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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 278/06
  5. Verkündet am:
  6. 8. Mai 2007
  7. Herrwerth,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. _____________________
  18. BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1, § 398
  19. ZPO §§ 253, 829, 835
  20. Der Streitgegenstand ändert sich nicht, wenn der Kläger seine Aktivlegitimation zunächst aus einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und
  21. später aus einer Abtretung der Klageforderung herleitet (im Anschluss an
  22. BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066).
  23. BGH, Urteil vom 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06 - OLG Stuttgart
  24. LG Stuttgart
  25. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
  26. Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, die Richterin Mayen und den Richter
  27. Dr. Grüneberg
  28. für Recht erkannt:
  29. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des
  30. 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom
  31. 13. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
  32. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens, mit Ausnahme der durch die Nebenintervention
  33. verursachten Kosten, die die Streithelferin der Beklagten trägt.
  34. Von Rechts wegen
  35. Tatbestand:
  36. Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem und ge-
  37. 1
  38. pfändetem Recht als Prozessbürgin in Anspruch.
  39. Die I.
  40. 2
  41. GmbH (im Folgenden: I.
  42. - inzwischen
  43. E.
  44. rechtskräftiges -
  45. Vorbehaltsurteil
  46. des
  47. ) wurde durch
  48. Landgerichts
  49. vom 23. Dezember 1998 verurteilt, 90.943 DM nebst Zinsen
  50. -3-
  51. an die IM.
  52. GmbH (im Folgenden: IM.
  53. zu zahlen. Der I.
  54. )
  55. wurde nachgelassen, die Vollstreckung aus dem für
  56. vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe
  57. von 105.000 DM abzuwenden. Nach dem Beschluss des Landgerichts
  58. E.
  59. vom 28. Januar 1999 konnte die Sicherheitsleistung auch
  60. durch eine Bankbürgschaft erbracht werden.
  61. Am 29. Juli 1999 verbürgte sich die Beklagte gegenüber der IM.
  62. 3
  63. für die von der I.
  64. Die IM.
  65. zu leistende Sicherheit in Höhe von 52.600,95 DM.
  66. trat der Klägerin am 10. September 1999 ihre Forderungen
  67. aus dem Rechtsstreit gegen die I.
  68. und aus der Bürgschaft siche-
  69. rungshalber ab. Am selben Tag erklärte sie in einem notariell beurkundeten Schuldanerkenntnis, der Klägerin 260.000 DM zu schulden, und unterwarf sich der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen mangels Masse abgelehnt worden war, wurde die IM.
  70. im Jahre
  71. 2002 im Handelsregister gelöscht. Durch Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11. und 17. Februar 2003 wurden die Forderungen der
  72. IM.
  73. gegen die I.
  74. und gegen die Beklagte gepfändet und der Kläge-
  75. rin zur Einziehung überwiesen.
  76. 4
  77. Die Klage auf Zahlung von 26.894,44 € (= 52.600,95 DM) nebst
  78. Zinsen hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht
  79. zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
  80. -4-
  81. Entscheidungsgründe:
  82. 5
  83. Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
  84. I.
  85. 6
  86. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
  87. Wesentlichen ausgeführt:
  88. 7
  89. Die Klägerin sei aufgrund der Abtretung vom 10. September 1999
  90. aktivlegitimiert. Außerdem habe sie, auch wenn sie als Zessionarin bereits materielle Rechtsinhaberin gewesen sei, die Forderung der IM.
  91. pfänden können, um Inhaberin der formell titulierten Rechtsposition zu
  92. werden. Die Pfändungen seien nicht aus formellen Gründen nichtig. Die
  93. gepfändete Forderung sei in dem Beschluss vom 11. Februar 2003 ausreichend genau bezeichnet. Dass die IM.
  94. als Vollstreckungsschuldne-
  95. rin bereits seit dem Jahre 2002 im Handelsregister gelöscht gewesen
  96. sei, stehe der Wirksamkeit der Pfändung nicht entgegen.
  97. 8
  98. Die Klageforderung sei nicht verjährt. Ein Anspruch aus einer Prozessbürgschaft verjähre wie die titulierte Hauptforderung in 30 Jahren.
  99. Aus § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO ergebe sich eine Gleichwertigkeit von
  100. Bürgschaft und Hinterlegung. Der Anspruch auf Herausgabe hinterlegter
  101. Gegenstände erlösche gemäß § 21 Abs. 1 HinterlO grundsätzlich nach
  102. 30 Jahren.
