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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. X ZR 174/04
  5. Verkündet am:
  6. 6. Mai 2008
  7. Potsch
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in der Patentnichtigkeitssache
  12. -2-
  13. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
  14. Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck
  15. und Gröning
  16. für Recht erkannt:
  17. Auf die Berufung der Klägerin, die im Übrigen zurückgewiesen
  18. wird, wird das am 28. September 2004 verkündete Urteil des
  19. 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert und wie folgt neu gefasst:
  20. Das deutsche Patent 195 35 104 wird unter Abweisung der weitergehenden Klage dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine
  21. Patentansprüche folgende Fassung erhalten:
  22. "1. Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach sowohl in In-Ziegel-Montage als auch in
  23. Auf-Ziegel-Montage mit einer sich zumindest annähernd
  24. über die Breite des Kollektors (10) erstreckenden Schiene
  25. (16) mit zwei Schenkeln (17, 17’), dadurch gekennzeichnet,
  26. dass die Schenkel (17, 17’) senkrecht auf der Dachebene
  27. stehend unterschiedlich hoch sind und einer der Schenkel
  28. (17) zur Halterung des Kollektors (10) und der andere
  29. Schenkel (17’) als Auflage für den Kollektor (10) dient, wobei die Schiene (16) einen im Wesentlichen U-förmigen
  30. Querschnitt hat mit einer Grundfläche (24) zwischen den
  31. Schenkeln (17, 17’), die direkt auf dem Dachsparren (12)
  32. -3-
  33. befestigbar ist, der als Auflage für den Kollektor (10) dienende kürzere Schenkel (17’) eine Auflagefläche (26) für
  34. den Kollektor (10) aufweist, deren Abstand (x) von der
  35. Grundfläche (24) der Schiene (16) der Stärke einer Dachlatte entspricht, und wobei zumindest ein Schenkel (17, 17’)
  36. abgewinkelt ist.
  37. 2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
  38. dass die Schiene (16) aus Stahl besteht.
  39. 3. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
  40. dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) Langlöcher
  41. (28) aufweist.
  42. 4. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
  43. dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) außenseitig
  44. einen Vorsprung (18) aufweist, der in eine Vertiefung am
  45. unteren Rand des Kollektors (10) eingreift.
  46. 5. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
  47. dadurch gekennzeichnet, dass an dem zur Halterung des
  48. Kollektors (10) dienenden Schenkel (17a, 17b) eine Abwinkelung (18a, 18b) vorgesehen ist, die ungefähr die gleiche
  49. Länge wie eine parallel zur Dachebene vorstehende Wand
  50. (22a, 22b) des Kollektors (10) hat.
  51. 6. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch
  52. gekennzeichnet, dass die Schiene (16) bei Auf-Ziegel-
  53. -4-
  54. Montage an einem stufenförmigen Halteeisen (34) befestigbar ist."
  55. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
  56. Von Rechts wegen
  57. Tatbestand:
  58. 1
  59. Der Beklagte ist Inhaber des am 21. September 1995 angemeldeten
  60. deutschen Patents 195 35 104 (Streitpatents), das eine "Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor auf einem Dach" betrifft und 11
  61. Patentansprüche umfasst. Die Patentansprüche 1, 2, 4, 5, 6, 7, 9 und 11 lauten
  62. nach Durchführung des Einspruchsverfahrens (die Orthographie ist an die neuen Regeln angepasst):
  63. "1. Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach mit einer sich zumindest annähernd über die Breite
  64. des Kollektors (10) erstreckenden Schiene (16) mit zwei
  65. Schenkeln (17, 17’), dadurch gekennzeichnet, dass die
  66. Schenkel (17, 17’) senkrecht auf der Dachebene stehend unterschiedlich hoch sind und einer der Schenkel (17) zur Halterung des Kollektors (10) und der andere Schenkel (17’) als
  67. Auflage für den Kollektor (10) dient.
  68. -5-
  69. 2.
