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26 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. 2 StR 78/16
  5. vom
  6. 1. Februar 2017
  7. in der Strafsache
  8. gegen
  9. 1.
  10. 2.
  11. wegen Verdachts des Mordes u.a.
  12. ECLI:DE:BGH:2017:010217U2STR78.16.0
  13. -2-
  14. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
  15. vom 25. Januar 2017 in der Sitzung am 1. Februar 2017, an denen teilgenommen haben:
  16. Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
  17. Prof. Dr. Fischer,
  18. die Richter am Bundesgerichtshof
  19. Dr. Appl,
  20. Dr. Eschelbach,
  21. Zeng,
  22. Dr. Grube,
  23. Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
  24. als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
  25. Rechtsanwalt
  26. in der Verhandlung vom 25. Januar 2017
  27. als Pflichtverteidiger für den Angeklagten C.
  28. B.
  29. ,
  30. Rechtsanwalt
  31. in der Verhandlung vom 25. Januar 2017
  32. als Pflichtverteidiger für den Angeklagten K.
  33. B.
  34. ,
  35. Rechtsanwalt
  36. in der Verhandlung vom 25. Januar 2017
  37. als Vertreter der Nebenkläger N.
  38. R.
  39. und St.
  40. K.
  41. ,
  42. -3-
  43. Rechtsanwältin
  44. in der Verhandlung vom 25. Januar 2017
  45. als Vertreterin der Nebenkläger L.
  46. F.
  47. und S.
  48. B.
  49. Rechtsanwalt
  50. in der Verhandlung vom 25. Januar 2017
  51. als Vertreter der Nebenkläger I.
  52. Justizangestellte
  53. Justizangestellte
  54. B.
  55. B.
  56. in der Verhandlung vom 25. Januar 2017,
  57. in der Sitzung am 1. Februar 2017
  58. als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
  59. für Recht erkannt:
  60. und A.
  61. ,
  62. ,
  63. -4-
  64. 1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger
  65. N.
  66. R.
  67. und St.
  68. K.
  69. wird das Urteil des Landge-
  70. richts Hanau vom 5. August 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
  71. 2. Auf die Revisionen der Nebenkläger I.
  72. B.
  73. B.
  74. und der Nebenkläger L.
  75. B.
  76. F.
  77. und A.
  78. und S.
  79. wird das vorbezeichnete Urteil mit den Feststellungen
  80. aufgehoben, soweit es die Tat zu Lasten der Geschädigten
  81. S.
  82. K.
  83. betrifft. Im Übrigen werden die Revisionen die-
  84. ser Nebenkläger als unzulässig verworfen.
  85. 3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
  86. über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  87. Von Rechts wegen
  88. -5-
  89. Gründe:
  90. 1
  91. Das Landgericht hat den Angeklagten C.
  92. B.
  93. des Totschlags und den Angeklagten K.
  94. B.
  95. vom Vorwurf
  96. vom Vorwurf des
  97. Mordes freigesprochen. Hiergegen wenden sich die Staatsanwaltschaft und die
  98. Nebenkläger mit ihren auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel
  99. der Staatsanwaltschaft und die Revisionen der Nebenkläger haben, soweit sie
  100. sich im Rahmen ihrer jeweiligen Nebenklagebefugnis halten, mit der Sachrüge
  101. Erfolg. Die Revisionen der Nebenkläger I.
  102. der Nebenkläger L.
  103. F.
  104. und S.
  105. B.
  106. B.
  107. sie die Tat zum Nachteil des Geschädigten H.
  108. K.
  109. und A.
  110. B.
  111. und
  112. sind unzulässig, soweit
  113. betreffen.
  114. I.
  115. 2
  116. Die zugelassene Anklage legt den Angeklagten folgendes zur Last:
  117. 3
  118. Am 6. Juni 2014 habe der Angeklagte C.
  119. „M.
  120. “ in Ma.
  121. B.
  122. auf der
  123. im Rahmen eines Streits mit anschließender
  124. Rangelei dem Geschädigten H.
  125. K.
  126. ein von diesem mitgeführtes Messer
  127. abgenommen und hiermit insgesamt 17 Mal auf den Bauch- und Rückenbereich
  128. des Geschädigten eingestochen, bis dieser infolge der massiven Stichverletzungen verstorben sei.
