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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 144/13
  4. vom
  5. 16. Juli 2013
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. 1.
  9. 2.
  10. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
  11. -2-
  12. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 16. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 2
  13. und 4 StPO beschlossen:
  14. 1. Die Revisionen der Angeklagten Ö.
  15. und P.
  16. gegen das
  17. Urteil des Landgerichts Münster vom 20. August 2012 werden mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass
  18. a) der Tenor des angefochtenen Urteils dahin klargestellt
  19. wird, dass
  20. aa) der Angeklagte P.
  21. wegen unerlaubter Einfuhr
  22. von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
  23. Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
  24. in vier Fällen und wegen Beihilfe zum unerlaubten
  25. Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier
  26. Jahren und neun Monaten verurteilt ist,
  27. bb) der Angeklagte Ö.
  28. wegen unerlaubter Einfuhr
  29. von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
  30. Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
  31. in zwei Fällen und wegen Beihilfe zum unerlaubten
  32. Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt
  33. ist,
  34. -3-
  35. b) das Urteil im Ausspruch über den Wertersatzverfall dahin
  36. geändert wird, dass gegen die Angeklagten der Verfall
  37. von Wertersatz in Höhe von 2.500 € als Gesamtschuldner angeordnet wird.
  38. 2. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
  39. zu tragen.
  40. Gründe:
  41. 1
  42. Das Landgericht hat die Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen
  43. (P.
  44. ) bzw. zwei Fällen (Ö.
  45. ) und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handel-
  46. treiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Ö.
  47. bzw. einem Fall (P.
  48. (P.
  49. )
  50. ) zu „Freiheitsstrafen“ von vier Jahren und neun Monaten
  51. ) bzw. vier Jahren und drei Monaten (Ö.
  52. ) verurteilt und den Verfall
  53. von Wertersatz angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts
  54. gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Beschlussformel
  55. ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg; im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
  56. -4-
  57. I.
  58. 2
  59. Gegen die Wirksamkeit des Berichtigungsbeschlusses des Landgerichts
  60. vom 22. Oktober 2012 bestehen im vorliegenden Fall keine Bedenken. Die
  61. nachträgliche Berichtigung eines schriftlichen Urteils ist allerdings nur ganz
  62. ausnahmsweise bei offenbaren Versehen möglich. Es muss zweifelsfrei feststehen, dass sich hinter der Berichtigung nicht etwa eine nachträgliche sachliche Änderung verbirgt. Daraus folgt, dass eine Berichtigung dann zulässig ist,
  63. wenn sie sich zwanglos aus Tatsachen ergibt, die für alle Verfahrensbeteiligten
  64. klar zu Tage liegen und jeden Verdacht einer späteren sachlichen Änderung
  65. ausschließen, wo also das Versehen schon ohne die Berichtigung offensichtlich ist (BGH, Urteile vom 3. Februar 1959 – 1 StR 644/58, BGHSt 12, 374,
  66. 377; vom 22. November 1960 – 1 StR 426/60 S. 2 f.; vom 29. Januar 1975
  67. – 3 StR 165/74 S. 3 f.; vom 22. Januar 1981 – 4 StR 97/80 S. 4 f.; Beschluss
  68. vom 23. November 2004 – 4 StR 362/04 S. 3 f.).
  69. 3
  70. So liegt der Fall hier. Wie im Berichtigungsbeschluss überzeugend dargelegt wird, war die Verurteilung wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben
  71. mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall 8 der Urteilsgründe von
  72. der Strafkammer beraten und beschlossen worden. Unmittelbar vor der Urteilsverkündung ist die Strafkammer erneut in die Beweisaufnahme eingetreten und
  73. hat einen Hinweis zur möglichen rechtlichen Würdigung bezüglich dieses Falles
  74. gegeben. Die mündliche Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Urteilsgründe
  75. verhielt sich ausdrücklich zu den tatsächlichen Feststellungen, den Strafzumessungsgesichtspunkten und der Einzelstrafe in diesem Fall. Durch die Berichtigung hat die Strafkammer lediglich die äußere Übereinstimmung zwischen dem
  76. Urteilsspruch und den Urteilsgründen im Sinne des wirklich Beschlossenen
  77. wieder hergestellt.
  78. -5-
  79. 4
  80. Die aus dem Tenor ersichtliche Klarstellung war gleichwohl geboten, da
  81. das Landgericht die Angeklagten nur zu „Freiheitsstrafen“ verurteilt hat.
