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9.4 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 3 StR 63/12
  4. vom
  5. 27. März 2012
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. 1.
  9. 2.
  10. wegen Betruges
  11. -2-
  12. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 27. März
  13. 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
  14. 1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 13. September 2011
  15. - in den Schuldsprüchen dahin abgeändert, dass die Angeklagten der Beihilfe zum Betrug schuldig sind,
  16. - in den Strafaussprüchen aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.
  17. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel,
  18. an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  19. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
  20. Gründe:
  21. 1
  22. Das Landgericht hat die Angeklagten des Betruges schuldig gesprochen.
  23. Den Angeklagten Z.
  24. hat es deswegen zu der Freiheitsstrafe von drei
  25. Jahren und zwei Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten H.
  26. hat es eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, deren Vollstre-
  27. -3-
  28. ckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die Revisionen der Angeklagten rügen die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte H.
  29. be-
  30. anstandet auch das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge den
  31. aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
  32. 2
  33. Die Schuldsprüche wegen täterschaftlichen Betruges haben keinen Bestand; die Angeklagten sind jeweils der Beihilfe zum Betrug (§§ 263, 27 StGB)
  34. schuldig.
  35. 3
  36. 1. Die Tatbeteiligten S.
  37. , N.
  38. und L.
  39. bemühten
  40. sich im Jahre 2007 zunächst erfolglos um den Erwerb des Mantels einer Aktiengesellschaft, deren Aktien sie unter der Vorspiegelung, es handle sich um ein
  41. im Bereich regenerativer Energien erfolgreich tätiges Unternehmen, an gutgläubige Kapitalanleger verkaufen wollten. Sie schalteten deshalb wegen der
  42. Vermittlung eines Mantelkaufs Rechtsanwalt K.
  43. ein, der sich seinerseits an
  44. die Angeklagten wandte. Die von den Angeklagten beherrschte G.
  45. Holding in Luxemburg erwarb schließlich am 28. November 2007 auf eigene
  46. Rechnung für 240.000 € von einer X.
  47. ton Zug registrierte
  48. E.
  49. AG die im Schweizer KanAG, ausgestattet mit einem Kapital von
  50. 20 Millionen Stück Inhaberaktien zum Nennwert von je 0,01 CHF, welche zuvor
  51. in den Freiverkehr der Deutschen Börse AG aufgenommen worden waren.
  52. Noch am selben Tag veranlassten die Angeklagten den Weiterverkauf von 18,4
  53. Millionen Stück dieser Aktien durch die G.
  54. und L.
  55. beherrschte Su.
  56. Holding an eine von N.
  57. Ltd. für 219.740 €. Über eine erste
  58. Kaufpreisrate, gegen deren Zahlung zunächst eine Million Stück Aktien übertragen werden sollten, war in dem Vertrag bereits Quittung erteilt. Die übrigen
  59. Aktien sollten der Su.
  60. Ltd. in drei Tranchen gegen Zahlung jeweils einer
  61. -4-
  62. weiteren Kaufpreisrate übertragen werden. Finanziert werden sollten die drei
  63. Folgeraten im Wesentlichen aus dem Vertrieb der Aktien an Kapitalanleger.
  64. 4
  65. Wie die Angeklagten wussten, handelte es sich bei der
  66. E.
  67. AG um eine reine Vorratsgründung ohne operatives Geschäft und ohne eigenes Vermögen. Den Angeklagten war auch klar, dass N.
  68. und L.
  69. die Aufnahme operativer Geschäfte von vornherein nicht beabsichtigen. Sie rechneten jedenfalls damit, dass die der Su.
  70. Ltd. überlassenen
  71. Aktien zu überhöhtem Kurs an entsprechend getäuschte Anlageinteressenten
  72. vertrieben würden, und nahmen dies billigend in Kauf. Am Gelingen dieses Vertriebs war ihnen deshalb gelegen, weil davon im Wesentlichen die Zahlung des
  73. Kaufpreises an die G.
  74. Holding abhing und weil der dadurch zu erwar-
  75. tende Kursanstieg den Wert des bei ihr verbliebenen Aktienpakets erhöhen
  76. würde.
  77. 5
  78. In Absprache mit dem für N.
  79. Rechtsanwalt K.
  80. und L.
  81. auftretenden
  82. veranlassten die Angeklagten in der Folge Scheinorders
  83. über Aktien der
  84. E.
  85. , um dadurch einen Kursanstieg zu bewirken.
  86. Ebenso veranlassten sie die erforderliche Mitwirkung der G.
  87. der Umfirmierung der
  88. E.
  89. AG in
  90. En.
  91. Holding bei
  92. AG und bei der
  93. Änderung des in der Satzung ausgewiesenen Unternehmenszwecks u.a. in
  94. "Beteiligung an anderen Unternehmen … insbesondere im Energiebereich".
  95. 6
  96. Weil sich die Übernahme und damit der Vertrieb der Aktien wegen organisatorischer Schwierigkeiten auf Seiten der Su.
  97. beglichen N.