  70. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
  71. der zur Halterung des Kollektors (10) dienende Schenkel (17)
  72. höher als der als Auflage für den Kollektor dienende Schenkel
  73. (17’) ist.
  74. 4.
  75. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) eine Auflagefläche (26) für den Kollektor (10) aufweist, deren Abstand (x)
  76. von der Grundfläche (24) der Schiene (16) der Stärke einer
  77. Dachlatte (14) entspricht.
  78. 5.
  79. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) aus Stahl besteht.
  80. 6.
  81. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) Langlöcher (28)
  82. aufweist.
  83. 7.
  84. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) außenseitig einen Vorsprung (18) aufweist, der in eine Vertiefung am unteren Rand des Kollektors (10) eingreift.
  85. 9.
  86. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass an dem zur Halterung des Kollektors (10) dienenden Schenkel (17a, 17b) eine Abwinkelung
  87. (18a, 18b) vorgesehen ist, die ungefähr die gleiche Länge wie
  88. -6-
  89. eine parallel zur Dachebene vorstehende Wand (22a, 22b)
  90. des Kollektors (10) hat.
  91. 11. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) bei Auf-Ziegel-Montage
  92. an einem stufenförmigen Halteeisen (34) befestigbar ist."
  93. 2
  94. Wegen der weiteren Patentansprüche wird auf die Patentschrift des
  95. Streitpatents verwiesen.
  96. 3
  97. Die Klägerin hat geltend gemacht, dass das Streitpatent gegenüber umfangreichem Stand der Technik, darunter dem OBO-Bettermann-Katalog "Verbindungs- und Befestigungs-Systeme" (November 1994), nicht patentfähig sei.
  98. Sie hat beantragt, das Streitpatent insgesamt für nichtig zu erklären. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Hilfsweise hat er das Streitpatent mit
  99. folgender Fassung des Patentanspruchs 1 (Einfügungen unterstrichen) sowie
  100. mit den auf diesen rückbezogenen Patentansprüchen 2, 4, 5, 6, 7, 9 und 11 (in
  101. neuer Nummerierung als Patentansprüche 2 bis 8) und weiter hilfsweise in der
  102. Fassung nach dem als Verwendungsanspruch formulierten Hilfsanspruch II verteidigt:
  103. "1. Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach mit einer sich zumindest annähernd über die Breite
  104. des Kollektors (10) erstreckenden Schiene (16) mit zwei
  105. Schenkeln (17, 17’), dadurch gekennzeichnet, dass die
  106. Schenkel (17, 17’) senkrecht auf der Dachebene stehend unterschiedlich hoch sind und einer der Schenkel (17) zur Halterung des Kollektors (10) und der andere Schenkel (17’) als
  107. -7-
  108. Auflage für den Kollektor (10) dient, [und] wobei die Schiene
  109. (16) einen im Wesentlichen U-förmigen Querschnitt hat mit einer Grundfläche (24) zwischen den Schenkeln (17, 17’), die direkt auf dem Dachsparren befestigbar ist, wobei zumindest ein
  110. Schenkel (17, 17’) angewinkelt ist."
  111. 4
  112. Das Patentgericht hat das Streitpatent unter Abweisung der weitergehenden Klage dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass es ihm die Fassung
  113. nach Hilfsantrag I gegeben hat.
  114. 5
  115. Mit ihrer Berufung begehrt die Klägerin die vollständige Nichtigerklärung
  116. des Streitpatents unter Abänderung des angefochtenen Urteils. Sie stützt sich
  117. zusätzlich zu den schon in erster Instanz genannten Entgegenhaltungen auf
  118. behauptete offenkundige Vorbenutzungen von Montagevorrichtungen für Sonnenkollektoren durch die I.
