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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 120/08
  4. vom
  5. 28. Oktober 2008
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen Hehlerei
  9. -2-
  10. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 28. Oktober 2008 gemäß § 349
  11. Abs. 4 StPO beschlossen:
  12. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Münster vom 29. Juni 2007, soweit es ihn betrifft, mit
  13. den Feststellungen aufgehoben.
  14. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
  15. auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  16. Gründe:
  17. Das Landgericht hat den Angeklagten P.
  18. 1
  19. wegen Hehlerei in zwei
  20. Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit der Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
  21. 1. Nach den Feststellungen im Fall D IV. 1. der Urteilsgründe hatte der
  22. 2
  23. Mitangeklagte H.
  24. den Besitz an einer Vielzahl von Leasingfahrzeugen be-
  25. trügerisch erlangt und die Fahrzeuge sodann an den anderweitig verfolgten R.
  26. verkauft und übergeben; dieser vermarktete die Fahrzeuge seinerseits in
  27. Frankreich und Spanien. Als R.
  28. seine Zahlungsversprechen gegenüber H.
  29. nicht mehr vollständig einhielt, nahm der Angeklagte auf Wunsch H.
  30. 29. November 2002 an einem “sog. Krisentreffen“ mit R.
  31. s am
  32. teil, bei dem die
  33. Zahlungsprobleme geklärt werden sollten. Der Angeklagte sollte die Position
  34. H.
  35. s unterstützen und Problemlösungen erarbeiten. “Tatsächlich versuchte
  36. -3-
  37. P.
  38. auch aktiv H.
  39. zu helfen, die ausstehenden Forderungen einziehen
  40. zu können. So kam nach Angaben H.
  41. schlag, von R.
  42. gen, was H.
  43. 3
  44. s von P.
  45. unter anderem der Vor-
  46. eine Abtretung seines Privatvermögens an H.
  47. zu verlan-
  48. auch einforderte“.
  49. Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegt darin keine strafbare
  50. Absatzhilfe i.S.d. § 259 Abs. 1 StGB. Zwar genügt zur Vollendung der Hehlerei
  51. in Form der Absatzhilfe grundsätzlich jede vom Absatzwillen getragene vorbereitende, ausführende oder helfende Tätigkeit, die geeignet ist, den Vortäter bei
  52. seinem Bemühen um die wirtschaftliche Verwertung der bemakelten Sache zu
  53. unterstützen (BGH NStZ 2008, 152). Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob
  54. es zum Absatz des Hehlgutes gekommen ist (BGHSt 26, 358; NJW 1990, 2897
  55. f; NStZ 1994, 395 f.). Strafgrund der Hehlerei ist es aber, ein Weiterschieben
  56. der durch die Vortat erlangten Sache zu verhindern (BGHSt 26, 358, 360, 363).
  57. Deshalb muss die Tätigkeit des Helfers im konkreten Fall geeignet sein, die
  58. rechtswidrige Vermögenssituation aufrechtzuerhalten oder zu vertiefen (BGHSt
  59. 43, 110, 111; NStZ-RR 2000, 266).
  60. 4
  61. Daran fehlt es hier. Durch den Verkauf und die Übergabe der Fahrzeuge
  62. hatte H.
  63. dem R.
  64. übertragen. R.
  65. die Verfügungsgewalt über die Fahrzeuge endgültig
  66. hatte sich damit die Fahrzeuge “verschafft“ und H.
  67. hatte
  68. sie “abgesetzt“. Die rechtswidrige Besitzlage, die durch den betrügerischen Erwerb H.
  69. s herbeigeführt worden war, war damit perpetuiert und vertieft wor-
  70. den. Hierzu hatte der Angeklagte nichts beigetragen. Nach den bisherigen
  71. Feststellungen setzte seine Tätigkeit vielmehr erst später ein und diente allein
  72. der Durchsetzung der Zahlungsforderungen H.
  73. ob sein Vorschlag, die Abtretung von R.
  74. s. Dabei kann dahinstehen,
  75. s Privatvermögen zu verlangen, kon-
  76. kret geeignet war, die Eintreibung des Kaufpreises zu fördern. Denn jedenfalls
  77. -4-
  78. hatten seine Bemühungen um die Erbringung der Gegenleistung keinen unmittelbaren oder mittelbaren Einfluss auf die rechtswidrige Besitzlage hinsichtlich
  79. der Fahrzeuge.
  80. 5
  81. 2. Nach den Feststellungen im Fall D IV. 3. der Urteilsgründe fuhr der
  82. Angeklagte am 19. Dezember 2002 nach Spanien, um dort auf Anweisung H.
  83. s Fahrzeuge, die H.
