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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. III ZR 276/03
  5. Verkündet am:
  6. 6. Oktober 2005
  7. Kiefer
  8. Justizangestellter
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. - 2 -
  13. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  14. vom 6. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
  15. Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann
  16. für Recht erkannt:
  17. Auf die Revision des Klägers zu 2 wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 10. September 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum
  18. Nachteil des Klägers zu 2 erkannt worden ist.
  19. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
  20. und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  21. Die Klägerin zu 1 hat die Kosten ihrer Nichtzulassungsbeschwerde zu tragen.
  22. Von Rechts wegen
  23. Tatbestand
  24. Der Kläger zu 2 (im Folgenden: der Kläger), ein Rechtsanwalt, gründete
  25. durch Vertrag vom 9. November 1987 gemeinsam mit den Gesellschaftern
  26. G.
  27. und R.
  28. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im folgenden:
  29. - 3 -
  30. Ursprungs-GbR), deren Gegenstand die für Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer
  31. und Steuerberater berufsrechtlich zulässigen Tätigkeiten waren. Aufgrund eines Vertrages vom 16. Dezember 1991 trat der Steuerberater W.
  32. in die
  33. Ursprungs-GbR ein. Im Jahre 1992 errichtete die Ursprungs-GbR eine Außenstelle in L.
  34. , zu deren Leiterin die Beklagte bestellt wurde. Die Be-
  35. klagte war in den Bereichen Buchhaltung und Rechnungswesen tätig.
  36. Der Gesellschafter W.
  37. kündigte den Gesellschaftsvertrag fristgerecht
  38. zum 31. Oktober 1994. Auch der Gesellschafter G.
  39. kündigte den
  40. Vertrag, und zwar außerordentlich zum 31. August 1994. Während die Kündigung W.
  41. unstreitig wirksam war, bestand über die Wirksamkeit der Kündi-
  42. gung G.
  43. Streit. Die Rechtsstellung G.
  44. zur Ursprungs-
  45. GbR, insbesondere das Bestehen etwaiger Ansprüche gegen diese, ist noch
  46. nicht endgültig geklärt. Die beiden übrigen Gesellschafter, der Kläger und
  47. R.
  48. , betreuten die ihnen zugeordneten Mandate, darunter auch diejenigen,
  49. die auf die Außenstelle L.
  50. chen Rechts "R.
  51. und T.
  52. Mandate der Außenstelle L.
  53. entfielen, unter Gesellschaft bürgerli" weiter. Im Innenverhältnis wurden die
  54. dem Kläger zugeordnet. Diese Gesell-
  55. schaft wurde zum 31. Oktober 1996 aufgelöst. Auch in später gegründeten weiteren Sozietäten mit wechselndem Mitgliederbestand verblieb die Bearbeitung
  56. der Mandate der Außenstelle L.
  57. 26. Mai 1997 an die Sozietät R.
  58. beim Kläger. Mit Schreiben vom
  59. und T.
  60. , zu Händen des Klägers, kün-
  61. digte die Beklagte das Rechtsverhältnis, unter anderem mit der Begründung,
  62. sie sei im Unklaren darüber, mit welcher der verschiedenen Sozietäten sie in
  63. einem gesellschaftsrechtlichen Verhältnis stehe. Nachfolgende Verhandlungen
  64. über einen Ankauf des mit der Außenstelle in L.
  65. dantenstamms durch die Beklagte scheiterten.
  66. verbundenen Man-
  67. - 4 -
  68. Der Kläger trägt vor, er persönlich sei nach der Auflösung der Ursprungs-GbR und nach der Gründung der Folgegesellschaften mit deren jeweils wechselndem Mitgliederbestand Alleininhaber der die Außenstelle
  69. L.
  70. betreffenden Mandate geworden und geblieben. Deswegen sei
  71. die Beklagte ihm persönlich für die Geschäftsführung dieser Mandate verantwortlich. Er wirft der Beklagten vor, sie verweigere ihm die Einsicht in die die
  72. Zweigstelle betreffenden Geschäftsunterlagen. Durch die Vorenthaltung dieser
  73. Unterlagen habe sie einen gewinnbringenden Verkauf der Außenstelle an Dritte verhindert. Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger - ursprünglich gemeinsam mit der früheren, am Revisionsverfahren nicht mehr beteiligten Klägerin
  74. zu 1 - die Beklagte mit gestaffelten Anträgen auf Herausgabe von Unterlagen,
  75. Auskunft und Abrechnung, sowie auf Zahlung von Schadensersatz und auf Unterlassung in Anspruch genommen.
  76. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat
  77. zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter.
