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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. 2 StR 166/03
  5. vom
  6. 20. August 2003
  7. in der Strafsache
  8. gegen
  9. wegen Untreue u. a.
  10. -2-
  11. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. August
  12. 2003, an der teilgenommen haben:
  13. Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
  14. Dr. Rissing-van Saan
  15. und die Richter am Bundesgerichtshof
  16. Dr. h.c. Detter,
  17. Dr. Bode,
  18. Rothfuß,
  19. die Richterin am Bundesgerichtshof
  20. Roggenbuck,
  21. Staatsanwältin
  22. als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
  23. Rechtsanwalt
  24. ,
  25. Rechtsanwalt
  26. als Verteidiger,
  27. Justizangestellte
  28. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
  29. für Recht erkannt:
  30. -3-
  31. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 12. Juli 2002 mit den Feststellungen
  32. aufgehoben.
  33. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
  34. über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  35. Von Rechts wegen
  36. Gründe:
  37. Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Untreue in drei
  38. Fällen und vom Vorwurf des versuchten gemeinschaftlichen Betrugs aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, auf die Verletzung
  39. sachlichen Rechts und eine Verfahrensrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat Erfolg.
  40. I.
  41. Nach den Feststellungen ist der Angeklagte L.
  42. in H.
  43. Studiendirektor
  44. . Seit 1990 war er mit einem Teil seiner Arbeitskraft beratend beim
  45. Aufbau der betrieblichen und schulischen Berufsausbildung in Thüringen tätig.
  46. Ab Anfang 1991 unterstützte er das Thüringer Kultusministerium bei der Ver-
  47. -4-
  48. wendung der Mittel aus dem europäischen Sozialfonds zur Qualifizierung von
  49. Arbeitslosen und sozial Benachteiligten. Der Angeklagte plante hierfür sogenannte Flathus-Programme und sorgte für deren Durchführung einschließlich
  50. der Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Er vereinbarte mit seinem langjährigen
  51. Freund, dem früheren Mitangeklagten
  52. onsschule B.
  53. in D.
  54. H.
  55. als Leiter der Produkti-
  56. , daß Lehrgänge für 150 DM pro Tag und
  57. Teilnehmer durchzuführen seien, akzeptierte dann aber eine nachträgliche
  58. Preiserhöhung auf 170 DM, der keine Leistungsänderung zugrunde lag. Dem
  59. Land Thüringen entstand dadurch im Jahr 1992 ein Gesamtschaden von etwas
  60. über 580.000 DM. Insoweit hat die Strafkammer das Verfahren nach § 154 Abs.
  61. 2 StPO vorläufig eingestellt.
  62. Von den nachfolgenden Tatvorwürfen hat die Strafkammer den Angeklagten aus subjektiven Gründen freigesprochen:
  63. 1. H.
  64. B.
  65. wurde wegen Untreuevorwürfen vom Vorstand der Schule
  66. entlassen. Um die Lehrgänge aus Thüringen weiter durchführen zu
  67. können, gründete er am 6. Dezember 1992 die E.
  68. . (E.
  69. E.
  70. ). Der Angeklagte schloß am 22. Dezember 1992 mit der
  71. einen Vertrag über die Durchführung von Flathus-Programmen im Jahre
  72. 1993 zum Preis von 170 bzw. 190 (Flathus-Programm 13) DM pro Tag und
  73. Teilnehmer; die von der E.
  74. unterbeauftragten Schulen erhielten in der Re-
  75. gel einen Tagessatz von 100 bis 120 DM. Durch die Überhöhung des Preises
  76. um 20 DM pro Tag und Teilnehmer gegenüber dem ursprünglich vereinbarten
  77. Tagessatz von 150 DM entstand dem Thüringer Kultusministerium im Jahr
  78. 1993 ein Schaden von insgesamt 391.000 DM.
  79. Die Strafkammer hat insoweit eine vorsätzliche Pflichtverletzung des
  80. Angeklagten verneint, weil dem Angeklagten aufgrund eines schon damals vor-
  81. -5-
  82. liegenden mäßiggradig ausgeprägten Psychosyndroms nicht bewußt gewesen
  83. sei, daß er auf eine Ermäßigung der im Jahre 1992 willkürlich vorgenommenen
  84. Preiserhöhung hätte hinwirken müssen.
  85. 2. Der Angeklagte und
  86. H.
  87. gingen zumindest stillschweigend
  88. von einer Verlängerung des Vertragsverhältnisses für das Jahr 1994 aus. Entsprechend wurden die Lehrgänge durchgeführt. Dem Land Thüringen entstand
  89. dadurch ein Schaden von insgesamt 627.000 DM. Auch insoweit hat die Strafkammer aus den vorgenannten Gründen Vorsatz nicht für nachweisbar gehalten.
