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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. X ZR 29/07
  5. Verkündet am:
  6. 13. April 2010
  7. Anderer
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in der Patentnichtigkeitssache
  12. -2-
  13. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Scharen und die
  14. Richter Gröning, Dr. Berger, Dr. Grabinski und Hoffmann
  15. für Recht erkannt:
  16. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 30. November 2006
  17. verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert.
  18. Das deutsche Patent 42 03 820 wird im Umfang seiner Patentansprüche 1 und 2 für nichtig erklärt.
  19. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
  20. Von Rechts wegen
  21. Tatbestand:
  22. 1
  23. Die Beklagten sind Inhaber des am 10. Februar 1992 angemeldeten
  24. deutschen Patents 42 03 820 (Streitpatents). Das Streitpatent betrifft eine fahrbare Betonpumpe und umfasst vier Patentansprüche. Die mit der Nichtigkeitsklage allein angegriffenen Patentansprüche 1 und 2 lauten wie folgt:
  25. "1. Fahrbare Betonpumpe mit einem Fahrgestell (2), einem Mastbock (3) zur schwenkbaren Lagerung eines Pumpenmastes
  26. (4) und mit hinteren und vorderen seitlich ausschwenkbaren
  27. und teleskopierbaren Stützbeinen (6, 5) zum Abstützen der
  28. Betonpumpe (1) in Arbeitsstellung, wobei die hinteren Stützbeine (6) mit ihren Schwenklagern (8), bezogen auf die Fahrt-
  29. -3-
  30. richtung (F), etwa in Fahrgestellmitte angelenkt sind und sich
  31. in Fahrtstellung der Betonpumpe (Fig. 1) von den Schwenklagern (8) in Fahrtrichtung (F) nach hinten erstrecken, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , d a s s die Schwenklager
  32. (7) der vorderen Stützbeine (5) in unmittelbarer Nähe der
  33. Schwenklager (8) für die hinteren Stützbeine (6) angeordnet
  34. sind, und dass sich die vorderen Stützbeine (5) in Fahrtstellung von den Schwenklagern (7) aus in Fahrtrichtung (F) nach
  35. vorne und im Wesentlichen parallel zur Fahrtrichtung (F)
  36. erstrecken.
  37. 2. Fahrbare Betonpumpe nach Anspruch 1, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , d a s s die Schwenklager (7, 8) der
  38. vorderen und der hinteren Stützbeine (5, 6) an einem gemeinsamen, sich quer zur Fahrtrichtung (F) erstreckenden Querträger (9) befestigt sind, an dem auch der Mastbock (3) befestigt ist."
  39. 2
  40. Wegen der nachgeordneten Patentansprüche 3 und 4 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
  41. 3
  42. Die wegen Verletzung des Streitpatents gerichtlich in Anspruch genommene Klägerin hat beantragt, das Streitpatent im Umfang seiner Patentansprüche 1 und 2 für nichtig zu erklären. Sie hat hierzu geltend gemacht, dass das
  43. Streitpatent gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig sei, weil dessen Gegenstand nicht neu sei, jedenfalls aber nicht auf erfinderischer Tätigkeit
  44. beruhe. Hierzu hat die Klägerin insbesondere die beiden jeweils bereits im Erteilungsverfahren für die Beurteilung der Patentfähigkeit herangezogenen deutschen Offenlegungsschriften 31 24 029 (Anlage 3) und 38 30 315 (Anlage 4)
  45. sowie die in der Beschreibung des Streitpatents gewürdigte deutsche Offenlegungsschrift 41 35 653 (Anlage 14) und einen Prospekt der Firma Reich "Autobetonpumpen" (Anlage 13) angeführt; sie hat sich des Weiteren auf verschiedene veröffentlichte Druckschriften zu fahrbaren Autokränen berufen und insoweit dem Streitpatent u.a. die Patentschrift DD 117 663 (Anlage 7), die deutsche Offenlegungsschrift 2 322 383 (Anlage 9) und die deutsche Offenlegungsschrift 29 41 813 (Anlage W1) entgegengehalten.
  46. -4-
  47. Das Bundespatentgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet
  48. 4
  49. sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag auf
  50. Nichtigerklärung des Streitpatents im Umfang der Patenansprüche 1 und 2 weiterverfolgt. Sie bezieht sich hierzu ergänzend u.a. auf ein Prospekt des von
  51. dem italienischen Hersteller EuroGru Amici beworbenen fahrbaren Autokrans
  52. 650 UP.
  53. Die Beklagten treten dem Rechtsmittel entgegen, wobei sie das Streitpa-
  54. 5
  55. tent hilfsweise dahingehend verteidigen, dass am Ende des Patentanspruchs 1
  56. das weitere - aus dem erteilten Patentanspruch 3 übernommene - Merkmal hinzugefügt werden soll:
  57. " und dass die Schwenklager (7, 8) aller Stützbeine (5, 6) in Fahrt-
  58. 6
  59. richtung (F) hinter dem Mastbock (3) angeordnet sind."
  60. Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr.-Ing.
  61. 7
  62. K.
  63. G.
  64. ,
  65. , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen
  66. Verhandlung erläutert und ergänzt hat.
  67. Entscheidungsgründe:
  68. 8
  69. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
  70. 9
  71. I. 1. Das Streitpatent betrifft eine fahrbare Betonpumpe mit vorderen und
  72. hinteren seitlich ausschwenkbaren Stützbeinen zum Abstützen der Betonpumpe
  73. in Arbeitsstellung.
