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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IV ZR 149/04
  4. vom
  5. 7. November 2007
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
  9. Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf
  10. und den Richter Felsch
  11. am 7. November 2007
  12. beschlossen:
  13. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in
  14. dem Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
  15. Karlsruhe vom 19. Mai 2004 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
  16. Beschwerdewert: 56.242,11 €
  17. Gründe:
  18. 1
  19. Die Beschwerde ist zurückzuweisen, weil ein Zulassungsgrund
  20. nicht dargelegt ist (§§ 543 Abs. 2 Satz 1, 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Die
  21. Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die
  22. Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
  23. 2
  24. 1. Die Beklagten werden durch das Berufungsurteil nicht in entscheidungserheblicher Weise in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör
  25. verletzt.
  26. -3-
  27. 3
  28. a) Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann nach der ständigen
  29. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW-RR 2002, 68 f.;
  30. NJW 1998, 2583, 2584 und BVerfGE 96, 205, 216 f., jeweils m.w.N.) nur
  31. festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht
  32. seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die Gerichte
  33. Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind aber nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den
  34. Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen und es in allen Einzelheiten zu bescheiden (vgl. auch BGH, Beschluss vom 10. Mai 2005
  35. - VI ZR 89/04 - WuM 2005, 475 und Urteile vom 13. Februar 1992 - III ZR
  36. 28/90 - NJW 1992, 2080 unter I 2 b bb und vom 26. Juni 1989 - II ZR
  37. 128/88 - NJW 1990, 573 unter II 1).
  38. 4
  39. b) Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen noch ausreichend erkennen, dass es den Vortrag der Beklagten in seinem Kern zur
  40. Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat.
  41. 5
  42. aa) Für die Beweiskraft der Quittungen ist es unerheblich, dass
  43. das Berufungsgericht sich nur auf Fotokopien bezogen hat. Wie die Beschwerde nicht verkennt, haben die Originale dem Landgericht vorgelegen und ist unstreitig, dass diese von den Beklagten unterschrieben
  44. worden sind.
  45. 6
  46. bb) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis auch zu Recht angenommen, dass die Beklagten einen Blankettmissbrauch nicht behauptet
  47. haben. Der Beklagte zu 1 hat an den von der Beschwerde zitierten Aktenstellen (GA I 113, 183, 185, II 65) die Behauptung des Klägers, der
  48. -4-
  49. Text auf der Quittung vom 11. März 1982 über die 60.000 DM sei zeitlich
  50. vor der Unterschrift des Beklagten zu 1 eingetragen worden, lediglich mit
  51. Nichtwissen bestritten und hierzu Vermutungen angestellt. Dieses
  52. Bestreiten war nach § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig und damit unbeachtlich. Einer Partei ist es grundsätzlich gemäß § 138 Abs. 4 ZPO verwehrt,
  53. eigene Handlungen und Wahrnehmungen mit Nichtwissen zu bestreiten.
  54. Nur ausnahmsweise kommt ein Bestreiten eigener Handlungen und
  55. Wahrnehmungen dann in Betracht, wenn die Partei nach der Lebenserfahrung glaubhaft macht, sich an gewisse Vorgänge nicht mehr erinnern
  56. zu können. Die bloße Behauptung, sich nicht zu erinnern, reicht indessen
  57. nicht aus (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - NJW 1995,
  58. 130 unter 3 d aa). Mit dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B.
  59. ,
  60. der im Übrigen zur Entstehungsreihenfolge von Unterschrift und Textschrift keine verwertbaren Erkenntnisse gewinnen konnte, brauchte sich
  61. das Berufungsgericht danach nicht zu befassen.
  62. 7
  63. cc) Gleiches gilt für die Feststellung des Berufungsgerichts, die
  64. Beklagten hätten das Darlehen über die 60.000 DM in Form des Verrechnungsschecks vom 11. März 1982 an diesem Tage erhalten. Der
  65. Kläger hat im Schriftsatz vom 24. März 2004 behauptet, die Beklagte
  66. zu 2 habe den Scheck auf der Rückseite giriert und auf ihr Konto eingezogen. Diese hat zunächst die Unterschrift als die ihrige anerkannt und
  67. weiter ausgeführt, die auf der Rückseite notierte Kontonummer stamme
  68. nicht von ihr, an eine solche Kontonummer könne sie sich nicht erinnern,
  69. sie bestreite mit Nichtwissen, dass die Rückseite zu dem Scheck über
  70. die 60.000 DM gehöre. Auch der Beklagte zu 1 hat sich auf ein Bestreiten mit Nichtwissen zurückgezogen. Dieses Bestreiten war nach § 138
  71. Abs. 4 ZPO unbeachtlich. Beide Beklagte hatten sich darüber zu erklären, ob sie den Scheck auf eines ihrer Konten, etwa eines mit der auf der
  72. -5-
  73. Scheckrückseite notierten Nummer …
  74. , eingezogen hatten. Sie hät-
  75. ten dazu Erkundigungen bei ihren Banken einholen können und müssen
  76. (vgl. BGH, Urteile vom 19. April 2001 - I ZR 238/98 - NJW-RR 2002, 612
  77. unter II 1 und vom 10. Oktober 1994 aaO unter 3 d bb). Auf die Angabe
  78. des Klägers in der Berufungsverhandlung, die Beklagte habe den Scheck
  79. bei der A.
  80. auf das Konto …
  81. eingereicht, dies sei die einzi-
  82. ge Bank gewesen, die den Beklagten damals noch Geld gewährt habe,
  83. haben diese sich nicht geäußert und auch kein Schriftsatzrecht beantragt.
  84. 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist auch nicht willkür-
  85. 8
  86. lich.
  87. 9
  88. a) Ein Verstoß gegen das Willkürverbot ist selbst bei einer zweifelsfrei fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts noch nicht anzunehmen. Hinzu kommen muss vielmehr, dass die fehlerhafte Rechtsanwendung unter Berücksichtigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt,
  89. dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (BVerfG NJW 1994, 2279).
  90. 10
  91. b) Von einer nicht mehr verständlichen, unter keinem denkbaren
  92. Aspekt vertretbaren Rechtsanwendung des Berufungsgerichts kann keine Rede sein, wie sich den Ausführungen unter 1. b) ohne weiteres entnehmen lässt.
  93. -6-
  94. 11
  95. 3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2
  96. Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
  97. Terno
  98. Seiffert
  99. Dr. Kessal-Wulf
  100. Wendt
  101. Felsch
  102. Vorinstanzen:
  103. LG Karlsruhe, Entscheidung vom 09.01.2002 - 10 O 590/00 OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 19.05.2004 - 15 U 7/02 -