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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 3 StR 401/03
  4. vom
  5. 26. November 2003
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen Totschlags u. a.
  9. -2-
  10. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 26. November 2003 gemäß § 349
  11. Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
  12. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19. Mai 2003, soweit es den Angeklagten
  13. Mehmet K.
  14. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
  15. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
  16. über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
  17. des Landgerichts zurückverwiesen.
  18. Gründe:
  19. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags in Tateinheit
  20. mit Ausübung der tatsächlichen Gewalt und Führen einer halbautomatischen
  21. Selbstladewaffe von nicht mehr als 60 cm Länge zu einer Freiheitsstrafe von
  22. sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen eingelegte Revision
  23. des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
  24. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der frühere Mitangeklagte Yusuf K. im Rahmen einer Auseinandersetzung mit familiärem Hintergrund mehrere Schüsse auf Kazim K. aus einer halbautomatischen Selbstladewaffe mit dem Kaliber 7,65 mm abgegeben. Sodann nahm der Angeklagte
  25. die Waffe an sich und schoß zumindest einmal auf Kazim K.. Insgesamt gaben
  26. beide mindestens sechs Schüsse ab. Das Opfer wurde zweimal getroffen: ein nicht tödlicher - Schuß in die rechte Gesäßhälfte und ein Schuß in den Rumpf.
  27. Dieser Schuß führte zu seinem Tod.
  28. -3-
  29. Zur Schußabgabe im einzelnen hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
  30. - In der ersten Phase hat Yusuf K. mehrere Schüsse auf Kazim K., der sich zu
  31. diesem Zeitpunkt in einem Garagenhof befand, mit zumindest bedingtem Tötungsvorsatz abgegeben. Es konnte jedoch nicht geklärt werden, ob einer
  32. dieser Schüsse das Opfer getroffen hat. Zu Gunsten des früheren Mitangeklagten Yusuf K. ist das Schwurgericht davon ausgegangen, daß er ihn nicht
  33. getroffen hat.
  34. - In der zweiten Phase versuchte Kazim K. den Schüssen durch Flucht an den
  35. Garagen vorbei auf eine im Hof befindliche Freifläche und von dort wieder in
  36. Richtung der "wenige Meter" entfernten Garagen zu entkommen. Dabei wurden zwei weitere Schüsse auf ihn abgegeben, die in eine Hauswand einschlugen, ohne daß geklärt werden konnte, welcher der beiden Angeklagten
  37. diese abgefeuert hatte.
  38. - In der dritten Phase flüchtete Kazim K. in eine der beiden Garagen, um
  39. Deckung zu erhalten. Der Angeklagte stand hierbei vor der Garage und gab
  40. in Tötungsabsicht mindestens einen Schuß auf Kazim K. ab.
  41. Sodann stellt das Landgericht fest, daß ein in dieser letzten, dritten Phase abgegebener Schuß der tödliche Rumpfdurchschuß war, und der vor der
  42. Garage stehende Angeklagte diesen Schuß abgegeben hat. Daß der Angeklagte der Schütze war, ist durch Zeugenaussagen, daß der Rumpfdurchschuß
  43. zum Tode geführt hat, durch ein Sachverständigengutachten belegt. Daß der
  44. Rumpfdurchschuß in dieser letzten Phase erfolgt war, schließt die Kammer
  45. daraus, daß es Kazim K. nach dem Rumpfdurchschuß nicht möglich gewesen
  46. wäre "wegzulaufen" (UA S. 16).
  47. -4-
  48. Dieser Schluß des Schwurgerichts - Eintritt der sofortigen Bewegungsunfähigkeit nach Erhalt des Rumpfdurchschusses - ist nicht tragfähig begründet. Zwar hat die Kammer auf UA S. 38 ausgeführt, daß aufgrund der Ausführungen des Obduzenten zu den Verletzungen und ihren Folgen feststehe, daß
  49. der Rumpfdurchschuß tödlich gewesen sei. Ein Beleg dafür, daß durch diesen
  50. Schuß die sofortige Bewegungsunfähigkeit des Kazim K. herbeigeführt wurde,
  51. fehlt indes. Dies versteht sich auch nicht von selbst, da der Tod auf Grund des
  52. durch die Schädigung innerer Organe eingetretenen Blutverlustes erst um
  53. 16.25 Uhr und somit fast zwei Stunden nach dem Tatgeschehen ("gegen
  54. 14.30 Uhr") eingetreten ist.
  55. Eines solchen revisionsrechtlich nachprüfbaren Nachweises hätte es
  56. hier aber bedurft. Denn hätte das im Rumpf getroffene Opfer noch eine kürzere
  57. Wegstrecke von "wenigen Metern" weglaufen können und wäre mithin nicht
  58. erst durch den Schuß in die Garage getötet worden, käme nach den bisher getroffenen Feststellungen in Verbindung mit den zugunsten des Angeklagten
  59. und des früheren Mitangeklagten unterstellten Sachverhaltsvarianten in Betracht, daß ein von dem früheren Mitangeklagten Yusuf K. abgegebener Schuß
  60. -5-
  61. zu der letztlich tödlichen Rumpfverletzung führte. Dann aber würde eine Verurteilung des Angeklagten Mehmet K. wegen vollendeten Totschlags voraussetzen, daß ihm diese Schußabgabe nach den Grundsätzen der Mittäterschaft
  62. zugerechnet werden kann.
  63. Winkler
  64. Miebach
  65. Becker
  66. Pfister
  67. Hubert