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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 5 StR 494/13
  4. vom
  5. 4. Juni 2014
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. 1.
  9. 2.
  10. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
  11. Menge u.a.
  12. -2-
  13. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Juni 2014 beschlossen:
  14. 1. Auf die Revision des Angeklagten D.
  15. H.
  16. wird das Urteil
  17. des Landgerichts Saarbrücken vom 8. Februar 2013 gemäß
  18. § 349 Abs. 4 StPO
  19. a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte
  20. des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
  21. 26 Fällen und des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
  22. in drei Fällen schuldig ist;
  23. b) im Strafausspruch dahin geändert, dass die im Fall 14
  24. verhängte Einzelstrafe entfällt; die Gesamtstrafe bleibt
  25. bestehen;
  26. c) im Verfallsausspruch aufgehoben.
  27. 2. Auf die Revision des Angeklagten X.
  28. H.
  29. wird das ge-
  30. nannte Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO
  31. a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte
  32. des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen, des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen und der
  33. Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
  34. geringer Menge in zwei Fällen schuldig ist;
  35. -3-
  36. b) im Strafausspruch dahin geändert, dass die im Fall 1 verhängte Einzelstrafe auf ein Jahr Freiheitsstrafe reduziert
  37. wird; die Gesamtstrafe bleibt bestehen;
  38. c) im Verfallsausspruch aufgehoben.
  39. 3. Die weitergehenden Revisionen werden gemäß § 349 Abs. 2
  40. StPO als unbegründet verworfen.
  41. 4. Hinsichtlich des Verfallsausspruchs wird die Sache zu neuer
  42. Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der
  43. Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
  44. zurückverwiesen.
  45. Gründe:
  46. 1
  47. Das Landgericht hat den Angeklagten D.
  48. H.
  49. wegen „34 tatmehrheit-
  50. lich begangenen Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln,
  51. wobei er in 31 Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel
  52. trieb und in vier dieser Fälle als Mitglied einer Bande tätig war, und in den übrigen drei Fällen gewerbsmäßig handelte“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
  53. sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und gegen ihn den Verfall (von
  54. Wertersatz) in Höhe von 143.900 € angeordnet. Den Angeklagten X.
  55. H.
  56. hat es wegen „neun Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, wobei er in acht Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
  57. Handel trieb und in sieben dieser Fälle als Mitglied einer Bande tätig war, sowie
  58. wegen zwei Fällen der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäu-
  59. -4-
  60. bungsmitteln in nicht geringer Menge“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun
  61. Jahren verurteilt. Gegen diesen Angeklagten hat das Landgericht den Verfall
  62. (von Wertersatz) in Höhe von 37.600 € angeordnet. Bei beiden Angeklagten
  63. hat es von der jeweils verhängten Gesamtfreiheitsstrafe drei Monate wegen
  64. „überlanger Verfahrensdauer“ für vollstreckt erklärt. Die gegen dieses Urteil gerichteten Revisionen der Angeklagten erzielen mit der Sachrüge den aus der
  65. Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im
  66. Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
  67. 2
  68. 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts vereinbarten die Angeklagten Anfang des Jahres 2008, gemeinsam über einen längeren Zeitraum gewinnbringend mit Betäubungsmitteln zu handeln. Im Frühjahr 2009 schloss sich
  69. der ehemalige Mitangeklagte M.
  70. zum selben gemeinsamen Zweck den
  71. Angeklagten an. Im Tatzeitraum zwischen Mai 2008 und Mai 2010 kam es zu
  72. diversen Amphetamingeschäften in der Größenordnung von 100 bis 2.000 g in
  73. wechselnder Beteiligung, wobei stets zumindest einer der Angeklagten als Veräußerer des Rauschgifts in Erscheinung trat. Das Amphetamin wurde auf
  74. Kommissionsbasis an Abnehmer abgegeben, die es ihrerseits gewinnbringend
  75. verkauften und den Kaufpreis anschließend – oftmals über zwischengeschaltete Personen – beiden Angeklagten oder einem von ihnen zumeist in mehreren
  76. Teilbeträgen zukommen ließen.
  77. 3
  78. 2. Hinsichtlich des Angeklagten D. H.
  79. hält die Annahme zweier selb-
  80. ständiger Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
  81. Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 StGB in den Fällen 13 und 14 sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass der Erwerber der zwei Amphetaminlieferungen über jeweils 1 kg
  82. zum Preis von je 6.000 € einen aus diesen Lieferungen noch offenen Betrag
  83. -5-
  84. von 10.000 € in einem Vorgang an den gesondert verfolgten M.
  85. hat, der diesen Betrag sodann an D. H.
  86. bezahlt
  87. weiterleitete. Damit fällt ein Teilakt
  88. des Handeltreibens, nämlich die Entgegennahme des Kaufpreises oder eines
  89. Teils davon, für beide Lieferungen in einer Handlung zusammen. Dies führt in
  90. der vorliegenden Konstellation zur Annahme von Tateinheit zwischen den beiden so verbundenen Taten des Handeltreibens (vgl. BGH, Beschlüsse vom
  91. 13. März 1996 – 2 StR 514/95, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 29, vom
  92. 2. Oktober 2002 – 2 StR 294/02, in NStZ-RR 2003, 75 nicht abgedruckt, und
  93. vom 17. Oktober 2007 – 2 StR 376/07).