  74. -5-
  75. 10
  76. Der Streitpatentschrift zufolge ist im Stand der Technik aus der deutschen Offenlegungsschrift 31 24 029 (Anlage 3) eine solche Betonpumpe bekannt, bei der die Schwenklager der vorderen Stützbeine kurz hinter dem Fahrerhaus angelenkt sind und in Fahrtstellung der Betonpumpe in Fahrtrichtung
  77. nach hinten geschwenkt werden. Die hinteren Stützbeine sind im Abstand der
  78. Länge eines eingefahrenen vorderen Stützbeines hinter dem vorderen
  79. Schwenklager angelenkt. Die Streitpatentschrift führt zu dieser Anordnung der
  80. Stützbeine aus, dass sie sich zwar insoweit bewährt habe, als die Ausschwenkbarkeit der Stützbeine zusammen mit deren Teleskopierbarkeit einen ausreichenden Abstand der Abstützpunkte zum Mastbock ermögliche. Allerdings
  81. müsse zum Ausschwenken der vorderen Stützbeine ausreichend seitlicher Freiraum zur Verfügung stehen, da sie von hinten nach vorne geschwenkt werden
  82. müssten. Daran bemängelt die Beschreibung des Streitpatents, dass derartige
  83. Betonpumpen auf kleineren Baustellen häufig nicht einsetzbar seien, da zu wenig Platz zum Ausschwenken der vorderen Stützbeine zur Verfügung stehe.
  84. Darüber hinaus sei aus der deutschen Offenlegungsschrift 38 30 315 (Anlage 4)
  85. eine Betonpumpe bekannt, bei der die vorderen Stützbeine in Kreuzanordnung
  86. diagonal angeordnet seien, wobei auf eine Schwenkbarkeit der vorderen teleskopierbaren Stützbeine verzichtet werde. An dieser Lösung kritisiert das Streitpatent, dass die maximal erzielbare Länge der Stützbeine begrenzt sei und sich
  87. nur die Länge der vorderen Stützbeine, nicht jedoch deren Anordnung in Bezug
  88. auf die Betonpumpe variieren lasse.
  89. 11
  90. 2. Diesen Nachteilen soll durch die Lehre des Streitpatents abgeholfen
  91. werden und eine Betonpumpe nach der aus der deutschen Offenlegungsschrift
  92. 31 24 029 (Anlage 3) bekannten gattungsbildenden Art (vgl. Streitpatentschrift
  93. Sp. 1, Z. 59) so verbessert werden, dass sie universeller einsetzbar sein und
  94. bei möglichst großer maximaler Ausfahrbarkeit der Stützbeine auch einen Einsatz auf Baustellen erlauben soll, bei denen nur ein geringer seitlicher Freiraum
  95. vorhanden ist.
  96. -6-
  97. 12
  98. Hierzu soll durch Patentanspruch 1 des Streitpatents in der mit dem
  99. Hauptantrag verteidigten Fassung eine fahrbare Betonpumpe mit folgenden
  100. Merkmalen zur Verfügung gestellt werden:
  101. a) Sie umfasst ein Fahrgestell, einen Mastbock zur schwenkbaren Lagerung eines Pumpenmastes und
  102. b) hintere und vordere seitlich ausschwenkbare und teleskopierbare Stützbeine zum Abstützen der Betonpumpe in Arbeitsstellung.
  103. c) Die hinteren Stützbeine sind mit ihren Schwenklagern bezogen auf die Fahrtrichtung etwa in Fahrgestellmitte angelenkt
  104. und
  105. d) erstrecken sich in Fahrtstellung der Betonpumpe von den
  106. Schwenklagern in Fahrtrichtung nach hinten.
  107. e) Die Schwenklager der vorderen Stützbeine sind in unmittelbarer Nähe der Schwenklager für die hinteren Stützbeine angeordnet,
  108. f)
  109. wobei sich die vorderen Stützbeine in Fahrtstellung von den
  110. Schwenklagern aus in Fahrtrichtung nach vorne und im Wesentlichen parallel zur Fahrtrichtung erstrecken.
  111. 13
  112. 3. a) Als Vorteil der erfinderischen Lösung mit der vorgeschlagenen Anordnung der vorderen Stützbeine, die nach den kennzeichnenden Merkmalen e
  113. und f für eine Arbeitsstellung der Betonpumpe nicht mehr über den seitlichen
  114. Scheitelpunkt hinaus geschwenkt werden müssen, sieht das Streitpatent an,
  115. dass ein Aufstellen der Betonpumpe auch in schmalen Einfahrten möglich sei;
  116. zudem bleibe die volle Ausfahrbarkeit der vorderen Stützbeine erhalten, so
  117. dass die Pumpe auch mit weit auskragenden Pumpenmasten einsetzbar sei. In
  118. diesem Zusammenhang haben die Beklagten zutreffend ausgeführt, dass der
  119. -7-
  120. Winkel, mit dem die vorderen Stützbeine in ihrer engsten Stellung am Fahrerhaus vorbeigeführt werden können, umso flacher ist, je weiter die Schwenklager
  121. für die vorderen Stützbeine in Richtung der Schwenklager für die hinteren
  122. Stützbeine verschoben werden. Danach bietet auch die Möglichkeit zur Verlängerung der Abstützbasis nach vorne, die sich bei Verlagerung der Schwenklager nach hinten durch den sich dann verringernden Anstellwinkel der vorderen
  123. Stützbeine zur Fahrzeuglängsachse ergibt, insbesondere bei beengten Baustellen, bei denen der Pumpenmast unmittelbar über das Fahrerhaus hinweg aufgerichtet wird, einen weiteren technischen Vorteil, wie auch der gerichtliche