  129. 4
  130. Die Ehefrau des H.
  131. K.
  132. , die Geschädigte S.
  133. K.
  134. , habe mit
  135. einem Beil bewaffnet die Auseinandersetzung aus unmittelbarer Nähe beobachtet, ohne in das Geschehen einzugreifen. Der Angeklagte K.
  136. B.
  137. sei sodann von einem hinteren Teil des Geländes zu dem Kampfgeschehen
  138. hinzugekommen und habe erkannt, dass sein Sohn C.
  139. den Geschä-
  140. -6-
  141. digten H.
  142. K.
  143. schädigte S.
  144. getötet habe. Daraufhin habe er sich entschlossen, die GeK.
  145. durch gezielte Kopfschüsse aus einer von ihm mitge-
  146. führten Pistole zu töten, um die Überführung seines Sohnes zu verhindern. In
  147. Ausführung seines Tatplans habe der Angeklagte K.
  148. B.
  149. darauf-
  150. hin der Geschädigten aus kurzer Distanz zweimal hintereinander in deren Arm/Schulter-/Kopfbereich geschossen, wodurch S.
  151. Angeklagten K.
  152. B.
  153. K.
  154. sofort, wie vom
  155. beabsichtigt, verstorben sei. Die Angeklag-
  156. ten hätten anschließend die Kampfspuren zu verwischen gesucht, die Tatwerkzeuge beiseite geschafft und das getötete Ehepaar zunächst unter einem
  157. Sandhaufen, in der Nacht darauf in einer Jauchegrube vor der Ranch vergraben. Das Auto der Getöteten habe der Angeklagte K.
  158. einem Supermarktparkplatz in Ma.
  159. B.
  160. auf
  161. abgestellt.
  162. II.
  163. 5
  164. Zu den den Angeklagten zur Last gelegten Taten hat das Landgericht im
  165. Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
  166. 6
  167. 1. Der Geschädigte H
  168. Pächter der „M.
  169. Ma.
  170. K.
  171. und seine Tochter waren seit Mai 2007
  172. “, eines sich außerhalb des Stadtrands von
  173. befindlichen Grundstücks mit direktem Zugang zum Mainufer. Im März
  174. 2012 schlossen der Geschädigte und seine Ehefrau, die Geschädigte S.
  175. K.
  176. , mit den beiden Angeklagten einen Untermietvertrag, der diesen gegen
  177. einen Mietzins von monatlich 906 Euro in bar das Recht einräumen sollte, ein
  178. auf dem Anwesen befindliches Gebäude zu Wohnzwecken und Teile des
  179. Grundstücks für Tierhaltung zu nutzen. Den Geschädigten war bekannt, dass
  180. sie zu dieser Untervermietung nicht berechtigt waren und das Grundstück zu
  181. Wohnzwecken nicht genutzt werden durfte.
  182. -7-
  183. 7
  184. Ab dem Jahr 2013 verschlechterte sich das Verhältnis zwischen den Angeklagten und den Geschädigten zunehmend. Grund hierfür war zum einen,
  185. dass die Angeklagten aufgrund ihrer äußerst angespannten finanziellen Situation den vereinbarten Mietzins nicht immer pünktlich zum jeweiligen Monatsanfang an die Geschädigten zahlen konnten. Die Geschädigten, die nur über geringe Einkünfte verfügten, waren auf diese Zahlungen dringend angewiesen,
  186. um ihren Lebensunterhalt bestreiten und den Mietzins für eine von ihnen auf
  187. Mallorca angemietete Wohnung entrichten zu können. Infolge der unregelmäßigen Zahlung der Miete kam es daher immer wieder zu verbalen Streitigkeiten
  188. zwischen den ihre Forderungen vehement einfordernden Geschädigten und
  189. den Angeklagten. Zu Konflikten zwischen den Angeklagten und Geschädigten
  190. trug zum anderen bei, dass Letztere nicht mit der Haltung der auf dem Hof lebenden Ziegen durch den Angeklagten C.
  191. B.
  192. einverstanden
  193. waren und deshalb mehrfach das staatliche Veterinäramt zu Kontrollen veranlassten. Dass sich die Angeklagten und Geschädigten täglich auf dem Gelände
  194. der Ranch begegneten, verschärfte das vorhandene Konfliktpotential zusätzlich.
