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24 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. II ZB 17/10
  4. vom
  5. 20. September 2011
  6. in der Handelsregistersache
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. ja
  11. BGHR:
  12. ja
  13. BGB § 161 Abs. 3; GmbHG § 16 Abs. 3, § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1
  14. a) Das Registergericht ist berechtigt, eine Gesellschafterliste zurückzuweisen,
  15. die entgegen § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GmbHG keine Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung
  16. ausweist, sondern solche nur ankündigt.
  17. b) Ein aufschiebend bedingt abgetretener Geschäftsanteil kann nicht nach
  18. § 161 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 3 GmbHG vor Bedingungseintritt von einem Zweiterwerber gutgläubig erworben werden.
  19. BGH, Beschluss vom 20. September 2011 - II ZB 17/10 - OLG Hamburg
  20. AG Hamburg
  21. -2-
  22. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. September 2011 durch
  23. den Vorsitzenden Richter Dr. Bergmann, die Richterin Caliebe sowie die Richter
  24. Dr. Drescher, Born und Sunder
  25. beschlossen:
  26. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats
  27. des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 12. Juli
  28. 2010
  29. wird
  30. auf
  31. Kosten
  32. des
  33. Rechtsbeschwerdeführers
  34. zurückgewiesen.
  35. Der Geschäftswert wird auf 3.000 € festgesetzt.
  36. Gründe:
  37. 1
  38. I. Der Rechtsbeschwerdeführer reichte in seiner Eigenschaft als Notar
  39. eine Liste der Gesellschafter der K.
  40. GmbH zum Handelsregister ein. In
  41. einer Spalte „Veränderungen“ war bei dem Gesellschaftsanteil einer der beiden
  42. Gesellschafterinnen vermerkt: “aufschiebend bedingt abgetreten“. Der Rechtsbeschwerdeführer bescheinigte zugleich, dass sich die Veränderung aufgrund
  43. seiner Urkunde vom 30. März 2010 ergeben habe und die Liste im Übrigen mit
  44. der zuletzt im Handelsregister aufgenommenen Liste übereinstimme. Das Registergericht hat die Aufnahme der Liste in das Handelsregister abgelehnt, da
  45. sie keine bereits eingetretene Veränderung enthalte. Das Oberlandesgericht hat
  46. die hiergegen gerichtete Beschwerde des Rechtsbeschwerdeführers zurückgewiesen. Mit seiner vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde
  47. verfolgt der Rechtsbeschwerdeführer sein Begehren auf Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner weiter.
  48. -3-
  49. 2
  50. II. Das Beschwerdegericht (OLG Hamburg, ZIP 2010, 2097) hat ausgeführt: Stehe die Abtretung eines Gesellschaftsanteils unter einer aufschiebenden Bedingung, dürfe die Einreichung der bereinigten Gesellschafterliste erst
  51. nach Eintritt der Bedingung erfolgen. Im Hinblick auf einen etwaigen gutgläubigen Erwerb durch einen Dritten gemäß § 161 Abs. 3 BGB, § 16 Abs. 3 GmbHG
  52. müsse nicht die Möglichkeit eingeräumt werden, auf die aufschiebend bedingte
  53. Abtretung hinzuweisen. Denn ein gutgläubiger Erwerb durch einen Dritten vor
  54. Bedingungseintritt sei nicht möglich.
  55. 3
  56. III. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
  57. 4
  58. 1. Auf das Verfahren ist gem. Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG das seit
  59. 1. September 2009 geltende Verfahrensrecht anwendbar, da der das Verfahren
  60. einleitende Antrag - hier Einreichung der Gesellschafterliste - am 30. März
  61. 2010, also nach Inkrafttreten der Neuregelung, bei Gericht eingegangen ist.
  62. 5
  63. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß
  64. § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis des beteiligten Notars ergibt sich daraus, dass seine Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts ohne Erfolg geblieben ist.
  65. 6
  66. 2. Die Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Notars gegen den angefochtenen Beschluss des Registergerichts zu Recht zurückgewiesen.