  82. II.
  83. 5
  84. Die gegenüber den Angeklagten getroffene Anordnung des Verfalls von
  85. Wertersatz war im Sinne einer gesamtschuldnerischen Haftung zu ändern.
  86. 6
  87. 1. Nach den Feststellungen wurden die Angeklagten P.
  88. von dem gesondert verfolgten S.
  89. und Ö.
  90. angeworben, Drogen aus den Niederlan-
  91. den nach Deutschland zu transportieren. S.
  92. versprach ihnen 1.300 bis
  93. 1.400 € pro Fahrt. Die Fahrten liefen so ab, dass der Angeklagte P.
  94. die Dro-
  95. gen in seinem Fahrzeug über die Grenze transportierte, wobei ihn eine Frau
  96. B.
  97. zur Tarnung begleitete, während der Angeklagte Ö.
  98. die Fahrt je-
  99. weils in seinem eigenen Fahrzeug absicherte. Für die Fahrt am 10. November
  100. 2010 (Fall 3 der Urteilsgründe) zahlte S.
  101. an P.
  102. zunächst 400 € und später 800 €
  103. , der jeweils den halben Betrag an Ö.
  104. abgab. Für die Fahrt am
  105. 23. November 2010 (Fall 4 der Urteilsgründe) erhielt der Angeklagte P.
  106. über
  107. einen Mittelsmann 2.200 €; er gab davon 600 € an den Angeklagten Ö.
  108. und 100 € an Frau B.
  109. P.
  110. , 900 € zahlte er zurück an S.
  111. . Der Angeklagte
  112. selbst behielt 600 €. Für die Fahrt am 7. Dezember 2010 (Fall 6 der Ur-
  113. teilsgründe) erhielt zunächst der Angeklagte P.
  114. er 200 € an den Angeklagten Ö.
  115. später von S.
  116. 400 € von S.
  117. , von denen
  118. weitergab. Beide Angeklagte erhielten
  119. weitere 800 €, von denen sie 100 € an Frau B.
  120. gaben;
  121. den Rest teilten sie sich hälftig. Für die Fahrt am 13. Dezember 2010 (Fall 7 der
  122. Urteilsgründe) erhielten beide Angeklagte 1.300 € von S.
  123. wiederum 100 € an Frau B.
  124. , von denen sie
  125. gaben und 1.200 € untereinander teilten. Das
  126. Landgericht hat gegen beide Angeklagte jeweils den Verfall von Wertersatz in
  127. -6-
  128. Höhe von 2.500 € angeordnet, weil sie insgesamt 5.000 € erhalten und hälftig
  129. unter sich geteilt hätten; die Zahlungen an Frau B.
  130. seien als „Aufwendun-
  131. gen“ unter dem Gesichtspunkt des Bruttoprinzips nicht zu berücksichtigen.
  132. 7
  133. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Angeklagte P.
  134. hatte
  135. Mitverfügungsmacht an dem Gesamtbetrag von 5.000 €, der Angeklagte
  136. Ö.
  137. zumindest Mitverfügungsmacht in Höhe eines Betrages von 3.500 €,
  138. soweit er nicht, was nahe liegt, nach der Absprache der Angeklagten mit S.
  139. (UA S. 13) von vornherein auch Mitverfügungsmacht an dem allein dem Angeklagten P.
  140. übergebenen Geld hatte. In einem solchen Fall haften die Ange-
  141. klagten beim Verfall bzw. Verfall von Wertersatz als Gesamtschuldner (vgl.
  142. BGH, Beschluss vom 23. November 2011 – 4 StR 516/11, NStZ 2012, 382,
  143. 383; Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 52). Zwar hat
  144. das Landgericht lediglich den Verfall eines Betrages von jeweils 2.500 € angeordnet, der dem jeweiligen Angeklagten im Ergebnis zugeflossen ist. Da aber
  145. auch insoweit der jeweils andere Mitangeklagte an diesem Geld zunächst Mitverfügungsmacht hatte, sind die Angeklagten durch die Nichtberücksichtigung
  146. der Gesamtschuldnerschaft beschwert. Eine Erhöhung der Verfallsanordnung
  147. auf den Gesamtbetrag scheidet wegen des Verbots der reformatio in peius
  148. (§ 358 Abs. 2 StPO) aus.
  149. -7-
  150. III.
  151. 8
  152. Weil das Rechtsmittel nur einen geringen Teilerfolg hat, ist es nicht unbillig, die Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und ihren eigenen Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
  153. Mutzbauer
  154. Roggenbuck
  155. RiBGH Dr. Franke ist infolge
  156. Urlaubs ortsabwesend und
  157. daher an der Unterschriftsleistung gehindert.
  158. Mutzbauer
  159. Bender
  160. Quentin