  195. Auf die häufigen aggressiven Anwürfe der Geschädigten, die in Beleidigungen
  196. und Drohungen gipfelten, reagierten die Angeklagten passiv, demütig und verängstigt. Aufgrund der stetig zunehmenden Angst vor etwaigen Übergriffen der
  197. Geschädigten bewahrten die Angeklagten spätestens seit Dezember 2013 eine
  198. Pistole griffbereit hinter der Eingangstür des von ihnen bewohnten Gebäudes
  199. der Ranch auf.
  200. 8
  201. In den letzten Wochen vor der Tat kam es beinahe täglich zu immer lautstärkeren – und seitens der Geschädigten sehr emotional und aggressiv geführten – Auseinandersetzungen zwischen den Geschädigten und den Angeklagten. Nachdem der Eigentümer des Grundstücks Ende April 2014 erstmals erfahren hatte, dass das Grundstück zu Wohnzwecken untervermietet worden
  202. war, forderte dessen Rechtsanwalt Anfang Mai 2014 die Geschädigten und An-
  203. -8-
  204. geklagten schriftlich auf, das illegale Untermietverhältnis zu beenden. Am
  205. 2. Juni 2014 suchten die Angeklagten ihren Rechtsanwalt auf, der ihnen dazu
  206. riet, keinerlei Mietzins mehr an die Geschädigten zu entrichten und ihnen zusicherte, sich mit dem Grundstückseigentümer in Verbindung zu setzen, um eine
  207. direkte Anmietung oder einen Erwerb des Grundstücks zu erreichen. Am selben
  208. Tag zahlten die Angeklagten im Anschluss an das Beratungsgespräch für Juni
  209. 2014 dennoch einen (Teil-) Mietzins in Höhe von 450 Euro an die Geschädigten. Sie waren hiernach jedoch definitiv nicht mehr bereit, weitere Zahlungen zu
  210. leisten.
  211. 9
  212. Am 6. Juni 2014 zwischen 13.02 Uhr und circa 13.30 Uhr befanden sich
  213. die Geschädigten auf dem Grundstück der Ranch direkt vor dem Eingang des
  214. von den Angeklagten bewohnten Gebäudes. Hierbei führte der Geschädigte
  215. H.
  216. K.
  217. – wie üblich – ein Messer mit sich. Die Geschädigten hatten sich
  218. vorgenommen – wie mit den Angeklagten zuvor am 2. Juni 2014 verabredet –
  219. den noch offenen Mietzins für den Monat Juni 2014 zu erhalten und waren zur
  220. Durchsetzung ihrer Forderung bereit, falls erforderlich, auch Gewalt anzuwenden.
  221. 10
  222. Während sich der Angeklagte K.
  223. B.
  224. im hinteren Teil des
  225. Grundstücks mit den Tieren beschäftigte, traf der Geschädigte H.
  226. K.
  227. an
  228. der Eingangstür des bewohnten Gebäudes den Angeklagten C.
  229. B.
  230. an und forderte ihn zur unverzüglichen Zahlung des restlichen Mietzin-
  231. ses für Juni 2014 sowie zusätzlich auch des Mietzinses für Juli 2014 auf. Als
  232. der Angeklagte gegenüber H.
  233. K.
  234. und dessen Ehefrau, die ein Beil mit
  235. sich führte, trotz Drohungen mit Gewalt jede weitere Zahlung ablehnte und von
  236. der Einschaltung seines Anwalts berichtete, zog H.
  237. K.
  238. das von ihm mitge-
  239. führte Messer und setzte es dem von ihm am Hals festgehaltenen C.
  240. B.
  241. auf die Brust. Als sich der Angeklagte C.
  242. B.
  243. zu wehren
  244. -9-
  245. versuchte, stach H.
  246. K.
  247. mit dem in seiner rechten Hand geführten Messer
  248. in Richtung des Oberkörpers des Angeklagten, der den Stich jedoch ablenken
  249. konnte. Im weiteren Verlauf der tätlichen Auseinandersetzung gelang es C.
  250. B.
  251. , dem Geschädigten H.
  252. K.
  253. das Messer abzunehmen und
  254. sich durch einen Stich in dessen Oberkörper aus dem Griff am Hals zu lösen.
  255. Sein anschließender Versuch, von der Ranch zu flüchten, scheiterte, weil ihm
  256. die noch immer mit dem Beil bewaffnete Geschädigte S.