  67. -4-
  68. 7
  69. a) Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts ist gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Nach dieser
  70. Vorschrift findet die Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen
  71. Entscheidungen der Amts- und Landgerichte in „Angelegenheiten nach diesem
  72. Gesetz“ statt, also in Angelegenheiten nach dem Gesetz über das Verfahren in
  73. Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
  74. (FamFG). Zu diesen Angelegenheiten gehört auch die in § 9 Abs. 1 HRV geregelte Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner; die in der Handelsregisterverordnung ergänzend geregelten Verfahrensvorschriften beruhen
  75. auf der Verordnungsermächtigung des § 387 Abs. 2 FamFG.
  76. 8
  77. b) Der die Gesellschafterliste einreichende Notar ist auch dazu befugt,
  78. die Beschwerde im eigenen Namen einzulegen. Das folgt zwar nicht allein aus
  79. § 59 Abs. 2 FamFG. Danach steht die Beschwerde, wenn ein Beschluss nur auf
  80. Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, allein
  81. dem Antragsteller zu. In Fällen des § 59 Abs. 2 FamFG müssen immer auch die
  82. Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 FamFG erfüllt sein (BGH, Beschluss vom
  83. 1. März 2011 - II ZB 6/10, ZIP 2011, 765 Rn. 9; Beschluss vom 11. April 2011
  84. - II ZB 9/10,
  85. ZIP 2011,
  86. 1054
  87. Rn. 10; Beschluss
  88. vom 27. August
  89. 2003
  90. - XII ZB 33/00, FamRZ 2003, 1738, 1740 zu § 20 FGG; Unger in: SchulteBunert/Weinreich, FamFG, 2. Aufl., § 59 Rn. 25). Das ist hier aber der Fall.
  91. Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den
  92. Beschluss in eigenen Rechten beeinträchtigt ist. Durch die Ablehnung des Registergerichts, die vom Notar gem. § 40 Abs. 2 GmbHG eingereichte Gesellschafterliste in den Registerordner aufzunehmen, wird (auch) der Notar in eigenen Rechten beeinträchtigt (BGH, Beschluss vom 1. März 2011 - II ZB 6/10,
  93. ZIP 2011, 765 Rn. 9).
  94. -5-
  95. 9
  96. 3. Das Registergericht hat zu Recht die Aufnahme der Gesellschafterliste
  97. vom 30. März 2010 in das Handelsregister abgelehnt, weil in diese keine bereits
  98. eingetretene Veränderung im Gesellschafterbestand eingetragen ist, sondern
  99. nur auf eine eventuelle Veränderung in der Zukunft hingewiesen wird.
  100. 10
  101. a) Das Registergericht darf - obwohl es nur Verwahrstelle ist - die eingereichte Liste jedenfalls darauf prüfen, ob sie den Anforderungen des § 40 Abs. 1
  102. Satz 1 GmbHG entspricht (vgl. OLG München, ZIP 2009, 1911, 1912; ZIP 2009,
  103. 1421; OLG Bamberg, ZIP 2010, 1394; OLG Jena, ZIP 2010, 831, 832 f.; Wachter, BB 2009, 2168, 2169; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, 10. Aufl., Nachtrag
  104. MoMiG, § 40 Rn. 36; Henssler/Strohn/Oetker, GmbHG, § 40 Rn. 8; Bayer in
  105. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 40 Rn. 15; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 40 Rn. 75; Wachter in Bork/Schäfer, GmbHG,
  106. § 40 Rn. 27; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl., § 40 Rn. 11;
  107. Lücke/Simon in Saenger/Inhester, GmbHG, § 40 Rn. 31; Nedden-Boeger in
  108. Schulte-Bunert/Weinreich, aaO, Anh. § 387 Rn. 5a; Keidel/Krafka/Willer, Registerrecht, 8. Aufl., Rn. 1105; Kölmel in Bunnemann/Zirngibl, Die GmbH in der
  109. Praxis, 2. Aufl., § 9 Rn. 180; aA für die vorliegende Fallkonstellation MünchKomm/GmbHG/Heidinger, § 16 Rn. 247). Das Registergericht ist daher berechtigt, eine Gesellschafterliste zurückzuweisen, die entgegen § 40 Abs. 1 Satz 1,
  110. Abs. 2 Satz 1 GmbHG keine Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung ausweist, sondern solche nur ankündigt.
