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- BUNDESGERICHTSHOF
- IM NAMEN DES VOLKES
- URTEIL
- X ZR 174/04
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- Verkündet am:
- 6. Mai 2008
- Potsch
- Justizangestellte
- als Urkundsbeamtin
- der Geschäftsstelle
- in der Patentnichtigkeitssache
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- Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
- Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck
- und Gröning
- für Recht erkannt:
- Auf die Berufung der Klägerin, die im Übrigen zurückgewiesen
- wird, wird das am 28. September 2004 verkündete Urteil des
- 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- Das deutsche Patent 195 35 104 wird unter Abweisung der weitergehenden Klage dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine
- Patentansprüche folgende Fassung erhalten:
- "1. Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach sowohl in In-Ziegel-Montage als auch in
- Auf-Ziegel-Montage mit einer sich zumindest annähernd
- über die Breite des Kollektors (10) erstreckenden Schiene
- (16) mit zwei Schenkeln (17, 17’), dadurch gekennzeichnet,
- dass die Schenkel (17, 17’) senkrecht auf der Dachebene
- stehend unterschiedlich hoch sind und einer der Schenkel
- (17) zur Halterung des Kollektors (10) und der andere
- Schenkel (17’) als Auflage für den Kollektor (10) dient, wobei die Schiene (16) einen im Wesentlichen U-förmigen
- Querschnitt hat mit einer Grundfläche (24) zwischen den
- Schenkeln (17, 17’), die direkt auf dem Dachsparren (12)
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- befestigbar ist, der als Auflage für den Kollektor (10) dienende kürzere Schenkel (17’) eine Auflagefläche (26) für
- den Kollektor (10) aufweist, deren Abstand (x) von der
- Grundfläche (24) der Schiene (16) der Stärke einer Dachlatte entspricht, und wobei zumindest ein Schenkel (17, 17’)
- abgewinkelt ist.
- 2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
- dass die Schiene (16) aus Stahl besteht.
- 3. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
- dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) Langlöcher
- (28) aufweist.
- 4. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
- dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) außenseitig
- einen Vorsprung (18) aufweist, der in eine Vertiefung am
- unteren Rand des Kollektors (10) eingreift.
- 5. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
- dadurch gekennzeichnet, dass an dem zur Halterung des
- Kollektors (10) dienenden Schenkel (17a, 17b) eine Abwinkelung (18a, 18b) vorgesehen ist, die ungefähr die gleiche
- Länge wie eine parallel zur Dachebene vorstehende Wand
- (22a, 22b) des Kollektors (10) hat.
- 6. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch
- gekennzeichnet, dass die Schiene (16) bei Auf-Ziegel-
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- Montage an einem stufenförmigen Halteeisen (34) befestigbar ist."
- Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
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- Von Rechts wegen
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- Tatbestand:
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- Der Beklagte ist Inhaber des am 21. September 1995 angemeldeten
- deutschen Patents 195 35 104 (Streitpatents), das eine "Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor auf einem Dach" betrifft und 11
- Patentansprüche umfasst. Die Patentansprüche 1, 2, 4, 5, 6, 7, 9 und 11 lauten
- nach Durchführung des Einspruchsverfahrens (die Orthographie ist an die neuen Regeln angepasst):
- "1. Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach mit einer sich zumindest annähernd über die Breite
- des Kollektors (10) erstreckenden Schiene (16) mit zwei
- Schenkeln (17, 17’), dadurch gekennzeichnet, dass die
- Schenkel (17, 17’) senkrecht auf der Dachebene stehend unterschiedlich hoch sind und einer der Schenkel (17) zur Halterung des Kollektors (10) und der andere Schenkel (17’) als
- Auflage für den Kollektor (10) dient.
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- 2.
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- Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
- der zur Halterung des Kollektors (10) dienende Schenkel (17)
- höher als der als Auflage für den Kollektor dienende Schenkel
- (17’) ist.
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- 4.
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- Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) eine Auflagefläche (26) für den Kollektor (10) aufweist, deren Abstand (x)
- von der Grundfläche (24) der Schiene (16) der Stärke einer
- Dachlatte (14) entspricht.
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- 5.
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- Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) aus Stahl besteht.
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- 6.
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- Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) Langlöcher (28)
- aufweist.
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- 7.
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- Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) außenseitig einen Vorsprung (18) aufweist, der in eine Vertiefung am unteren Rand des Kollektors (10) eingreift.
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- 9.
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- Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass an dem zur Halterung des Kollektors (10) dienenden Schenkel (17a, 17b) eine Abwinkelung
- (18a, 18b) vorgesehen ist, die ungefähr die gleiche Länge wie
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- eine parallel zur Dachebene vorstehende Wand (22a, 22b)
- des Kollektors (10) hat.
- 11. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) bei Auf-Ziegel-Montage
- an einem stufenförmigen Halteeisen (34) befestigbar ist."
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- Wegen der weiteren Patentansprüche wird auf die Patentschrift des
- Streitpatents verwiesen.