  124. Sachverständige bestätigt hat.
  125. 14
  126. b) Merkmal e des Patentanspruchs 1 gibt vor, dass die Schwenklager der
  127. vorderen Stützbeine "in unmittelbarer Nähe" der Schwenklager für die hinteren
  128. Stützbeine angeordnet sein sollen. Das Patentgericht hat den Begriff "in unmittelbarer Nähe" dahin verstanden, dass die Schwenklager für die vorderen und
  129. die hinteren Stützbeine räumlich direkt nebeneinander liegen und sich keine
  130. weiteren Bauteile dazwischen befinden. Dieser Auslegung, für die allerdings
  131. zunächst der Wortsinn des Attributs "unmittelbar" spricht, das die Nähe der
  132. Schwenklager zueinander konkretisiert, ist nicht beizutreten. Einem solchen
  133. Verständnis des Begriffs "in unmittelbarer Nähe" steht insbesondere entgegen,
  134. dass die betreffenden Schwenklager 7 und 8 nach der in der Streitpatentschrift
  135. für die Anlenkung der Stützbeine einzig beschriebenen Ausführungsform, die
  136. durch Patentanspruch 2 geschützt wird und sich "gemäß einer bevorzugten
  137. Weiterbildung der Erfindung" ergeben soll (Sp. 2, Z. 22-26), in den diesbezüglichen Abbildungen nicht direkt nebeneinander liegend dargestellt werden. Zu
  138. diesem Ausführungsbeispiel ist der Figur 1 der Streitpatentschrift zu entnehmen, dass die beiden Schwenklager nicht unmittelbar mit dem Fahrgestell verbunden sind, sondern sich zwischen ihnen noch ein Querträger 9 befindet, an
  139. dem sie jeweils seitlich angeordnet sind. Hierzu gibt die Streitpatentbeschreibung an (Sp. 3, Z. 12-15), dass die beiden (dort als Schwenkachsen 7 und 8
  140. -8-
  141. bezeichneten) Schwenklager gemeinsam an dem Querträger 9 befestigt sind,
  142. der selbst mit dem Fahrgestell 2 verbunden ist. Dementsprechend ist auch in
  143. der schematischen Zeichnung in Figur 3 der Streitpatentschrift zu erkennen,
  144. dass die dort nur mit einem Halbkreis und dem Mittelpunkt ihrer Drehachsen
  145. skizzierten Schwenklager 7 und 8 sich nicht etwa an der schmalen Stirnseite
  146. des Querträgers direkt nebeneinander befinden, sondern in jenem Abstand
  147. auseinander liegen, der durch den Querträger 9 gebildet wird. Insoweit führt
  148. schon die durch Patentanspruch 2 erfasste Art der Befestigung der Schwenklager jeweils seitlich am Ende des Querträgers zu einer Relativierung des Begriffs
  149. der "Unmittelbarkeit", da sich in Gestalt des bei dieser Ausführungsform vorgeschlagenen Befestigungsmittels zwischen den Schwenklagern ein Bauteil befindet.
  150. 15
  151. Wegen des Abstands zwischen den Schwenklagern, der bei dieser einzig
  152. beschriebenen Ausführungsform durch den Querträger geschaffen und von seiner Breite bestimmt wird, kann der Begriff der "unmittelbaren Nähe" daher nur
  153. im funktional-technischen Sinne aus dem Gesamtinhalt der Streitpatentschrift
  154. und unter Berücksichtigung des durch das Patent zu lösenden Problems verstanden werden. Dabei ist zu sehen, dass die durch die Merkmale c und e erfasste Zuordnung der Schwenklager zueinander den für die vorderen Stützbeine zur Verfügung stehenden Raum bestimmt und ihre durch Merkmal f gekennzeichnete Ausrichtung in Fahrtstellung ermöglicht. Diese Ausrichtung und die
  155. hierdurch erzielbaren vorgenannten Vorteile gegenüber dem Stand der Technik,
  156. von dem sich die Streitpatentschrift in Bezug auf die gattungsbildende Vorrichtung nach der deutschen Offenlegungsschrift 31 24 029 (Anlage 3) abgrenzt,
  157. setzen technisch jedoch keine unmittelbare Nähe im Wortsinn eines direkten
  158. Nebeneinander, sondern nur eine nicht durch die Länge der vorderen Stützbeine bestimmte und damit geringe Entfernung der Schwenklager zueinander voraus. Dies bringt die Streitpatentbeschreibung auch selbst bei der Gegenüberstellung der mit der Erfindung verbundenen Vorteile und möglichen Nachteile
  159. -9-
  160. der nunmehr "näher aneinander liegenden" Schwenklager zum Ausdruck
  161. (Sp. 2, Z. 15-18). Über die durch Merkmal f erfasste Neuausrichtung der vorderen Stützbeine hinaus ist mit der Nähe der Schwenklager keine zusätzliche
  162. funktionale Qualität verbunden. Vielmehr könnte sich, wie der gerichtliche
  163. Sachverständige überzeugend dargelegt hat, eine weitest mögliche Zurückverlegung der vorderen Schwenklager etwa zur Verlängerung der vorderen Stützbeine als geradezu kontraproduktiv erweisen, da ein Teil der gewonnenen zusätzlichen Länge der Stützbeine wieder zur Überbrückung der Verschiebungsstrecke der Schwenklager verloren geht, die zum Ausschwenken der vorderen
  164. Stützen benötigte seitliche Fläche mit zunehmender Nähe der Schwenklager
  165. zunimmt und mit einer Verlängerung der Stützbeine deren Stabilität abnimmt.