  111. Es steht nicht im Belieben der Beteiligten, den Inhalt der von ihnen eingereichten Gesellschafterliste abweichend von den gesetzlichen Vorgaben um weitere,
  112. ihnen sinnvoll erscheinende Bestandteile zu ergänzen. Dem steht der auch insoweit geltende Grundsatz der Registerklarheit entgegen (OLG München, ZIP
  113. 2009, 1911, 1913; Begemann/Grunow, DNotZ 2011, 403, 407; D. Maier, ZIP
  114. 2009, 1037, 1042 f.; Weigl, NZG 2009, 1173, 1175; Wachter, BB 2009, 2168,
  115. -6-
  116. 2169). Davon ist der Fall zu unterscheiden, dass eine in die Gesellschafterliste
  117. aufzunehmende Veränderung im Sinne von § 40 Abs. 1 GmbHG (bereits) eingetreten ist, das Gesetz aber keine zwingende Vorgabe macht, wie diese Veränderung in der Gesellschafterliste darzustellen ist. Deshalb kann beispielsweise die Umnummerierung abgetretener Geschäftsanteile unter Kennzeichnung
  118. ihrer Herkunft durch Durchstreichen der bisherigen laufenden Nummern und
  119. durch Veränderungsnachweise unter den neuen laufenden Nummern nicht beanstandet werden, wenn dadurch eine hinreichend klare Zuordnung der Geschäftsanteile gewährleistet ist (BGH, Beschluss vom 1. März 2011 - II ZB 6/10,
  120. ZIP 2011, 765 Rn. 13).
  121. 11
  122. b) Nach § 40 Abs. 1 GmbHG sind die Geschäftsführer verpflichtet, unverzüglich „nach Wirksamwerden jeder Veränderung“ in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung eine von ihnen unterschriebene
  123. Liste zum Handelsregister einzureichen. Hat ein Notar an Veränderungen im
  124. Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG mitgewirkt, hat er unverzüglich „nach
  125. deren Wirksamwerden“ ohne Rücksicht auf etwaige später eintretende Unwirksamkeitsgründe die Liste anstelle der Geschäftsführer zu unterschreiben, zum
  126. Handelsregister einzureichen und eine Abschrift der geänderten Liste an die
  127. Gesellschaft zu übermitteln, § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG. Steht die Abtretung
  128. eines Geschäftsanteils unter einer aufschiebenden Bedingung, setzt die Verpflichtung des Notars, eine aktualisierte Gesellschafterliste einzureichen, nach
  129. dem eindeutigen Gesetzeswortlaut erst mit Wirksamwerden der Veränderung in
  130. der Person des Gesellschafters, das heißt mit Bedingungseintritt, ein (Götze/Bressler, NZG 2007, 894, 896; Kort, GmbHR 2009, 169, 172; Scholz/U. H.
  131. Schneider,
  132. aaO,
  133. Nachtrag
  134. MoMiG,
  135. § 40
  136. Rn. 47
  137. und
  138. § 40
  139. Rn. 39;
  140. Henssler/Strohn/Oetker, § 40 Rn. 19; Wachter in Bork/Schäfer, aaO, § 40
  141. Rn. 49;
  142. Altmeppen in
  143. Roth/Altmeppen,
  144. aaO,
  145. § 40
  146. Rn. 13;
  147. Kölmel in
  148. -7-
  149. Bunnemann/Zirngibl, aaO, § 9 Rn. 152; Reichert/Weller, in Goette/Habersack,
  150. Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 2009, Rn. 3.34; Wicke, GmbHG,
  151. 2. Aufl., § 40 Rn. 15). Die Einreichung einer Gesellschafterliste, in der eine Veränderung erst angekündigt wird, sieht das Gesetz nicht vor (ebenso OLG München, ZIP 2009, 1911, 1912; Begemann/Grunow, DNotZ 2011, 403, 407;
  152. Omlor, EWiR 2010, 83, 84; Oppermann, DB 2009, 2306, 2307 f.; Osterloh, NZG
  153. 2011, 495, 496; Wachter, BB 2009, 2168, 2169; ders. in Bork/Schäfer, aaO,
  154. § 40 Rn. 49).
