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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 63/04
  5. Verkündet am:
  6. 16. Mai 2006
  7. Herrwerth,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, den
  14. Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger
  15. und Prof. Dr. Schmitt
  16. für Recht erkannt:
  17. Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des
  18. Oberlandesgerichts Hamm vom 19. Januar 2004 wird
  19. auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
  20. Von Rechts wegen
  21. Tatbestand:
  22. 1
  23. Der Kläger wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer
  24. vollstreckbaren notariellen Urkunde. Dem liegt folgender Sachverhalt
  25. zugrunde:
  26. 2
  27. Der Kläger, ein damals 29-jähriger Maurer, wurde im Jahr 1998
  28. von einem für die H.
  29. GmbH
  30. tätigen Vermittler
  31. geworben, zwecks Steuerersparnis ohne Eigenkapital eine Eigentumswohnung in D.
  32. der LU.
  33. zu erwerben. Am 6. April 1998 unterbreitete er
  34. Verwaltungsgesellschaft mbH
  35. (nachfolgend: Verkäuferin) ein notarielles Kaufangebot, das diese mit
  36. notariell beurkundeter Erklärung vom 15. April 1998 annahm. Zur Finan-
  37. -3-
  38. zierung
  39. des
  40. Kaufpreises
  41. von
  42. 152.705 DM
  43. schloss
  44. die
  45. beklagte
  46. Bausparkasse als Vertreterin der Landeskreditbank
  47. (im Folgenden: L-Bank) mit dem Kläger am 16./22. April 1998 einen Darlehensvertrag über 182.000 DM, der als tilgungsfreies "Vorausdarlehen"
  48. bis zur Zuteilungsreife zweier bei der Beklagten abgeschlossener Bausparverträge über je 91.000 DM dienen sollte.
  49. 3
  50. Der Darlehensvertrag, dem nur eine Widerrufsbelehrung nach dem
  51. Verbraucherkreditgesetz, nicht aber eine solche nach dem Haustürwiderrufsgesetz beigefügt war, enthält unter anderem folgende Bedingungen:
  52. "§ 2 Kreditsicherheiten
  53. Die in § 1 genannten Darlehen werden gesichert durch:
  54. Grundschuldeintragung zugunsten der
  55. Bausparkasse
  56. über 182.000 DM mit mindestens 12 v.H. Jahreszinsen.
  57. Die
  58. Bausparkasse
  59. ist berechtigt, die ihr für das beantragte Darlehen eingeräumten Sicherheiten für die Gläubigerin
  60. treuhänderisch zu verwalten oder auf sie zu übertragen.
  61. § 5 Besondere Bedingungen für Vorfinanzierungen
  62. Die
  63. Bausparkasse
  64. kann das Darlehen der L-Bank
  65. vor Zuteilung des/der Bausparvertrages/verträge ablösen, sobald
  66. Umstände eintreten, die in der Schuldurkunde Ziffer 4 a-e geregelt
  67. sind mit der Folge, dass die
  68. Bausparkasse
  69. in das
  70. bestehende Vertragsverhältnis eintritt. …"
  71. -4-
  72. 4
  73. Die in dem Darlehensvertrag in Bezug genommene vorformulierte
  74. Schuldurkunde der Beklagten enthält in Nr. 11 b) folgende Regelung:
  75. "die Grundschuld dient der Sicherung aller gegenwärtigen und
  76. künftigen Forderungen der Gläubigerin gegen den Darlehensnehmer aus jedem Rechtsgrund, auch soweit sie nur gegen einen Darlehensnehmer begründet sind; …"
  77. 5
  78. Mit notarieller Urkunde vom 15. April 1998 wurde zugunsten der
  79. Beklagten an dem Kaufgegenstand eine Grundschuld über 182.000 DM
  80. zuzüglich 12% Jahreszinsen bestellt. Gemäß Ziffer V. der Urkunde übernahm der Kläger die persönliche Haftung für die Zahlung des Grundschuldbetrages samt Zinsen und Nebenleistungen und unterwarf sich
  81. "wegen dieser persönlichen Haftung der Gläubigerin gegenüber" der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen.
  82. 6
  83. Der Kläger widerrief im April 2002 seine auf den Abschluss des
  84. vertragsgemäß ausgezahlten "Vorausdarlehens" gerichtete Willenserklärung unter Berufung auf die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes.
  85. Nachdem die Rechtsnachfolgerin der L-Bank am 31. März 2003 alle ihr
  86. im Zusammenhang mit dem Darlehensverhältnis zustehenden Ansprüche
  87. an die Beklagte abgetreten hat, nimmt diese den Kläger aus der notariellen Urkunde vom 15. April 1998 persönlich in Anspruch.
  88. 7
  89. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Er hat geltend
  90. gemacht, der Titel sei nicht wirksam errichtet worden, weil für die Begründung seiner persönlichen Haftung keine wirksame Vollmacht vorgelegen habe. Außerdem sichere die notarielle Schuldurkunde, aus der die
  91. Beklagte die Vollstreckung betreibe, nur deren eigene Ansprüche, nicht
  92. -5-
  93. aber an sie abgetretene Forderungen der L-Bank aus dem Vorausdarlehen. Dieses habe er zudem wirksam widerrufen. Die Beklagte hat hilfswiderklagend die Rückzahlung des geleisteten Nettokreditbetrages zuzüglich Zinsen beantragt.
  94. 8
  95. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter, soweit dieser die Vollstreckungsgegenklage betrifft.
