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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 2 ARs 97/18
  4. 2 AR 47/18
  5. vom
  6. 28. März 2018
  7. in dem Todesermittlungsverfahren
  8. betreffend
  9. ECLI:DE:BGH:2018:280318B2ARS97.18.0
  10. -2-
  11. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts am 28. März 2018 beschlossen:
  12. Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß
  13. § 13a StPO wird zurückgewiesen.
  14. Gründe:
  15. I.
  16. 1
  17. Die Staatsanwaltschaft Ellwangen führt als erstbefasste Staatsanwaltschaft gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 GVG ein Todesermittlungsverfahren nach
  18. § 159 StPO betreffend den am 13. Dezember 2017 verstorbenen, zuletzt im
  19. Landgerichtsbezirk Ellwangen wohnhaften deutschen Staatsangehörigen
  20. B. . Der Verstorbene befand sich zum Skifahren im österreichischen Skigebiet
  21. S.
  22. , wo er beim Befahren eines Steilhangs abseits der Piste im
  23. „freien Ski-Raum“ eine Schneelawine auslöste, von der er verschüttet wurde.
  24. Nach ca. 20 Minuten konnte er nur noch tot geborgen werden. Als Todesursache wurde Ersticken festgestellt, ein Fremdverschulden ist nicht ersichtlich. Die
  25. Staatsanwaltschaft Ellwangen hat am 19. Dezember 2017 die Bestattung des
  26. zwischenzeitlich überführten Leichnams genehmigt. Sie hält eine Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 13a StPO für geboten, da unter Umständen noch
  27. weitere Erkenntnisse im Wege der internationalen Rechtshilfe erhoben werden
  28. müssen.
  29. -3-
  30. II.
  31. 2
  32. Eine Bestimmung des zuständigen Gerichts durch den Bundesgerichtshof nach § 13a StPO ist nicht veranlasst. Der Generalbundesanwalt hat hierzu
  33. in seiner Antragsschrift ausgeführt:
  34. „1. § 13a StPO ermöglicht eine Bestimmung des Gerichtsstands, d.h.
  35. der örtlichen Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszugs für
  36. die Untersuchung und Entscheidung einer Strafsache (vgl. MeyerGoßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., Vor § 7 Rn. 1), wenn es im Geltungsbereich der Strafprozessordnung an einem zuständigen Gericht
  37. (§§ 7 ff. StPO) fehlt oder ein solcher nicht ermittelt ist und deutsches
  38. Strafrecht nicht offenkundig unanwendbar ist (vgl. BGH, NStZ-RR
  39. 2014, 278). Dem entsprechend kann die Vorschrift auch nur in Strafverfahren Anwendung finden, die die Untersuchung einer bestimmten Straftat und die Entscheidung hierüber bezwecken. Sie setzt
  40. ebenso wie die sonstigen Vorschriften über den Gerichtsstand eine
  41. nach Sachverhaltsmerkmalen wie Ort, Zeit, Ausführung und Täter
  42. konkretisierte Straftat als Bezugsgegenstand des Verfahrens voraus
  43. (BGH, NStZ 1994, 139; NStZ 1998, 25; NStZ 1999, 577). Eine Gerichtsstandsbestimmung durch den Bundesgerichtshof gemäß § 13a
  44. StPO ist danach in vorliegendem Todesermittlungsverfahren nicht
  45. zulässig. Das Todesermittlungsverfahren gemäß § 159 StPO ist kein
  46. Ermittlungsverfahren im Sinne des § 160 StPO (vgl. BGHSt 49, 29,
  47. 32 m. w. Nachw.). Es dient zum einen der Beweissicherung, insbesondere durch Spurensicherung, Leichenschau sowie Leichenöffnung, und zum anderen der Prüfung und Entscheidung, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein Tötungsdelikt gegeben
  48. sind und ein entsprechendes Ermittlungsverfahren einzuleiten ist
  49. (vgl. Griesbaum, in: KK-StPO, 7. Aufl., § 159 Rn. 1). Es ist also ein
  50. Beweissicherungs- und Vorprüfungsverfahren, hat aber - im Gegensatz zu einem Ermittlungsverfahren - nicht den Verdacht einer konkreten Straftat zum Gegenstand, für die ein Gerichtsstand bestimmt
  51. werden könnte.
  52. 2. Eine Gerichtsstandsbestimmung ist - jedenfalls seit der Ergänzung
  53. des § 143 Abs. 1 GVG durch das Gesetz für einen Gerichtsstand bei
  54. besonderer Auslandsverwendung der Bundeswehr vom 21.1.2013
  55. -4-
  56. (BGBl. I S. 89) - auch nicht (mehr) erforderlich, um zweifelsfrei zu
  57. klären, welche Staatsanwaltschaft für das Todesermittlungsverfahren
  58. zuständig ist. Gemäß dem neu eingefügten § 143 Abs. 1 Satz 2 GVG
  59. ist nunmehr stets die erstbefasste Staatsanwaltschaft zuständig,
  60. wenn es im Geltungsbereich der Strafprozessordnung an einem zuständigen Gericht fehlt oder ein solches nicht ermittelt ist. Diese Vorschrift ist ungeachtet ihres mit § 13a StPO übereinstimmenden Wortlauts ihrem Sinn und Zweck entsprechend weiter auszulegen. Denn
  61. der Gesetzgeber wollte mit ihr eine Regelung der staatsanwaltschaftlichen Zuständigkeit ausdrücklich auch für solche Fälle treffen, in denen eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 13a StPO ausscheidet
  62. (vgl. BT-Drs. 17/9694 S. 8). Diesem Regelungsziel entsprechend
  63. muss § 143 Abs. 1 Satz 2 StPO auch in Todesermittlungsverfahren
  64. Anwendung finden, in denen sich der Anfangsverdacht einer konkreten Straftat (noch) nicht ergeben hat. Soweit gerichtliche Untersuchungshandlungen erforderlich werden, namentlich eine richterliche Anordnung der Leichenöffnung, der Ausgrabung einer beerdigten Leiche oder der Beschlagnahme eines Leichnams (§ 87 Abs. 3
  65. Satz 1, § 98 Abs. 1 Satz 1 StPO), ist gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1
  66. StPO der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts zuständig, in dem die
  67. nach § 143 Abs. 1 Satz 2 GVG zuständige Staatsanwaltschaft ihren
  68. -5-
  69. Sitz hat. Für das vorliegende Todesermittlungsverfahren ist demnach
  70. die Staatsanwaltschaft Ellwangen als erstbefasste Staatsanwaltschaft zuständig. Im Rahmen dieser Zuständigkeit kann sie auch
  71. Rechtshilfeersuchen an die österreichischen Behörden richten.“
  72. 3
  73. Dem schließt sich der Senat an.
  74. Schäfer
  75. Appl
  76. Grube
  77. Zeng
  78. Schmidt