  155. 12
  156. Diese Auslegung nach dem Wortlaut entspricht auch dem Willen des
  157. Gesetzgebers und der Entstehungsgeschichte der jetzigen Fassung der Vorschrift des § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG. Die zuvor geltende Regelung des § 40
  158. Abs. 1 Satz 2 GmbHG aF, nach der der Notar, der einen Vertrag über die Abtretung eines Geschäftsanteils nach § 15 Abs. 3 GmbHG beurkundet hatte, diese
  159. Abtretung unverzüglich dem Registergericht anzuzeigen hatte, wurde unter anderem deshalb für unbefriedigend erachtet, weil danach die Anzeige des Notars
  160. an das Registergericht bereits vor dem Wirksamwerden einer Abtretung erfolgt
  161. sein konnte, also möglicherweise ins Leere ging, wenn die Abtretung nachträglich am Nichteintritt einer Bedingung oder Ähnlichem noch gescheitert war (vgl.
  162. Begründung des Regierungsentwurfs zum MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 S. 44;
  163. Scholz/U. H. Schneider, aaO, § 40 Rn. 36).
  164. -8-
  165. 13
  166. 4. Ein Teil des Schrifttums hält es allerdings für zulässig, dass der Notar
  167. unmittelbar nach einer aufschiebend bedingten Anteilsabtretung eine neue Gesellschafterliste zum Handelsregister einreichen darf, die der dort bisher eingestellten Liste entspricht, jedoch zusätzlich einen Hinweis auf die bedingte Anteilsabtretung enthält (sogenanntes „Zwei-Listen-Modell“, vgl. Herrler, BB 2009,
  168. 2272, 2275 f.; ders., ZIP 2011, 615, 616 f.; König/Bormann, ZIP 2009, 1913,
  169. 1914 f.; Reymann, NJW 2010, 306; Wicke, DNotZ 2009, 871, 874; ders.,
  170. DB 2011, 1037, 1039; Zinger/Erber, NZG 2011, 286, 289 f.; MünchKommGmbHG/Heidinger, § 16 Rn. 247 f.). Dahinter steht das Bestreben, dem Ersterwerber
  171. nach
  172. einer
  173. aufschiebend
  174. bedingten
  175. Abtretung
  176. eines
  177. GmbH-
  178. Geschäftsanteils ein Mittel gegen einen gutgläubigen Erwerb dieses Anteils bei
  179. erneuter Abtretung durch den Veräußerer (Zweiterwerb) an die Hand zu geben.
  180. 14
  181. Es kann dahinstehen, ob ein derartiges praktisches Bedürfnis, wenn es
  182. bestünde, eine Auslegung der Vorschrift des § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1
  183. GmbHG gegen ihren Wortlaut rechtfertigen könnte. Denn ein aufschiebend bedingt abgetretener Geschäftsanteil kann nicht nach § 161 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 3 GmbHG vor Bedingungseintritt von einem Zweiterwerber gutgläubig erworben werden (ebenso neben dem Beschwerdegericht OLG
  184. München, ZIP 2009, 1911; ZIP 2011, 612; Begemann/Galla, GmbHR 2009,
  185. 1065, 1068; Begemann/Grunow, DNotZ 2011, 403 f.; Link, RNotZ 2009, 193,
  186. 220; D. Mayer, ZIP 2009, 1037, 1050; D. Mayer/Färber, GmbHR 2011, 785,
  187. 791 f.; Preuß, ZGR 2008, 676, 691 f.; Riemenschneider, GmbHR 2009, 1212,
  188. 1214; Weigl, MittBayNot 2009, 116, 117 f.; ders., NZG 2009, 1173, 1175;
  189. Zessel, GmbHR 2009, 303, 305; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, aaO,
  190. § 16 Rn. 29). Der im Schrifttum vertretenen gegenteiligen Auffassung
  191. (vgl. Frenzel, NotBZ 2010, 129; ders., NotBZ 2011, 264, 265; MünchKommGmbHG/Heidinger, § 16 Rn. 283 f.; ders. in Heckschen/Heidinger, Die GmbH in
  192. -9-
  193. der Gestaltungs- und Beratungspraxis, 2009, § 13 Rn. 141; ders., GmbHR