  166. 16
  167. Soweit die Beklagten ausgeführt haben, dass mit dem Merkmal der "unmittelbaren Nähe" auch jene Positionierung des Mastbocks hinter dem Fahrerhaus in einem Zusammenhang stehe, wie sie von Patenanspruch 3 in der erteilten Fassung des Streitpatents erfasst ist und mit dem Hilfsantrag aufgegriffen
  168. wird, ist weder aus der Streitpatentschrift ersichtlich noch von den Beklagten
  169. nachvollziehbar dargelegt worden, weshalb die vorgenannte bei Betonpumpen
  170. dem Stand der Technik entsprechende Platzierung des Mastbocks erst durch
  171. die vorgeschlagene Anordnung der Schwenklager ermöglicht wird. Wie gerade
  172. die Offenlegungsschrift 31 24 029 (Anlage 3) in Figur 2 zeigt, findet sich für einen hinter dem Fahrerhaus angeordneten Mastbock auch bei einer dort ebenfalls erfolgenden Anlenkung der vorderen Stützbeine hinreichend Platz. Ein eigenständiger Offenbarungsgehalt mit einer zusätzlichen technischen Anweisung zur Lage der vorderen Schwenklager ist dem Begriff der Unmittelbarkeit
  173. einer Nähe im Merkmal e somit nicht beizumessen.
  174. 17
  175. c) Die vorgenannte Ausführungsform der erfindungsgemäßen fahrbaren
  176. Betonpumpe zeigen die in der Streitpatentschrift abgebildeten Figuren 1 und 3,
  177. die nachstehend verkleinert wiedergegeben werden; während die Betonpumpe
  178. - 10 -
  179. in Figur 1 in Seitenansicht mit angeschwenkten Stützbeinen dargestellt wird,
  180. bietet die schematische Zeichnung in Figur 3 eine Draufsicht auf die ausgeschwenkten Stützbeine einer Fahrzeughälfte.
  181. - 11 -
  182. 18
  183. II. Das Patentgericht hat den Gegenstand des Streitpatents für patentfähig erachtet und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
  184. 19
  185. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung habe nicht festgestellt
  186. werden können, dass die Lehre des Patentanspruchs 1 des Streitpatents sich
  187. für den Fachmann in nahe liegender Weise ohne erfinderisches Dazutun aus
  188. dem aufgezeigten Stand der Technik ergebe. Der Patentanspruch 1 gehe in
  189. seinem Oberbegriff von einer Betonpumpe aus, wie sie in der DE 31 24 029
  190. (Anlage 3) beschrieben sei. Bei dieser Betonpumpe befänden sich die
  191. Schwenklager der vorderen Stützbeine nicht in unmittelbarer Nähe der
  192. Schwenklager für die hinteren Stützbeine, darüber hinaus erstreckten sich auch
  193. die vorderen Stützbeine in Fahrtstellung von den Schwenklagern aus nicht in
  194. Fahrtrichtung nach vorne, sondern nach hinten. Somit seien in der gattungsbildenden DE 31 24 029 zumindest die Merkmale e und f nicht verwirklicht. Bei
  195. der Betonpumpe nach der DE 38 30 315 (Anlage 4) seien keine Schwenklager
  196. für die vorderen Stützbeine vorgesehen, die somit auch nicht in unmittelbarer
  197. Nähe der Schwenklager für die hinteren Stützbeine angeordnet seien. Darüber
  198. hinaus erstreckten sich die vorderen Stützbeine in Fahrtstellung nicht in Fahrtrichtung nach vorne, vielmehr verliefen sie schräg zur Fahrtrichtung. Somit fehlten auch dort zumindest die Merkmale e und f.
  199. 20
  200. Die Anlage 13 (Prospekt der Firma Reich "Autobetonpumpen") zeige eine Betonpumpe, bei der die vorderen und hinteren Stützbeine in der Fahrtstellung nach Art eines Klappmessers nebeneinander lägen. Auch dort befänden
  201. sich die beiden Schwenklager nicht in unmittelbarer Nähe zueinander und die
  202. Ausrichtung der Stützbeine in der Fahrtstellung sei derart, dass das hintere
  203. Stützbein nach vorne und das vordere Stützbein nach hinten zeige. Somit fehlten auch dort zumindest die Merkmale e und f.
  204. - 12 -
  205. 21
  206. Die vier Druckschriften DD 117 663 (Anlage 7), die DE-OS 2 322 383
  207. (Anlage 9), die DE-AS 1 231 867 (Anlage 10) und die DE 29 41 814 (Anlage W1) zeigten keine Betonpumpen, sondern befassten sich mit Krane. Darüber hinaus seien bei keinem der gezeigten Krane die Schwenklager der vorderen Stützbeine in unmittelbarer Nähe der Schwenklager für die hinteren Stützbeine angebracht. Vielmehr seien in der DD 117 663 die Schwenklager für die
  208. vorderen und hinteren Stützbeine entweder durch Laufräder voneinander getrennt (Fig. 1 und 3) oder an den entgegengesetzten Enden des Chassis angeordnet (Fig. 2 und 4). In der DE-OS 2 322 383 seien die Schwenklager für die
  209. vorderen und hinteren Stützbeine durch einen verbreitert ausgebildeten Teil des
  210. Fahrgestells voneinander getrennt. Weiterhin erstrecken sich die vorderen und
  211. hinteren Stützbeine beide in Fahrtrichtung nach vorne. Gleiches gelte für die
  212. DE-AS 1 231 867. In der DE 29 41 814 seien die Schwenklager für die vorderen
  213. und hinteren Stützbeine ebenfalls nicht in unmittelbarer Nähe zueinander angeordnet. Dort befände sich zwischen den Stützlagern vielmehr das die Schwenkeinrichtung für den Kranausleger tragende Gestell. Somit fehle bei all diesen
  214. Druckschriften - abgesehen von der Tatsache, dass es sich dort um Krane und
  215. nicht um Betonpumpen handele - zumindest das Merkmal e. Das Merkmal e,
  216. wonach die Schwenklager der vorderen Stützbeine in unmittelbarer Nähe der
  217. Schwenklager für die hinteren Stützbeine angeordnet seien, sei somit im gesamten aufgezeigten Stand der Technik ohne Vorbild.
