You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

389 lines
21 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 351/14
  5. Verkündet am:
  6. 26. Juli 2016
  7. Weber,
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. ECLI:DE:BGH:2016:260716UXIZR351.14.0
  13. -2-
  14. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  15. vom 26. Juli 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter
  16. Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber
  17. für Recht erkannt:
  18. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats
  19. des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. Juni 2014 aufgehoben.
  20. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  21. über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  22. Von Rechts wegen
  23. Tatbestand:
  24. 1
  25. Die Klägerin begehrt die Feststellung, der Beklagten, die für die
  26. W.
  27. AG bzw. P.
  28. AG in den Rechtsstreit eingetreten ist, aus drei Zins-
  29. satz-Swap-Verträgen nichts mehr zu schulden. Die Beklagte macht widerklagend Erfüllungsansprüche aus den Zinssatz-Swap-Verträgen geltend.
  30. 2
  31. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig einheitlich: Beklagte) stand
  32. mit
  33. der
  34. Klägerin,
  35. einer
  36. Stadt
  37. in
  38. Nordrhein-Westfalen
  39. mit
  40. knapp
  41. 20.000 Einwohnern, in Geschäftsbeziehungen.
  42. 3
  43. Am 15. März 1999 schloss die Beklagte mit der Klägerin einen (Formular-) "Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte". Auf der Grundlage des Rahmenvertrags schlossen die Parteien zwischen 2006 und 2011 verschiedene
  44. ECLI:DE:BGH:2016:260716UXIZR351.14.0
  45. -3-
  46. Einzelverträge. Drei dieser Einzelverträge, die Gegenstand des Rechtsstreits
  47. sind, gestalteten sich wie folgt:
  48. 4
  49. Am 25. Februar 2008 - nicht wie im Tenor der landgerichtlichen Entscheidung vermerkt am 5. Februar 2008 - einigten sich die Parteien auf einen
  50. Forward-Zahler-Swap-Vertrag, der eine Laufzeit vom 30. April 2009 bis zum
  51. 30. April 2019 hatte. Die Klägerin verpflichtete sich zur Zahlung eines festen
  52. Zinses in Höhe von 4,1% p.a. auf einen Bezugsbetrag von anfänglich
  53. 5.057.765,54 €. Die Beklagte übernahm die Verpflichtung, auf den jeweils selben Bezugsbetrag einen variablen Zinssatz in Höhe des 3-Monats-Euribors zu
  54. zahlen.
  55. 5
  56. Am 5. September 2008 schlossen die Parteien einen CHF-Plus-SwapVertrag, der eine Laufzeit vom 15. September 2008 bis zunächst zum
  57. 15. September 2015 hatte. Sofern der €/CHF-Devisenkassakurs kleiner als
  58. 1,6295 war, sollte die Klägerin zur Zahlung eines Zinses ("variabler Satz") von
  59. 2% p.a. zuzüglich eines Aufschlags nach der Formel
  60. (x [nach Tabelle] – €/CHF-Devisenkassakurs) : €/CHF-Devisenkassakurs x 100%
  61. auf einen Bezugsbetrag von zunächst 4,5 Mio. € und später 5,335 Mio. € verpflichtet sein. Sofern der €/CHF-Devisenkassakurs größer oder gleich 1,6295
  62. oder der "variable Satz" kleiner oder gleich 2% p.a. war, sollte die Klägerin die
  63. Zahlung eines festen Zinssatzes in Höhe von 2% p.a. schulden. Die Beklagte
  64. übernahm die Verpflichtung, durchgängig einen festen Zinssatz in Höhe von 3%
  65. p.a. auf einen Bezugsbetrag von 4,5 Mio. € an die Klägerin zu zahlen.
