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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 1 StR 100/12
  4. vom
  5. 21. März 2012
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
  9. -2-
  10. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. März 2012 beschlossen:
  11. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 9. Dezember 2011 aufgehoben, soweit
  12. der Angeklagten Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden
  13. ist, einschließlich der hierzu getroffenen Feststellungen.
  14. Die weitergehende Revision wird verworfen.
  15. Der Tenor der schriftlichen Urteilsgründe wird wie folgt ergänzt:
  16. Die Fahrerlaubnis wird der Angeklagten entzogen, ihr Führerschein wird eingezogen, die Verwaltungsbehörde darf ihr vor Ablauf von noch drei Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilen.
  17. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
  18. und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
  19. eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  20. Gründe:
  21. 1
  22. Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Diebstahls und Nötigung in
  23. Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von
  24. einem Jahr und vier Monaten verurteilt.
  25. 2
  26. Das Rechtsmittel der Angeklagten hat Erfolg, soweit ihr Strafaussetzung
  27. zur Bewährung versagt worden ist; im Übrigen ist es im Sinne von § 349 Abs. 2
  28. StPO unbegründet.
  29. -3-
  30. 3
  31. Der Verurteilung lag neben einer Nötigung ein Ladendiebstahl (Waren,
  32. insbesondere Katzenfutter, im Wert von 72,46 €) zu Grunde. Die 72-jährige
  33. Angeklagte war schon mehrfach wegen vergleichbarer Vorkommnisse mit Geldund Bewährungsfreiheitsstrafen geahndet worden und hat diese Tat innerhalb
  34. einer Bewährungszeit begangen. Sie war zuletzt am 25. Februar 2008 wegen
  35. zweier Diebstähle aus einem Verbrauchermarkt zu der Freiheitsstrafe von acht
  36. Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung bis 3. März 2012 zur Bewährung ausgesetzt worden war. Deshalb entspricht die nunmehr für den Diebstahl
  37. verhängte Einzelstrafe von einem Jahr und zwei Monaten noch dem Unrechtsund Schuldgehalt der festgestellten Tat. Sie ist nicht unvertretbar hoch und löst
  38. sich noch nicht nach oben von ihrer Bestimmung eines gerechten Schuldausgleichs (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2003 - 2 StR 54/03, BGHR StGB
  39. § 46 Abs. 1 Strafhöhe 18).
  40. 4
  41. Das Landgericht hat die Frage, ob der Vollzug der gegen die Angeklagte
  42. verhängten Gesamtfreiheitsstrafe gemäß § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt
  43. werden kann, in den Urteilsgründen nicht erörtert. Dies verstieß schon gegen
  44. § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO, da der Verteidiger den Antrag gestellt hatte, auf Bewährung zu erkennen. Aus sachlich-rechtlichen Gründen sind Urteilsausführungen zur Strafaussetzung erforderlich, wenn eine Erörterung dieser Frage als
  45. Grundlage für die revisionsrechtliche Nachprüfung geboten erscheint (vgl. BGH,
  46. Beschlüsse vom 5. März 1997 - 2 StR 63/97; vom 6. März 2012 - 1 StR 50/12,
  47. Rn. 4). Dies war hier der Fall.
  48. 5
  49. Zwar muss aus materiell-rechtlicher Sicht die Frage der Aussetzung des
  50. Vollzugs einer verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung in den Urteilsgründen
  51. nicht zwingend ausdrücklich erörtert werden, wenn nach den Feststellungen die
  52. Strafaussetzung völlig fern liegt. Eine Straftat während einer Bewährungszeit
  53. -4-
  54. zeigt schon, dass die frühere Prognose falsch war. Dennoch schließt ein Bewährungsbruch eine günstige Prognose nicht von vorneherein aus. Hat ein Täter etwa erstmals Freiheitsentzug erlitten, kann ihn dies so beeindruckt haben,
  55. dass die Prognose deswegen nunmehr günstig ist (vgl. Schäfer/Sander/van
  56. Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl., Rn. 136, 139 mwN).
  57. 6
  58. In dieser Sache war die Angeklagte vom 11. November 2011 bis zum
  59. 9. Dezember 2011 - erstmals - in Haft (§ 230 Abs. 2 StPO) in der Justizvollzugsanstalt Aichach. Deshalb lag hier eine Aussetzung der Vollstreckung der
  60. verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung nicht so fern, dass auf eine
  61. Gesamtwürdigung der wesentlichen Umstände im Hinblick auf die der Angeklagten zu stellende Kriminalprognose (§ 56 Abs. 1 StGB) und auf das Vorliegen besonderer Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB verzichtet werden
  62. konnte.
  63. -5-
  64. 7
  65. Der Passus zur Fahrerlaubnisentziehung wurde nicht in den Tenor der
  66. schriftlichen Urteilsgründe aufgenommen. Dabei handelt es sich aber lediglich
  67. um ein offensichtliches Schreibversehen, wie den Urteilsgründen und dem verkündeten Urteil ausweislich der Sitzungsniederschrift zu entnehmen ist.
  68. Nack
  69. Wahl
  70. Hebenstreit
  71. Rothfuß
  72. Sander