  98. und L.
  99. Ltd. erheblich verzögerten,
  100. die offene Kaufpreisforderung der G.
  101. Holding schließlich aus anderweitigen Mitteln. An dem dann ab Mai 2008
  102. stattfindenden Telefonvertrieb der Aktien durch N.
  103. , L.
  104. und
  105. -5-
  106. K.
  107. waren die Angeklagten nicht mehr beteiligt. Gewonnen werden konnten
  108. etwa 80 Anleger; es entstand ein Gesamtschaden von ca. 1.100.000 €.
  109. 7
  110. 2. Diese Feststellungen tragen nicht die Verurteilung der Angeklagten
  111. wegen mittäterschaftlichen Betruges (§ 263 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB).
  112. 8
  113. a) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche
  114. Tatbestandsmerkmale verwirklicht, handelt mittäterschaftlich, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen
  115. Tatanteils erscheint (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 25 Rn. 12 mwN). Ob danach
  116. Mittäterschaft anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden
  117. Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die
  118. Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 12. Februar 1998 - 4 StR
  119. 428/97, NJW 1998, 2149, 2150; vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt
  120. 37, 289, 291). Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der
  121. Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen
  122. (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253; Beschluss
  123. vom 2. Juli 2008 - 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25). Erschöpft sich demgegenüber
  124. die Mitwirkung nach dem Willen des sich Beteiligenden in einer bloßen Förderung fremden Handelns, so fällt ihm lediglich Beihilfe zur Last (§ 27 Abs. 1
  125. StGB).
  126. -6-
  127. 9
  128. b) Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme täterschaftlichen
  129. Handelns der Angeklagten auch dann durchgreifenden rechtlichen Bedenken,
  130. wenn man dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe einen Beurteilungsspielraum zubilligt, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. Senat, Urteil vom
  131. 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253). Entgegen der Auffassung
  132. des Generalbundesanwalts vermögen die vom Landgericht festgestellten Tatsachen den Schluss, die Angeklagten hätten ihre Mitwirkungshandlungen als
  133. Teil der Tätigkeit aller und demzufolge die späteren betrügerischen Aktienverkäufe auch als ihre eigenen Taten verstanden, nicht zu tragen, so dass ein solcher Beurteilungsspielraum jedenfalls überschritten wäre.
  134. 10
  135. Zwar schufen die Angeklagten mit dem Mantelkauf und der Weitergabe
  136. der Aktien erst die Voraussetzungen für die späteren betrügerischen Anlagegeschäfte der anderen Beteiligten; sie unterstützten das Gelingen dieser Anlagegeschäfte auch durch Einwirken auf den Aktienkurs und durch Mithilfe bei der
  137. Vortäuschung operativen Geschäfts. Nach dem äußeren Erscheinungsbild waren dies aber zunächst typische Beihilfehandlungen, die für sich allein weder
  138. auf eine Tatherrschaft noch auf einen Willen dazu schließen lassen. Insbesondere unterscheidet sich die Beschaffung der Aktien nicht wesentlich von anderen Fallgestaltungen, in denen der Täter bei der Besorgung notwendiger Tatmittel oder Tatwerkzeuge auf Dritte angewiesen ist. Dass die in Aussicht genommenen Anlagegeschäfte darüber hinaus (auch) vom Willen der Angeklagten abhängen sollten, wird nicht ersichtlich; sowohl die Art und Weise des Vertriebs als insbesondere auch die den Anlegern pro Aktie abverlangten Beträge
  139. waren jedem Einfluss der Angeklagten entzogen. Das vom Landgericht festgestellte Interesse der Angeklagten am Gelingen der Geschäfte vermag eine an-
  140. -7-
  141. dere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. An den erzielten Gewinnen waren die
  142. Angeklagten nicht beteiligt. Ihr allgemeines Interesse an einem steigenden
  143. Aktienkurs und an der Erwirtschaftung des Kaufpreises - der im Übrigen die
  144. eigenen Aufwendungen der G.
  145. Holding nicht überstieg - berührte die
  146. betrügerischen Geschäfte nur mittelbar.
  147. 11
  148. 3. Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend ab. § 265 StPO
  149. steht dem nicht entgegen, da sich die Angeklagten bei zutreffender rechtlicher
  150. Bewertung der Tat nicht wirksamer hätten verteidigen können.
  151. 12
  152. 4. Die Abänderung der Schuldsprüche führt zur Aufhebung des Urteils in
  153. den Strafaussprüchen. Die diesen jeweils zugrunde liegenden Feststellungen
  154. werden von der unzutreffenden rechtlichen Bewertung der Tat indes nicht berührt und können aufrechterhalten bleiben. Der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten.
  155. VRiBGH Becker ist urlaubsbedingt
  156. gehindert seine Unterschrift
  157. beizufügen.
  158. Pfister
  159. Schäfer
  160. Pfister
  161. Mayer
  162. Menges