  66. 6
  67. Schließlich einigten sich die Parteien am 25. Mai 2010 auf einen weiteren
  68. CHF-Plus-Swap mit einer Laufzeit vom 27. Mai 2011 bis zum 27. Mai 2019. Sofern der €/CHF-Devisenkassakurs kleiner oder gleich 1,57 war, schuldete die
  69. -4-
  70. Klägerin die Zahlung eines Zinses ("variabler Satz") von 2,5% p.a. zuzüglich
  71. eines Aufschlags nach der Formel
  72. (1,3985 – €/CHF-Devisenkassakurs) : €/CHF-Devisenkassakurs x 100%
  73. auf einem Bezugsbetrag von zunächst 3,5 Mio. €. Sofern der €/CHFDevisenkassakurs einmalig größer als 1,57 oder der "variable Satz" kleiner oder
  74. gleich 2,5% p.a. war, schuldete die Klägerin Zahlung eines festen Zinses in Höhe von 2,5% p.a. Die Beklagte verpflichtete sich zur Zahlung eines festen Zinses in Höhe von 3,5 Mio. € ebenfalls auf einen Bezugsbetrag von zunächst
  75. 3,5 Mio. €. Mittels dieses Zinssatz-Swap-Vertrags lösten die Parteien einen am
  76. 25. Februar 2008 geschlossenen "Invers-CMS-Stufen-Swap" ab, indem sie in
  77. zwei Schritten dessen zulasten der Klägerin negativen Marktwert in die Bedingungen des CHF-Plus-Swaps einpreisten.
  78. 7
  79. Bei allen drei Swap-Verträgen war der Marktwert aus Sicht der Klägerin
  80. (unstreitig) im Zeitpunkt des Abschlusses negativ. Wie hoch der anfängliche
  81. negative Marktwert war, ist nicht festgestellt. Unstreitig teilte die Beklagte der
  82. Klägerin jedenfalls die Höhe der von ihr eingepreisten Bruttomarge nicht mit.
  83. Auf
  84. die
  85. drei
  86. Zinssatz-Swap-Verträge
  87. leistete
  88. die
  89. Klägerin
  90. insgesamt
  91. 260.485,79 €, während sie aus anderen Swap-Geschäften einen Gewinn von
  92. insgesamt 708.882,80 € erzielte. Am 10. Juli 2012 standen mit Fälligkeitsstichtag zwischen dem 28. November 2011 und dem 15. Juni 2012 auf die beiden
  93. CHF-Swaps insgesamt 1.192.874,75 € zu Lasten der Klägerin offen. Die Beklagte schuldet der Klägerin aus anderen Swap-Verträgen Leistungen in Höhe
  94. von 81.562,50 €.
  95. 8
  96. Auf den Antrag festzustellen, dass die Klägerin zu weiteren Zahlungen
  97. auf die oben angeführten Swap-Geschäfte nicht verpflichtet sei, hat das Landgericht festgestellt, die Beklagte sei "verpflichtet […], die Klägerin von der Verpflichtung zu weiteren Zahlungen […] freizustellen, soweit nicht diesen Zahlun-
  98. -5-
  99. gen anzurechnende Vorteile gegenüberstehen", wobei es die Vorteile mit
  100. 448.397,01 € veranschlagt hat. Die weitergehende Zahlungsklage hat es
  101. rechtskräftig abgewiesen. Auf die Widerklage der Beklagten hat es die Klägerin
  102. verurteilt, an die Beklagte 448.397,01 € nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Widerklage hat es ebenfalls abgewiesen. Die Berufung der Beklagten
  103. hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich ihre vom Senat
  104. zugelassene Revision, mit der sie ihr Begehren auf vollständige Abweisung der
  105. Klage und auf Zahlung weiterer 662.915,24 € weiterverfolgt.
  106. Entscheidungsgründe:
  107. 9
  108. Die Revision ist begründet. Sie führt, soweit die Parteien den Rechtsstreit
  109. nicht in der Revisionsinstanz bezüglich der Feststellungsanträge in Höhe von
  110. 662.915,24 € (Restbetrag der noch nicht rechtskräftig zuerkannten Widerklage)
  111. übereinstimmend für erledigt erklärt haben, zur Aufhebung des Berufungsurteils
  112. und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  113. I.