  257. K.
  258. Fluchtweg versperrte. Dadurch gelang es dem Geschädigten H.
  259. den
  260. K.
  261. , ihn
  262. einzuholen, in den Schwitzkasten zu nehmen und die wieder vor die Eingangstür verlagerte, zwischenzeitlich auf dem Boden geführte Auseinandersetzung
  263. fortzusetzen.
  264. 11
  265. Währenddessen kam der Angeklagte K.
  266. B.
  267. zum Ge-
  268. schehen hinzu. Als er sah, dass sein Sohn mit dem Rücken auf dem Boden
  269. liegend mit dem auf ihm sitzenden H.
  270. S.
  271. K.
  272. K.
  273. kämpfte, und die Geschädigte
  274. mit einem Gegenstand in der Hand neben beiden kniete, ver-
  275. suchte er zunächst vergeblich S.
  276. K.
  277. wegzustoßen. Daraufhin begab
  278. er sich in den Vorraum des Hauses und ergriff die dort gelagerte Pistole.
  279. 12
  280. Trotz der Fixierung seiner rechten Hand durch die linke Hand des Geschädigten H.
  281. K.
  282. war es dem Angeklagten C.
  283. B.
  284. nunmehr
  285. unter erheblicher Kraftanstrengung möglich, mit dem in seiner rechten Hand
  286. geführten Messer noch insgesamt drei Stiche in den oberen Brustbereich des
  287. auf ihm sitzenden Geschädigten H.
  288. K.
  289. anzubringen, der ihn weiterhin mit
  290. seiner rechten Hand am Hals festhielt und versuchte, ihm das Messer zu entwinden.
  291. 13
  292. In der Zwischenzeit kam der Angeklagte K.
  293. B.
  294. mit der
  295. Pistole zum Geschehen zurück. Als er erkannte, dass die Geschädigte S.
  296. - 10 -
  297. K.
  298. C.
  299. ein Beil in der Hand hielt und ausholend dazu ansetzte, hiermit auf
  300. einzuhacken, schoss er – um seinen Sohn vor dem An-
  301. B.
  302. griff mit dem Beil zu verteidigen – aus einer Entfernung von mindestens zwei
  303. Metern zwei Mal auf den Arm-/Schulterbereich der S.
  304. K.
  305. , die dadurch
  306. am Rücken getroffen wurde und sofort verstarb.
  307. 14
  308. Der Angeklagte K.
  309. B.
  310. zog nun den Geschädigten von
  311. seinem Sohn herunter, woraufhin H.
  312. C.
  313. B.
  314. K.
  315. leblos auf dem Rücken neben
  316. zum Liegen kam. Der Angeklagte C.
  317. kniete sich daraufhin neben H.
  318. K.
  319. B.
  320. , der – was er nicht erkannte – bereits
  321. infolge beidseitigen Pneumothorax verstorben war, und fügte diesem mit dem
  322. Messer weitere 12 Stiche in den Brustkorb zu.
  323. 15
  324. Der Angeklagte K.
  325. B.
  326. entschied sich gegen eine Ver-
  327. ständigung der Polizei, da er davon ausging, dass diese ihnen das Tatgeschehen nicht glauben würde. Gemeinsam mit seinem Sohn, der – noch unter dem
  328. Einfluss des Tatgeschehens stehend – die Anweisungen seines Vaters mechanisch ausführte, beseitigten die Angeklagten die Tatspuren, parkten das Fahrzeug der Geschädigten auf dem Parkplatz eines Supermarkts, warfen das Tatmesser und das Beil in den Main, versteckten die Pistole und vergruben die
  329. Leichen auf dem Gelände der Ranch. Aufgrund von Hinweisen des Angeklagten C.
  330. B.
  331. vom 14. Oktober 2014 konnten die Leichname der
  332. Geschädigten später dort aufgefunden werden.
  333. 16
  334. 2. Das Landgericht hat die Einlassungen der Angeklagten zum Tatgeschehen, der die weiteren Beweisergebnisse nicht widersprächen, als unwiderlegbar angesehen. Unter Zugrundelegung der Einlassungen hat es angenommen, das Handeln des Angeklagten C.
  335. gerechtfertigt. Der Geschädigte H.
  336. K.
  337. B.
  338. sei durch Notwehr
  339. habe den Angeklagten C.
