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18 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. 1 StR 447/14
  5. vom
  6. 22. Juli 2015
  7. in der Strafsache
  8. gegen
  9. wegen Steuerhinterziehung u.a.
  10. -2-
  11. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
  12. 8. Juli 2015, in der Sitzung am 22. Juli 2015, an denen teilgenommen haben:
  13. Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
  14. Dr. Raum,
  15. die Richter am Bundesgerichtshof
  16. Prof. Dr. Graf,
  17. Prof. Dr. Jäger,
  18. die Richterin am Bundesgerichtshof
  19. Cirener
  20. und der Richter am Bundesgerichtshof
  21. Prof. Dr. Mosbacher,
  22. Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
  23. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  24. Rechtsanwalt
  25. Rechtsanwalt
  26. - in der Verhandlung vom 8. Juli 2015 als Verteidiger des Angeklagten,
  27. Justizobersekretärin
  28. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
  29. für Recht erkannt:
  30. und
  31. -3-
  32. 1. Auf die Revision des Angeklagten S.
  33. wird das
  34. Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. Februar 2014,
  35. soweit es ihn betrifft,
  36. a) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der
  37. Angeklagte S.
  38. der Steuerhinterziehung in
  39. sechs Fällen sowie der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in sechs Fällen schuldig ist,
  40. b) im Ausspruch über die Einzelstrafen dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wie folgt verurteilt ist:
  41. aa) hinsichtlich der Fälle 2 und 10 der Anklage (Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für den
  42. Monat September 2009 bzw. das 3. Quartal 2009)
  43. zu einer einheitlichen Freiheitsstrafe von sechs
  44. Monaten,
  45. bb) hinsichtlich der Fälle 4 und 14 der Anklage (Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für den
  46. Monat Januar 2010) zu einer einheitlichen Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je zehn Euro sowie
  47. cc) hinsichtlich der Fälle 5 und 15 der Anklage (Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für den
  48. Monat März 2010) zu einer einheitlichen Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten;
  49. die in diesen Fällen darüber hinaus festgesetzten Einzelstrafen entfallen;
  50. -4-
  51. c) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall 3 der Anklage sowie im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben.
  52. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten S.
  53. wird verworfen.
  54. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
  55. Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer
  56. des Landgerichts zurückverwiesen.
  57. Von Rechts wegen
  58. Gründe:
  59. 1
  60. Das Landgericht hat den Angeklagten S.
  61. wegen Steuerhinterzie-
  62. hung in sechs Fällen sowie wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt
  63. und ihn im Übrigen freigesprochen.
  64. 2
  65. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revisionen. Das Rechtsmittel erzielt den aus
  66. der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist es unbegründet.
  67. -5-
  68. A.
  69. 3
  70. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
  71. 4
  72. Der nicht revidierende Mitangeklagte G.
  73. war Initiator eines im Zeit-
  74. raum April 2009 bis März 2010 betriebenen und auf die Hinterziehung von Umsatzsteuer im Handel mit CO2-Emissionszertifikaten ausgerichteten „Betrugssystems“, in das ab September 2009 auch der Angeklagte S.
  75. eingebunden
  76. war.
  77. 5
  78. Die im Inland ansässige E.
  79. ), die von G.
  80. GmbH (im Folgenden: E.
  81. faktisch beherrscht wurde, erwarb ab April 2009 CO2-
  82. Emissionszertifikate „umsatzsteuerfrei“ im Ausland. Die Zertifikate wurden zeitnah an die ebenfalls von G.
  83. genden: I.
  84. geführte I.
  85. S.A. (im Fol-
  86. ) mit Sitz in Luxemburg weiterveräußert, die der E.
  87. über die Leistungen Gutschriften unter Ausweis deutscher Umsatzsteuer erteilte.
  88. Die I.
  89. veräußerte die Zertifikate an die vom Angeklagten S.
  90. führte C.
  91. GmbH (im Folgenden: C.
  92. ge-
  93. ), wobei auch
  94. insoweit im Gutschriftsverfahren unter Ausweis deutscher Umsatzsteuer abgerechnet wurde. Die C.
  95. veräußerte die Zertifikate an mehrere deutsche Ab-
  96. nehmer, darunter auch Banken, weiter. Nach dem 7. Januar 2010 schied die E.
  97. aus der Leistungskette aus. Die I.
