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- BUNDESGERICHTSHOF
- 3 StR 79/02
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- BESCHLUSS
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- 18. April 2002
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen Vergewaltigung u.a.
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- Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 18. April 2002 gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
- Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
- Itzehoe vom 19. November 2001 wird als unbegründet verworfen.
- Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
- der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
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- Gründe:
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in vier
- Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die Einzelfreiheitsstrafen hatte es
- zuvor wegen Verfahrensverzögerung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK
- um jeweils sechs Monate reduziert. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der
- Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten
- ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
- Die zu Gunsten des Angeklagten vorgenommene Reduzierung der
- Strafhöhe wegen der Annahme einer Verfahrensverzögerung im Sinne des
- Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK beschwert ihn nicht. Soweit die Strafkammer sich dabei auf eine "mehrmonatige Verzögerung" bei der Staatsanwaltschaft bezieht,
- weil diese das Ermittlungsverfahren zunächst nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hatte und erst im Laufe eines Klageerzwingungsverfahrens zur Anklage-
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- erhebung übergegangen war, liegt hierin keine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung. Vielmehr ist ein solcher Verfahrensgang Ausfluß einer rechtsstaatlichen Ausgestaltung des Rechtsmittelsystems (BGHR StGB § 46 Abs. 2
- Verfahrensverzögerung 15). Dabei kommt hinzu, daß die ursprüngliche Verfahrenseinstellung gerade im Interesse des Angeklagten erfolgt war, um diesen
- nicht einem damals für nicht aussichtsreich gehaltenen Gerichtsverfahren auszusetzen. Aber auch der durch "Überlastung der Kammer und Erledigung vorrangiger Haftsachen" verstrichene Zeitraum zwischen Anklageerhebung am
- 17. Januar 2001 und Beginn der Hauptverhandlung am 14. November 2001,
- von dem ohnehin noch die Zeitspanne für das Eröffnungsverfahren und eine
- angemessene Frist bis zum Beginn der Hauptverhandlung abzuziehen gewesen wäre, rechtfertigt für sich allein die Annahme eines Verstoßes gegen Art. 6
- Abs. 1 Satz 1 MRK nicht. Dieser setzt vielmehr voraus, daß die Sache insgesamt nicht in angemessener Frist verhandelt worden ist, wobei eine gewisse
- Untätigkeit innerhalb eines einzelnen Verfahrensabschnittes dann nicht zu einer Verletzung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK führt, wenn dadurch die Gesamtdauer des Verfahrens nicht unangemessen lang wird (BGH MRK Art. 6 Abs. 1
- Satz 1 Verfahrensverzögerung 9). Hier lag zwischen der zwei Tage nach der
- letzten Tat erfolgten Eröffnung des Tatvorwurfs am 29. Februar 2000 und der
- erstinstanzlichen Aburteilung des Angeklagten am 19. November 2001, die
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- nunmehr durch diesen Beschluß rechtskräftig wird, lediglich eine Verfahrensdauer von einem Jahr und neun Monaten, die bei einem Tatvorwurf von vier
- Verbrechen nicht als unangemessen bezeichnet werden kann.
- Tolksdorf
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- Rissing-van Saan
- von Lienen
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- Winkler
- Becker
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