  84. an R.
  85. geliefert und die R.
  86. nicht vollständig be-
  87. zahlt hatte, bei den Endnutzern aufzufinden, um diese wieder in die Verfügungsgewalt H.
  88. s zu bringen. “Nach der Vorstellung von H.
  89. und P.
  90. sollten diese Fahrzeuge entweder anderweitig gewinnbringend in Spanien vermarktet werden oder nach Deutschland zurückgebracht werden, um eine Vermarktung im Inland anzustreben.“ Der Angeklagte stellte 14 Fahrzeuge sicher,
  91. von denen “durch Vermittlung von P.
  92. 5 [im Urteil im Einzelnen bezeichne-
  93. te] Fahrzeuge an die spanische Firma U.
  94. 6
  95. verkauft“ wurden.
  96. Soweit das Landgericht den Angeklagten auch in diesem Fall der Hehlerei in Form der Absatzhilfe schuldig gesprochen hat, ist das Urteil auf eine Verfahrensrüge aufzuheben, der folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde liegt:
  97. Die Verteidigung des Angeklagten beantragte in der Hauptverhandlung am
  98. 20. Juni 2007 die Vernehmung dreier Zeugen zum Beweis dafür, dass der Angeklagte an dem Verkauf von fünf entsprechend der Anklage näher bezeichneten Fahrzeugen an die spanische Firma U.
  99. sei bzw. dass er insoweit Fahrzeuge lediglich für H.
  100. der Firma A.
  101. nicht beteiligt gewesen
  102. sichergestellt und bei
  103. untergestellt habe. Die Kammer wies den Antrag zurück.
  104. Die behaupteten Tatsachen seien für die Entscheidung ohne Bedeutung, da
  105. bereits die Sicherstellung der Fahrzeuge Absatzhilfe darstellen könne.
  106. -5-
  107. 7
  108. Die Zurückweisung des Beweisantrags ist rechtsfehlerhaft, weil das
  109. Landgericht im Urteil für die im Beweisantrag bezeichneten Fahrzeuge eine Beteiligung des Angeklagten am Verkauf festgestellt hat. Damit setzt es sich mit
  110. der Ablehnungsbegründung in Widerspruch und entzieht ihr die Grundlage
  111. (BGH NStZ 1994, 195; NStZ-RR 2000, 210). Bezüglich des Fahrzeuges, das im
  112. Urteil mit einem anderen amtlichen Kennzeichen bezeichnet worden ist als im
  113. Beweisantrag und in der Anklage, geht der Senat von einer offensichtlichen
  114. Falschbezeichnung im Urteil aus.
  115. 8
  116. Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil. Denn die verfahrensfehlerfrei
  117. festgestellte Sicherstellung der Fahrzeuge vermag die Verurteilung des Angeklagten nicht zu tragen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist nicht jede dem
  118. Vortäter geleistete Unterstützung im Vorfeld von Absatzbemühungen strafbar.
  119. Im Einzelfall kann es sich um straflose Hilfe bei der Vorbereitung künftigen Absatzes handeln. Für die Abgrenzung kommt es darauf an, ob die Hilfeleistung
  120. im Vorfeld eines im Einzelnen noch nicht absehbaren und auch noch nicht konkret geplanten Absatzes erfolgt oder ob sie sich in einen bereits festgelegten
  121. Absatzplan fördernd einfügt und aus der Sicht des Vortäters den Beginn des
  122. Absatzvorganges darstellt (BGH NStZ 2008, 152, 153). Nach diesen Maßstäben liegt im vorliegenden Falle noch keine Absatzhilfe vor. Denn ein hinreichend konkretisierter Absatzplan bestand nach den Feststellungen nicht. Der
  123. Mitangeklagte H.
  124. hatte lediglich die allgemeine Absicht, zurückerlangte
  125. Fahrzeuge abermals zu vermarkten, wobei noch nicht einmal feststand, in welchem Land entsprechende Bemühungen unternommen werden sollten. Nach
  126. alledem beschränkte sich die Hilfe des Angeklagten auf bloße “Rückgewinnungshilfe“.
  127. -6-
  128. 9
  129. 3. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass auch im Fall D IV. 1. der Urteilsgründe neue
  130. Feststellungen möglich sind, die eine Verurteilung wegen Absatzhilfe tragen.
  131. Tepperwien
  132. Kuckein
  133. Solin-Stojanović
  134. Athing
  135. Ernemann