  98. erwarb die Zertifikate ab die-
  99. sem Zeitpunkt direkt aus dem Ausland, erteilte aber dennoch weiterhin Gutschriften mit Ausweis deutscher Umsatzsteuer an die E.
  100. und leistete entspre-
  101. chende Zahlungen.
  102. 6
  103. Die E.
  104. , die als sog. Missing Trader in das Umsatzsteuerbetrugs-
  105. system eingebunden war, erklärte in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für das
  106. zweite, dritte und vierte Quartal 2009 zwar die Umsätze aus der Veräußerung der
  107. Zertifikate an die I.
  108. . Um die Umsatzsteuerschuld zu mindern, machte sie
  109. jedoch einen Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen vermeintlicher inländischer
  110. -6-
  111. Lieferanten geltend (Fälle 1 bis 3 der Anklage). Für die Monate Januar und März
  112. 2010 gab sie keine Umsatzsteuervoranmeldungen mehr ab (Fälle 4 und 5 der
  113. Anklage). Nach den Berechnungen der Strafkammer wurde hierdurch zugunsten
  114. der E.
  115. insgesamt Umsatzsteuer in Höhe von 11.484.179,12 Euro ver-
  116. kürzt (UA S. 50 - 55, 125).
  117. 7
  118. In den Umsatzsteuervoranmeldungen der I.
  119. auftrat, erklärte der Mitangeklagte G.
  120. , die als sog. Buffer
  121. als deren Geschäftsführer für die
  122. Voranmeldungszeiträume April bis Juli 2009, September 2009 bis Januar 2010
  123. sowie März 2010 die Leistungen an die C.
  124. – teilweise allerdings mit niedri-
  125. geren als den Rechnungsbeträgen – als steuerpflichtige Umsätze und machte
  126. dabei die in den der E.
  127. erteilten Gutschriften ausgewiesene Umsatz-
  128. steuer zu Unrecht als Vorsteuer geltend (Fälle 6 - 15 der Anklage). Dadurch wurde nach den Berechnungen des Landgerichts zugunsten der I.
  129. insge-
  130. samt Umsatzsteuer in Höhe von 10.667.491,10 Euro verkürzt (UA S. 55 - 66,
  131. 125 f.).
  132. Für die als weiteren „Buffer“ eingeschaltete C.
  133. 8
  134. te S.
  135. machte der Angeklag-
  136. als deren Geschäftsführer in den Umsatzsteuervoranmeldungen für
  137. die Monate September 2009 bis Januar 2010 sowie März 2010 zu Unrecht einen
  138. Vorsteuerabzug aus den der I.
  139. 25 der Anklage). Der Angeklagte S.
  140. die C.
  141. erteilten Gutschriften geltend (Fälle 20 bis
  142. hatte im August 2009 erkannt, dass
  143. in ein Umsatzsteuerbetrugssystem eingebunden war und die I.
  144. lediglich zum Zwecke des Umsatzsteuerbetrugs mit Emissionszertifikaten
  145. handelte. Er wusste zudem, dass mindestens ein weiteres Unternehmen in die
  146. Umsatzsteuerbetrugskette eingeschaltet war, das seinerseits Steuern verkürzte,
  147. und billigte dies. Hierdurch wurde nach den Berechnungen des Landgerichts zugunsten der C.
  148. Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 4.663.456,61 Euro
  149. verkürzt (UA S. 67 - 73, 126).
  150. -7-
  151. B.
  152. I. Die Verfahrensrüge, mit der der Angeklagte S.
  153. 9
  154. eine Verletzung
  155. von § 257b StPO i.V.m. § 273 Abs. 1 Satz 2 StPO geltend macht, dringt aus den
  156. in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen nicht
  157. durch.
  158. 10
  159. II. Mit der Sachrüge hat die Revision des Angeklagten teilweise Erfolg. Sie
  160. führt zu einer Abänderung des Schuldspruchs und zu einer Aufhebung von Teilen des Strafausspruchs.
  161. 11
  162. 1. Die Verurteilung des Angeklagten S.
  163. Umsatzsteuer zugunsten der C.
  164. wegen Hinterziehung von
  165. in sechs Fällen (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO)
  166. wird von den Feststellungen getragen.