  94. 4
  95. Die Schuldspruchänderung hat den Wegfall der für Fall 14 verhängten
  96. Einzelstrafe zur Folge. Angesichts des äußerst straffen Zusammenzugs der
  97. Einzelstrafen im Rahmen der Gesamtstrafenbildung schließt der Senat aus,
  98. dass das Landgericht ohne diese Einzelstrafe auf eine noch geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
  99. 5
  100. 3. Zu Unrecht hat die Strafkammer in Bezug auf den Angeklagten X.
  101. H.
  102. im Fall 1 das Vorliegen einer nicht geringen Menge Amphetamins bejaht.
  103. Nach den Urteilsfeststellungen veräußerten die Angeklagten in diesem Fall
  104. 100 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 8 % Amphetaminbase, so
  105. dass der Grenzwert von 10 g Amphetaminbase (BGH, Urteil vom 11. April 1985
  106. – 1 StR 507/84, BGHSt 33, 169), den das Landgericht sonst zutreffend zugrunde gelegt hat, nicht überschritten ist.
  107. 6
  108. Der Senat setzt die Strafe in entsprechender Anwendung des § 354
  109. Abs. 1 StPO auf die Mindeststrafe des § 29 Abs. 3 Satz 1 BtMG fest. Aus den
  110. Urteilsgründen ergibt sich zweifelsfrei, dass das Landgericht auch bei X.
  111. H.
  112. von einem gewerbsmäßigen Vorgehen ausgegangen ist und das Vorlie-
  113. gen einer Ausnahme von der Regelwirkung des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG
  114. -6-
  115. nicht angenommen hätte. Auswirkungen der geringfügigen Herabsetzung dieser Einzelstrafe auf die Gesamtfreiheitsstrafe sind angesichts der Höhe der übrigen Einzelstrafen ebenfalls auszuschließen.
  116. 7
  117. 4. Der Verfallsausspruch hat hinsichtlich beider Angeklagter keinen Bestand. Das Landgericht hat es versäumt, die Voraussetzungen eines Härtefalls
  118. gemäß § 73c StGB zu prüfen. Hierzu hätte angesichts der Höhe der Verfallsbeträge trotz der vermeintlich „gefestigten finanziellen Situation“ der Angeklagten
  119. (UA S. 112) Anlass bestanden (zu den Anforderungen an die Darstellung im
  120. Urteil vgl. BGH, Beschluss vom 20. August 2013 – 3 StR 128/13,
  121. NStZ-RR 2013, 340 mwN). Zum Verbleib der mit den Taten erwirtschafteten
  122. Gelder im Vermögen der Angeklagten hat die Strafkammer keinerlei Feststellungen getroffen. Zudem wäre vor dem Hintergrund, dass beide Angeklagte
  123. aufgrund der bevorstehenden erneuten Inhaftierung ihrer Erwerbstätigkeit, mit
  124. der sie bislang den Lebensunterhalt ihrer Familien sichergestellt hatten, nicht
  125. mehr werden nachgehen können und dass die nach den Urteilsgründen wohl in
  126. ihrem Eigentum stehenden, nicht aus Drogengeldern bezahlten Einfamilienhäuser auch ihren Ehefrauen und Kindern als Wohnung dienen, eine ausdrückliche Prüfung des Vorliegens einer unbilligen Härte im Sinne des § 73c Satz 1
  127. StGB unumgänglich gewesen.
  128. 8
  129. Darüber hinaus ist die Höhe des Verfallsbetrages bei X.
  130. H.
  131. nicht
  132. nachvollziehbar. Aus den Taten 1 und 35 bis 41 ergibt sich ein Betrag von
  133. 34.600 €. In den Fällen 18, 19 und 42 hat X.
  134. H.
  135. nach den landgerichtli-
  136. chen Feststellungen keinen Umsatz erzielt. Im Fall 39 hat das Landgericht lediglich eine Teilzahlung von 1.000 € festgestellt.
  137. 9
  138. Der Senat weist schließlich darauf hin, dass es bei einer Anordnung von
  139. Wertersatzverfall anders als bei einem Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO des
  140. -7-
  141. Ausspruchs einer gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Täter oder Teilnehmer bereits im Urteilstenor bedarf, weil aus der Verfallsanordnung gemäß
  142. § 459g Abs. 2 StPO wie aus einem zivilgerichtlichen Zahlungstitel nach den
  143. §§ 459 ff. StPO vollstreckt werden kann (BGH, Beschluss vom 25. September 2012 – 4 StR 137/12, NStZ 2013, 401 mwN).
  144. Basdorf
  145. Dölp
  146. Berger
  147. König
  148. Bellay