  114. 10
  115. Das Berufungsgericht (OLG Düsseldorf, WM 2014, 1907 ff.) hat - soweit
  116. für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:
  117. 11
  118. Die Beklagte schulde der Klägerin wegen der anlässlich des Abschlusses
  119. der Swap-Verträge jeweils wiederholten Verletzung von Pflichten aus dem
  120. Rahmenvertrag bzw. einem dem Rahmenvertrag vorgelagerten Beratungsvertrag Schadensersatz, weil sie die Klägerin bei Abschluss der Swap-Geschäfte
  121. nicht objektgerecht beraten habe. Sie habe es unterlassen, die Klägerin auf den
  122. anfänglichen negativen Marktwert der Swap-Geschäfte und dessen Höhe hin-
  123. -6-
  124. zuweisen. Ihre Aufklärungspflicht habe die Beklagte nicht dadurch erfüllt, dass
  125. sie erklärt habe, Swap-Geschäfte verfügten überhaupt über einen sich ändernden (positiven oder negativen) Marktwert, sie habe in die Swaps jeweils eine
  126. Gewinnmarge eingepreist und verdiene an der Geld-Brief-Spanne durch
  127. Hedging-Geschäfte. Alle diese Informationen hätten nichts darüber ausgesagt,
  128. wie der Markt bei Abschluss eines Swaps dessen künftige Entwicklung prognostiziere, dass diese Prognose im anfänglichen negativen Marktwert Ausdruck
  129. finde und dieser Marktwert nicht nur die Gewinnspanne der Beklagten abbilde,
  130. sondern anzeige, dass der Markt die Wahrscheinlichkeit eines Verlusts der Klägerin - wenn auch nur aufgrund finanzmathematischer Simulationsmodelle höher als die eines Gewinns einschätze. Ebenso wenig werde deutlich, dass
  131. die Beklagte ihre Gewinnspanne gerade dadurch realisiert habe, dass sie das
  132. Chancen-Risiko-Profil der Swaps bewusst zu Lasten der Klägerin ausgebildet
  133. habe. Die Aufklärungspflicht knüpfe dabei nicht an der mehr oder weniger komplexen Struktur des jeweiligen Swaps, aus der sich weitere Beratungspflichten
  134. ergeben könnten, sondern an der allen streitgegenständlichen SwapGeschäften eigenen Bedeutung des anfänglichen negativen Marktwerts an.
  135. 12
  136. Die Beklagte habe ihre Aufklärungspflichten zumindest fahrlässig verletzt. Die Vermutung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB habe sie nicht widerlegt.
  137. Insbesondere habe das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht, dass
  138. sich die Beklagte in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum befunden habe.
  139. 13
  140. Die Pflichtverletzung sei für den Abschluss der Swap-Geschäfte durch
  141. die Klägerin auch ursächlich geworden. Soweit die Beklagte anderes behaupte,
  142. trage sie ins Blaue hinein vor. So lasse die Rechtsverteidigung der Beklagten
  143. zur Kausalitätsfrage bereits offen, auf wessen Einschätzung und Willensbildung
  144. es bei der Prüfung der für den Geschäftsabschluss relevanten Umstände ankommen solle. Die Klägerin entscheide und handele im Rahmen kommunaler
  145. Selbstverwaltung durch ihre Gremien sowie "durch hierarchisch strukturierte
  146. -7-
  147. Entscheidungsträger und Weisungsempfänger in der Verwaltung". Deshalb
  148. könne auch "der Anlageentschluss nicht schlechthin auf die Willensbetätigung
  149. einzelner Personen und deren subjektive Kenntnisse, Erfahrungen und Wertungen zurückgeführt werden". Das Vorbringen der Beklagten stehe, soweit es um
  150. die wirtschaftlichen Zusammenhänge und Auswirkungen gehe, unter der nachdrücklich vertretenen Prämisse, dass der anfängliche negative Marktwert lediglich die der Klägerin angeblich dem Grunde nach bekannte und von ihr akzeptierte Marge abbilde. Dies sei jedoch nicht der Fall. Dass die Klägerin die Geschäfte auch dann abgeschlossen hätte, wenn sie darüber aufgeklärt worden
  151. wäre, dass der Markt die Wahrscheinlichkeit eines Verlustes - wenn auch nur
  152. aufgrund finanzmathematischer Simulationsmodelle - höher als die eines Gewinns eingeschätzt und sie damit gegen die Markterwartung agiert habe, trage
  153. die Beklagte, die diese Zusammenhänge gerade in Abrede stelle, nicht vor. Die
  154. Beklagte habe anderen Vertragspartnern durchaus auch günstigere Konditionen angeboten, über die mit ihr zu verhandeln sie der Klägerin die Chance genommen habe. Dass die Klägerin nicht (sofort) auch die für sie günstig verlaufenen Geschäfte unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes rückabzuwickeln versucht habe, widerlege die Kausalitätsvermutung ebenfalls nicht. Die
  155. Beklagte, die dies anführe, lasse "auch in diesem Zusammenhang unberücksichtigt, dass sich die Bedeutung des anfänglichen negativen Marktwerts nicht