  103. -5-
  104. Auch bei Zugrundelegung einer nur dreijährigen Verjährungsfrist
  105. 9
  106. sei keine Verjährung eingetreten. Die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1
  107. EGBGB bis zum 31. Dezember 2004 laufende Verjährungsfrist sei durch
  108. die Zustellung der Klage am 15. Dezember 2004 gehemmt worden. Dies
  109. gelte nicht nur, wenn die Klägerin die Bürgschaftsforderung durch die
  110. Pfändung erworben habe, auf die die Klage von Anfang an gestützt worden sei, sondern auch bei einem Erwerb durch die Abtretung, auf die die
  111. Klägerin sich erstmals im Schriftsatz vom 1. Juni 2005 bezogen habe.
  112. Streitgegenstand sei immer die Bürgschaftsforderung gewesen, die die
  113. Klägerin aus fremdem Recht geltend gemacht habe. Ob die Klägerin
  114. durch Abtretung oder durch Pfändung Rechtsinhaberin geworden sei,
  115. habe auf den Streitgegenstand der Bürgschaftsklage keinen Einfluss.
  116. II.
  117. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis
  118. 10
  119. stand.
  120. 11
  121. 1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei und von der Revision
  122. unangegriffen festgestellt, dass die Klägerin aufgrund der Abtretung vom
  123. 10. September 1999 Inhaberin der Forderung gemäß § 765 Abs. 1 BGB
  124. gegen die Beklagte in Höhe der Klagesumme geworden ist. Deshalb
  125. braucht nicht entschieden zu werden, ob die Klägerin auch aufgrund der
  126. Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11. und 17. Februar 2003
  127. aktivlegitimiert ist, d.h. ob die Klägerin die Forderung, deren Inhaberin
  128. sie bereits durch die Abtretung geworden war, noch wirksam pfänden
  129. und sich zur Einziehung überweisen lassen konnte (bejahend: OLG Köln
  130. -6-
  131. WM 1978, 383, 385; Stein/Jonas/Brehm, ZPO 22. Aufl. § 829 Rdn. 21,
  132. 67; Musielak/Becker, ZPO 5. Aufl. § 829 Rdn. 8; Thomas/Putzo, ZPO
  133. 27. Aufl. § 829 Rdn. 11; HK-ZPO/Kemper, § 829 Rdn. 9; vgl. auch
  134. RGZ 86, 135, 137; verneinend: Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht 10. Aufl. § 54 S. 636; Schuschke/Walker, Vollstreckung
  135. und vorläufiger Rechtsschutz 2. Aufl. § 829 Rdn. 18).
  136. 12
  137. 2. Auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klageforderung
  138. sei nicht verjährt, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
  139. 13
  140. a) Dies gilt auch dann, wenn für den Anspruch aus der Prozessbürgschaft vom 29. Juli 1999 die kürzeste in Betracht kommende, nämlich die dreijährige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB,
  141. Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt, die nach der rechtsfehlerfreien
  142. und von der Revision unangegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts am 31. Dezember 2004 endete. Deshalb kann dahinstehen, ob
  143. aufgrund einer längeren Verjährungsfrist, eines späteren Fristbeginns,
  144. etwa erst mit der Inanspruchnahme des Bürgen, oder einer Ablaufhemmung, z.B. bis zur Verjährung der Hauptschuld (vgl. Palandt/Sprau, BGB
  145. 66. Aufl. § 765 Rdn. 26 m.w.Nachw.), von einem späteren Ende der Verjährungsfrist auszugehen ist.
  146. 14
  147. b) Die Verjährungsfrist ist durch die Zustellung der Klageschrift am
  148. 15. Dezember 2004 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden.
  149. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass die Aktivlegitimation in der
  150. Klageschrift nur mit den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen vom
  151. 11. und 17. Februar 2003 begründet und erst nach Ablauf der Verjäh-
  152. -7-
  153. rungsfrist in einem Schriftsatz vom 1. Juni 2005 auf die Abtretung vom
  154. 10. September 1999 gestützt worden ist.
  155. 15
  156. Die Erhebung der Klage hemmt die Verjährung nur für Ansprüche
  157. in der Gestalt und in dem Umfang, wie sie mit der Klage geltend gemacht
  158. werden, also nur für den streitgegenständlichen prozessualen Anspruch
  159. (BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005
  160. m.w.Nachw.). Hingegen erstreckt sich die Verjährungshemmung nicht
  161. auf
  162. Ansprüche,
  163. die
  164. nicht
  165. Gegenstand
  166. der
  167. Klageerhebung
  168. waren
  169. (vgl. BGHZ 104, 268, 271 ff.; BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR
  170. 101/98, WM 1999, 1065, 1066). Der auf die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse und der auf die Abtretung gestützte Anspruch ist entgegen der Auffassung der Revision derselbe prozessuale Anspruch.