  90. 3. Obwohl alle Parteien von einer konkludent geschlossenen Pauschalpreisvereinbarung ausgegangen waren, stellte H.
  91. dem Thüringer Kul-
  92. tusministerium am 26. Oktober 1992 u. a. 79.000 DM Verwaltungskosten in
  93. Rechnung. Der Angeklagte akzeptierte diesen Rechnungsposten nach einem
  94. Telefonat mit H.
  95. und zeichnete die Rechnung als "sachlich richtig" ab;
  96. der Gesamtbetrag einschließlich der Verwaltungskosten wurde überwiesen.
  97. Die Strafkammer hat schon offengelassen, ob der Angeklagte den objektiven
  98. Tatbestand der Untreue erfüllt habe. Sie hat ihn freigesprochen, weil ihm hinsichtlich der inneren Tatseite aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung jedenfalls
  99. nicht nachzuweisen sei, vorsätzlich auf eine Nichtschuld gezahlt zu haben.
  100. 4. Ende 1992, Anfang 1993 suchte der Angeklagte mehrfach den
  101. Staatssekretär
  102. im Thüringer Kultusministerium auf, um eine Vergütung
  103. für seine "Mehrarbeit" zu erlangen. Er legte dem Staatssekretär schließlich einen Vertragsentwurf zwischen dem Kultusministerium und dem Verein P.
  104. e.V. vor, wonach P.
  105. e.V. für Unterstützung bei Umsetzung und Durchfüh-
  106. rung von Flathus-Maßnahmen vom 1. Juni 1992 bis zum 31. Mai 1993 rückwirkend 91.411,20 DM erhalten sollte. Tatsächlich hatte der Verein P.
  107. e.V.
  108. -6-
  109. keine Leistungen erbracht. Der Angeklagte wollte damit eine Vergütung für seine Tätigkeit erlangen; nach seiner Vorstellung würde der Staatssekretär den
  110. wahren Hintergrund des Vertrages erkennen und billigen. Der Staatsekretär
  111. hingegen ging von einer Zuarbeit des Vereins für den Angeklagten aus; zu einem Vertragsabschluß kam es nur deshalb nicht, weil er Zweifel wegen der
  112. Rückwirkung hatte. Die Strafkammer hat den subjektiven Tatbestand des versuchten Betrugs verneint, weil der Angeklagte aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur nicht in Täuschungsabsicht gehandelt habe.
  113. II.
  114. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat schon mit der Sachrüge Erfolg.
  115. Der Freispruch hält der sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  116. 1. Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe in den ausgeurteilten Fällen jedenfalls ohne Vorsatz gehandelt, ist rechtsfehlerhaft.
  117. a) Die Strafkammer beruft sich zur Begründung dafür, daß aus dem äußeren Geschehensablauf hier nicht auf die innere Tatseite des Angeklagten
  118. geschlossen werden könne, auf die Gutachten des Sachverständigen Prof.
  119. Dr. R.
  120. und des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. S.
  121. sowie das "bi-
  122. zarre" Verhalten des Angeklagten in der Hauptverhandlung (UA S. 112). Weder die Gutachten noch das Verhalten des Angeklagten in der Hauptverhandlung tragen die Wertung, daß dem Angeklagten aufgrund seiner Persönlichkeit
  123. kein Vorwurf vorsätzlichen Handelns zu machen sei.
  124. aa) Das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. R.