  156. in einer gleichsam geschäftsneutralen Marge" erschöpfe, "sondern dass der
  157. Klägerin nicht hinreichend deutlich gemacht" worden sei, "dass und in welchem
  158. Umfang sie gegen die im anfänglichen negativen Marktwert abgebildeten Erwartungen des Marktes" agiere.
  159. 14
  160. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin sei nicht nach § 37a WpHG in
  161. der bis zum 4. August 2009 geltenden Fassung (künftig: a.F.) in Verbindung mit
  162. § 43 WpHG verjährt. Aufgrund der Einheitlichkeit des Rahmenvertrags und aller
  163. Einzelabschlüsse sowie der Schadensberechnung sei der Anspruch der Kläge-
  164. -8-
  165. rin erst mit dem Abschluss (Unterzeichnung) des letzten Swaps im Jahr 2011
  166. entstanden. Der Rahmenvertrag habe alle Einzelgeschäfte zu einer Vertragseinheit verklammert.
  167. 15
  168. Die Widerklage sei (nur) in Höhe von 448.397,01 € begründet. Die Klägerin habe Zinsersparnisse durch die weiteren in die Saldierung einzubeziehenden Swapgeschäfte in Höhe von 708.882,80 € erwirtschaftet. Davon abzuziehen seien von der Klägerin auf die drei streitgegenständlichen Zinssatz-SwapVerträge geleistete Zahlungen in Höhe von 260.485,79 €. Damit sei die Klägerin
  169. in Höhe von 448.397,01 € mit dem Einwand abgeschnitten, die Beklagte müsse
  170. sie aus ihrer vertraglichen Verpflichtung entlassen.
  171. II.
  172. 16
  173. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden
  174. Punkten nicht stand.
  175. 17
  176. 1. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht angenommen, eine erhebliche Schädigung der Klägerin wegen einer unzureichenden Information über
  177. den anfänglichen negativen Marktwert der Swap-Verträge könne hier aus der
  178. Verletzung von Pflichten aus einem vor Abschluss des Rahmenvertrags vom
  179. 26. Juli 2000 geschlossenen Beratungsvertrag oder aus dem Rahmenvertrag
  180. resultieren. Das trifft nicht zu. Insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen in seinem Urteil vom 28. April 2015 (XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117
  181. Rn. 21 ff.).
  182. 18
  183. 2. Das Berufungsgericht hat weiter unrichtig angenommen, eine unzureichende Unterrichtung über den anfänglichen negativen Marktwert der SwapVerträge stelle einen Verstoß gegen das Gebot der objektgerechten Beratung
  184. -9-
  185. dar. Das Vorhandensein eines anfänglichen negativen Marktwerts eines SwapVertrags ist kein Umstand, über den die beratende Bank ihren Kunden im Rahmen der objektgerechten Beratung informieren müsste (näher Senatsurteile
  186. vom 28. April 2015 - XI ZR 278/13, BGHZ 205, 117 Rn. 30 ff. und vom
  187. 20. Januar 2015 - XI ZR 316/13, WM 2015, 575 Rn. 33 ff.). Die Verpflichtung,
  188. bei Swap-Verträgen im Zweipersonenverhältnis anlässlich einer vertraglich geschuldeten Beratung das Einpreisen einer Bruttomarge zu offenbaren, folgt
  189. vielmehr aus dem Gesichtspunkt eines schwerwiegenden Interessenkonflikts
  190. (Senatsurteile vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 31 ff., vom
  191. 28. April 2015 aaO Rn. 33 ff., vom 20. Januar 2015 aaO Rn. 31 und vom
  192. 22. März 2016 - XI ZR 425/14, WM 2016, 821 Rn. 24). Diese Verpflichtung
  193. schließt - wie vom Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt und entsprechend den sonst vom Senat entschiedenen Fällen einer Aufklärungspflicht
  194. unter dem Gesichtspunkt eines schwerwiegenden Interessenkonflikts - die Verpflichtung zur Information über die Höhe der eingepreisten Bruttomarge ein
  195. (Senatsurteil vom 28. April 2015 aaO Rn. 41).