  167. 12
  168. Der Angeklagte machte als Geschäftsführer der C.
  169. in den Umsatz-
  170. steuervoranmeldungen für die Monate September 2009 bis Januar 2010 sowie
  171. März 2010 unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen, indem er
  172. die in den der I.
  173. erteilten Gutschriften offen ausgewiesene Umsatzsteuer
  174. zu Unrecht als Vorsteuer geltend machte (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO).
  175. 13
  176. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich
  177. geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen abziehen, die von
  178. einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die
  179. Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt dabei voraus, dass der Unternehmer eine
  180. Rechnung bzw. Gutschrift i.S.v. §§ 14, 14a UStG besitzt. Der Vorsteuerabzug ist
  181. nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union jedoch dann
  182. zu versagen, wenn der Steuerpflichtige - im unionsrechtlichen Sinne - selbst eine
  183. Steuerhinterziehung begeht oder wenn er wusste oder hätte wissen müssen,
  184. dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist und er deswegen als an dieser Hinterziehung
  185. Beteiligter anzusehen ist (vgl. EuGH, Urteile vom 6. Juli 2006, Rechtssache
  186. -8-
  187. C-439/04 u.a., Kittel und Recolta Recycling, Slg. 2006, I-6161 und vom
  188. 18. Dezember 2014, Rechtssache C-131/13 u.a., Italmoda, DStR 2015, 573;
  189. BGH, Beschluss vom 19. November 2014 - 1 StR 219/14, wistra 2015, 147
  190. mwN). Für die Frage, ob die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug vorliegen, ist nicht der Zeitpunkt der Abgabe der Steueranmeldung, in welcher der
  191. Vorsteuerabzug vorgenommen wird, maßgeblich, sondern derjenige der Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung (vgl. BGH, Beschlüsse vom
  192. 29. Januar 2015 - 1 StR 216/14, NStZ 2015, 283 mwN und vom 1. Oktober 2013
  193. – 1 StR 312/13, NStZ 2014, 331). Der Angeklagte erkannte Mitte August 2009,
  194. dass die C.
  195. in eine Umsatzsteuerbetrugskette eingebunden war, so dass je-
  196. denfalls für die ab September 2009 bezogenen Leistungen der Vorsteuerabzug
  197. zu Unrecht geltend gemacht wurde.
  198. 14
  199. 2. Auch die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte S.
  200. habe
  201. durch den Ankauf der CO2-Zertifikate und die Erteilung der Gutschriften zu Steuerhinterziehungen zugunsten der Firmen I.
  202. und E.
  203. Hilfe geleistet
  204. (§ 27 StGB), hält rechtlicher Nachprüfung stand.
  205. 15
  206. a) Als Hilfeleistung im Sinne des § 27 StGB ist grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges des Haupttäters objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss (st. Rspr.;
  207. vgl. nur BGH, Urteil vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHR StGB § 27
  208. Abs. 1 Hilfeleisten 21). Ist eine Person in ein auf Hinterziehung von Umsatzsteuer ausgerichtetes Gesamtsystem integriert, fördert sie, wenn sie von den anderen Geschäften in der Lieferkette Kenntnis hat, als Gehilfe mit ihrem eigenen Beitrag innerhalb der Lieferkette auch jeweils eine Umsatzsteuerhinterziehung der
  209. anderen Mitglieder, die an den auf Hinterziehung der Umsatzsteuer gerichteten
  210. Geschäften beteiligt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2002 - 5 StR
  211. 212/02, NStZ 2003, 268).
  212. -9-
  213. b) Gehilfenvorsatz liegt vor, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesent-
  214. 16
  215. lichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten
  216. das Vorhaben des Haupttäters zu fördern; Einzelheiten der Haupttat braucht er
  217. nicht zu kennen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 1. August 2000 – 5 StR
  218. 624/99, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 21 mwN). Entscheidend ist, dass
  219. der Gehilfe die Dimension der Tat erfassen kann (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2015 - 1 StR 454/14, NStZ-RR 2015, 75). Ob der Gehilfe den Erfolg der
  220. Haupttat wünscht oder ihn lieber vermeiden würde, ist dagegen nicht entscheidend. Es reicht, dass die Hilfe an sich geeignet ist, die fremde Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, und der Hilfeleistende dies weiß (vgl. BGH, Urteil vom
  221. 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 21).