  340. - 11 -
  341. B.
  342. rechtswidrig angegriffen, indem er mit der linken Hand an dessen Hals
  343. griff und mit dem in seiner rechten Hand geführten Messer auf ihn einstach.
  344. Dieser Angriff sei auch noch nach dem Entwinden des Messers nicht beendet
  345. gewesen, da der Geschädigte den Angeklagten weiter mit seiner linken Hand
  346. am Hals festgehalten und um das Messer gekämpft habe. Über diese fortdauernde Intensität der Kampflage hinaus habe die jederzeitige Möglichkeit eines
  347. Eingreifens der anwesenden und mit einem Beil bewaffneten Ehefrau des Geschädigten bestanden. Als der Angeklagte C.
  348. verstorbenen Geschädigten H.
  349. K.
  350. B.
  351. auf den bereits
  352. weiter einstach, habe er sich im Zu-
  353. stand der Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB befunden.
  354. 17
  355. Hinsichtlich der vom Angeklagten K.
  356. digte S.
  357. K.
  358. B.
  359. auf die Geschä-
  360. abgegebenen zwei Schüsse hat das Landgericht ange-
  361. nommen, diese seien als Nothilfe gerechtfertigt. Dadurch, dass die Geschädigte
  362. S.
  363. K.
  364. B.
  365. gerade mit dem Beil ausholte, um auf den Angeklagten C.
  366. einzuhacken, habe sie diesen rechtswidrig angegriffen.
  367. III.
  368. 18
  369. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie der Nebenkläger N.
  370. R.
  371. und St.
  372. K.
  373. Nebenkläger I.
  374. und S.
  375. haben mit der Sachrüge Erfolg. Die Revisionen der
  376. und A.
  377. B.
  378. B.
  379. sowie der Nebenkläger L.
  380. F.
  381. haben mit der Sachrüge Erfolg, soweit sie sich im
  382. Rahmen ihrer sich aus §§ 395 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, 401 Abs. 1 Satz 1
  383. StPO ergebenden Nebenklagebefugnis halten, im Übrigen sind sie unzulässig.
  384. Wegen des Erfolgs der Sachrüge bedarf es keines Eingehens auf die Verfahrensrügen. Die Beweiswürdigung hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht
  385. stand.
  386. - 12 -
  387. 19
  388. 1. Das Revisionsgericht muss es grundsätzlich hinnehmen, wenn das
  389. Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an seiner Täterschaft
  390. nicht zu überwinden vermag.
  391. 20
  392. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt
  393. es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine
  394. Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14,
  395. NStZ-RR 2015, 148 mwN). Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht
  396. angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte.
  397. Vielmehr hat es die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender
  398. gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2015 – 5 StR 521/14, NStZ-RR
  399. 2015, 178, 179). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf,
  400. ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher
  401. Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2016 – 1 StR 597/15, Rn. 27, zit.
  402. nach juris, mwN [insoweit in NStZ-RR 2016, 272 nicht abgedruckt]). Das Urteil
  403. muss erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind,
  404. die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Aus den Urteilsgründen muss sich ferner ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht
  405. nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt
  406. wurden (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom 23. Juli 2008 – 2 StR 150/08, NJW
  407. 2008, 2792, 2793 mwN). Rechtsfehlerhaft ist eine Beweiswürdigung schließlich
  408. dann, wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt worden sind. Dabei ist es weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen aus-
  409. - 13 -
  410. zugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (vgl. etwa Senat, Urteil vom 22. September
  411. 2016 – 2 StR 27/16, Rn. 26, zit. nach juris mwN).
  412. 21
  413. 2. Diesen Anforderungen an die Beweiswürdigung genügt das Urteil
  414. nicht.
  415. 22
  416. a) Ein grundlegender Mangel des Urteils liegt bereits darin, dass das
  417. Landgericht die im Rahmen der sachlich-rechtlichen Begründungspflicht gebotene nähere Dokumentation früherer Einlassungen der Angeklagten unterlassen
  418. und den Zeitpunkt der jeweiligen Einlassungen in der Hauptverhandlung nicht
  419. mitgeteilt hat.