  96. Entscheidungsgründe:
  97. 9
  98. Die Revision ist unbegründet.
  99. I.
  100. 10
  101. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren bedeutsam - im Wesentlichen ausgeführt:
  102. 11
  103. Der Kläger sei auf Grund der Grundschuldbestellung nebst persönlicher Haftungsübernahme und Unterwerfungserklärung in der notariellen
  104. Urkunde vom 15. April 1998 verpflichtet, die Zwangsvollstreckung in sein
  105. Vermögen zu dulden. Zwar habe er seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen, da er auf
  106. Grund einer der Beklagten zurechenbaren Haustürsituation zum Abschluss des Darlehensvertrags veranlasst worden sei. Eine Einrede er-
  107. -6-
  108. gebe sich daraus aber nicht, da auch der Rückgewähranspruch der Beklagten nach § 3 HWiG von der zwischen den Parteien getroffenen Sicherungsabrede erfasst werde. Diese sei weiterhin wirksam, da sich der
  109. von dem Kläger erklärte Widerruf ausdrücklich nur auf das Vorausdarlehen beziehe. Der Kläger könne eine Rückzahlung der Darlehensvaluta
  110. auch nicht unter Hinweis auf § 9 Abs. 3 VerbrKrG verweigern, da diese
  111. Vorschrift gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auf Realkredite nicht anwendbar sei. Ein Einwendungsdurchgriff aus § 242 BGB komme ebenfalls nicht in Betracht.
  112. II.
  113. 12
  114. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
  115. 13
  116. 1. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Berufungsgericht
  117. zu Recht davon ausgegangen, dass die Grundschuld nebst persönlicher
  118. Haftungsübernahme und Vollstreckungsunterwerfungserklärung des Darlehensnehmers nicht nur die erst nach Zuteilungsreife der Bausparverträge auszureichenden Darlehen der Beklagten sichert, sondern auch die
  119. durch Abtretung erworbenen Ansprüche aus dem "Vorausdarlehen" der
  120. L-Bank. Dies hat der erkennende Senat bereits in zwei ebenfalls die Beklagte betreffenden Fällen, denen dieselbe Finanzierungskonstruktion
  121. und identische Vertragsbedingungen zugrunde lagen, entschieden und
  122. im Einzelnen begründet (BGH, Senatsurteile vom 5. April 2005 - XI ZR
  123. 167/04, WM 2005, 1076, 1078 und vom 20. Dezember 2005 - XI ZR
  124. 119/04, Umdruck S. 7 f.).
  125. -7-
  126. 14
  127. Die dortigen Ausführungen gelten im vorliegenden Fall entsprechend. Auch hier liegt der Grundschuldbestellung vom 15. April 1998 eine entsprechende Sicherungsvereinbarung der Prozessparteien zugrunde. Aus dem vom Kläger mit der L-Bank geschlossenen Darlehensvertrag vom 16./22. April 1998 geht hervor, dass die zugunsten der Beklagten zu bestellende Grundschuld alle aus den beiden Kreditverhältnissen
  128. resultierenden Ansprüche sichern sollte. Diese ursprüngliche Sicherungsabrede ist bestehen geblieben, als die Beklagte durch den am
  129. 31. März 2003 geschlossenen Abtretungsvertrag (§ 398 BGB) selbst Darlehensgläubigerin und wegen der damit verbundenen Beendigung des
  130. Treuhandvertrages auch wirtschaftlich Inhaberin der Grundschuld und
  131. der haftungserweiternden persönlichen Sicherheiten wurde. Ebenso wie
  132. in den vom Senat bereits entschiedenen Fällen ergibt sich die ursprüngliche Treuhandabrede zwischen der Beklagten und der L-Bank - anders
  133. als die Revision meint - ohne weiteres aus dem Darlehensvertrag. Dass
  134. die Grundschuld auch die abgetretene Forderung aus dem Vorausdarlehen sichert, folgt auch hier aus Nr. 11 b) der Schuldurkunde. Die in der
  135. Kreditpraxis, auch bei Bausparkassen, übliche Erstreckung des Grundschuldsicherungszwecks auf künftige Forderungen ist für den Vertragsgegner weder überraschend noch unangemessen (§§ 3, 9 AGBG), sofern
  136. es sich um Forderungen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung
  137. handelt. Dass grundsätzlich nicht nur originäre, sondern auch durch eine
  138. Abtretung erworbene Forderungen Dritter nach der allgemeinen Verkehrsanschauung der bankmäßigen Geschäftsverbindung zugerechnet
  139. werden können, ist höchstrichterlich seit langem anerkannt (BGH, Senatsurteile vom 5. April 2005 - XI ZR 167/04, WM 2005, 1076, 1078 und
  140. vom 20. Dezember 2005 - XI ZR 119/04, Umdruck S. 8).
  141. -8-
  142. 15
  143. Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass
  144. für die von den Parteien in Ziffer V. der Grundschuldbestellungsurkunde
  145. vereinbarte persönliche Haftung nebst Vollstreckungsunterwerfung nichts
  146. Abweichendes gilt. Vielmehr teilen in Fällen der vorliegenden Art das
  147. abstrakte Schuldversprechen und die diesbezügliche Unterwerfung des
  148. Darlehensnehmers unter die sofortige Zwangsvollstreckung den Sicherungszweck der Grundschuld (BGH, Senatsurteile vom 5. April 2005
  149. - XI ZR 167/04, WM 2005, 1076, 1078 und vom 20. Dezember 2005
  150. - XI ZR 119/04, Umdruck S. 8).