  125. weist Mängel
  126. auf und ist deshalb schon als Grundlage von Feststellungen zur Schuldfähig-
  127. -7-
  128. keit und erst recht nicht zur hiervon zu unterscheidenden Frage des Vorsatzes
  129. geeignet. Die dem Urteil zu entnehmenden Angaben des Sachverständigen
  130. lassen eine hinreichende Auseinandersetzung mit den dem Angeklagten vorgeworfenen Taten und den dazu festgestellten Umständen vermissen. Der
  131. Gutachter würdigt das Verhalten des Angeklagten global und nicht auf den
  132. Einzelfall bezogen. Die Beurteilung der Schuldfähigkeit nach § 20 StGB hat
  133. aber in Bezug auf eine bestimmte Tat zu erfolgen (vgl. Tröndle/Fischer, StGB,
  134. 51. Aufl. § 20 Rdn. 2). Der Sachverständige geht dabei von Annahmen aus, für
  135. die sich in den Feststellungen kein Beleg findet. So hat der Gutachter seiner
  136. Beurteilung zugrunde gelegt, daß die Gedächtnisdefizite und Aufmerksamkeitsstörungen des Angeklagten unter den Bedingungen der Schlafapnoe in
  137. den in Frage stehenden Jahren erheblich schwerer gewesen sein könnten als
  138. zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung feststellbar, weil das Gehirn in der Lage
  139. sei, unter adäquater Behandlung die feinmorphologischen Störungen durch die
  140. Sauerstoffmangelsituation auszugleichen (UA S. 105). Aus dem Urteil ergibt
  141. sich aber kein Hinweis darauf, daß die Schlafapnoe des Angeklagten behandelt worden ist und sich sein Zustand gebessert hat. Im Gegenteil hat die Zeugin I.
  142. L.
  143. bekundet, daß sie bis vor kurzem nicht gewußt habe, daß
  144. ihr Mann eine Schlafapnoe habe (UA S. 108).
  145. Der Sachverständige hält als Ursache der beim Angeklagten gefundenen Defizite im Bereich des verbalen Gedächtnisses, der Aufmerksamkeit und
  146. der Interferenzkontrolle ohne nähere Darlegungen einen hirnorganischen Prozeß für wahrscheinlich, obwohl die neurologische und die neuroradiologische
  147. Untersuchung unauffällige hirnorganische Verhältnisse gezeigt haben (UA S.
  148. 104). An anderer Stelle heißt es, daß als Ursache dieser Defizite ein hirnorganischer Prozeß zu vermuten sei (UA S. 106). Die Strafkammer legt im Urteil die
  149. Vermutungen des Gutachters als festgestellte hirnorganische Störungen
  150. -8-
  151. zugrunde (UA S. 122), ohne dies näher zu belegen. Der Gutachter vermutet
  152. des weiteren, daß Entscheidungen in ihrer Intention fehlgedeutet und Konsequenzen nicht richtig eingeschätzt würden, da sie mehr vom unbewußten Affekt
  153. als von nüchterner Überlegung geleitet worden seien, womit die Einsicht in die
  154. Konsequenzen des Handelns aufgehoben und Schuldfähigkeit in Frage gestellt
  155. sei (UA S. 105). Bereits die Wortwahl des Gutachters zeigt, daß er sich hier
  156. nach eigener Einschätzung im Bereich der Spekulation bewegt. Darüber hinaus
  157. legt er dabei Bedingungen zugrunde, die er nicht selbst festgestellt hat, sondern die von der Diplom-Soziologin und Pädagogin M.
  158. im Rahmen
  159. einer psychotherapeutischen Behandlung im Zeitraum von Oktober 1998 bis
  160. November 2001 niedergelegt worden sind.
  161. Die Annahme des Gutachters, eine Schuldunfähigkeit in den Jahren
  162. 1994 und 1995 sei nicht auszuschließen, ist angesichts eines von ihm selbst
  163. diagnostizierten mäßiggradigen Psychosyndroms und einer leicht- bis mäßiggradigen Schlafapnoe mit der gegebenen Begründung nach alledem nicht
  164. nachvollziehbar. Nach den Ausgangsbefunden ist aufgrund des festgestellten
  165. geringen Schweregrades der Erkrankungen ein Ausschluß der Schuldfähigkeit
  166. vielmehr unwahrscheinlich; er hätte gegebenenfalls für jeden einzelnen Tatvorwurf sorgfältig begründet werden müssen, zumal diese Tatvorwürfe vor dem
  167. angegebenen Zeitraum lagen, nämlich 1992 und 1993.
  168. Die Behauptung des Gutachters, der Angeklagte könne eine Komplexhaftigkeit über mehrere Monate nicht zielgerichtet durchhalten (UA S. 106),
  169. widerspricht den Feststellungen, wonach der Angeklagte in mehrfacher Hinsicht über Jahre hinaus zielgerichtetes komplexes Verhalten gezeigt hat (etwa