  171. 16
  172. aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wird
  173. mit der Klage nicht ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch geltend
  174. gemacht. Gegenstand des Rechtsstreits ist vielmehr der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgebehauptung aufgefasste eigenständige
  175. prozessuale Anspruch. Dieser wird bestimmt durch den Klageantrag, in
  176. dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger
  177. die begehrte Rechtsfolge herleitet. In diesem Sinn geht der Klagegrund
  178. über die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale einer Rechtsgrundlage ausfüllen, hinaus. Zu ihm sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur
  179. Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur
  180. Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht zu unterbreiten hat
  181. -8-
  182. (BGHZ 117, 1, 5 f.; BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 265/98,
  183. NJW 1999, 3126, 3127 m.w.Nachw.).
  184. 17
  185. Nach diesen Grundsätzen liegt im Übergang von einem Anspruch
  186. aus eigenem Recht zu einem solchen aus abgetretenem Recht wegen
  187. der Änderung des dazu vorgetragenen Lebenssachverhalts grundsätzlich
  188. ein Wechsel des Streitgegenstandes im Sinne einer Klageänderung gemäß § 263 ZPO (BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04,
  189. NJW 2005, 2004, 2005). Hingegen ändert sich der Streitgegenstand
  190. nicht, wenn bei einer stillen Sicherungszession der Zedent die abgetretene Forderung zunächst aufgrund der ihm eingeräumten Einziehungsermächtigung geltend macht und später aufgrund einer Rückabtretung
  191. des Sicherungsnehmers weiterverfolgt. Dasselbe gilt für eine Umstellung
  192. des Klageantrages auf Zahlung an den Sicherungsnehmer nach Offenlegung der Sicherungsabtretung. Bei einer stillen Zession macht der Zedent nämlich aufgrund der Einziehungsermächtigung, auch wenn er Zahlung an sich verlangt, grundsätzlich die an den Sicherungsnehmer abgetretene Forderung geltend (BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR
  193. 101/98, WM 1999, 1065, 1066).
  194. 18
  195. bb) Gemessen hieran hat sich der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht dadurch geändert, dass die Klägerin den Anspruch
  196. gegen die Beklagte gemäß § 765 Abs. 1 BGB aufgrund der Prozessbürgschaft vom 29. Juli 1999 zunächst auf die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11. und 17. Februar 2003 und später auf die Abtretung vom 10. September 1999 gestützt hat. Die Klägerin hat, wie das
  197. Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, unabhängig von der Begründung ihrer Aktivlegitimation, immer die in der Person der IM.
  198. entstan-
  199. -9-
  200. dene Bürgschaftsforderung gegen die Beklagte geltend gemacht. Die
  201. Revision wendet hiergegen ohne Erfolg ein, die Klägerin sei aufgrund der
  202. Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse aus fremdem Recht, aufgrund
  203. der Abtretung hingegen aus eigenem Recht vorgegangen. Die Überweisung einer Forderung zur Einziehung bewirkt zwar keinen Forderungsübergang (BGHZ 114, 138, 141) und steht deshalb einer Forderungsabtretung nicht gleich (Stöber, Forderungspfändung 14. Aufl. Rdn. 589).
  204. Sie verschafft dem Vollstreckungsgläubiger aber ein eigenes Einziehungsrecht und ermächtigt ihn, die Forderung in eigenem Namen einzuziehen (BGH, Urteil vom 8. Oktober 1981 - VII ZR 319/80, WM 1981,
  205. 1338). Deshalb tritt - ebenso wie bei Geltendmachung einer abgetretenen Forderung aufgrund einer rechtsgeschäftlich erteilten Einziehungsermächtigung und später aufgrund einer Rückabtretung (BGH, Urteil vom
  206. 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066) - keine Änderung
  207. des Streitgegenstandes ein, wenn - wie hier - eine Forderung zunächst
  208. aufgrund des durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlangten Einziehungsrechts und später aufgrund einer Abtretung geltend
  209. gemacht wird. Der zeitliche Abstand zwischen der Abtretung und dem
  210. Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist entgegen der Auffassung der
  211. Revision für die Bestimmung des Streitgegenstandes unerheblich (vgl.
  212. BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065).
  213. - 10 -
  214. III.
  215. 19
  216. Die Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.
  217. Nobbe
  218. Müller
  219. Mayen
  220. Joeres
  221. Grüneberg
  222. Vorinstanzen:
  223. LG Stuttgart, Entscheidung vom 26.10.2005 - 21 O 530/04 OLG Stuttgart, Entscheidung vom 13.07.2006 - 13 U 226/05 -