  151. 16
  152. 2. Entgegen der Auffassung der Revision ist § 10 Abs. 2 VerbrKrG
  153. a.F. (jetzt: § 496 Abs. 2 BGB) auf das abstrakte Schuldanerkenntnis des
  154. Klägers nicht analog anwendbar. Wie der Senat nach Abfassung der Revisionsbegründung entschieden und im Einzelnen begründet hat, fehlt es
  155. bereits an einer planwidrigen Regelungslücke, die eine analoge Anwendung rechtfertigen könnte (BGH, Senatsurteile vom 15. März 2005
  156. - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 831 und vom 5. April 2005 - XI ZR
  157. 167/04, WM 2005, 1076, 1078 m.w.Nachw.).
  158. 17
  159. 3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass
  160. sich der Kläger gegen die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde
  161. auch nicht mit Erfolg auf den Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung nach § 1 Abs. 1 HWiG berufen kann.
  162. 18
  163. a) Gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger sei
  164. auf Grund einer Haustürsituation im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG
  165. zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden, wendet sich
  166. -9-
  167. die Revisionserwiderung ohne Erfolg. Dies ist eine Frage der Würdigung
  168. des Einzelfalls und vom Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu
  169. beanstandender Weise festgestellt worden (vgl. BGH, Senatsurteile vom
  170. 21. Januar 2003 - XI ZR 125/02, WM 2003, 483, 484 und vom 20. Januar
  171. 2004 - XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 522). Einer gesonderten Zurechnung der Haustürsituation entsprechend § 123 Abs. 2 BGB bedarf es
  172. nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht (BGH,
  173. Urteil vom 12. Dezember 2005 - II ZR 327/04, WM 2006, 220, 221 f. und
  174. Senat, Urteile vom 14. Februar 2006 - XI ZR 255/04, WM 2006, 674, 675
  175. und vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, Umdruck S. 21). Entgegen der
  176. Auffassung der Revisionserwiderung ist das Berufungsgericht auch zu
  177. Recht davon ausgegangen, dass der Widerruf des Klägers im April 2002
  178. rechtzeitig war, da die ihm erteilte Widerrufsbelehrung nach dem
  179. Verbraucherkreditgesetz nicht geeignet war, die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG (in der bis 30. September 2000 gültigen Fassung) in Gang zu setzen (vgl. Senatsurteil vom 12. November 2002
  180. - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 63).
  181. 19
  182. b) Infolge des wirksamen Widerrufs hat die Beklagte gegen den
  183. Kläger - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - aus abgetretenem Recht gemäß § 3 Abs. 1 HWiG einen Anspruch auf Erstattung des ausgezahlten Nettokreditbetrages sowie auf dessen marktübliche Verzinsung (Senat, BGHZ 152, 331, 336, 338; Senatsurteile vom
  184. 26. November 2002 - XI ZR 10/00, WM 2003, 64, 66, vom 15. Juli 2003
  185. - XI ZR 162/00, ZIP 2003, 1741, 1744, vom 28. Oktober 2003 - XI ZR
  186. 263/02, WM 2003, 2410, vom 18. November 2003 - XI ZR 322/01,
  187. WM 2004, 172, 176 und vom 21. März 2006 - XI ZR 204/03, ZIP 2006,
  188. 846, 847), der angesichts der weiten, nach den Feststellungen des Beru-
  189. - 10 -
  190. fungsgerichts nicht widerrufenen, Sicherungszweckerklärung ebenfalls
  191. durch die persönliche Haftungsübernahme mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung gesichert wird (BGH, Senatsurteile vom 26. November 2002
  192. - XI ZR 10/00, WM 2003, 64, 66 und vom 28. Oktober 2003 - XI ZR
  193. 263/02, WM 2003, 2410, 2411, jeweils m.w.Nachw.).
  194. 20
  195. aa) Im Falle des wirksamen Widerrufs eines Realkreditvertrages
  196. zur Finanzierung des Kaufs einer Immobilie kann der Darlehensnehmer
  197. die Rückzahlung des Kapitals auch nicht unter Hinweis auf § 9 Abs. 3
  198. VerbrKrG mit der Begründung verweigern, bei dem Darlehensvertrag und
  199. dem finanzierten Immobilienerwerb handele es sich um ein verbundenes
  200. Geschäft
  201. (Senat,
  202. BGHZ 152,
  203. 331,
  204. 337;
  205. BGH,
  206. Senatsurteile
  207. vom
  208. 26. November 2002 - XI ZR 10/00, WM 2003, 64, 66 und vom 21. März
  209. 2006 - XI ZR 204/03, ZIP 2006, 846, 847 m.w.Nachw.). § 9 VerbrKrG findet nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auf
  210. Realkreditverträge, die zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite
  211. üblichen Bedingungen gewährt worden sind, keine Anwendung (Senat,
  212. BGHZ 152, 331, 337; 161, 15, 25; Senatsurteile vom 26. November 2002
  213. - XI ZR 10/00, WM 2003, 64, 66, vom 28. Oktober 2003 - XI ZR 263/02,
  214. WM 2003,
  215. 2410,
  216. 2411,
  217. vom
  218. 18. November
  219. 2003
  220. - XI ZR
  221. 322/01,
  222. WM 2004, 172, 175, vom 18. Januar 2005 - XI ZR 201/03, WM 2005,
  223. 375, 376 und vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501,
  224. 504). Um einen solchen Kredit im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG
  225. handelt es sich bei dem im Streit stehenden Darlehen.
  226. 21
  227. (1) Rechtsfehlerfrei ist die Feststellung des Berufungsgerichts,
  228. dass das Vorausdarlehen zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen gewährt worden ist (vgl. hierzu BGH, Senatsur-
  229. - 11 -
  230. teile vom 18. März 2003 - XI ZR 422/01, WM 2003, 916, 918, vom
  231. 18. November 2003 - XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 175 und vom
  232. 25. April 2006 - XI ZR 219/04, Umdruck S. 26). Dies greift die Revision
  233. auch nicht an.