  170. Durchführung der Flathus-Programme für das Thüringer Kultusministerium,
  171. Zusammenarbeit mit
  172. H.
  173. , Erzielung zusätzlicher Einnahmen aus ver-
  174. -9-
  175. schiedenen Quellen). Soweit der Gutachter ausführt, daß es Defizite vor allem
  176. bei komplexen Aufmerksamkeitsanforderungen gebe (UA S. 106), ergibt sich
  177. aus den Feststellungen nicht, daß dem Angeklagten zur Last gelegtes Verhalten in solchen komplexen Situationen stattgefunden hat. Die Feststellungen
  178. weisen vielmehr aus, daß der Angeklagte die ihm zur Last gelegten Vertragsabschlüsse über längere Zeit geplant und vorbereitet hat. Die Behauptung des
  179. Gutachters, der Angeklagte habe durch seine Unstrukturiertheit ganz andere
  180. Motive in den Vordergrund gestellt (UA S. 107), wird durch nichts belegt. Auch
  181. soweit der Gutachter dem Angeklagten für bestimmte Verhaltensbereiche die
  182. Fähigkeit abspricht, komplexe Konsequenzen zu erkennen (UA S. 107), setzt
  183. er sich nicht tatsächlich mit der Tätigkeit des Angeklagten in den fraglichen
  184. Jahren auseinander. So war der Angeklagte beispielsweise während des Tatzeitraums bis März 2002 in herausgehobener Funktion etwa als stellvertretender Leiter eines berufspädagogischen Fachseminars tätig (UA S. 6). Daß er
  185. den insoweit an ihn gestellten Anforderungen nicht gerecht geworden sein
  186. könnte, belegen die Feststellungen in keinem Punkt.
  187. bb) Auch das Gutachten des Prof. Dr. Dr. S.
  188. ist nicht geeignet,
  189. die Beurteilung des Landgerichts zu rechtfertigen. Nach diesem Gutachten
  190. könnte das Zusammentreffen der nach den Feststellungen lediglich unterstellten und nicht näher dargelegten und belegten hirnorganischen Störungen mit
  191. den psychischen Auswirkungen der "Second Generation-Problematik" in bestimmten Situationen beim Angeklagten zu Realitätsverkennungen und damit
  192. nicht realitätskonformen Verhaltensweisen geführt haben (UA S. 111). Damit
  193. geht der Sachverständige schon hinsichtlich der hirnorganischen Störungen
  194. von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Die Ausführungen liegen aber auch
  195. deshalb neben der Sache, weil solche Krisensituationen hier nicht festgestellt
  196. sind. Vielmehr zeigen die Urteilsgründe einen kontinuierlichen Prozeß auf, in
  197. - 10 -
  198. dem der Angeklagte seine Zielvorstellungen verfolgt hat. Soweit der Gutachter
  199. unbewußte Kooperationswünsche mit vermeintlichen oder gefürchteten Gegnern für möglich hält, dürfte einer darauf beruhenden Realitätsverkennung
  200. beim Abschluß der fraglichen Verträge hier entgegenstehen, daß H.
  201. ein
  202. langjähriger Freund des Angeklagten war.
  203. cc) Soweit das Landgericht aus eigener Beobachtung von bizarren Verhaltensweisen des Angeklagten ausgegangen ist (UA S. 112), belegen die
  204. Feststellungen nicht, daß der Angeklagten auch zur Zeit der verfahrensgegenständlichen Taten auffälliges Benehmen gezeigt hat; dagegen dürfte sprechen,
  205. daß er Vertreter des Thüringer Kultusministeriums in der interministeriellen
  206. Runde war und das Ministerium auch gegenüber europäischen Finanzkontrolleuren vertreten hat.
  207. b) Die Begründung, mit der die Strafkammer auf der Grundlage der vorgenannten Gutachten für die einzelnen Tathandlungen den Vorsatz verneint,
  208. begegnet auch unabhängig von der Mangelhaftigkeit der Gutachten sachlichrechtlichen Bedenken.
  209. Die Strafkammer hat fehlerhaft Vorsatz, Unrechtseinsicht und Schuldfähigkeit miteinander verquickt und in allen Fällen die Frage der Schuldfähigkeit
  210. auf die subjektive Tatbestandsseite projiziert. Darüber hinaus geht sie bei den
  211. Untreuehandlungen von zu hohen Anforderungen an den Nachweis des Vorsatzes (UA S. 99) aus, denn hier ergibt der festgestellte Sachverhalt weder
  212. (nur) bedingten Vorsatz noch uneigennütziges Täterverhalten.
  213. Bei der Bewertung der subjektiven Seite der einzelnen Tatvorwürfe hat
  214. die Strafkammer zudem Tatsachen zugrunde gelegt, die im Widerspruch zu
  215. den Feststellungen stehen. Die Annahme der Strafkammer, durch die Schwie-
  216. - 11 -
  217. rigkeiten H.