  78. Entscheidungsgründe
  79. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils
  80. und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  81. 1.
  82. Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche beruhen auf einem Ge-
  83. schäftsbesorgungsvertrag oder auf Geschäftsführung ohne Auftrag, wobei - soweit der Kläger der Beklagten vorwirft, unberechtigt Steuerberatungstätigkeit zu
  84. - 5 -
  85. seinen Lasten ausgeübt zu haben - auch an angemaßte Eigengeschäftsführung (§ 687 BGB) gedacht werden mag.
  86. 2.
  87. Das Berufungsgericht verneint eine Aktivlegitimation des Klägers für die-
  88. se Ansprüche. Es meint, er habe nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Außenstelle L.
  89. auf ihn übergegangen sei. Auftraggeberin, Dienstherrin
  90. oder Prinzipalin der Beklagten sei die Ursprungs-GbR gewesen. Für eine Auflösung dieser Gesellschaft im Verhältnis zur Beklagten fehle es an hinreichend
  91. substantiiertem Sachvortrag, insbesondere hinsichtlich der Wirksamkeit des
  92. Ausscheidens des Ursprungsgesellschafters G.
  93. . Mit Beschluss der
  94. Gesellschafter über die Auflösung der Gesellschaft entstehe die sogenannte
  95. Auflösungsgesellschaft nach § 730 Abs. 2 BGB, mit der Folge, dass sämtliche
  96. Gesellschafter an der Auflösung der Gesellschaft mitwirken müssten und sie
  97. deshalb nur gemeinschaftlich für die Geltendmachung sämtlicher Auskunfts-,
  98. Herausgabe- und eventueller Schadensersatz- und sonstiger Ansprüche zuständig seien.
  99. 3.
  100. Diese Argumentation des Berufungsgerichts beruht auf einer Verken-
  101. nung der Tragweite der gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungsvorschriften der §§ 730-736 BGB. Insbesondere hat das Berufungsgericht nicht
  102. berücksichtigt, dass die dortigen Bestimmungen samt und sonders dispositiven
  103. Charakter haben (s. dazu insbesondere MünchKomm/Ulmer, BGB, 4. Aufl.
  104. 2004 § 730 Rn. 63; § 731 Rn. 3). Daher besteht insbesondere bei Freiberuflern
  105. die Möglichkeit, die Auseinandersetzung dadurch zu vollziehen, dass die Ausscheidenden ihre Mandate mitnehmen und im übrigen die Sachwerte aufgeteilt
  106. werden, z.B. auch im Wege der Übernahme durch die verbleibenden Gesellschafter (st. Rspr. des II. Zivilsenats; vgl. Urteil vom 6. Dezember 1993 - II ZR
  107. - 6 -
  108. 242/92 = NJW 1994, 796; Urteil vom 6. März 1995 - II ZR 97/94 = NJW 1995,
  109. 1551; Urteil vom 8. Mai 2000 - II ZR 308/98 = NJW 2000, 2584).
  110. 4.
  111. Derartige Vereinbarungen werden hier schon durch den unstreitigen
  112. Geschehensablauf nahe gelegt; zum anderen sind sie vom Kläger hinreichend
  113. schlüssig vorgetragen, teilweise durch zu den Akten gereichte schriftliche Erklärungen der ehemaligen Mitgesellschafter urkundlich dokumentiert und im
  114. übrigen durch deren Zeugnis unter Beweis gestellt.