  218. 22
  219. III. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Berufung nicht stand.
  220. 23
  221. Die Lehre des Streitpatents ist zwar in Übereinstimmung mit dem Patentgericht als neu anzusehen (§ 3 PatG), was auch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht mehr in Zweifel gezogen hat. Das Streitpatent beruht
  222. jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wie sie zur Begründung der
  223. Schutzfähigkeit erforderlich ist (§ 4 Satz 1 PatG).
  224. - 13 -
  225. 24
  226. 1. Nach dem Inhalt der mündlichen Verhandlung ist die Wertung zu treffen, dass ein Fachmann durchschnittlichen Könnens zum Zeitpunkt der Patentanmeldung imstande war, auf der Grundlage des vorbekannten Standes der
  227. Technik mit Hilfe seines allgemeinen Fachwissens zu der Lehre von Patentanspruch 1 des Streitpatents zu gelangen, ohne dass es hierfür erfinderischer
  228. Überlegungen bedurfte. Dabei ist im Streitfall als Fachmann nach den von den
  229. Parteien nicht in Frage gestellten Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen ein Fachhochschulingenieur mit guter praktischer Erfahrung anzusehen,
  230. der bei einem mittelständischen Baumaschinenhersteller beschäftigt ist und Anregungen zur Entwicklung von Neuerungen aus dem Tagesgeschäft wie etwa
  231. durch Erfahrungen aus der Baustellenpraxis mit dort auftretenden Einsatzproblemen und durch Beobachtungen auf Baumaschinenmessen erhält.
  232. 25
  233. 2. a) Den auf dem Gebiet des Streitpatents typischerweise tätigen Fachleuten stellte sich zum Zeitpunkt der Anmeldung des Streitpatents zwar nicht als
  234. allgemeines, regelmäßig auftretendes, aber jedenfalls als spezielles, fallweise
  235. zu bewältigendes Problem im Bauwesen die von der Streitpatentschrift dargestellte Schwierigkeit einer Verwendung gattungsgemäßer Betonpumpen auf
  236. engen Baustellen, nachdem in den 80er Jahren das Bauen im Bestand einen
  237. immer größeren Anteil im Hochbau erreichte, wodurch Einsätze auf Baustellen
  238. mit nur geringen Freiräumen zunahmen. Aufgrund dieser von dem gerichtlichen
  239. Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten geschilderten Entwicklung
  240. bestand in der Fachwelt Veranlassung, Überlegungen zu einer Verbesserung
  241. der Abstützkonstruktion insbesondere bei Großgeräten anzustellen, um ausreichend lange Abstützbasen auch bei seitlich begrenzten Raumverhältnissen zu
  242. erreichen. So bezog sich etwa schon die im März 1990 veröffentlichte und in
  243. der Streitpatenschrift gewürdigte deutsche Offenlegungsschrift 38 30 315 (Anlage 4) auf die betreffende Problematik. Darin wurde von dem BetonpumpenHersteller Putzmeister als Anmelder eine Lösung angeboten, bei der es Diagonalteleskopbeine ermöglichen sollten, "dass die Betonpumpe auch in engen
  244. - 14 -
  245. Baustellen aufgestellt werden kann, in denen Fahrzeuge mit vorderen
  246. Schwenkbeinen oder Teleskopschwenkbeinen keinen Platz mehr finden würden" (Sp. 1, Z. 11-14). Entsprechende Geräte wurden nach eigenem Vorbringen der Beklagten im Verhandlungstermin auch hergestellt. Auch die in der
  247. Streitpatentschrift ebenfalls erwähnte Lehre der deutschen Offenlegungsschrift
  248. 41 35 653 (Anlage 14), die im Oktober 1991 angemeldet wurde, greift das
  249. Platzproblem für fahrbare Betonpumpen bei Großbaustellen oder bei Gebäudesanierungen auf und bietet eine Lösung zur Verringerung des Platzbedarfs für
  250. das Positionieren der in dieser Offenlegungsschrift und in den weiteren Entgegenhaltungen zumeist als "Abstützarme" bezeichneten Stützvorrichtungen.
  251. 26
  252. b) Nach den Ausführungen des Sachverständigen kam für den Fachmann bei Überlegungen, wie bei gattungsgemäßen Betonpumpen der
  253. Schwenkradius der vorderen Stützbeine verringert werden könnte, deren mehrfaches Teleskopieren in Betracht. Eine solche Weiterentwicklung der Stützkonstruktion wäre allerdings teuer und technisch aufwendig etwa wegen des Erfordernisses, die Teleskopelemente regelmäßig zu schmieren. Denkbar wäre auch
  254. gewesen, sich von Chassislieferanten ein Chassis mit schmalerem Fahrerhaus
  255. zu beschaffen, umso den Schwenkkreis nach vorne zu erweitern. Das hätte
  256. aber Abstimmung mit dem Lieferanten erfordert und Abhängigkeit von diesem
  257. bedeutet. Das waren Gründe, weiter nach einer einheitlichen Lösung zu suchen, durch die sich sowohl der Schwenkradius der Stützbeine als auch der