  420. 23
  421. Da an die Bewertung der Einlassung eines Angeklagten die gleichen Anforderungen zu stellen sind wie an die Beurteilung von Beweismitteln, hat der
  422. Tatrichter sich seine Überzeugung von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der
  423. Einlassung des Angeklagten aufgrund einer Gesamtwürdigung des Ergebnisses
  424. der Beweisaufnahme zu bilden (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1986
  425. – 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 34). Dabei kann ein Wechsel der Einlassung im
  426. Laufe des Verfahrens ein Indiz für die Unrichtigkeit der Einlassung in der
  427. Hauptverhandlung sein und ihre Bedeutung für die Beweiswürdigung verringern
  428. oder unter Umständen ganz entfallen lassen (Senat, Urteil vom 16. August
  429. 1995 – 2 StR 94/95, BGHR StPO § 261 Einlassung 6). Im Hinblick auf die Möglichkeit einer Anpassung der Einlassung an die Ergebnisse der Beweisaufnahme kann auch der Zeitpunkt, zu dem sich ein Angeklagter zur Sache einlässt,
  430. ein Umstand sein, der im Rahmen der Gesamtwürdigung gegen die Glaubhaftigkeit der Einlassung spricht (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2001
  431. – 3 StR 580/00, BGHR StPO § 261 Aussageverhalten 21).
  432. - 14 -
  433. 24
  434. Zwar hat die Kammer in den Urteilsgründen dargestellt, dass die Einlassung der Angeklagten über ihre Verteidiger durch Verlesung von vorbereiteten,
  435. schriftlichen Erklärungen in der Hauptverhandlung erfolgte (UA S. 57). Auch
  436. werden inhaltliche Angaben hierzu gemacht (UA S. 27, 51 bis 56). Es bleibt jedoch offen, zu welchem Zeitpunkt im Rahmen der mehrtägigen Hauptverhandlung diese Einlassungen verlesen wurden und ob und insbesondere mit
  437. welchem Inhalt sich die Angeklagten vor diesem Zeitpunkt eingelassen haben.
  438. Dass es frühere Einlassungen der Angeklagten gegeben hat, folgt bezüglich
  439. des Angeklagten C.
  440. B.
  441. aus der Erwähnung eines Hinweises
  442. zum Fundort der Leichen (UA S. 27) und bezüglich des Angeklagten K.
  443. B.
  444. P.
  445. aus der Mitteilung, dass er am 8. Juni 2014 vom Zeugen KOK
  446. zur Sache vernommen worden ist (UA S. 35). Das Urteil teilt auch nicht
  447. mit, wie im Einzelnen sich der Angeklagte C.
  448. B.
  449. im Rahmen des
  450. letzten Wortes geäußert hat. Insoweit wird lediglich wiedergegeben, dass der
  451. Angeklagte anschaulich geschildert habe, noch immer beinahe jede Nacht vom
  452. Tatgeschehen zu träumen (UA S. 83).
  453. 25
  454. b) Das Landgericht hat darüber hinaus den Anwendungsbereich des
  455. Zweifelssatzes verkannt. Der Grundsatz „in dubio pro reo“ ist keine Beweis-,
  456. sondern eine Entscheidungsregel, die das Gericht erst dann zu befolgen hat,
  457. wenn es nach abgeschlossener Beweiswürdigung nicht die volle Überzeugung
  458. von der Täterschaft zu gewinnen vermag. Auf einzelne Elemente der Beweiswürdigung ist er grundsätzlich nicht anzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom
  459. 5. November 2014 – 1 StR 327/14 Rn. 44, NStZ-RR 2015, 83, 85 mwN). Keinesfalls gilt er für entlastende Indiztatsachen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom
  460. 27. Juni 2001 – 3 StR 136/01, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 24).
  461. 26
  462. Nachdem das Landgericht bei der Bewertung des Kampfgeschehens und
  463. der Interessenlage der Beteiligten zunächst zu der Annahme gelangt war, dass
  464. - 15 -
  465. „Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sowohl der Geschädigte H.
  466. auch der Angeklagte C.
  467. B.
  468. K.
  469. als
  470. am Tattag das Tatmesser mitge-
  471. bracht und als Erstes eingesetzt haben könnten, da beide ohnehin messergewohnt waren“ (UA S. 59), ist es unter rechtsfehlerhafter Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ der Einlassung der Angeklagten gefolgt und zu deren
  472. Gunsten davon ausgegangen, dass „der Streit am Tattag von den Geschädigten begonnen wurde und der Geschädigte H.
  473. K.
  474. hierbei derjenige war,
  475. der das Tatmesser mit sich führte, dieses auch zog und zuerst gegen den Angeklagten C.