  222. Ausgehend von diesen Maßstäben sind hier die tatsächlichen Vorausset-
  223. 17
  224. zungen für das Vorliegen des Gehilfenvorsatzes rechtsfehlerfrei festgestellt. Der
  225. Angeklagte S.
  226. kannt, dass die C.
  227. hat – was er selbst eingeräumt hat – im August 2009 ervom Mitangeklagten G.
  228. in eine Umsatzsteuerbe-
  229. trugskette eingebunden worden war, in die mindestens ein weiteres Unternehmen eingeschaltet war, das seinerseits Steuern verkürzte. Damit konnte der Angeklagte S.
  230. auch die Dimension der Steuerverkürzung erfassen und
  231. nahm diese billigend in Kauf.
  232. 3. Entgegen der Auffassung der Revision, wonach es sich bei den Beihil-
  233. 18
  234. fetaten des Angeklagten S.
  235. um mitbestrafte Vortaten der von ihm täter-
  236. schaftlich begangenen Steuerhinterziehung zugunsten der C.
  237. handeln soll,
  238. ist das Landgericht im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass die Taten
  239. zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit i.S.v. § 53 StGB stehen. Denn die
  240. Steuerverkürzungen betreffen Steueransprüche gegenüber unterschiedlichen
  241. Steuerpflichtigen, nämlich die Steueransprüche betreffend die Umsatzsteuer gegenüber der C.
  242. seits.
  243. einerseits und der E.
  244. bzw. der I.
  245. anderer-
  246. - 10 -
  247. Gleichwohl begegnet die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Beihilfeta-
  248. 19
  249. ten des Angeklagten S.
  250. durch das Landgericht insoweit durchgreifenden
  251. Bedenken, als das Landgericht den Ankauf der Emissionszertifikate in den betreffenden Voranmeldungszeiträumen jeweils als eigenständige Beihilfe zur Hinterziehung der Umsatzsteuer zugunsten der E.
  252. und zugunsten der I.
  253. gewertet hat.
  254. Ob bei Beihilfe Tateinheit oder Tatmehrheit anzunehmen ist, hängt von
  255. 20
  256. der Anzahl der Beihilfehandlungen und der vom Gehilfen geförderten Haupttaten
  257. ab. Tatmehrheit gemäß § 53 StGB ist anzunehmen, wenn durch mehrere Hilfeleistungen mehrere selbstständige Taten gefördert werden, also den Haupttaten
  258. jeweils eigenständige Beihilfehandlungen zuzuordnen sind. Dagegen liegt eine
  259. einheitliche Beihilfe i.S.v. § 52 StGB vor, wenn der Gehilfe mit einer einzigen Unterstützungshandlung zu mehreren Haupttaten eines anderen Hilfe leistet (vgl.
  260. BGH, Beschluss vom 4. März 2008 - 5 StR 594/07, wistra 2008, 217). Dasselbe
  261. gilt wegen der Akzessorietät der Teilnahme, wenn sich mehrere Unterstützungshandlungen auf dieselbe Haupttat beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 2000
  262. – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107).
  263. Nach diesen Grundsätzen hat der Angeklagte S.
  264. 21
  265. im jeweiligen
  266. Voranmeldungszeitraum durch den Ankauf der Emissionszertifikate und die Erteilung von Gutschriften sowohl zur Hinterziehung von Umsatzsteuer zugunsten der
  267. E.
  268. als auch gleichzeitig zugunsten der I.
  269. Hilfe geleistet. Somit
  270. liegt entgegen der Annahme des Landgerichts eine einheitliche Beihilfe zu mehreren Haupttaten vor; der Schuldumfang bleibt hiervon unberührt. Damit bilden
  271. die zugunsten sowohl der E.
  272. als auch der I.
  273. vorgenommenen
  274. Unterstützungshandlungen hinsichtlich der Voranmeldungszeiträume September
  275. 2009 betr. I.
  276. bzw. 3. Quartal 2009 (Anteil September 2009) betr. E.
  277. (Fälle 2 und 10 der Anklage), Januar 2010 (Fälle 4 und 14 der Anklage)
  278. und März 2010 (Fälle 5 und 15 der Anklage) jeweils nur eine selbstständige Tat
  279. der Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Die Unterstützungshandlungen zur Hinter-
  280. - 11 -
  281. ziehung von Umsatzsteuer zugunsten der E.