  258. Winkel, mit dem sie in ihrer engsten Stellung am Fahrerhaus vorbeigeführt werden können, verringern lässt.
  259. 27
  260. c) Zu der Wertung, dass dem Fachmann bei seiner Suche nach einer
  261. solchen Verbesserungsmöglichkeit die Lehre zum technischen Handeln gemäß
  262. Patentanspruch 1 nahegelegt war, führt im Wesentlichen bereits der in der
  263. Streitpatentschrift selbst dargestellte Stand der Technik. Wie bereits dargelegt
  264. bezieht sich die Streitpatentschrift zur Beschreibung des Problems, um dessen
  265. - 15 -
  266. Lösung es bei der patentgemäßen technischen Lehre geht, in erster Linie auf
  267. die deutsche Offenlegungsschrift 31 24 029 (Anlage 3). Diese Patentschrift betrifft eine Vorrichtung zum Verstellen von Stützverlängerungen, insbesondere
  268. an Arbeitsmaschinen wie Betonpumpen oder dergleichen. Sie offenbart eine
  269. fahrbare Betonpumpe mit allen im Oberbegriff des Streitpatentanspruchs 1 angegebenen Merkmalen a bis d sowie außerdem das kennzeichnende Merkmal
  270. (Teil des Merkmals f), dass sich die vorderen Stützbeine in Fahrtstellung im
  271. Wesentlichen parallel zur Fahrtrichtung erstrecken. Nach der in dieser Entgegenhaltung abgebildeten Figur 2 waren dem Fachmann, der die Einsetzbarkeit
  272. von Betonpumpen bei beengten Raumverhältnissen zu verbessern suchte, die
  273. unterschiedlichen dort eingezeichneten Schwenkbögen geläufig, die sich für
  274. Stützbeine je nach Lage der Halterung von deren Schwenklagern jeweils ergeben. Er konnte aus dieser zeichnerischen Darstellung unmittelbar entnehmen,
  275. dass zum Ausfahren der Stützbeine aus der Fahrtstellung in die Arbeitsstellung
  276. die vorderen Stützbeine, die an die im vorderen Bereich des Fahrgestells gehalterten Schwenklager angelenkt sind, um einen großen Winkel von über 90° über den seitlichen Scheitelpunkt mit einem hierfür erforderlichen Freiraum geschwenkt werden müssen, dessen Breite der Länge des (eingefahrenen) vorderen Stützbeins entspricht; demgegenüber sind die hinteren Stützbeine, die an
  277. die etwa in Fahrgestellmitte angeordneten Schwenklager angelenkt sind, nur
  278. um einen in Fahrzeuglängsrichtung kleinen Anstellwinkel zu schwenken, um auf
  279. direktem Weg die für die Standsicherheit erforderliche Stützposition zu erreichen.
  280. 28
  281. In dieser für den hinteren Bereich vorgesehenen Anordnung der Stützbeine fand der Fachmann ein Vorbild für eine entsprechende Anlenkung auch
  282. der vorderen Stützbeine, zumal ihm die Anordnung der hinteren Stützbeine als
  283. konventionelle Art einer Abstützung nach hinten für Betonpumpen aus der weiteren Offenlegungsschrift 38 30 315 (Anlage 4) und aus dem Reich-Katalog
  284. "Autobetonpumpen" (Anlage 13, S. 7) bekannt war. Für den Fachmann, der den
  285. - 16 -
  286. als problematisch erkannten großen Schwenkbereich der vorderen Stützbeine
  287. vermeiden wollte, bot es sich an, die als vorteilhaft erkannte Schwenkbewegung
  288. der hinteren Stützbeine auf die vorderen zu übertragen. Hierfür hatte er die vorderen Schwenklager jeweils um die Länge des vorderen Stützbeins nach hinten
  289. zu versetzen und damit die vorderen Stützbeine ebenfalls etwa in Fahrgestellmitte anzulenken. Da der Abstand zwischen der Fahrerkabine und den
  290. Schwenklagern der hinteren Stützbeine nach Figur 2 der deutschen Offenlegungsschrift 31 24 029 (Anlage 3) nahezu der Länge eines vorderen Stützbeins
  291. entspricht, rücken die Schwenklager zwangsläufig in die Nähe der Schwenklager für die hinteren Stützbeine, wenn die vorderen Stützbeine in Fahrtstellung
  292. vom Schwenklager in Fahrtrichtung nach vorne gerichtet an das Fahrgestell
  293. geklappt werden sollen.
  294. 29
  295. d) Der Fachmann, der etwa bei seinem Besuch von Baumessen und
  296. Baustellen auch andere Baumaschinen im Blick hatte, wurde in seinen Überlegungen, bei fahrbaren Betonpumpen im mittleren Bereich ihres Fahrgestells
  297. nicht nur in herkömmlicher Weise die hinteren, sondern auch die vorderen
  298. Stützbeine dergestalt anzulenken, dass sie von dort spiegelbildlich wie die hinteren Stützbeine nur um einen in Fahrzeuglängsrichtung kleinen Anstellwinkel
  299. geschwenkt werden müssen, um auf direktem Weg die für die Standsicherheit
  300. erforderliche Stützposition zu erreichen, bestätigt durch eine entsprechende bei
  301. Mobilkrane bekannte Abstütztechnik.
  302. 30
  303. aa) Mobilkrane gehörten zum Stand der Technik, der für einen Fachmann interessant war, der sich mit der Entwicklung von Abstützvorrichtungen
  304. für fahrbare Betonpumpen befasste. Ihre Entwicklung betrifft wie die von Betonpumpen dasselbe Fachgebiet der Baumaschinentechnik, sie sind gleichen Betriebsumfeldbedingungen auf Baustellen ausgesetzt und benötigen dort gleichermaßen eine Abstützbasis, um hinreichende Kippstabilität bei auskragender
  305. Last zu erreichen. Wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend dargelegt
  306. - 17 -
  307. hat, stellt eine mobile Betonpumpe letztlich nichts anderes dar als eine Pumpeinrichtung mit einem Schlauch, welche auf einem Mobilkran angeordnet ist,
  308. dessen Ausleger nach Art, Position und Abstützung den besonderen Anforderungen einer Betonpumpe angepasst ist. Für mobile Betonpumpen zu entwickelnde Abstützvorrichtungen dienen mithin demselben Zweck und beheben
  309. entsprechende Probleme wie bei Mobilkrane. Demgemäß sind Mobilkrane bei
  310. mehreren im vorliegenden Verfahren entgegengehaltenen Patentveröffentlichungen zusammen mit Betonpumpen als Anwendungsbereich der behandelten Abstützvorrichtungen genannt oder zumindest durch Angabe der Fahrzeugart
  311. umfasst.
