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (563 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif
  234. (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit Gegenforderungen erklärt hat. Mit dieser hat sich das Berufungsgericht noch nicht befasst. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Aufrechnung nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagte verpflichtet ist, die Versicherungssumme zugunsten des Klägers zu verwahren. Ob und in welchem Umfang
  235. die Aufrechnung zulässig ist, richtet sich vielmehr nach dem gesicherten Pensionsanspruch. Da der Kläger gegenüber diesen in erster Linie auf § 64 Abs. 2
  236. - 12 -
  237. GmbHG aF gestützten Gegenforderungen die Einrede der Verjährung erhoben
  238. hat (vgl. § 64 Abs. 2 Satz 3, § 43 Abs. 4 GmbHG aF), wird jedoch zu prüfen
  239. sein, ob und in welchem Umfang sich gegebenenfalls die gegenseitigen Forderungen in unverjährter Zeit aufrechenbar gegenüber standen (§ 215 BGB).
  240. Kayser
  241. Gehrlein
  242. Lohmann
  243. Vill
  244. Fischer
  245. Vorinstanzen:
  246. LG Neuruppin, Entscheidung vom 29.01.2010 - 5 O 27/10 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 12.10.2011 - 7 U 41/10 -