  119. Solar AG seit 1993 und die mit verschiede-
  120. nen Unternehmensveröffentlichungen (insbesondere Anl. E3 bis E5) unterlegte
  121. Vorbenutzung der S.
  122. Ltd. seit 1976 sowie auf weitere Do-
  123. kumente aus dem Stand der Technik, darunter den OBO-Bettermann-Katalog
  124. "Verbindungs- und Befestigungs-Systeme" (November 1994). Die Anschlussberufung des Beklagten, mit der dieser die vollständige Abweisung der Nichtigkeitsklage begehrt hat, hat der Senat als unzulässig verworfen (Sen.Beschl. v.
  125. 5.7.2005 - X ZR 174/04, GRUR 2005, 888 - Anschlussberufung im Patentnichtigkeitsverfahren); die Kostenentscheidung hat er dabei der Schlussentscheidung vorbehalten. Der Beklagte tritt im Übrigen dem Rechtsmittel entgegen und
  126. verteidigt hilfsweise das Streitpatent mit seinem ersten Hilfsantrag in der aus
  127. der Urteilsformel ersichtlichen Fassung, nach seinem zweiten Hilfsantrag mit
  128. weiteren einschränkenden Merkmalen.
  129. -8-
  130. 6
  131. Im Auftrag des Senats hat Professor Dr.-Ing. C.
  132. ,
  133. ein
  134. schriftliches
  135. Gutachten
  136. W.
  137. ,
  138. erstattet,
  139. das
  140. er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.
  141. Entscheidungsgründe:
  142. 7
  143. Das zulässige Rechtsmittel der Klägerin führt unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Nichtigerklärung des Streitpatents über die Fassung der
  144. angegriffenen Entscheidung hinaus; soweit es der Beklagte mit seinem in der
  145. Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag I verteidigt, bleibt es demgegenüber
  146. ohne Erfolg. Über den engeren Hilfsantrag II des Beklagten braucht deshalb
  147. nicht entschieden zu werden. Dabei beschränkt sich die Sachprüfung, nachdem
  148. der Beklagte die Entscheidung des Bundespatentgerichts nicht wirksam angefochten hat, auf die Fassung des Patents, die das Bundespatentgericht ihm gegeben hat; die erteilte Fassung dieses Schutzrechts steht nicht mehr zur Überprüfung (Sen.Urt. v. 22.2.2000 - X ZR 111/98, bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, Bd. 3, S. 470, 476, 485 - Positionierverfahren; vgl.
  149. BGH, Urt. v. 21.10.1952 - I ZR 106/51, GRUR 1953, 86 re. Sp. - Schreibhefte II;
  150. RG GRUR 1944, 122, 123 - Transformatorkühler; Rogge in Benkard, PatG
  151. GebrMG, 10. Aufl. 2006, § 22 PatG Rdn. 52).
  152. 8
  153. I. 1. Das Streitpatent betrifft nach Patentanspruch 1 in dessen im Berufungsverfahren zur Überprüfung stehender Fassung, die er durch das angefochtene Urteil erhalten hat, eine Vorrichtung "zum Montieren von zumindest
  154. einem Sonnenkollektor" (d.h. eine Vorrichtung, auf die ein oder mehrere Sonnenkollektoren montiert werden können), auf einem Dach. Die Beschreibung
  155. des Streitpatents bezeichnet derartige Vorrichtungen als aus der US-Patentschrift 4 336 413 bekannt. Dort seien die zur Befestigung von Paneelen die-
  156. -9-
  157. nenden Schienen U-förmig und die Schenkel des U erstreckten sich parallel zur
  158. Dachebene. U-förmige Abschnitte der Schienen senkrecht zur Dachebene dienten der wasserdichten Verbindung zweier benachbarter Paneele (Beschr. Sp. 1
  159. Z. 3 - 13). In der Praxis werde zwischen den Montagetechniken der In-ZiegelMontage mit Integration der Kollektoren in die Dachziegelfläche und der AufZiegel-Montage unterschieden, bei der die Kollektoren über den Dachziegeln
  160. montiert würden. Hierfür würden üblicherweise unterschiedliche Vorrichtungen
  161. verwendet, was die Lagerhaltung erschwere. Hausdächer wiesen in aller Regel
  162. Dachsparren (d.h. in Richtung der Dachschräge verlaufende Balken) und Dachlatten auf, wobei die Stärke der Dachlatten regelmäßig 24 mm betrage. Bei allen bekannten Montageeinrichtungen seien zusätzliche Halterungen für den