  312. Beispielsweise
  313. erläutert
  314. die
  315. deutsche
  316. Offenlegungsschrift
  317. 31 24 029 (Anlage 3) ausdrücklich, dass die dort offenbarte Lehre auch auf Mobilkrane anwendbar ist (S. 6, Abs. 5). Nach der auf den Erfinder des Streitpatents zurückgehenden deutschen Offenlegungsschrift 41 35 653 (Anlage 14)
  318. zählen neben mobilen Betonpumpen ebenfalls Kranfahrzeuge zu den Sonderfahrzeugen, auf die sich die dort offenbarte Abstützvorrichtung bezieht.
  319. 31
  320. Die Betrachtung von Abstützkonstruktionen bei Mobilkrane lag danach
  321. wegen der Verwandtschaft dieser Geräte, aus denen ursprünglich auch die Betonpumpen entwickelt wurden, für den Fachmann nahe. Da sie wegen der vom
  322. Ausleger aufzunehmenden höheren Lasten noch größeren Anforderungen an
  323. eine stabile Abstützung genügen müssen, regten Krane erst recht zum Blick auf
  324. ihre Gestaltung für eine Entwicklung von Neuerungen bei Betonpumpen an und
  325. ließen das als vorteilhaft erkannte Prinzip einer spiegelbildlichen Ausrichtung
  326. der vorderen an die hinteren Abstützbeine eine Reihe von Vorbildern mit entsprechender Geometrie und Bewegungsführung der Stützbeine finden.
  327. 32
  328. bb) Beispielsweise beschreibt die Patentschrift DD 117 663 (Anlage 7)
  329. u.a. eine Vorrichtung zum Festhalten von Hebezeugen, Fördermitteln, Fahrzeugen und ähnlichen Aggregaten und will mit der vorgeschlagenen Abstützvorrichtung die Kippsicherheit solcher Geräte auch in beengten Raumverhältnissen
  330. - 18 -
  331. oder schmalen Eingängen erhöhen. Die Entgegenhaltung zeigt mit Figur 3 ein
  332. Fahrgestell mit einem aufgebautem Montagekran und einem Auslegerbock zur
  333. schwenkbaren Lagerung eines Kranauslegers. Die seitlichen Abstützarme, die
  334. spiegelsymmetrisch angeordnet sind, werden für den Betrieb ausgeschwenkt
  335. und während der Fahrt an den Fahrzeugrahmen herangeklappt. In Fahrtstellung
  336. sind die vorderen Stützarme parallel zum Fahrgestell nach vorne und die hinteren Stützarme nach hinten ausgerichtet.
  337. Die deutsche Offenlegungsschrift 29 41 813 (Anlage W1) betrifft eine auf
  338. 33
  339. einem Transportfahrzeug angeordnete schwenkbare Kranauslegereinrichtung
  340. und zeigt eine Abstützeinrichtung, die aus einem tragenden Gestell und vier aus
  341. einer Transport- in eine Arbeitsstellung ausschwenkbaren Stützarmen bestehen, die im mittleren Bereich des Fahrgestells angelenkt sind. Den Figuren 1
  342. und 2 ist zu entnehmen, dass die vorderen Stützarme in Fahrtrichtung nach
  343. vorne und die hinteren Stützarme in Fahrtrichtung nach hinten ausgerichtet
  344. sind.
  345. 34
  346. Ein konkretes Vorbild für die vorgenannte Grundüberlegung der patentgemäßen Lehre bildete auch der veröffentlichte Prospekt für den Autokran
  347. "650 UP" des italienischen Herstellers EuroGru Amici ab. Bei diesem Gerät sind
  348. nach den Abbildungen in Anlage E5 die für den Betrieb ausgeschwenkten seitlichen Abstützarme spiegelsymmetrisch angeordnet und werden während der
  349. Fahrt an den Fahrzeugrahmen herangeklappt. In Fahrtstellung sind die vorderen Stützarme parallel zum Fahrgestell nach vorne und die hinteren Stützarme
  350. nach hinten ausgerichtet.