  196. 19
  197. 3. Das Berufungsgericht hat außerdem die Anforderungen an die Erheblichkeit des Vortrags der Beklagten zur Widerlegung der Kausalitätsvermutung
  198. überspannt. Dem Vorbringen der Beklagten war die Behauptung zu entnehmen,
  199. die verantwortlich Handelnden der Klägerin, nämlich ihr früherer Bürgermeister
  200. und drei weitere ihrer Mitarbeiter, hätten die Swap-Verträge auch in Kenntnis
  201. von Grund und Höhe des von der Beklagten eingepreisten anfänglichen negativen Marktwerts abgeschlossen. Damit hat die Beklagte die entscheidungserhebliche Tatsache - Fehlen der haftungsbegründenden Kausalität zwischen
  202. Pflichtverletzung und Schaden - unmittelbar selbst zum Gegenstand des Beweisantrags gemacht. Stellte sich der Sachvortrag in der Beweisaufnahme als
  203. richtig heraus, stünde die fehlende Kausalität der Pflichtverletzung fest. Weitere
  204. Einzelheiten oder Erläuterungen sind zur Substantiierung des Beweisantrags
  205. - 10 -
  206. grundsätzlich nicht erforderlich (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10,
  207. BGHZ 193, 159 Rn. 39).
  208. 20
  209. Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, es könne bei der Prüfung der Frage, ob die "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" widerlegt
  210. sei, nicht schlechthin auf die Willensbildung einzelner Personen und deren subjektive Kenntnisse, Erfahrungen und Wertungen ankommen, geht es von einem
  211. unzutreffenden rechtlichen Maßstab aus. Es kommt nach § 166 Abs. 1 BGB
  212. nicht darauf an, ob "Gremien" und "hierarchisch strukturierte Entscheidungsträger" der Klägerin die Zinssatz-Swap-Verträge auch dann geschlossen hätten,
  213. wenn sie Kenntnis von Grund und Höhe des anfänglichen negativen Marktwerts
  214. gehabt hätten. Vielmehr hätte das Berufungsgericht auf den Entschluss der für
  215. die Klägerin bei Abschluss der Swap-Verträge handelnden Vertreter abstellen
  216. müssen.
  217. 21
  218. 4. Nicht frei von Rechtsfehlern ist schließlich die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte könne der Klägerin betreffend die Swap-Verträge
  219. vom 25. Februar 2008 und vom 5. September 2008 nicht entgegenhalten, das
  220. Schadensersatzbegehren der Klägerin sei gemäß § 37a WpHG a.F. i.V.m. § 43
  221. WpHG verjährt, weil der Klägerin ein einheitlicher Schadensersatzanspruch zustehe, der erst mit Abschluss des letzten, auf dem Rahmenvertrag vom
  222. 15. März 1999 gründenden Swap-Vertrags habe anlaufen können. Auch insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen in seinem Urteil vom 28. April
  223. 2015 (XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 45 ff.). Auf den Swap-Vertrag vom
  224. 25. Mai 2010 ist § 37a WpHG a.F. zeitlich nicht mehr anwendbar. Außerdem
  225. hat das Berufungsgericht für ihn die rechtzeitige Hemmung der Verjährung nach
  226. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO festgestellt.
  227. - 11 -
  228. III.
  229. 22
  230. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Insbesondere sind die von den Parteien geschlossenen Swap-Verträge nicht nichtig (Senatsurteile vom 28. April
  231. 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 56 ff. und vom 22. März 2016
  232. - XI ZR 425/14, WM 2016, 821 Rn. 51).
  233. IV.
  234. 23
  235. Das angefochtene Urteil ist mithin aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der
  236. Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
  237. 24
  238. 1. Gemäß den Grundsätzen, die der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteilen vom 22. März 2016 (XI ZR 425/14, WM 2016, 821 Rn. 26 ff.)
  239. und vom 12. Juli 2016 (XI ZR 150/15, Umdruck Rn. 25) aufgestellt hat, sind die
  240. Swap-Verträge nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts und
  241. dem Vortrag der Beklagten nicht konnex mit einem Darlehen verknüpft gewesen, so dass eine Pflicht zur Belehrung über das Einpreisen eines anfänglichen
  242. negativen Marktwerts bestanden hat.
  243. 25
  244. 2. Entgegen der Rechtsauffassung der Revision kommt ein das Verschulden ausschließender unvermeidbarer Rechtsirrtum der Beklagten nicht in
  245. Betracht (Senatsurteile vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 39
  246. und vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 73).