  194. 2011, 428, 429; Hellfeld, NJW 2010, 411, 412; Herrler, BB 2009, 2272, 2275 f.;
  195. ders., ZIP 2011, 615, 616; Kamlah, GmbHR 2009, 841, 843; Klöckner, NZG
  196. 2008, 841, 842; Maier-Reimer, FS Graf von Westphalen, 2010, S. 489 ff.;
  197. Oppermann, ZIP 2009, 651, 652; Osterloh, NZG 2011, 495, 496 f.; Schneider,
  198. NZG 2009, 1167, 1168; Schreinert/Berresheim, DStR 2009, 1265, 1267;
  199. Vossius, DB 2007, 2299, 2301; Wachter, ZNotP 2008, 378, 396 f.; ders.,
  200. GmbHR 2009, 1216, 1217; Wicke, aaO, § 16 Rn. 20a; ders., NotBZ 2009, 1, 15;
  201. ders., DNotZ 2009, 871 f.; ders., DB 2011, 1037, 1038 f.; Heckschen, Das MoMiG in der notariellen Praxis, 2009, Rn. 576; Scholz/Seibt, aaO, Nachtrag
  202. MoMiG,
  203. § 16
  204. Rn. 79;
  205. Henssler/Strohn/Verse,
  206. § 16
  207. Rn. 64;
  208. Bayer
  209. in
  210. Lutter/Hommelhoff, aaO, § 16 Rn. 63; Pfisterer in Saenger/Inhester, aaO, § 16
  211. Rn. 34; Staudinger/Bork, BGB, Bearbeitung 2010, § 161 Rn. 15) vermag der
  212. Senat nicht zu folgen.
  213. 15
  214. a) Das in § 161 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommende Prioritätsprinzip,
  215. das bisher den Ersterwerber nach einer bedingten Anteilsabtretung gegen einen Zweiterwerb geschützt hat, wurde durch die Einführung des gutgläubigen
  216. Erwerbs von Geschäftsanteilen nach § 16 Abs. 3 GmbHG mit dem Gesetz zur
  217. Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen
  218. (MoMiG) nicht außer Kraft gesetzt. Die gegenteilige Auffassung beruft sich zu
  219. Unrecht auf den Wortlaut des § 161 Abs. 3 BGB. Danach finden die Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, entsprechende Anwendung. Ob ein Gutglaubenserwerb eines Zweiterwerbers bei aufschiebend bedingter Übertragung eines Gegenstands grundsätzlich
  220. möglich ist, bestimmt sich jedoch nicht allein nach § 161 Abs. 3 BGB, sondern
  221. vorrangig nach denjenigen Vorschriften, die einen Gutglaubensschutz für den
  222. jeweiligen Verfügungsgegenstand vorsehen. Da § 161 Abs. 3 BGB pauschal
  223. - 10 -
  224. auf alle „Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten“, verweist, beantwortet sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein gutgläubiger Zweiterwerb möglich ist, nach den für
  225. den Zweiterwerb des jeweiligen Verfügungsgegenstands maßgeblichen Vorschriften, für den Erwerb eines GmbH-Geschäftsanteils also nach § 16 Abs. 3
  226. GmbHG (OLG München, ZIP 2011, 612, 613 f.; Begemann/Grunow, DNotZ
  227. 2011, 403, 412; D. Mayer/Färber, GmbHR 2011, 785, 790; Preuß, ZGR 2008,
  228. 676, 692; MünchKommBGB/Westermann, 5. Aufl., § 161 Rn. 19; Soergel/Wolf,
  229. BGB, 13. Aufl., § 161 Rn. 11; PWW/Brinkmann, 5. Aufl., § 161 Rn. 9).
  230. 16
  231. b) Nach § 16 Abs. 3 GmbHG ist die Gesellschafterliste Anknüpfungspunkt für den gutgläubigen Erwerb eines Geschäftsanteils. Die Rechtsscheinwirkungen des § 16 Abs. 3 GmbHG können nur so weit gehen, wie die Gesellschafterliste als Rechtsscheinträger den für den Rechtsverkehr maßgeblichen
  232. Vertrauenstatbestand begründen kann. Die Gesellschafterliste ist aber nicht
  233. geeignet, einen Rechtsschein dafür zu setzen, dass der in der Liste eingetragene Inhaber des Geschäftsanteils über diesen nicht bereits aufschiebend bedingt
  234. verfügt hat.