  476. B.
  477. einsetzte“ (UA S. 62).
  478. 27
  479. c) Die Beweiswürdigung weist zudem durchgreifende Lücken auf.
  480. 28
  481. aa) Die Wertung des Landgerichts, es sei kein Motiv der Angeklagten ersichtlich, mit den Geschädigten am Tattag zunächst einen verbalen Streit und
  482. sodann gar eine körperliche Auseinandersetzung zu beginnen (UA S. 61), beruht auf lückenhaft gebliebenen Erwägungen.
  483. 29
  484. Das Landgericht stellt insoweit darauf ab, dass die Angeklagten nach
  485. dem Beratungsgespräch mit ihrem Rechtsanwalt wussten, dass der mit den
  486. Geschädigten geschlossene Untermietvertrag illegal war und sie den Geschädigten deshalb künftig keine Mietzinszahlungen mehr schuldeten. Außerdem
  487. habe ihnen der Anwalt zugesichert, mit dem Eigentümer Kontakt aufzunehmen
  488. und zu versuchen, für die Angeklagten einen Mietvertrag über das Grundstück
  489. direkt mit dem Eigentümer ohne Einschaltung der Geschädigten abzuschließen
  490. (UA S. 61, 79). Das Landgericht sieht die Angeklagten daher in einer „geradezu
  491. komfortablen Lage“, weshalb sie auch keine Veranlassung gehabt hätten, mit
  492. den Geschädigten Streit zu beginnen (UA S. 62).
  493. 30
  494. Bei dieser Wertung hat das Landgericht nicht hinreichend in den Blick
  495. genommen, dass die Angeklagten bereits eine Woche zuvor ein Schreiben der
  496. - 16 -
  497. Stadt Ma.
  498. erhalten hatten, aus dem sich ergab, dass die Ranch künftig an
  499. die Angeklagten nicht mehr zu Wohnzwecken vermietet werden durfte (UA
  500. S. 38). Der Nutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken standen nicht nur die
  501. Bestimmungen des Pachtvertrags, sondern auch öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen (UA S. 37). Da die Zeugin Kl.
  502. über den eingeschalteten
  503. Rechtsanwalt die Räumung des Grundstücks von den Angeklagten verlangt
  504. hatte (UA S. 37), hatten diese daher Anfang Juni das Ende des Mietverhältnisses über das Grundstück und die Zwangsräumung zu befürchten. Für sie bestand daher nicht nur die Gefahr, ihre Wohnung auf der Ranch, sondern vor
  505. allem ihren Lebensmittelpunkt und die von ihnen auf dem Grundstück betreuten
  506. Tiere zu verlieren, an denen der Angeklagte C.
  507. B.
  508. besonders
  509. hing und die sein Lebensinhalt waren. Selbst in dem von ihrem Rechtsanwalt
  510. ins Spiel gebrachten Fall der eigenen Anmietung des Grundstücks hätten die
  511. Angeklagten ihre Wohnmöglichkeit verloren. Den drohenden Verlust der bisherigen Lebensumstände der Angeklagten hätte die Strafkammer bei der Frage,
  512. ob die Angeklagten Anlass hatten, mit den Geschädigten einen Streit zu beginnen, mitberücksichtigen müssen.
  513. 31
  514. bb) Die Wertung der Kammer, eine geplante Tötung der Geschädigten
  515. seitens der Angeklagten scheide aus, blendet einen wesentlichen Aspekt des
  516. festgestellten Geschehensablaufs aus. So erklärt das Landgericht die – gegen
  517. den unmittelbar zuvor erteilten Rat ihres Rechtsanwalts am 2. Juni 2014 erfolgte – Zahlung der Angeklagten in Höhe von 450 Euro an die Geschädigten mit
  518. dem Ziel, „zunächst weiteren Streitigkeiten und Anfeindungen der Geschädigten
  519. zu entgehen“ (UA S. 50). Nicht in die Wertung einbezogen hat das Landgericht
  520. jedoch den festgestellten Umstand, dass die Angeklagten noch am selben Tag
  521. mit den Geschädigten verabredet hatten, am 6. Juni 2014 den offenen Restbetrag zu bezahlen und sich die Geschädigten gerade aus diesem Grund am Tattag zur Ranch begaben (UA S. 10, 18). Dass die Angeklagten am 2. Juni 2014
  522. - 17 -
  523. mit den Geschädigten die Verabredung einer weiteren Geldübergabe trafen, ist
  524. im Übrigen nicht mit der vom Landgericht getroffenen Annahme in Einklang zu
  525. bringen, die Angeklagten seien nach der Teilmietzinszahlung „definitiv nicht
  526. mehr bereit [gewesen], weiteren Mietzins an die Geschädigten zu entrichten“
  527. (UA S. 18).