  234. 22
  235. (2) Sie macht jedoch geltend, eine treuhänderisch gehaltene
  236. Grundschuld nebst persönlicher Vollstreckungsunterwerfung sei keine
  237. grundpfandrechtliche Sicherheit im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG.
  238. Damit kann sie schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die streitgegenständliche Grundschuld - wie oben näher ausgeführt - nach dem ausdrücklichen Wortlaut des zugrunde liegenden Darlehensvertrages sowohl
  239. die nach Zuteilung der jeweiligen Bausparverträge auszureichenden
  240. Bauspardarlehen der Beklagten als auch das Vorausdarlehen der L-Bank
  241. absichert und darüber hinaus der Treuhandvertrag durch Abtretung der
  242. Ansprüche an die Beklagte mittlerweile beendet worden ist, die Beklagte
  243. also auch wirtschaftlich Inhaberin der Grundschuld geworden ist. Entgegen der Auffassung der Revision gebieten auch europarechtliche Erwägungen keine andere Beurteilung. Die Richtlinie 87/102/EWG des Rates
  244. vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (Verbraucherkreditrichtlinie, ABl. EG 1987, Nr. 42, S. 48 i.d.F. der Änderungsrichtlinie 90/88/EWG des Rates vom 22. Februar 1990, ABl. EG Nr. 61,
  245. S. 14) ist gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. a auf Kreditverträge, die zum Erwerb
  246. von Eigentumsrechten an einem Grundstück oder Gebäude bestimmt
  247. sind, nicht anwendbar.
  248. 23
  249. (3) Entgegen der Auffassung der Revision findet § 3 Abs. 2 Nr. 2
  250. VerbrKrG auch auf die streitgegenständliche Zwischenfinanzierung An-
  251. - 12 -
  252. wendung. Zwar vertritt eine Mindermeinung in der Literatur die Auffassung, § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG greife nur ein, wenn der Zwischenkredit
  253. seinerseits grundpfandrechtlich gesichert ist (v. Westphalen/Emmerich/
  254. v. Rottenburg, VerbrKrG 2. Aufl. § 3 Rdn. 85, 87 m.w.Nachw.). Das ist
  255. hier aber nach § 2 des Darlehensvertrages der Fall, weil danach auch
  256. das Vorausdarlehen durch die Grundschuld gesichert wird.
  257. 24
  258. bb) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch einen Einwendungsdurchgriff nach den aus § 242 BGB hergeleiteten Grundsätzen der
  259. Rechtsprechung zum verbundenen Geschäft verneint. Ein Rückgriff auf
  260. den von der Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungsgeschäft entwickelten Einwendungsdurchgriff scheidet bei dem Verbraucherkreditgesetz unterfallenden Realkrediten aus (BGH, Urteil vom 27. Januar 2004
  261. - XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 622 m.w.Nachw.).
  262. 25
  263. cc) Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht unter
  264. Berücksichtigung der erst nach der angefochtenen Entscheidung ergangenen Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom
  265. 25. Oktober
  266. 2005
  267. (Rs. C-350/03,
  268. WM 2005,
  269. 2079 ff.
  270. Schulte
  271. und
  272. Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 ff. Crailsheimer Volksbank).
  273. 26
  274. (1) Der Gerichtshof hat darin in Beantwortung der ihm vorgelegten
  275. Fragen ausdrücklich betont, dass die Richtlinie 85/577/EWG des Rates
  276. vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (Abl. EG Nr. L
  277. 372/31 vom 31. Dezember 1985, "Haustürgeschäfterichtlinie") es nicht
  278. verbietet, den Verbraucher nach Widerruf eines Darlehensvertrages zur
  279. sofortigen Rückzahlung der Darlehensvaluta zuzüglich marktüblicher
  280. - 13 -
  281. Zinsen zu verpflichten, obwohl die Valuta nach dem für die Kapitalanlage
  282. entwickelten Konzept ausschließlich der Finanzierung des Erwerbs der
  283. Immobilie diente und unmittelbar an deren Verkäufer ausgezahlt wurde.
  284. Die Rechtsprechung des erkennenden Senats ist damit bestätigt worden.
  285. 27
  286. (2) Dem aus § 3 HWiG folgenden Rückzahlungsanspruch steht
  287. auch nicht entgegen, dass der Verbraucher nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: EuGH) durch die
  288. Haustürgeschäfterichtlinie vor den Folgen der in den Entscheidungen
  289. des EuGH angesprochenen Risiken von Kapitalanlagen der vorliegenden
  290. Art zu schützen ist, die er im Falle einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank hätte vermeiden können.