  235. 17
  236. aa) Der Wortlaut des § 16 Abs. 3 GmbHG spricht dafür, dass die Gesellschafterliste nur eine Aussage über die Gesellschafterstellung trifft, nicht aber
  237. über die Belastung des Geschäftsanteils mit einem Anwartschaftsrecht. Der in
  238. § 16 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 1 GmbHG angesprochene Erwerb vom Nichtberechtigten wird im Halbsatz 2 dieser Vorschrift davon abhängig gemacht, dass der
  239. Veräußerer als Inhaber des Geschäftsanteils eingetragen ist. Danach erfasst
  240. die Reichweite des Gutglaubensschutzes der Gesellschafterliste nur den guten
  241. Glauben an die Rechtsinhaberschaft des eingetragenen Gesellschafters. Wer
  242. einen Geschäftsanteil erwirbt, soll darauf vertrauen dürfen, dass die in der Ge-
  243. - 11 -
  244. sellschafterliste verzeichnete Person Gesellschafter ist (vgl. OLG München, ZIP
  245. 2011, 612, 614; Götze/Bressler, NZG 2007, 894, 897; Bohrer, DStR 2007, 995,
  246. 998; D. Mayer, DNotZ 2008, 403, 417 f.; Kort, GmbHR 2009, 169, 174;
  247. D. Mayer/Färber, GmbHR 2011, 785, 790; Preuß, ZGR 2008, 676, 688; Zinger/Erber, NZG 2011, 286, 287; Heidinger, in: Heckschen/Heidinger, aaO, § 13
  248. Rn. 136;
  249. MünchKommGmbHG/Heidinger,
  250. § 16
  251. Rn. 211,
  252. 275;
  253. Bayer
  254. in
  255. Lutter/Hommelhoff, aaO, § 16 Rn. 56; Lücke/Simon in Saenger/Inhester, aaO,
  256. § 40 Rn. 10). Auch nach der Gesetzesbegründung soll durch § 16 Abs. 3
  257. GmbHG der gutgläubige Erwerb von Geschäftsanteilen nur insoweit ermöglicht
  258. werden, als der Erwerber darauf soll vertrauen dürfen, dass die in der Gesellschafterliste verzeichnete Person auch wirklich Gesellschafter ist (vgl. Regierungsentwurf zum MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 38).
  259. 18
  260. bb) Die Gesellschafterliste begründet dagegen keinen Vertrauenstatbestand für die Freiheit des Geschäftsanteils von Belastungen oder dafür, dass
  261. der Gesellschafter in seiner Verfügungsmacht über den Geschäftsanteil nicht
  262. durch den Gesellschaftsvertrag beschränkt ist. Für die Beschränkung der Verfügungsmacht nach § 161 Abs. 1 BGB gilt nichts anderes.
  263. 19
  264. Es entspricht der überwiegenden Auffassung, dass § 16 Abs. 3 GmbHG
  265. keinen gutgläubigen lastenfreien Erwerb in Bezug auf Pfandrechte oder Nießbrauchrechte an Geschäftsanteilen ermöglicht (OLG München, ZIP 2011, 612,
  266. 614; Bohrer, DStR 2010, 1892, 1894; Götze/Bressler, NZG 2007, 894, 897;
  267. Heidinger, GmbHR 2011, 428, 429; Herrler, ZIP 2011, 615; Kort, GmbHR 2009,
  268. 169, 174; Lieder, AcP 210 [2010], 857, 900; Preuß, ZGR 2008, 676, 688; Schuller, MittBayNot 2011, 328; Wicke, DB 2011, 1037, 1038; Löbbe in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 16 Rn. 132; Paefgen in Ulmer/Habersack/Winter, aaO, § 40 Rn. 27; Scholz/Seibt, aaO, Nachtrag
  269. - 12 -
  270. MoMiG, § 16 Rn. 73; Bayer in Lutter/Hommelhoff, aaO, § 16 Rn. 60;
  271. Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, aaO, § 16 Rn. 26; Stephan Brandes in
  272. Bork/Schäfer, aaO, § 16 Rn. 38; Pfisterer in Saenger/Inhester, aaO, § 16 Rn. 2
  273. und 27; Lücke/Simon in Saenger/Inhester, aaO, § 40 Rn. 10 alle m.w.N.). Diese
  274. Fallgestaltungen unterscheiden sich von der hier zu beurteilenden zwar
  275. dadurch, dass Verfügungsbeschränkungen, die sich im Zusammenhang mit
