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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- AnwZ (B) 90/08
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- 9. November 2009
- in dem Verfahren
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- wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
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- Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten
- des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, den Richter Dr. Ernemann, die
- Richterin Roggenbuck und die Rechtsanwälte Prof. Dr. Stüer und Prof.
- Dr. Quaas nach mündlicher Verhandlung
- am 9. November 2009
- beschlossen:
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- Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss
- des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofes des Landes NordrheinWestfalen vom 11. April 2008 wird zurückgewiesen.
- Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und
- der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
- Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
- 50.000 € festgesetzt.
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- Gründe:
- I.
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- Der Antragsteller ist seit 1988 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit
- Bescheid vom 23. November 2007 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des
- Antragstellers wegen Vermögensverfalls widerrufen. Den Antrag auf gerichtli-
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- che Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen dessen
- Beschluss hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt.
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- II.
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- Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO a.F., § 215
- Abs. 3 BRAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
- 1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwalt-
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- schaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist,
- es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet
- sind.
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- a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht
- ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen.
- Beweisanzeichen hierfür sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose
- Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr.; vgl. nur
- Senat, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102;
- Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126).
- Zum Zeitpunkt des Widerrufs waren gegen den Antragsteller Forderungen in
- einer Gesamthöhe von mehr als 100.000 € vollstreckbar. Insoweit wird auf die
- dem Widerrufsbescheid beigefügte Forderungsaufstellung der Antragsgegnerin
- Bezug genommen. Das Finanzamt E.
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- hatte wegen Steuerrückständen
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- des Antragstellers und seiner Ehefrau Sicherungshypotheken über 56.474,95 €
- und 20.975,89 € auf deren Grundbesitz eintragen lassen. Dem zuständigen Gerichtsvollzieher lagen sieben Vollstreckungsaufträge über zusammen rund
- 16.000 € vor, darunter eine Forderung des Vermieters Dr. S.
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- über
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- 7.588,91 € und des Rechtsanwaltsversorgungswerks über 5.510,51 €. Die Forderung des Versorgungswerks war zum Zeitpunkt des Widerrufs auf
- 14.560,95 € angewachsen, außerdem schuldete der Antragsteller der Antragsgegnerin 2.000 € aus zwei gegen ihn festgesetzten Zwangsgeldern zu je
- 1.000 €. Den Aufforderungen der Antragsgegnerin, hierzu sowie zu seinen Vermögensverhältnissen im Übrigen Stellung zu nehmen, war er nicht nachgekommen. Die Antragsgegnerin ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass
- sich der Antragsteller in Vermögensverfall befand.
- b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die In-
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- teressen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer
- derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern und den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubiger.
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- 2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen
- Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), ist nicht gegeben.
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- a) Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller nicht nachgewiesen.
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- Der Beschwerdeführer hat seine Beschwerde nicht begründet und auch
- keine Aufstellung seiner Einkünfte und Verbindlichkeiten vorgelegt. Für eine
- Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse liegen auch sonst keine Anhaltspunkte vor. Im Gegenteil: Nach einer von der Antragsgegnerin zu den Akten
- gereichten Zusammenstellung hat er zwar einige Verbindlichkeiten ganz oder
- teilweise zurückgeführt; nach ihr sind gegen ihn im Laufe des Beschwerdeverfahrens aber auch vier Haftbefehle ergangen. Der Beschwerdeführer ist diesen
- Angaben nicht entgegengetreten.
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- b) Schließlich kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen
- der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht (mehr) gefährdet sind.
- Dagegen spricht, dass der Beschwerdeführer durch rechtskräftiges Urteil vom
- 24. Juni 2009 wegen Untreue - Vorenthalten von Mandantengeldern - zu einer
- Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden ist.
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- 3. Der Senat konnte in der Besetzung nach § 106 Abs. 2 BRAO entscheiden (Senatsbeschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, für
- BGHZ vorgesehen).
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- 4. Da der ordnungsgemäß geladene Antragsteller sein Ausbleiben im
- Termin nicht entschuldigt hat, konnte der Senat mündlich verhandeln und entscheiden.
- Tolksdorf
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- Ernemann
- Stüer
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- Roggenbuck
- Quaas
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- Vorinstanz:
- AGH Hamm, Entscheidung vom 11.04.2008 - 1 ZU 115/07 -
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