  218. in D.
  219. s sei für den Angeklagten die Durchführung der Lehrgänge
  220. gefährdet gewesen (UA S. 114), widerspricht der Feststellung,
  221. daß er auch nach Vertragsschluß mit der E.
  222. der Produktionsschule B.
  223. Verhandlungen mit Vertretern
  224. führte und diese hinhielt (UA S. 89). Danach
  225. war dem Angeklagte bewußt, daß er ohne weiteres Lehrgänge in D.
  226. auch ohne H.
  227. durchführen lassen konnte. Der Angeklagte hat nicht nur
  228. in einer „emotional stark belasteten Ausgangslage“ (UA S. 114) im Dezember
  229. 1992 den Vertrag mit H.
  230. H.
  231. unterzeichnet, sondern auch zusammen mit
  232. Anschreiben zur Täuschung des Thüringer Kultusministeriums ent-
  233. worfen (UA S. 85). Den Vertrag mit den überhöhten Preisen hat er dann im
  234. Verlaufe eines Jahres durchgeführt.
  235. Die Annahme der Kammer, dem Angeklagten sei im November 1993
  236. nicht bewußt gewesen, daß er günstigere Preise für das Thüringer Kultusministerium habe durchsetzen müssen, insbesondere weil er komplexe Vorgänge
  237. nicht über längere Zeiträume im Zusammenhang habe beurteilen können, widerspricht, wie oben unter Punkt a aa ausgeführt, den Feststellungen. Daß die
  238. Lehrgangspreise überhöht waren, wußte der Angeklagte, weil er von Anfang an
  239. in die Kalkulation auf Seiten H.
  240. s eingeweiht war (UA S. 28). Dafür, daß
  241. dem Angeklagten im November 1993 die früheren Abmachungen entfallen sein
  242. könnten, gibt es nicht die geringsten Anhaltspunkte.
  243. III.
  244. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:
  245. Auch hinsichtlich der Verwaltungskosten von 79.000 DM belegen die
  246. bisherigen Urteilsfeststellungen den objektiven Tatbestand der Untreue. Der
  247. - 12 -
  248. Angeklagte hätte die Forderung im Fax vom 10. April 1992 nicht akzeptieren
  249. dürfen, weil ein Pauschalpreis vereinbart war. Insoweit oblag ihm die Kontrolle,
  250. er hätte einen eventuellen Rechtsanspruch nicht entstehen lassen dürfen.
  251. Sollte bezüglich des Vorwurfs des versuchten Betruges dem Angeklagten nicht zu widerlegen sein, daß er geglaubt habe, daß der Staatssekretär
  252. über die Täuschung informiert gewesen sei und diese gebilligt habe, wird der
  253. Tatvorwurf unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der versuchten Anstiftung zur
  254. Untreue zu prüfen sein. Dem Angeklagten dürfte bewußt gewesen sein, daß er
  255. auf eine zusätzliche Entlohnung seiner Tätigkeit im Thüringer Kultusministerium keinen Rechtsanspruch hatte; dies zeigt seine Einlassung zu der später
  256. gewählten, von der Kammer nicht feststellbaren Vergütungskonstruktion (UA
  257. S. 55).
  258. Bei der Organisation und Durchführung des Flathus-Teilprogramms 13
  259. für das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft und Forsten liegt ein faktisches Treueverhältnis des Angeklagten nahe.
  260. Der Angeklagte dürfte durch seine pflichtwidrigen Vertragsabschlüsse
  261. mit H.
  262. einen höheren Schaden als 20 DM pro Tag und Teilnehmer verur-
  263. sacht haben: der Angeklagte hatte von Anfang an einen Tagessatz von 150
  264. DM vereinbart, ohne ernsthafte Konkurrenzangebote einzuholen, obwohl entsprechende Lehrgänge für 100 bis 120 DM pro Tag zu haben waren, wie die
  265. Beauftragung der Schulen durch E.
  266. zeigt.
  267. - 13 -
  268. Im Hinblick auf die Verfahrensrüge, die, wie der Generalbundesanwalt
  269. zu Recht angenommen hat, von Gewicht ist, wird der neue Tatrichter Gelegenheit haben, einen neuen Sachverständigen mit der Begutachtung des Angeklagten zu beauftragen.
  270. Rissing-van Saan
  271. Detter
  272. Rothfuß
  273. Bode
  274. Roggenbuck