  276. einem gutgläubig bedingungsfreien Zweiterwerb ergeben, anders als dingliche
  277. Belastungen nicht den Geschäftsanteil als solchen betreffen, sondern lediglich
  278. die Verfügungsmacht des Veräußerers. Es besteht aber im Wesentlichen auch
  279. Einigkeit darüber, dass unter anderem der gute Glaube an die freie Übertragbarkeit von Geschäftsanteilen nicht geschützt ist. Die bei der GmbH häufig anzutreffende Vinkulierung von Geschäftsanteilen nach § 15 Abs. 5 GmbHG kann
  280. nicht mit Hilfe der Gesellschafterliste, aus der diese Verfügungsbeschränkung
  281. nicht ersichtlich ist, überwunden werden (OLG München, ZIP 2011, 612, 615;
  282. Bohrer, DStR 2007, 995, 1003; Hamann, NZG 2007, 492, 494; MünchKommGmbHG/Heidinger, § 16 Rn. 276; ders., GmbHR 2011, 428, 429; Herrler, ZIP
  283. 2011, 615; Kort, GmbHR 2009, 169, 174; Rodewald, GmbHR 2009, 196, 197;
  284. D. Mayer, DNotZ 2008, 403, 418; D. Mayer/Färber, GmbHR 2011, 785, 786,
  285. 790; Schockenhoff/Höder, ZIP 2006, 1841, 1844; Schuller, MittBayNot 2011,
  286. 328; Löbbe in Ulmer/Habersack/Winter, aaO, § 16 Rn. 134; Scholz/Seibt, aaO,
  287. Nachtrag MoMiG, § 16 Rn. 76; Henssler/Strohn/Verse, aaO, § 16 Rn. 63; Bayer
  288. in Lutter/Hommelhoff, aaO, § 16 Rn. 62; Altmeppen, in Roth/Altmeppen, aaO,
  289. § 16 Rn. 57; Pfisterer in Saenger/Inhester, aaO, § 16 Rn. 27).
  290. 20
  291. cc) Aus der Praxis im Grundbuchrecht, die die Eintragung von Verfügungsbeschränkungen, auch der durch § 161 Abs. 1 BGB bewirkten, zulässt,
  292. denen gegenüber gutgläubiger Erwerb nach § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB möglich
  293. ist (vgl. dazu BayObLG, NJW-RR 1986, 697; Preuß, ZGR 2008, 676, 692;
  294. - 13 -
  295. Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, aaO, § 16 Rn. 29; Staudinger/Gursky,
  296. BGB, Neubearbeitung 2008, § 892 Rn. 243; MünchKommBGB/Westermann,
  297. aaO, § 161 Rn. 21; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 892 Rn. 17), ergibt
  298. sich nichts anderes. Eine § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechende Regelung,
  299. nach der eine Verfügungsbeschränkung dem Erwerber gegenüber nur wirksam
  300. ist, wenn sie aus dem Grundbuch ersichtlich oder dem Erwerber bekannt ist,
  301. wurde in § 16 Abs. 3 GmbHG gerade nicht übernommen (vgl. D. Mayer, ZIP
  302. 2009, 1037, 1050; D. Mayer/Färber, GmbHR 2011, 785, 792). Ausweislich der
  303. Begründung des Regierungsentwurfs lehnt sich § 16 Abs. 3 GmbHG nur teilweise an § 892 BGB an (BT-Drucks. 16/6140 S. 38; vgl. Begemann/Grunow,
  304. DNotZ 2011, 403, 412), wie unter anderem auch daraus deutlich wird, dass in
  305. § 16 Abs. 3 Satz 2 GmbHG teilweise das Veranlasserprinzip verankert ist, in
  306. § 892 BGB aber nicht. Einen vollständigen Gleichlauf von § 892 BGB und § 16
  307. Abs. 3 GmbHG hat der Gesetzgeber nicht gewollt und für die Erreichung des
  308. gesetzgeberischen Ziels, den an der Abtretung eines Geschäftsanteils beteiligten Personen die Mühen, Kosten und Unsicherheiten der mitunter sehr langen
  309. Abtretungskette seit Gründung der Gesellschaft zu ersparen, auch als nicht erforderlich erachtet (vgl. BT-Drucks. 16/6140, S. 38). Hiervon abgesehen erstreckt sich der den gutgläubigen Erwerb rechtfertigende Rechtsschein des
  310. Grundbuchs nach herrschender Meinung auch nur auf eintragungsfähige Rechte und Verfügungsbeschränkungen (vgl. Lieder, AcP 210 [2010], 857, 881;
