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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZB 176/07
  4. vom
  5. 17. April 2008
  6. in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
  7. - 2 -
  8. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  9. Dr. Ganter, den Richter Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin Lohmann und die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape
  10. am 17. April 2008
  11. beschlossen:
  12. Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners werden der Beschluss
  13. der 23. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 14. August
  14. 2007 und der Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts Bielefeld vom 4. Januar 2007 aufgehoben.
  15. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten
  16. der Beschwerdeverfahren - an das Insolvenzgericht zurückverwiesen.
  17. Der
  18. Wert
  19. des
  20. Rechtsbeschwerdeverfahrens
  21. wird
  22. auf
  23. 200.000 Euro festgesetzt (§ 58 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 GKG).
  24. Gründe:
  25. I.
  26. 1
  27. Am 20. Juni 2005 beantragte der weitere Beteiligte zu 1 (fortan: Gläubiger) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Das Insolvenzgericht bestellte den weiteren Beteiligten zu 2 (fortan: Gut-
  28. - 3 -
  29. achter) zum vorläufigen Insolvenzverwalter und beauftragte ihn zugleich mit der
  30. Erstattung eines Gutachtens über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners.
  31. Der
  32. Gutachter
  33. ermittelte
  34. Verbindlichkeiten
  35. des
  36. Schuldners
  37. von
  38. 200.000 Euro. An Vermögensgegenständen fand er ein Konto mit einem Guthaben von 302,05 Euro sowie ein dem Schuldner gehörendes bebautes Grundstück, das sich in der Zwangsversteigerung befinde; hieraus sei ein Überschuss
  39. von mehr 250.000 Euro zu erwarten.
  40. 2
  41. Am 4. Januar 2007 hat das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren
  42. über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Die sofortige Beschwerde des
  43. Schuldners ist erfolglos geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde will der Schuldner weiterhin die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses erreichen.
  44. II.
  45. 3
  46. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 34 Abs. 2, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1
  47. Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO).
  48. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Insolvenzgericht.
  49. 4
  50. 1. Das Beschwerdegericht hat den Eröffnungsantrag für begründet
  51. gehalten. Der Gläubiger habe titulierte Forderungen in Höhe von insgesamt
  52. 33.882,66 Euro glaubhaft gemacht. Der Schuldner sei zahlungsunfähig, weil er
  53. nicht in der Lage sei, diese Forderungen zu begleichen. Das ihm gehörende
  54. Grundstück ändere daran nichts, weil der Schuldner wegen des eingetragenen
  55. Zwangsversteigerungsvermerks darüber nicht verfügen könne.
  56. - 4 -
  57. 5
  58. 2. Diese Ausführungen sind in einem wesentlichen Punkt unvollständig.
  59. Sie lassen außer Acht, dass für den Gläubiger eine Zwangshypothek auf dem
  60. Grundstück des Schuldners eingetragen ist.
  61. 6
  62. a) Ist die Forderung eines Gläubigers zweifelsfrei vollständig dinglich gesichert, ist dessen Insolvenzantrag unzulässig. Das hat der Bundesgerichtshof
  63. nach Erlass der angefochtenen Entscheidung entschieden (BGH, Beschl. v.
  64. 29. November 2007 - IX ZB 12/07, WM 2008, 227). In einem solchen Fall fehlt
  65. dem Gläubiger das Rechtsschutzinteresse. Gläubiger, die abgesonderte Befriedigung verlangen können, sind Insolvenzgläubiger, soweit ihnen der Schuldner
  66. auch persönlich haftet. Zur anteilsmäßigen Befriedigung aus der Insolvenzmasse sind sie jedoch nur berechtigt, soweit sie auf eine abgesonderte Befriedigung
  67. verzichten oder bei ihr ausgefallen sind (§ 52 InsO). Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wird ihre Forderung bei der Verteilung nicht berücksichtigt (§
  68. 190 Abs. 1 InsO).
  69. 7
  70. b) Für den Gläubiger ist aufgrund der vollstreckbaren Urkunde vom
  71. 21. November 2003, auf der die Forderung von 30.000 Euro beruht, am 1. September 2004 eine Sicherungshypothek über einen Betrag von 30.028,50 Euro
  72. eingetragen worden. Aus diesem Recht betreibt der Gläubiger die Zwangsversteigerung. Das Recht ist voll werthaltig, weil der Gutachter aus der Verwertung
  73. des Grundstücks einen Überschuss von 250.000 Euro erwartet.
  74. III.
  75. 8
  76. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Er ist
  77. aufzuheben (§ 577 Abs. 4 ZPO); die Sache wird - da auch das Insolvenzgericht
  78. - 5 -
  79. sich nicht mit der Frage der ausreichenden dinglichen Sicherung des Gläubigers befasst hat - an das Insolvenzgericht zurückverwiesen (§ 577 Abs. 4,
  80. § 572 Abs. 3 ZPO; vgl. BGHZ 160, 176, 185 f). Bei der erneuten Entscheidung
  81. wird allerdings auch zu berücksichtigen sein, dass der Gläubiger den Eröffnungsantrag auf eine weitere titulierte Forderung in Höhe von 3.882,66 Euro
  82. stützt, die im Falle der Eröffnung eine Insolvenzforderung darstellen würde.
  83. Ganter
  84. Gehrlein
  85. Fischer
  86. Lohmann
  87. Pape
  88. Vorinstanzen:
  89. AG Bielefeld, Entscheidung vom 04.01.2007 - 43 IK 513/05 LG Bielefeld, Entscheidung vom 14.08.2007 - 23 T 47/07 -