  282. für das 4. Quartal 2009
  283. (Fall 3 der Anklage) gehen in denjenigen zur Hinterziehung von Umsatzsteuer
  284. zugunsten der I.
  285. für die Monate Oktober bis Dezember 2009 (Fälle 11
  286. bis 13 der Anklage) auf. Eine eigenständige Beihilfe im Fall 3 der Anklage liegt
  287. damit nicht vor. Es gefährdet daher den Bestand des Urteils nicht, dass bei isolierter Betrachtung des Falles 3 der Anklage lediglich eine Beihilfe zu einer versuchten Steuerhinterziehung vorgelegen hätte, weil das Finanzamt in diesem Fall
  288. die gemäß § 168 Satz 2 AO erforderliche Zustimmung zur Auszahlung des geltend gemachten Umsatzsteuerüberhangs verweigert hatte (UA S. 53; vgl. dazu
  289. BGH, Urteil vom 7. Oktober 2014 – 1 StR 182/14, wistra 2015, 188 und Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 StR 196/14, wistra 2014, 486).
  290. 22
  291. Der Senat ändert daher den Schuldspruch dahingehend ab, dass der Angeklagte neben der Steuerhinterziehung in sechs Fällen der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in lediglich sechs (statt zehn) Fällen schuldig ist. Die Vorschrift des
  292. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte S.
  293. nicht
  294. anders als geschehen hätte verteidigen können.
  295. 23
  296. 4. Die abweichende konkurrenzrechtliche Beurteilung wirkt sich – trotz
  297. insgesamt unveränderten Schuldumfangs – auf die verhängten Einzelstrafen
  298. aus. Sie haben teilweise zu entfallen. Auch die vom Landgericht verhängte Gesamtstrafe hat keinen Bestand.
  299. 24
  300. a) Soweit mehrere vom Landgericht als rechtlich selbstständig gewertete
  301. Beihilfetaten jeweils eine Tat im materiellen Sinn darstellen, hält der Senat die
  302. jeweils höchste für diese Taten vom Landgericht verhängte Einzelstrafe aufrecht
  303. (§ 354 Abs. 1 StPO analog). Denn es ist wegen des bei Annahme einer einheitlichen Beihilfe höheren Schuldumfangs ausgeschlossen, dass das Landgericht bei
  304. zutreffender konkurrenzrechtlicher Einstufung der Taten eine geringere Einzelstrafe als die jeweils höchste für einen Teil des Tatunrechts festgesetzte verhängt hätte. Die weiteren für Teile der einheitlichen Tat verhängten Einzelstrafen
  305. entfallen. Auch die für Fall 3 der Anklage festgesetzte Einzelstrafe, zugleich die
  306. - 12 -
  307. Einsatzstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten, fällt weg, weil es insoweit neben den Taten in den Fällen 11 bis 13 der Anklage an einer weiteren eigenständigen Beihilfetat fehlt. Hierdurch wird der Angeklagte nicht beschwert.
  308. 25
  309. b) Die Strafzumessung der Einzelstrafen weist im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten S.
  310. auf. Insbesondere hat das Land-
  311. gericht hinsichtlich der Beihilfetaten bei der Strafrahmenwahl zutreffend darauf
  312. abgestellt, ob das Gewicht der Beihilfehandlung selbst die Annahme eines besonders schweren Falls i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 1 AO rechtfertigt. Es hat insbesondere nicht verkannt, dass das Vorliegen des vertypten
  313. Milderungsgrunds Beihilfe (§ 27 Abs. 2 Satz 2 StGB) Anlass sein kann, einen
  314. besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung zu verneinen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 1 StR 142/14, wistra 2015, 235).
  315. 26
  316. c) Der Wegfall von Einzelstrafen, darunter der Einsatzstrafe, zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe nach sich. Der Senat
  317. kann trotz gleichbleibenden Schuldumfangs auch angesichts der zahlreichen
  318. verbleibenden Einzelstrafen nicht ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Beurteilung der Tatkonkurrenzen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe
  319. - 13 -
  320. 27
  321. erkannt hätte. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von
  322. den Rechtsfehlern nicht betroffen sind.
  323. Raum
  324. Graf
  325. Cirener
  326. Jäger
  327. Mosbacher