  311. MünchKommBGB/Kohler, 5. Aufl., § 892 Rn. 3 und 12).
  312. 21
  313. dd) Soweit die Gegenmeinung für ihre Ansicht anführt, nach dem der
  314. Regelung des § 161 Abs. 3 BGB zugrunde liegenden Grundgedanken könne es
  315. nicht sein, dass der gutgläubige Erwerber eines GmbH-Geschäftsanteils bei
  316. einem Erwerb vom (noch) Berechtigten weniger geschützt sei als beim Erwerb
  317. vom (gänzlich) Nichtberechtigten oder dass ein nicht in die Gesellschafterliste
  318. - 14 -
  319. eingetragener aufschiebend bedingter Erwerber besser gegen den gutgläubigen Verlust seiner Rechtsstellung geschützt sei als der nicht eingetragene Vollrechtsinhaber, wird dem oben bereits dargelegten Umstand nicht hinreichend
  320. Rechnung getragen, dass der gute Glaube auch bei § 161 Abs. 3 BGB nur in
  321. dem von den gesetzlichen Vorschriften gezogenen Rahmen geschützt ist, die
  322. über § 161 Abs. 3 BGB zur Anwendung kommen. Hierzu gehört, dass ein geeigneter Rechtsscheinträger vorhanden sein muss, der den für den Rechtsverkehr maßgeblichen Vertrauenstatbestand begründet. Das Anwartschaftsrecht
  323. des Ersterwerbers (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21. März 1996 - III ZR 106/95,
  324. BGHZ 132, 218, 222) ist stärker geschützt als sein Vollrecht, weil die Gesellschafterliste über § 161 Abs. 3 BGB den durch § 161 Abs. 1 BGB vermittelten
  325. Schutz bei aufschiebend bedingten Verfügungen nicht relativiert (so zu Recht
  326. D. Mayer/Färber, GmbHR 2011, 785, 791).
  327. 22
  328. ee) Aus den dargelegten Gründen greift auch der Einwand nicht durch,
  329. bei einer Ablehnung des gutgläubigen bedingungsfreien Zweiterwerbs werde
  330. das gesetzgeberische Ziel, die bei der Abtretung gebotenen Prüfungen zu vereinfachen und die damit verbundenen Kosten zu senken, verfehlt. Angesichts
  331. der aufgezeigten Grenzen der Legitimationswirkung der Gesellschafterliste hinsichtlich dinglicher Belastungen und im Gesellschaftsvertrag angeordneter Verfügungsbeschränkungen kann dieses Ziel ohnehin nur eingeschränkt erreicht
  332. werden. Diese Beschränkung hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen.
  333. Trotz intensiver Diskussion im Gesetzgebungsverfahren wurde der gutgläubige
  334. Erwerb in Bezug auf Pfandrechte oder Nießbrauchrechte an Geschäftsanteilen
  335. nicht in den Regelungsbereich des § 16 Abs. 3 GmbHG aufgenommen (vgl. die
  336. Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV, NZG 2007, 211, 215
  337. - 15 -
  338. Rn. 37; hierzu D. Mayer/Färber, GmbHR 2011, 785, 794; Scholz/Seibt, aaO,
  339. Nachtrag MoMiG, § 16 Rn. 73 f.; Löbbe in Ulmer/Habersack/Winter, aaO, § 16
  340. Rn. 124 und 132).
  341. Bergmann
  342. Caliebe
  343. Born
  344. Drescher
  345. Sunder
  346. Vorinstanzen:
  347. AG Hamburg, Entscheidung vom 23.06.2010 - 66 HRB 106071 OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.07.2010 - 11 W 51/10 -