  247. 26
  248. 3. Der Senat kann auch nicht dahin erkennen, die Beklagte könne sich
  249. erfolgreich auf die Einrede der Verjährung berufen. Zwar steht fest, dass ein
  250. Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB,
  251. soweit er die Swap-Verträge vom 25. Februar 2008 und vom 5. September
  252. - 12 -
  253. 2008 betrifft und auf eine fahrlässige Falschberatung der Beklagten gestützt
  254. wird, gemäß § 37a WpHG a.F. verjährt ist. Die Verjährungsfrist lief mit Abschluss der jeweiligen Verträge an und drei Jahre später ab, ohne dass sie vorher gehemmt worden wäre. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - aber keine Feststellungen zu der von der Klägerin
  255. behaupteten Vorsatzhaftung getroffen, die ihrerseits nicht unter § 37a WpHG
  256. a.F. fällt. Damit kann der Senat zur Verjährung nicht durchentscheiden (vgl. Senatsurteile vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 73 und vom
  257. 22. März 2016 - XI ZR 425/14, WM 2016, 821 Rn. 52).
  258. 27
  259. 4. Das Berufungsgericht hat weiter - von seinem Rechtsstandpunkt aus
  260. wiederum konsequent - keine Feststellungen zu sonstigen Beratungspflichtverletzungen der Beklagten getroffen, bei denen die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1
  261. Satz 2 BGB die Vermutung vorsätzlichen Handelns widerlegen müsste. Von der
  262. Verjährung eines Anspruchs unter dem Gesichtspunkt eines Verschweigens
  263. des schwerwiegenden Interessenkonflikts abgesehen kommen deshalb auch
  264. unverjährte Ansprüche aufgrund sonstiger Beratungsfehler in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 74).
  265. V.
  266. 28
  267. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
  268. 29
  269. Sollte das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten nach Maßgabe
  270. der oben dargestellten Grundsätze für unbegründet erachten, wird es zugleich
  271. die Entscheidungsformel des Landgerichts klarzustellen haben. Die Klägerin hat
  272. neben ihrer Zahlungsklage eine negative Feststellungsklage erhoben. Entsprechend hätte das Landgericht - die teilweise Begründetheit der Klage unterstellt auf (negative) Feststellung und nicht auf "Freistellung" erkennen müssen
  273. - 13 -
  274. (vgl. Senatsbeschlüsse vom 22. Januar 2013 - XI ZR 471/11, NJW-RR 2013,
  275. 948 Rn. 13 und - XI ZR 472/11, juris Rn. 13; BGH, Urteil vom 22. Oktober 2015
  276. - III ZR 265/14, juris Rn. 33). Da das Landgericht der Beklagten auf die Zahlungswiderklage rechtskräftig 448.397,01 € zuerkannt hat, die Leistungen auf
  277. die CHF-Plus-Swap-Verträge vom 5. September 2008 und 25. Mai 2010 betreffen, kann die Feststellung im der Klägerin günstigsten Falle nur dahin lauten, es
  278. werde festgestellt, dass sie der Beklagten aus dem CHF-Plus-Swap-Vertrag
  279. vom 5. September 2008 nicht mehr als 261.587,25 € und aus dem CHF-PlusSwap-Vertrag vom 25. Mai 2010 nicht mehr als 186.809,76 € schulde, was in
  280. - 14 -
  281. seiner Gänze dem mit der Widerklage zuerkannten Betrag entspricht. Im Übrigen ist der Zusatz "soweit nicht diesen Zahlungen anzurechnende Vorteile gegenüberstehen" - anders als der Antrag der Klägerin - nicht hinreichend bestimmt. Sollte das Berufungsgericht nach Maßgabe der Vorgaben des Senatsurteils vom 22. März 2016 (XI ZR 425/14, WM 2016, 821 Rn. 40 ff.) anrechenbare Vorteile ermitteln, wird es diese Vorteile zu beziffern und einer konkreten
  282. Vertragsbeziehung der Parteien zuzuordnen haben.
  283. Ellenberger
  284. Maihold
  285. Menges
  286. Matthias
  287. Dauber
  288. Vorinstanzen:
  289. LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.03.2013 - 8 O 363/11 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.06.2014 - I-14 U 91/13 -