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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 4 StR 266/11
- vom
- 30. Juni 2011
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen schweren Bandendiebstahls u. a.
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- Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 30. Juni 2011 gemäß § 349 Abs. 2
- und 4 StPO beschlossen:
- 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 25. Januar 2011
- a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte
- im Fall II. 2 der Urteilsgründe der tateinheitlich begangenen vorsätzlichen Körperverletzung schuldig ist,
- b) in den Aussprüchen über die im Fall II. 2 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe und die Gesamtstrafe aufgehoben.
- 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
- Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
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- Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls (Fall II. 1 der Urteilsgründe, Einzelstrafe: ein Jahr Freiheitsstrafe) und
- wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr (Fall II. 2 der Urteilsgründe, Einzelstrafe: 2
- Jahre Freiheitsstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und
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- sechs Monaten verurteilt. Es hat außerdem Maßregeln bezüglich der Fahrerlaubnis angeordnet und ein Fahrzeug eingezogen. Die hiergegen gerichtete
- Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt,
- hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung im Fall II. 2 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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- a) Nach den insoweit getroffenen Feststellungen setzte der Angeklagte
- langsam sein Fahrzeug in Bewegung und fuhr auf den wenige Meter davor stehenden POK R.
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- zu, um ihn dazu zu bewegen, zur Seite zu gehen und den
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- Fluchtweg freizugeben. Da POK R.
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- nicht zur Seite trat, sondern nur wenige
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- Meter zurückging, hielt der Angeklagte an, fuhr dann erneut auf ihn zu und hielt
- abermals an. Da POK R.
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- den Weg noch nicht freigab, fuhr der Angeklagte
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- nochmals langsam an und versuchte, ihn langsam zur Seite zu drücken. POK
- R.
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- , der befürchtete überrollt zu werden, hielt sich darauf an der Motorhau-
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- be oder dem Scheibenwischer des Transporters fest und zog die Beine hoch.
- Der Angeklagte lenkte den Wagen sodann in eine Rechtskurve, um den Parkplatz zu verlassen. POK R.
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- nutzte die Lenkbewegung und die sich daraus
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- ergebenden Fliehkräfte und ließ sich vom Fahrzeug „wegschleudern“. Er kam
- auf dem Asphalt des Parkplatzes zum Liegen und trug Schürfwunden an Armen und Knien und einige Hämatome davon.
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- b) Damit ist das Vorliegen einer gefährlichen Körperverletzung nicht belegt.
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- aa) Zwar ist ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2
- StGB. Die Feststellungen ergeben jedoch nicht, dass die Verletzungen des Po-
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- lizeibeamten durch eine Einwirkung des Kraftfahrzeugs auf seinen Körper verursacht worden sind. Soweit er sich diese – was unklar bleibt – bei dem Sturz
- auf den Asphalt zugezogen hat, wäre der Körperverletzungserfolg nicht „mittels“
- des Kraftfahrzeugs eingetreten (Senatsbeschlüsse vom 16. Januar 2007
- – 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405 und vom 10. Juli 2008 – 4 StR 220/08).
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- bb) Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen auch nicht
- die Tatvariante „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“ (§ 224
- Abs. 1 Nr. 5 StGB). Zum einen lässt sich den Urteilsgründen auch insoweit
- nicht entnehmen, dass die Verletzungen des Geschädigten „mittels“ der Tathandlung und nicht erst durch dessen Abspringen vom Fahrzeug verursacht
- worden sind (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. Juni 2006 – 4 StR 123/06, NStZ
- 2007, 34, 35, und vom 5. Januar 2010 – 4 StR 478/09, NStZ 2010, 276;
- Fischer, StGB, 58. Aufl. § 224 Rn. 12 m.w.N.). Zum anderen kann das hier
- festgestellte langsame Zufahren auf den Geschädigten nicht generell als lebensbedrohlich angesehen werden. Für die vom Landgericht angenommene
- Gefahr, ihn zu überrollen oder zu überfahren und dadurch lebensgefährliche
- Verletzungen hervorzurufen, fehlt es an konkreten Anhaltspunkten.
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- c) Das Verhalten des Angeklagten erfüllt jedoch den Tatbestand einer
- Körperverletzung nach § 223 StGB. Der nach § 230 StGB zur Verfolgung erforderliche Strafantrag ist vom Verletzten form- und fristgerecht gestellt worden
- (vgl. Bl. 231 Bd. I d. A.). Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weiter gehende Feststellungen getroffen werden könnten und ändert
- den Schuldspruch entsprechend ab.
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- 2. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung der im Fall II. 2 der
- Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe und der Gesamtstrafe. Das Landgericht
- hat einen minder schweren Fall des gefährlichen Eingriffs in den Straßenver-
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- kehr bejaht und deshalb die Einzelstrafe gemäß § 52 Abs. 2 StGB dem nach
- § 46a Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB
- als demjenigen mit der schwersten Strafandrohung entnommen. Straferschwerend hat es darüber hinaus u.a. gewürdigt, dass durch die Handlung des Angeklagten zwei Varianten des § 224 Abs. 1 StGB erfüllt sind. Von der Aufhebung
- sind die zugehörigen Feststellungen nicht betroffen, diese können daher bestehen bleiben.
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- 3. Nach Wegfall des die Zuständigkeit des Schwurgerichts begründenden Tatvorwurfs des versuchten Mordes verweist der Senat die Sache entsprechend § 354 Abs. 3 StPO an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts
- zurück.
- Ernemann
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- Roggenbuck
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- RiBGH Dr. Franke
- befindet sich im Urlaub
- und ist daher gehindert
- zu unterschreiben.
- Ernemann
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- Mutzbauer
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- Bender
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