  163. Kollektor wie Haltekrallen erforderlich (Beschr. Sp. 1 Z. 61 - 65).
  164. 9
  165. 2. Durch das Streitpatent soll eine Vorrichtung zur Montage von Sonnenkollektoren bereitgestellt werden, die mit wenig Materialaufwand kostengünstig
  166. hergestellt werden kann, eine einfache und wenig aufwändige Montage ermöglicht, eine gute Stabilität aufweist und sowohl für die In-Ziegel-Montage wie für
  167. die Auf-Ziegel-Montage verwendet werden kann (vgl. Beschr. Sp. 1 Z. 66 Sp. 2 Z. 7).
  168. 10
  169. 3. Hierzu lehrt Patentanspruch 1 in der Fassung, die er durch das Bundespatentgericht erhalten hat, eine Vorrichtung zum Montieren von zumindest
  170. einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach,
  171. (1) die eine Schiene (16) aufweist, die
  172. (2) sich zumindest annähernd über die Breite des Kollektors erstreckt,
  173. (3) einem im Wesentlichen U-förmigen Querschnitt hat
  174. - 10 -
  175. (4) mit zwei Schenkeln (17, 17’), die
  176. (4.1) senkrecht auf der Dachebene stehend
  177. (4.2) unterschiedlich hoch sind und
  178. (4.3) von denen einer (17) zur Halterung des Kollektors und
  179. (4.4) der andere (17’) als Auflage für den Kollektor dient,
  180. (4.5) wobei zumindest ein Schenkel abgewinkelt ist, und wobei
  181. (5) die Grundfläche (24) der Schiene zwischen den zwei Schenkeln direkt auf dem Dachsparren befestigt werden kann.
  182. 11
  183. 4. Einen schematischen Teilschnitt durch eine patentgemäße Vorrichtung
  184. zur In-Ziegel-Montage zeigt die verkleinert wiedergegebene Figur 1 des Streitpatents:
  185. 12
  186. II. 1. Der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1, wie er vom
  187. Bundespatentgericht als schutzfähig angesehen wurde, war durch die u.a. in
  188. dem dem Bundespatentgericht noch nicht vorliegenden Prospekt (Anl. E4) "Solahart Streamline" der S. W. H.