  291. 28
  292. (a) Entgegen einer in der Literatur vertretenen Meinung (Fischer
  293. DB 2005, 2507, 2510 und VuR 2006, 53, 57; zustimmend Hofmann
  294. BKR 2005, 487, 492 ff. und Staudinger NJW 2005, 3521, 3525) findet
  295. eine "richtlinienkonforme" Auslegung oder analoge Anwendung der §§ 9
  296. Abs. 2 Satz 4, 7 Abs. 4 VerbrKrG und § 3 HWiG dahin, den nicht mit einer Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG versehenen Darlehensvertrag wie bei einem verbundenen Geschäft durch Rückzahlung der
  297. vom Verbraucher geleisteten Zins- und Tilgungsraten Zug um Zug gegen
  298. Übertragung der Immobilie rückabzuwickeln, sowohl in der Haustürgeschäfterichtlinie als auch im deutschen Recht keine Stütze. Aufgrund der
  299. vorgenannten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005 steht fest, dass § 3 Abs. 1 und 3
  300. HWiG, der bei Widerruf eines Darlehensvertrages die sofortige Rückzahlung der Darlehensvaluta und die marktübliche Verzinsung vorsieht, auch
  301. dann der Haustürgeschäfterichtlinie nicht widerspricht, wenn das Darle-
  302. - 14 -
  303. hen nach dem für eine Kapitalanlage entwickelten Konzept ausschließlich zur Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie dient und unmittelbar
  304. an deren Verkäufer ausgezahlt worden ist. Die Haustürgeschäfterichtlinie
  305. kennt kein verbundenes Geschäft. Gleiches gilt nach dem eindeutigen
  306. Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG für realkreditfinanzierte Immobiliengeschäfte, wenn der Grundpfandkredit - wie hier - zu den üblichen
  307. Bedingungen ausgereicht worden ist. Grundpfandkredit und finanziertes
  308. Immobiliengeschäft bilden dann nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ausnahmslos kein verbundenes Geschäft (Senat,
  309. BGHZ 150, 248, 262; 152, 331, 337; 161, 15, 25; Senatsurteile vom
  310. 15. Juli 2003 - XI ZR 162/00, ZIP 2003, 1741, 1743, vom 28. Oktober
  311. 2003 - XI ZR 263/02, WM 2003, 2410, 2411, vom 27. Januar 2004
  312. - XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 622, vom 9. November 2005 - XI ZR
  313. 315/03, WM 2005, 72, 74, vom 18. Januar 2005 - XI ZR 201/03,
  314. WM 2005, 375, 376, vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520,
  315. 1523 und vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501, 504),
  316. so dass ein Einwendungsdurchgriff und eine Rückabwicklung nach § 9
  317. VerbrKrG entgegen der Ansicht der Revision von vornherein nicht in Betracht kommen.
  318. 29
  319. Soweit der EuGH gemeint hat, Art. 4 der Haustürgeschäfterichtlinie
  320. verpflichte die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, den Verbraucher vor den
  321. Risiken einer kreditfinanzierten Kapitalanlage zu schützen, die er im Falle einer Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank hätte vermeiden
  322. können, ist eine richtlinienkonforme Auslegung, sollte sie nach deutschem Recht überhaupt möglich sein, nur in den wenigen Fällen notwendig, in denen der Verbraucher den Darlehensvertrag anlässlich eines Besuchs des Gewerbetreibenden beim Verbraucher oder an seinem Ar-
  323. - 15 -
  324. beitsplatz oder während eines vom Gewerbetreibenden außerhalb seiner
  325. Geschäftsräume organisierten Ausflugs abgeschlossen bzw. sein Angebot abgegeben hat (Art. 1 Abs. 1 Haustürgeschäfterichtlinie), und in denen der Verbraucher überdies an seine Erklärung zum Abschluss des mit
  326. Hilfe des Darlehens zu finanzierenden Geschäfts noch nicht gebunden
  327. war. Auf die Frage, ob Darlehensvertrag und finanzierte Anlage ein verbundenes Geschäft bilden, kommt es nach den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005
  328. (Rs. C-350/03, WM 2005, 2079 Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005,
  329. 2086 Crailsheimer Volksbank) nicht an. Auch dies verkennt die Mindermeinung, wenn sie eine richtlinienkonforme "Verbundgeschäftslösung"
  330. fordert. Zum einen bleibt sie hinter den Vorgaben der genannten Entscheidungen zurück, indem sie die von ihr gewünschte Rückabwicklung
  331. des widerrufenen Darlehensvertrages davon abhängig macht, dass Kredit- und Immobilienkaufvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des
  332. § 9 VerbrKrG bilden. Zum anderen geht sie weit über die Entscheidungen
  333. des Gerichtshofs hinaus, indem sie das aus dem Immobilienkaufvertrag
  334. resultierende Anlagerisiko ohne Rücksicht darauf, ob dieses durch eine
  335. Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG bei Abschluss des Darlehensvertrages (noch) hätte vermieden werden können, auf die kreditgebende
  336. Bank verlagert (KG ZfIR 2006, 136, 140; Habersack JZ 2006, 91, 92).
  337. Dies ist weder durch die Haustürgeschäfterichtlinie noch durch das
  338. Haustürwiderrufsgesetz zu rechtfertigen. Beide wollen dem Verbraucher
  339. bei Haustürgeschäften nur die Möglichkeit geben, die Verpflichtungen
  340. aus einem solchen Geschäft noch einmal zu überdenken (6. Erwägungsgrund zur Haustürgeschäfterichtlinie), nicht aber sich von Geschäften zu
  341. lösen, für die die unterbliebene Widerrufsbelehrung nicht kausal geworden ist.