  115. a) Die Beklagte hatte bereits in ihrer Klageerwiderung nicht bestritten,
  116. dass die Ursprungs-GbR zum Ende des Jahres 1994 ihre Tätigkeit eingestellt
  117. hatte und in der Folgezeit als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen dem
  118. Kläger und dem Mitgesellschafter R.
  119. genen
  120. Vorbringen
  121. der
  122. Beklagten
  123. fortgeführt wurde. Auch aus dem eiergeben
  124. sich
  125. keine
  126. tatsächlichen
  127. Anhaltspunkte dafür, dass ab diesem Zeitpunkt die ausgeschiedenen
  128. Gesellschafter
  129. L.
  130. der
  131. Ursprungs-GbR auf
  132. die
  133. Mandate
  134. der
  135. Außenstelle
  136. irgendwelchen rechtlichen oder auch nur faktischen Einfluss
  137. nehmen wollten oder konnten. Für die Folgegesellschaften liegen schriftliche
  138. Erklärungen der Mitgesellschafter K.
  139. R.
  140. und A.
  141. H.
  142. vor,
  143. wonach die Außenstelle allein dem Kläger zugeordnet war.
  144. b) Dies hatte die rechtliche Konsequenz, dass unbeschadet der Frage,
  145. ob die Rechtsstellung des Ursprungsgesellschafter G.
  146. im Ver-
  147. hältnis zur Ursprungs-GbR abschließend geklärt und abgewickelt war,
  148. jedenfalls auf der Grundlage des der revisionsgerichtlichen Beurteilung
  149. zugrunde zu legenden Sachverhalts die Mandate der Außenstelle L.
  150. in die Zuständigkeit des Klägers übergegangen waren und dass die Beklagte
  151. nunmehr
  152. ihre
  153. Geschäftsbesorgungsleistungen
  154. gegenüber
  155. dem
  156. Kläger
  157. - 7 -
  158. Geschäftsbesorgungsleistungen gegenüber dem Kläger erbrachte. Dies hatte
  159. die weitere Folge, dass sie dem Kläger für die ordnungsgemäße Verwaltung
  160. vertraglich und haftungsrechtlich verantwortlich war. Im Ergebnis würde nichts
  161. anderes gelten, wenn statt des Klägers allein zunächst die Folgegesellschaften
  162. für die Außenstelle L.
  163. zuständig gewesen wären. Denn deren Mitge-
  164. sellschafter waren, wie sich aus ihren bei den Akten befindlichen schriftlichen
  165. Erklärungen ergibt, zumindest damit einverstanden, dass nach der Auflösung
  166. der Folgegesellschaften die Außenstelle L.
  167. vom Kläger allein betreut
  168. wurde.
  169. c) Erst recht gilt dies - wie die Revision zutreffend hervorhebt - für solche Mandate, die erst nach dem Ausscheiden der Ursprungs-GbR aus der Teilnahme am aktiven Rechts- und Geschäftsverkehr überhaupt akquiriert worden
  170. waren und die nach dem Vortrag des Klägers den Großteil der streitgegenständlichen Ansprüche ausmachen sollen. Für diese Neumandate fehlt es an
  171. jeglichen Anhaltspunkten für eine Fortdauer der Zuständigkeit der UrsprungsGbR.
  172. 5.
  173. Das Berufungsurteil kann daher mit der ihm gegebenen Begründung
  174. nicht bestehen bleiben. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, nunmehr etwa noch streitig gebliebenen Fragen zur Aktivlegitimation
  175. nachzugehen und in eine Sachprüfung der Tatbestandsvoraussetzungen der
  176. einzelnen Ansprüche einzutreten. Dabei ist im gegenwärtigen Revisionsverfahren noch nicht darüber zu befinden, ob das diesbezügliche klagebegründende
  177. Vorbringen des Klägers bis in die letzten Verästelungen hinreichend substantiiert ist. Da es - vom bisherigen Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus
  178. - 8 -
  179. folgerichtig - auf diese Frage noch nicht ankam, ist dem Kläger gegebenenfalls
  180. Gelegenheit zu geben, etwaige Mängel seines Sachvortrags auf richterlichen
  181. Hinweis zu beheben.
  182. Schlick
  183. Wurm
  184. Dörr
  185. Streck
  186. Herrmann