  189. Ltd. in P. , W.
  190. , im
  191. Jahr 1986 sowie in den Anl. E3 und E5 vorbeschriebenen Schiene zum Befestigen von solaren Heißwassersystemen jedenfalls für den Fachmann, einen
  192. Ingenieur oder erfahrenen Techniker, der mit der Entwicklung und Montage von
  193. - 11 -
  194. Sonnenkollektoranlagen vor allem in der mittelständischen Wirtschaft befasst
  195. war, nahegelegt. Die Vorveröffentlichung dieses Prospekts wie auch der beiden
  196. anderen Prospekte Anl. E3 (1994) und E5 (Información tecnica e instalación
  197. manual Solahart, Januar 1986) ist durch die Druckdaten für den Senat überzeugend belegt und steht im Übrigen auch nicht im Streit. Der Prospekt zeigt
  198. eine Schiene in dem durch das Streitpatent beschriebenen Einsatz, die mit
  199. Ausnahme des Merkmals (5) alle Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der Fassung, wie sie vor dem Bundespatentgericht Bestand hatte,
  200. aufweist. Die gezeigte Schiene (Merkmal 1) erstreckt sich nämlich über mehr
  201. als die Breite des Kollektors (Zeichnung Seite 6; Merkmal 2), hat einen Querschnitt, der zwischen dem längeren Schenkel und dem diesem am nächsten
  202. liegenden der kürzeren Schenkel einen im Wesentlichen U-förmigen Abschnitt
  203. aufweist (Komponentenliste S. 4, Collector rail 1840; Merkmal 3), und zwar mit
  204. drei und damit auch mit zwei Schenkeln (ebenda; Merkmal 4), die senkrecht auf
  205. der Dachebene stehen und unterschiedlich hoch sind (Diagramm S. 6; Merkmale 4.1 und 4.2), von denen der längere zur Halterung des Kollektors und die
  206. beiden kürzeren als Auflage für den Kollektor dienen (Merkmale 4.3, 4.4). Dies
  207. ist zwar in der Anl. E4 nicht deutlich zu sehen, wird jedoch in der ersichtlich die
  208. gleiche Montagevorrichtung zeigenden Anl. E5, S. 58 ("Detalle de la sujectión
  209. del colector") deutlich gezeigt. Die Anwinklung eines Schenkels, und zwar des
  210. längeren, ist in Anl. E4, S. 4, Collector rail 1840, deutlich erkennbar (Merkmal
  211. 4.5). Dass die Grundfläche der Schiene zwischen den zwei Schenkeln auch
  212. direkt auf dem Dachsparren befestigt werden kann, wird allerdings nicht gezeigt, eine Befestigungsmöglichkeit etwa durch Bohrungen zu schaffen, durch
  213. die die Schiene am Sparren festgeschraubt werden kann, setzt jedoch nicht
  214. mehr als einfache, dem Fachmann geläufige Überlegungen voraus, nachdem
  215. die Befestigung nach Anl. E4 über eine Lasche an dem Befestigungsstreifen
  216. (Collector straps) 0847 (S. 4) erfolgt (Merkmal 5).
  217. - 12 -
  218. 13
  219. 2. a) Dagegen ist die nunmehr mit Hilfsanspruch I verteidigte Fassung
  220. des Patentanspruchs 1 schutzfähig. In diese Fassung sind zunächst die beiden
  221. Möglichkeiten des Einbaus in In-Ziegel-Montage und Auf-Ziegel-Montage aufgenommen. Dies ist allerdings im Fall des Erzeugnisschutzes zunächst nur
  222. dann von Bedeutung, wenn und soweit es sich auf die räumlich-körperliche
  223. Ausgestaltung der Schiene auswirkt (vgl. hierzu Sen.Urt. v. 1.4.2008
  224. - X ZR 29/04, Umdruck S. 12), es sich mithin nicht um bloße, für sich nicht
  225. schutzbegrenzende Zweckangaben handelt (Sen. BGHZ 112, 140, 155 f. - Befestigungsvorrichtung II; vgl. schon Sen.Urt. v. 7.11.1978 - X ZR 58/77, GRUR
  226. 1979, 149, 151 - Schießbolzen). Dies ist, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, insoweit der Fall, als die In-Ziegel-Montage zur Folge hat, dass der als
  227. Auflage für den Kollektor dienende Schenkel eine Auflagefläche aufweisen
  228. muss, die von der Grundfläche in Dachlattenstärke beabstandet ist. Dies kommt
  229. in dem zusätzlichen Merkmal,
  230. (3.1) dass der als Auflage für den Kollektor (10) dienende kürzere
  231. Schenkel (17’) eine Auflagefläche (26) für den Kollektor (10)
  232. aufweist, deren Abstand (x) von der Grundfläche (24) der
  233. Schiene (16) der Stärke einer Dachlatte entspricht,
  234. zum Ausdruck. Dieses Merkmal ist in dem erteilten Patent (Patentanspruch 4)
  235. enthalten, und in den ursprünglichen Unterlagen (ebenfalls in Patentanspruch
  236. 4) als zur Erfindung gehörend offenbart. Zwar besagt es nur, dass der Abstand
  237. der Stärke einer Dachlatte entsprechen soll. Diese Stärke ist auch im Patentanspruch nicht definiert, ergab sich zum Anmeldetag aber daraus, dass übliche
  238. Dachlatten damals entweder 24 mm oder 30 mm oder 40 mm stark waren. Auf
  239. diese Stärken muss der Abstand nach dem verteidigten Patentanspruch eingestellt sein. Zwar sind auch noch andere Möglichkeiten denkbar, mit denen der
  240. In-Ziegel-Einbau ermöglicht werden kann, wie das Einbringen einer Zwischen-
  241. - 13 -
  242. latte. Dies wird jedoch schon von dem zusätzlichen Merkmal (3.1) nicht erfasst.