  342. - 16 -
  343. 30
  344. (b) Entgegen der vereinzelt gebliebenen Ansicht von Derleder
  345. (BKR 2005, 442, 448; s. auch EWiR 2005, 837, 838) fehlt auch für eine
  346. "richtlinienkonforme" Auslegung des § 3 Abs. 1 HWiG dahin, den Darlehensnehmer im Falle einer unterbliebenen Widerrufsbelehrung bereicherungsrechtlich nicht als Empfänger der Darlehensvaluta anzusehen, eine
  347. tragfähige Grundlage. § 3 Abs. 1 und 3 HWiG ist ausweislich der Entscheidungen des EuGH vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-350/03, WM 2005,
  348. 2079 Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 Crailsheimer Volksbank) ohne jede Einschränkung richtlinienkonform. Nach ständiger
  349. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 152, 331, 337; BGH,
  350. Urteile vom 17. Januar 1985 - III ZR 135/83, WM 1985, 221, 223, insoweit in BGHZ 93, 264 nicht abgedruckt, vom 7. März 1985 - III ZR
  351. 211/83, WM 1985, 653, vom 25. April 1985 - III ZR 27/84, WM 1985, 993,
  352. 994 und vom 12. Juni 1997 - IX ZR 110/96, WM 1997, 1658, 1659; Senatsurteile vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501, 503
  353. und vom 25. April 2006 - XI ZR 219/04, Umdruck S. 15 und XI ZR 29/05,
  354. Umdruck S. 16) und der gesamten Kommentarliteratur (vgl. Bülow,
  355. Verbraucherkreditrecht, 5. Aufl. § 494 BGB Rdn. 48; Erman/Saenger,
  356. BGB 11. Aufl. § 494 Rdn. 4; MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl. § 494
  357. Rdn. 21; Palandt/Putzo, BGB 65. Aufl. § 494 Rdn. 7; Staudinger/KessalWulf,
  358. BGB
  359. Neubearb. 2004
  360. § 491
  361. Rdn. 47,
  362. § 494
  363. Rdn. 20;
  364. Pa-
  365. landt/Putzo, BGB 61. Aufl. § 607 Rdn. 9; RGRK/Ballhaus, BGB 12. Aufl.
  366. § 607 Rdn. 7; Soergel/Häuser, BGB 12. Aufl. § 607 BGB Rdn. 120) hat
  367. der Darlehensnehmer den Darlehensbetrag im Sinne des § 607 BGB a.F.
  368. auch dann empfangen, wenn der von ihm als Empfänger namhaft gemachte Dritte das Geld vom Darlehensgeber erhalten hat, es sei denn,
  369. der Dritte ist nicht überwiegend im Interesse des Darlehensnehmers,
  370. - 17 -
  371. sondern sozusagen als "verlängerter Arm" des Darlehensgebers tätig
  372. geworden. Auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist in
  373. seiner Entscheidung vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-350/03, WM 2005,
  374. 2079, 2085 Nr. 85 Schulte) ausdrücklich davon ausgegangen, dass die
  375. Darlehensnehmer die von der kreditgebenden Bank unmittelbar an den
  376. Immobilienverkäufer ausgezahlte Darlehensvaluta erhalten haben.
  377. 31
  378. Nichts spricht dafür, den Empfang des Darlehens in § 3 Abs. 1
  379. HWiG, der lediglich die Rückabwicklung empfangener Leistungen regelt,
  380. anders zu verstehen als in § 607 BGB. Aus § 9 VerbrKrG ergibt sich
  381. nichts anderes (BGH, Senatsurteile vom 25. April 2006 - XI ZR 219/04,
  382. Umdruck S. 15 ff. und XI ZR 29/05, Umdruck S. 17 ff.). Der Hinweis von
  383. Derleder, bei einem widerrufenen Darlehensvertrag sei auch die Auszahlungsanweisung des Darlehensnehmers unwirksam, übersieht, dass bereicherungsrechtlich anerkannt ist, dass eine Rückabwicklung auch dann
  384. im Anweisungsverhältnis (Deckungsverhältnis) zu erfolgen hat, wenn der
  385. Anweisende einen zurechenbaren Anlass zu dem Zahlungsvorgang gesetzt hat, etwa eine zunächst erteilte Anweisung widerruft (BGHZ 61,
  386. 289, 291 ff.; 87, 393, 395 ff.; 89, 376, 379 ff.; 147, 145, 150 f.; 147, 269,
  387. 273 ff.). Gleiches gilt bei § 3 Abs. 1 HWiG, der einen, insbesondere was
  388. die §§ 814 ff. BGB angeht (BGHZ 131, 82, 87), besonders ausgestalteten
  389. Bereicherungsanspruch regelt.
  390. 32
  391. (c) Nicht haltbar ist auch die Ansicht von Knops und Kulke
  392. (WM 2006, 70, 77 und VuR 2006, 127, 135), bei einer Investition der
  393. Darlehensvaluta in eine Immobilie durch einen über sein Widerrufsrecht
  394. nicht belehrten Darlehensnehmer sei von einem unverschuldeten Untergang der empfangenen Leistung im Sinne des § 3 Abs. 2 HWiG auszu-
  395. - 18 -
  396. gehen. Wie bereits dargelegt, hat der Kreditnehmer die Darlehensvaluta
  397. mit der weisungsgemäßen Auszahlung an den Immobilienverkäufer empfangen. Damit ist der im Falle des Widerrufs des Darlehensvertrages gegebene Rückgewähranspruch der kreditgebenden Bank aus § 3 Abs. 1
  398. Satz 1 HWiG entstanden. Da der Darlehensnehmer lediglich eine bestimmte Geldsumme zurückzahlen muss, kann von einem Untergang der
  399. Valuta im Sinne des § 3 Abs. 2 HWiG, der nur für Sachen, nicht aber für
  400. eine Wertsummenschuld gilt (so auch Derleder BKR 2005, 442, 447),
  401. keine Rede sein, wenn die Valuta bestimmungsgemäß zur Bezahlung
  402. des Kaufpreises für eine nicht (ausreichend) werthaltige Immobilie verwendet worden ist. Wer dies anders sieht, verschiebt das Verwendungsrisiko in unvertretbarer Weise bei jedem Kredit, der zur Finanzierung des
  403. Erwerbs einer bestimmten Sache aufgenommen wird, auf die kreditgebende Bank. Dies ist insbesondere dann durch nichts zu rechtfertigen,
  404. wenn der Kreditnehmer bei einem nicht verbundenen Geschäft - wie
  405. hier - zunächst den Immobilienkaufvertrag und erst später den zur Finanzierung des Kaufpreises notwendigen Darlehensvertrag, in dem die
  406. erforderliche Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG fehlt, abschließt.