  528. 32
  529. cc) Auch hinsichtlich der Geschehnisse am Tattag zwischen 11 Uhr und
  530. 13 Uhr weist die Beweiswürdigung eine Lücke auf. Wie das Landgericht aufgrund der Angaben diverser Zeugen festgestellt hat, waren die Geschädigten
  531. regelmäßig täglich zwischen 11 und 13 Uhr auf der Ranch (UA S. 12 ff.; 28 ff.,
  532. 46 ff.). Nach ihrer (insoweit vom Landgericht nicht in Zweifel gezogenen) Aussage traf die Zeugin S.
  533. die Geschädigte auch am 6. Juni 2014 gegen
  534. 11 Uhr nahe der Ranch, als diese mit ihren Hunden am Mainufer spazieren ging
  535. (UA S. 68). Diese Aussage hat das Landgericht nicht zum Anlass genommen,
  536. sich mit der naheliegenden Frage auseinanderzusetzen, ob sich die Geschädigten bereits etwa zwei Stunden vor der Tat auf der Ranch aufgehalten haben
  537. und was zwischen 11 Uhr und der zwischen 13.02 Uhr und circa 13.30 Uhr angesetzten Tatzeit auf der Ranch geschehen ist.
  538. 33
  539. dd) Bei der Würdigung der Einlassung des Angeklagten C.
  540. B.
  541. zum Tathergang hat die Kammer nicht erörtert, dass die Einlassung
  542. zum auslösenden Ereignis für den Messereinsatz durch den Geschädigten H.
  543. K.
  544. in offenkundigem Widerspruch zur Tatvorgeschichte steht. Der Ange-
  545. klagte hat sich eingelassen, der Geschädigte habe ein Messer gezogen, nachdem er durch ihn davon erfahren habe, dass der Eigentümer der Ranch von
  546. dem illegalen Untermietverhältnis nunmehr Kenntnis erlangt habe (UA S. 52).
  547. Demgegenüber ist das Landgericht im Rahmen der Tatvorgeschichte davon
  548. ausgegangen, dass die Geschädigten von dem Schreiben bereits mindestens
  549. eine Woche vor der Tat Kenntnis erhalten hatten (UA S. 17, 37, 38, 60).
  550. - 18 -
  551. 34
  552. d) Schließlich fehlt es auch an der gebotenen Gesamtwürdigung aller für
  553. und gegen die Angeklagten sprechenden Umstände. Die Beweiswürdigung der
  554. Strafkammer lässt nicht erkennen, dass sich das Landgericht des Umstandes
  555. bewusst war, dass einzelne Belastungsindizien, die für sich genommen zum
  556. Beweis der Täterschaft nicht ausreichen, doch in ihrer Gesamtheit die für eine
  557. Verurteilung notwendige Überzeugung des Tatgerichts begründen können (vgl.
  558. Senat, Urteil vom 17. September 1986 – 2 StR 353/86; BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung, unzureichende 1; BGH, Urteil vom 5. November 2014 – 1 StR
  559. 327/14, NStZ-RR 2015, 83, 85).
  560. 35
  561. 3. Das Urteil beruht auch auf den aufgezeigten Darstellungs- und Beweiswürdigungsmängeln; der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung und der gebotenen wertenden Gesamtschau aller be- und entlastenden Indizien die Überzeugung von der
  562. Täterschaft der Angeklagten gewonnen hätte.
  563. Vors.RiBGH Prof. Dr. Fischer
  564. ist wegen Krankheit an der
  565. Unterschrift gehindert.
  566. Appl
  567. Appl
  568. Zeng
  569. Eschelbach
  570. Grube