  243. Diese Abstandsvorgabe ermöglicht es auf einfache Weise, ein und dieselbe
  244. Schiene nicht nur für die Auf-Ziegel-Montage, sondern - und zwar ohne zusätzlichen Aufwand und Gefahren für den Halt der Schiene - auch für die In-ZiegelMontage nutzbar zu machen. Der Stand der Technik bot hierfür keine Anregung. Das gilt nicht nur für die vorgenannten "Solahart"-Unterlagen (insbesondere die Anlagen E3, E4 und E5), sondern auch für die bekannte und mit Ausnahme des oben beschriebenen Merkmals 3.1 alle Sachmerkmale erfüllende
  245. (wenn auch für die Kollektorenmontage nicht vorgesehene), allerdings eine für
  246. die In-Ziegel-Montage nicht geeignete Dimensionierung aufweisende Schiene
  247. des OBO-Bettermann-Katalogs (S. 122), die die Katalogabbildung wie folgt
  248. zeigt:
  249. wie auch für die weiteren von der Klägerin genannten Dokumente, die von der
  250. Lösung des Streitpatents insgesamt weiter ab liegen.
  251. 14
  252. b) Mit Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags I werden auch
  253. die mit diesem Patentanspruch verteidigten, weitere Ausgestaltungen darstellenden Patentansprüche 2 bis 6 durch die Schutzfähigkeit dieses Patentanspruchs in seiner hilfsweise verteidigten Fassung getragen.
  254. - 14 -
  255. 15
  256. III. Die Kostenentscheidung, die auch die Entscheidung über die bereits
  257. als unzulässig verworfene Anschlussberufung erfasst, beruht auf § 121 Abs. 2
  258. Satz 2 PatG i.V.m. §§ 91, 92, 97 ZPO. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass
  259. über die Anschlussberufung nicht mündlich verhandelt worden ist. Er hat im
  260. Rahmen der für die Entscheidung gegebenenfalls heranzuziehenden Billigkeitsgesichtspunkte (§ 121 Abs. 2 Satz 2 PatG) weiter berücksichtigt, dass sich
  261. die Zurückweisung der Anschlussberufung auf den Verletzungsstreit nicht ausgewirkt haben dürfte; soweit dies der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in vollem Umfang entsprechen sollte (Beschl. des früheren
  262. I. Zivilsenats vom 11.10.1956 - I ZR 28/55, GRUR 1957, 79), könnte er an dieser nicht festhalten. Schließlich hat er berücksichtigt, dass sich sein Ergebnis
  263. - 15 -
  264. gegenüber dem Ergebnis, das das Bundespatentgericht gefunden hat, eher als
  265. korrigierende Verdeutlichung als als eine substantielle Abweichung darstellt. All
  266. dies lässt eine von der Entscheidung erster Instanz abweichende Kostenentscheidung nicht als veranlasst erscheinen.
  267. Melullis
  268. Keukenschrijver
  269. Meier-Beck
  270. Mühlens
  271. Gröning
  272. Vorinstanz:
  273. Bundespatentgericht, Entscheidung vom 28.09.2004 - 3 Ni 50/02 -