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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 2 StR 100/10
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- 7. Juli 2010
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen schwerer räuberischer Erpressung u. a.
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- Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Juli 2010 gemäß
- § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
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- 1. Auf die Revision des Angeklagten T.
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- wird das Urteil des
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- Landgerichts Bonn vom 22. Oktober 2009, soweit es ihn betrifft,
- mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
- 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
- über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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- Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freispruch im Übrigen wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung zu einer Freiheitsstrafe
- von zwei Jahren ohne Bewährung und zur gesamtschuldnerischen Zahlung eines Schmerzensgeldbetrages von 2.000 € an das Tatopfer verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
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- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts kam es am 27. Februar
- 2009 zu einem Überfall eines Sonnenstudios in M.
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- , bei dem die mas-
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- kierten Täter, die beiden Mitangeklagten S.
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- , das Tatopfer unter
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- und L.
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- Vorhalt einer ungeladenen Gaspistole zwangen, ihnen das Geld aus der Kasse,
- ca. 500 €, herauszugeben (UA S. 13). Der Angeklagte hatte die beiden Haupt-
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- täter mit seinem Kraftfahrzeug von St. A.
- klagten S.
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- , dem Wohnort des Mitange-
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- , an dem er diesen und den weiteren Mitangeklagten L.
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- holt hatte, zum Tatort gebracht. Vorangegangen war zunächst in B.
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- abgeeine
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- erfolglose Suche nach Gelegenheiten zu einem Überfall. Spätestens während
- dieser Fahrt war dem Angeklagten klar geworden, dass seine beiden Mitfahrer
- einen Überfall geplant hatten. Gleichwohl fuhr er sie weiter nach M.
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- ,
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- wo er beide auf einem in der Nähe des Sonnenstudios gelegenen Parkplatz
- aussteigen ließ und dort auf ihre Rückkehr nach dem Überfall wartete (UA
- S. 12).
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- Das Landgericht hat den Angeklagten im Hinblick auf seine unterstützenden Fahrdienste im Wissen um das Vorhaben der Mitangeklagten wegen
- Beihilfe zu einer schweren räuberischen Erpressung verurteilt. Dass die Mitangeklagten Mittel im Sinne von § 250 Abs. 1 Ziff. 1b StGB bei sich hatten, um
- den Überfall mit dem notwendigen Nachdruck ausführen zu können, sei ihm
- sicher bewusst gewesen. Jede andere, dem Angeklagten günstigere Annahme
- sei lebensfremd (UA S. 34).
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- 2. Die Verurteilung wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Für die Annahme der Kammer,
- dem Angeklagten sei sicher bewusst gewesen, dass die Mitangeklagten Mittel
- im Sinne von § 250 Abs. 1 Ziff. 1b StGB bei sich gehabt hätten, fehlt es an einer
- tragfähigen Tatsachengrundlage.
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- Feststellungen dazu, dass über den Einsatz der Gaspistole (als Mittel im
- Sinne von § 250 Abs. 1 Ziff. 1b StGB) vor Tatbegehung im Auto gesprochen
- worden sei, fehlen genauso wie konkrete Hinweise darauf, dass der Angeklagte
- etwa bemerkt haben könnte, dass der Mitangeklagte S.
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- eine Waffe mit sich
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- geführt hat. Die Kammer stellt deshalb bei ihrer Würdigung auch gar nicht auf
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- die konkret mitgeführte Gaspistole, sondern allgemein darauf ab, ihm sei bewusst gewesen, dass die Mitangeklagten - um die Tat mit dem notwendigen
- Nachdruck ausführen zu können - Mittel im Sinne von § 250 Abs. 1 Ziff. 1b
- StGB einsetzen würden. Diese Schlussfolgerung wäre zwar dann nicht zu beanstanden, wenn nach der Lebenserfahrung tatsächlich eine Tatbegehung wie
- im vorliegenden Fall ohne den Einsatz von Mitteln im Sinne von § 250 Abs. 1
- Nr. 1b StGB nicht vorstellbar wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Sowohl ein
- Vorgehen unter bloßer Anwendung von Gewalt oder Drohungen gemäß § 249
- StGB als auch unter Verwendung eines nicht von § 250 Abs. 1 Ziff. 1b StGB
- erfassten offensichtlich ungefährlichen Gegenstandes (vgl. Fischer, StGB,
- 57. Aufl. § 250, Rdn. 10a) kommt bei einer mit Nachdruck ausgeführten Tat in
- Betracht. Soweit das Landgericht darüber hinaus noch anführt, eine andere,
- dem Angeklagten günstigere Annahme sei lebensfremd, entbehrt dies jeglichen
- greifbaren Tatsachenkerns. Damit erweist sich die landgerichtliche Würdigung
- letztlich als eine bloße Vermutung, auf die eine Verurteilung des Angeklagten
- nicht gestützt werden darf.
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- 3. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung kann deshalb keinen Bestand haben. Sie muss - auch soweit darin eine an sich rechtsfehlerfreie tateinheitliche Verurteilung wegen Beihilfe zur räuberischen Erpressung enthalten ist - insgesamt aufgehoben und
- neu verhandelt werden, da der Senat nicht ausschließen kann, dass noch weitere Feststellungen zur Kenntnis des Angeklagten vom Einsatz der Gaspistole
- getroffen werden können.
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- 4. Die Aufhebung erfasst auch den Adhäsionsausspruch, den die Kammer lediglich floskelhaft hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung von Schmerzensgeld und in Bezug auf die ausgesprochene Verpflichtung zur Erstattung
- eines weitergehenden Schadens gar nicht begründet hat (vgl. Beschluss des
- Senats vom heutigen Tag - 2 StR 100/10 gegen den Mitangeklagten S.
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- ).
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- Rissing-van Saan
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- Krehl
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- Eschelbach
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- Schmitt
- Ott
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