  407. 33
  408. (d) Auch der Hinweis von Tonner/Tonner (WM 2006, 505, 510 ff.)
  409. auf den Rechtsgedanken der §§ 817 Satz 2, 818 Abs. 3 BGB und dessen
  410. Anwendung bei Kenntnis des Darlehensgebers von dem mit dem Immobilienerwerb verbundenen Risiko ändert daran nichts. Die genannten
  411. Normen sind nämlich auf den Rückgewähranspruch nach § 3 Abs. 1
  412. HWiG, der als lex specialis die Anwendung der §§ 812 ff. BGB grundsätzlich ausschließt (BGHZ 131, 82, 87), nicht anwendbar. Der Gesetzgeber hat das Bereicherungsrecht durch § 3 HWiG, jedenfalls was die
  413. §§ 814 ff. BGB angeht, bewusst derogiert. Davon kann auch im Wege
  414. - 19 -
  415. richtlinienkonformer Auslegung des § 3 HWiG, zu der hier, wie dargelegt,
  416. im
  417. Übrigen
  418. kein
  419. Grund
  420. besteht,
  421. nicht
  422. abgewichen
  423. werden
  424. (vgl.
  425. Piekenbrock WM 2006, 466, 475). Abgesehen davon kann von einem
  426. Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB bei Empfang eines
  427. - für den Erwerb einer nicht ausreichend werthaltigen Immobilie verwendeten - Darlehens, das dem Darlehensnehmer, wie er weiß, nur für begrenzte Zeit zur Verfügung stehen soll, unter Berücksichtigung des § 819
  428. Abs. 1 BGB nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  429. keine Rede sein (BGHZ 83, 293, 295; 115, 268, 270 f.; BGH, Urteile vom
  430. 14. April 1969 - III ZR 65/68, WM 1969, 857, 858; Senatsurteile vom
  431. 17. Februar 1995 - XI ZR 225/93, WM 1995, 566, 567, vom 2. Februar
  432. 1999 - XI ZR 74/98, WM 1999, 724, 725 und vom 27. Januar 2004
  433. - XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 623).
  434. 34
  435. 4. Die Vollstreckungsgegenklage ist schließlich auch nicht deswegen begründet, weil der Kläger dem Anspruch der Beklagten einen
  436. Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss entgegenhalten kann (§ 242 BGB).
  437. 35
  438. a) Zwar wird im Anschluss an die erst nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen
  439. Gemeinschaften
  440. vom
  441. 25. Oktober
  442. 2005
  443. (Rs. C-350/03,
  444. WM 2005,
  445. 2079 ff. Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 ff. Crailsheimer
  446. Volksbank) diskutiert, ob im Hinblick auf den dort geforderten Schutz des
  447. Verbrauchers vor den Folgen bestimmter Risiken von Kapitalanlagen der
  448. hier vorliegenden Art, die er im Falle einer mit dem Darlehensvertrag
  449. verbundenen Widerrufsbelehrung hätte vermeiden können, wegen der
  450. unterbliebenen Widerrufsbelehrung ein Schadensersatzanspruch des
  451. - 20 -
  452. Darlehensnehmers bestehen kann. Hier scheidet ein solcher Anspruch
  453. aber von vornherein aus.
  454. 36
  455. aa) Dabei kann dahinstehen, ob das Unterlassen der nach Art. 4
  456. der Haustürgeschäfterichtlinie erforderlichen Belehrung über den Widerruf entgegen der bislang ganz überwiegend vertretenen Auffassung nicht
  457. als bloße Obliegenheitsverletzung, sondern als echte Pflichtverletzung
  458. anzusehen ist (vgl. dazu OLG Bremen WM 2006, 758, 763; Derleder
  459. BKR 2005, 442, 446; Habersack JZ 2006, 91, 93). Offen bleiben kann
  460. auch, ob eine Haftung nicht ohnedies mangels Verschuldens ausscheidet, weil sich die Beklagte bei dem vor dem Jahre 2000 geschlossenen
  461. Darlehensvertrag erfolgreich darauf berufen könnte, gemäß § 5 Abs. 2
  462. HWiG habe sie eine Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG für entbehrlich halten dürfen (so Freitag WM 2006, 61, 69; Habersack JZ 2006,
  463. 91, 93; Lang/Rösler WM 2006, 513, 517; Piekenbrock WM 2006, 466,
  464. 475; Sauer BKR 2006, 96, 101; wohl auch Schneider/Hellmann BB 2005,
  465. 2714; Thume/Edelmann BKR 2005, 477, 482; zweifelnd: OLG Bremen
  466. WM 2006, 758, 764; Lechner NZM 2005, 921, 926 f.; a.A. Fischer
  467. VuR 2006, 53, 58; Knops/Kulke VuR 2006, 127, 133; Reich/Rörig
  468. VuR 2005, 452, 453; Woitkewitsch MDR 2006, 241, 242). Es sei insoweit
  469. nur darauf hingewiesen, dass der vom Gesetzgeber gewählte Wortlaut
  470. des § 5 Abs. 2 HWiG, dass das Haustürwiderrufsgesetz auf Haustürgeschäfte, die zugleich die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem
  471. Verbraucherkreditgesetz erfüllen, nicht anwendbar ist, deutlich gegen die
  472. Notwendigkeit einer Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG spricht.
  473. Auch der erkennende Senat hat eine solche Belehrung deshalb in Übereinstimmung mit der damals einhelligen Meinung der Obergerichte (OLG
  474. Stuttgart WM 1999, 74, 75 f. und WM 1999, 1419; OLG München
  475. - 21 -
  476. WM 1999, 1418, 1419) und der herrschenden Ansicht in der Literatur
  477. (vgl. die Nachweise in BGH WM 2000, 26, 27) in seinem Beschluss vom
  478. 29. November 1999 (XI ZR 91/99, WM 2000, 26, 27 ff.) als nicht erforderlich angesehen und seine Meinung erst aufgrund des anders lautenden
  479. Urteils
  480. des
  481. Gerichtshofs
  482. der
  483. Europäischen
  484. Gemeinschaften
  485. vom
  486. 13. Dezember 2001 (Rs. C-481/99, WM 2001, 2434 ff. Heininger) geändert (BGHZ 150, 248, 252 ff.). Dahinstehen kann schließlich, ob die Auffassung, ein Verschulden der Kreditinstitute sei mit Rücksicht auf die
  487. Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht erforderlich (OLG Bremen WM 2006, 758, 764; Habersack JZ 2006, 91, 93;
  488. Hoffmann ZIP 2005, 1985, 1991; Reich/Rörig VuR 2005, 452, 453;
  489. Wielsch ZBB 2006, 16, 20), haltbar ist, obwohl nach § 276 Abs. 1 Satz 1
  490. BGB a.F., sofern nichts anderes bestimmt ist, nur für Vorsatz und Fahrlässigkeit gehaftet wird (vgl. auch Lang/Rösler WM 2006, 513, 517;
  491. Thume/Edelmann BKR 2005, 477, 482).
  492. 37
  493. bb) Ein Schadensersatzanspruch wegen der Nichterteilung einer
  494. Widerrufsbelehrung ist nämlich jedenfalls mangels Kausalität zwischen
  495. unterlassener Widerrufsbelehrung und dem Schaden in Gestalt der Realisierung von Anlagerisiken zumindest immer dann ausgeschlossen,
  496. wenn der Verbraucher - wie hier - den notariell beurkundeten Immobilienkaufvertrag vor dem Darlehensvertrag abgeschlossen hat. Dann hätte
  497. es der Verbraucher auch bei Belehrung über sein Recht zum Widerruf
  498. des Darlehensvertrages nicht vermeiden können, sich den Anlagerisiken
  499. auszusetzen (OLG Frankfurt WM 2006, 769; OLG Karlsruhe WM 2006,
  500. 676, 680; KG ZfIR 2006, 136, 140; Palandt/Grüneberg, BGB 65. Aufl.
  501. § 357 Rdn. 4; Ehricke ZBB 2005, 443, 449; Habersack JZ 2006, 91, 93;
  502. Hoppe/Lang
  503. ZfIR 2005,
  504. 800,
  505. 804;
  506. Jordans
  507. EWS 2005,
  508. 513,
  509. 515;
  510. - 22 -
  511. Lang/Rösler
  512. WM 2006,
  513. 513,
  514. 518;
  515. Lechner
  516. NZM 2005,
  517. 921,
  518. 926;
  519. Meschede ZfIR 2006, 141; Piekenbrock WM 2006, 466, 472; Sauer
  520. BKR 2006, 96, 101; Tonner/Tonner WM 2006,
  521. 505, 509; Thume/
  522. Edelmann BKR 2005, 477, 483; differenzierend: OLG Bremen WM 2006,
  523. 758, 764 f.; Hoffmann ZIP 2005, 1985, 1989). Ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss auf Ersatz eines Schadens, der durch die
  524. - unterstellte - Pflichtverletzung, d.h. die unterbliebene Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG, nicht verursacht worden ist, ist dem deutschen Recht fremd. Er wird in den Entscheidungen des Gerichtshofs der
  525. Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-350/03,
  526. WM 2005, 2079 Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 Crailsheimer
  527. Volksbank) auch nicht gefordert. Nach deren klarem Wortlaut haben die
  528. Mitgliedstaaten den Verbraucher nur vor den Folgen der Risiken von Kapitalanlagen der vorliegenden Art zu schützen, die er im Falle einer Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank bei Abschluss des Darlehensvertrages in einer Haustürsituation hätte vermeiden können. Das ist
  529. bei Anlagerisiken, die er vor Abschluss des Darlehensvertrages eingegangen ist, nicht der Fall. Die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften lassen sich nicht, wie es eine Mindermeinung in der Literatur versucht (Derleder BKR 2005, 442, 449; Knops
  530. WM 2006,
  531. 70,
  532. 73 f.;
  533. Schwintowski
  534. VuR 2006,
  535. 5,
  536. 6;
  537. Staudinger
  538. NJW 2005, 3521, 3523), dahin uminterpretieren, die zeitliche Reihenfolge von Anlagegeschäft und Darlehensvertrag spiele für die Haftung der
  539. kreditgebenden Bank
  540. keine Rolle. Abgesehen davon wäre der erken-
  541. nende Senat nach deutschem Recht nicht in der Lage, dem nicht über
  542. sein Widerrufsrecht belehrten Darlehensnehmer einen Anspruch auf Ersatz von Schäden zu geben, die durch die unterbliebene Widerrufsbelehrung nicht verursacht worden sind.
  543. - 23 -
  544. 38
  545. b) Anknüpfungstatsachen für einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer eigenen Aufklärungspflicht der Beklagten bestehen
  546. nicht.
  547. III.
  548. 39
  549. Die Revision war somit zurückzuweisen.
  550. Nobbe
  551. Joeres
  552. Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ellenberger
  553. ist erkrankt und deshalb
  554. an der Unterzeichnung
  555. gehindert.
  556. Mayen
  557. Schmitt
  558. Nobbe
  559. Vorinstanzen:
  560. LG Essen, Entscheidung vom 05.06.2003 - 6 O 30/03 OLG Hamm, Entscheidung vom 19.01.2004 - 5 U 182/03 -