  351. 35
  352. cc) Die Beklagten machen gegenüber einer Berücksichtigung der Stützvorrichtungen bei Mobilkrane geltend, dass bei den im Streitfall entgegengehaltenen Konstruktionen der Mastbock für den Kranausleger jeweils zentral in dem
  353. durch die vier Schwenklager gebildeten Abstützviereck liegt und sich die
  354. - 19 -
  355. Schwenklager für die vorderen Stützbeine daher nicht in unmittelbarer Nähe der
  356. Schwenklager für die hinteren Stützbeine befinden. Dieser Einwand greift jedoch - auch ungeachtet der vom Senat vorgenommenen Auslegung des Begriffs der "unmittelbaren Nähe" - schon deshalb nicht durch, weil Ausgangspunkt
  357. einer Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit hier die von der Entgegenhaltung
  358. der deutschen Offenlegungsschrift 31 24 029 (Anlage 3) beschriebene Betonpumpe als nächstliegender Stand der Technik ist. Insoweit geht es bei den Mobilkrane betreffenden Entgegenhaltungen, die zur Feststellung des fachmännischen Verständnisses zum Anmeldezeitpunkt des Streitpatents nur ergänzend
  359. heranzuziehen sind, allein um das ihnen zu entnehmende Prinzip einer spiegelbildlichen Ausrichtung der vorderen an die hinteren Abstützarme. Es ist von den
  360. Beklagten nicht näher ausgeführt worden und nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auch sonst nicht ersichtlich, weshalb die Anordnung des
  361. Mastbocks im Abstützviereck den Fachmann von einer ihn in seinen Entwicklungsüberlegungen bestärkenden Betrachtung der bei den verwandten Baumaschinen vorzufindenden Abstützkonstruktion hätte abhalten sollen.
  362. 36
  363. e) Einer Entwicklung der streitpatentgemäßen - von der Streitpatentschrift selbst als "verblüffend einfach" bezeichneten (Sp. 2, Z. 4) - Lösung stand
  364. keine eingefahrene technische Fehlvorstellung entgegen, welche die Fachwelt
  365. von der Lehre des Streitpatents hätte ablenken können. Es ist nicht einmal behauptet worden, dass die Lehre aus der Sicht der Fachwelt entweder für technisch nicht ausführbar oder der mit ihr erzielte technische Erfolg für nicht erreichbar gehalten und dieser Irrtum durch die Erfindung widerlegt worden ist.
  366. Soweit die Streitpatentschrift vorgibt, dass "große Bedenken" von Fachleuten im
  367. Hinblick darauf bestünden, dass wegen der näher aneinander liegenden
  368. Schwenklager mit höheren Torsionskräften gerechnet werden müsse (Sp. 2,
  369. Z. 15-18), wird hiermit kein technisches Vorurteil dargelegt, sondern auf angebliche Nachteile hingewiesen, die lediglich unter Abwägung mit den zu erwartenden Vorteilen neu bewertet werden. Ohnehin sind allerdings - wie der gerichtli-
  370. - 20 -
  371. che Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend und ohne
  372. einen Widerspruch der Beklagten dargelegt hat - Torsionsprobleme und sonstige Nachteile für die Formstabilität der auf das Fahrgestell aufgesetzten Aufbaueinheit nicht mit eng beieinander liegenden Anlenkpunkten der Stützbeine verbunden, sondern sie können nur durch eine unzureichende Breite und Stärke
  373. des Trägers entstehen, in den die vom Pumpenmast und Mastbock ausgehenden Kräfte geleitet werden.
  374. 37
  375. 3. Der auf Patentanspruch 1 rückbezogene Unteranspruch 2 hat gleichfalls keinen Bestand; für einen eigenständigen erfinderischen Gehalt ist nichts
  376. ersichtlich und von den Beklagten auch nichts geltend gemacht. Für den Fachmann ist nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen klar, dass
  377. ein Lkw-Fahrgestell in üblicher Bauweise Querträger benötigt, um dessen Tragfähigkeit zu gewährleisten, und ein Kranausleger bzw. Betonpumpenmast einer
  378. steifen Unterstützungskonstruktion bedarf, welche die Kräfte aus der Arbeitsausrüstung aufnimmt und über eine Querverbindung auf beide Fahrgestellseiten und die dort befindlichen Abstützarme verteilt. So sind im Stand der Technik, wie etwa den deutschen Offenlegungsschriften 31 24 029 (Anlage 3,
  379. Fig. 2), 2 322 383 (Anlage 9, Fig. 2) und 29 41 813 (Anlage W1, Fig. 2) zu entnehmen ist, die gemeinsamen Stützbeine an einem Rahmen befestigt, der auch
  380. den Mastbock bzw. den Kranaufbau trägt. Statt eines gemeinsamen Rahmens
  381. einen Querträger vorzusehen, stellt danach lediglich eine zweckmäßige, im
  382. konstruktiven Ermessen des Fachmanns liegende Weiterbildung der Betonpumpe nach Patentanspruch 1 dar.
  383. 38
  384. IV. Die hilfsweise verteidigte Fassung des Streitpatents führt zu keiner
  385. abweichenden Beurteilung.
  386. 39
  387. Das von den Beklagten im Hilfsantrag zusätzlich aufgenommene Merkmal, dass die Schwenklager aller Stützbeine in Fahrtrichtung hinter dem Mast-
  388. - 21 -
  389. bock angeordnet sind, fügt dem erteilten Patentanspruch 1 nur ein konstruktives
  390. Detail hinzu, dem - auch nach eigenem Vorbringen der Beklagten - kein eigenständiger erfinderischer Gehalt zukommt. Wie bereits das Patentgericht zutreffend dargelegt hat, war es zum Anmeldezeitpunkt bei fahrbaren Betonpumpen
  391. üblich, den Mastbock hinter dem Fahrerhaus anzuordnen. Als Beispiele für den
  392. Stand der Technik zeigen eine solche Anordnung etwa die deutsche Offenlegungsschrift 38 30 315 (Anlage 4) in Figur 2 sowie der Prospekt der Firma
  393. Reich "Autobetonpumpen" (Anlage 13, S. 7).
  394. 40
  395. V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG i.V. mit
  396. § 91 ZPO.
  397. Scharen
  398. Gröning
  399. Grabinski
  400. Berger
  401. Hoffmann
  402. Vorinstanz:
  403. Bundespatentgericht, Entscheidung vom 30.11.2006 - 3 Ni 42/05 -