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- Die Klägerin hat geltend gemacht, dass das Streitpatent gegenüber umfangreichem Stand der Technik, darunter dem OBO-Bettermann-Katalog "Verbindungs- und Befestigungs-Systeme" (November 1994), nicht patentfähig sei.
- Sie hat beantragt, das Streitpatent insgesamt für nichtig zu erklären. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Hilfsweise hat er das Streitpatent mit
- folgender Fassung des Patentanspruchs 1 (Einfügungen unterstrichen) sowie
- mit den auf diesen rückbezogenen Patentansprüchen 2, 4, 5, 6, 7, 9 und 11 (in
- neuer Nummerierung als Patentansprüche 2 bis 8) und weiter hilfsweise in der
- Fassung nach dem als Verwendungsanspruch formulierten Hilfsanspruch II verteidigt:
- "1. Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach mit einer sich zumindest annähernd über die Breite
- des Kollektors (10) erstreckenden Schiene (16) mit zwei
- Schenkeln (17, 17’), dadurch gekennzeichnet, dass die
- Schenkel (17, 17’) senkrecht auf der Dachebene stehend unterschiedlich hoch sind und einer der Schenkel (17) zur Halterung des Kollektors (10) und der andere Schenkel (17’) als
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- Auflage für den Kollektor (10) dient, [und] wobei die Schiene
- (16) einen im Wesentlichen U-förmigen Querschnitt hat mit einer Grundfläche (24) zwischen den Schenkeln (17, 17’), die direkt auf dem Dachsparren befestigbar ist, wobei zumindest ein
- Schenkel (17, 17’) angewinkelt ist."
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- Das Patentgericht hat das Streitpatent unter Abweisung der weitergehenden Klage dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass es ihm die Fassung
- nach Hilfsantrag I gegeben hat.
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- Mit ihrer Berufung begehrt die Klägerin die vollständige Nichtigerklärung
- des Streitpatents unter Abänderung des angefochtenen Urteils. Sie stützt sich
- zusätzlich zu den schon in erster Instanz genannten Entgegenhaltungen auf
- behauptete offenkundige Vorbenutzungen von Montagevorrichtungen für Sonnenkollektoren durch die I.
-
- Solar AG seit 1993 und die mit verschiede-
-
- nen Unternehmensveröffentlichungen (insbesondere Anl. E3 bis E5) unterlegte
- Vorbenutzung der S.
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- Ltd. seit 1976 sowie auf weitere Do-
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- kumente aus dem Stand der Technik, darunter den OBO-Bettermann-Katalog
- "Verbindungs- und Befestigungs-Systeme" (November 1994). Die Anschlussberufung des Beklagten, mit der dieser die vollständige Abweisung der Nichtigkeitsklage begehrt hat, hat der Senat als unzulässig verworfen (Sen.Beschl. v.
- 5.7.2005 - X ZR 174/04, GRUR 2005, 888 - Anschlussberufung im Patentnichtigkeitsverfahren); die Kostenentscheidung hat er dabei der Schlussentscheidung vorbehalten. Der Beklagte tritt im Übrigen dem Rechtsmittel entgegen und
- verteidigt hilfsweise das Streitpatent mit seinem ersten Hilfsantrag in der aus
- der Urteilsformel ersichtlichen Fassung, nach seinem zweiten Hilfsantrag mit
- weiteren einschränkenden Merkmalen.
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- Im Auftrag des Senats hat Professor Dr.-Ing. C.
- ,
-
- ein
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- schriftliches
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- Gutachten
-
- W.
-
- ,
-
- erstattet,
-
- das
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- er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.
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- Entscheidungsgründe:
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- Das zulässige Rechtsmittel der Klägerin führt unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Nichtigerklärung des Streitpatents über die Fassung der
- angegriffenen Entscheidung hinaus; soweit es der Beklagte mit seinem in der
- Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag I verteidigt, bleibt es demgegenüber
- ohne Erfolg. Über den engeren Hilfsantrag II des Beklagten braucht deshalb
- nicht entschieden zu werden. Dabei beschränkt sich die Sachprüfung, nachdem
- der Beklagte die Entscheidung des Bundespatentgerichts nicht wirksam angefochten hat, auf die Fassung des Patents, die das Bundespatentgericht ihm gegeben hat; die erteilte Fassung dieses Schutzrechts steht nicht mehr zur Überprüfung (Sen.Urt. v. 22.2.2000 - X ZR 111/98, bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, Bd. 3, S. 470, 476, 485 - Positionierverfahren; vgl.
- BGH, Urt. v. 21.10.1952 - I ZR 106/51, GRUR 1953, 86 re. Sp. - Schreibhefte II;
- RG GRUR 1944, 122, 123 - Transformatorkühler; Rogge in Benkard, PatG
- GebrMG, 10. Aufl. 2006, § 22 PatG Rdn. 52).
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- I. 1. Das Streitpatent betrifft nach Patentanspruch 1 in dessen im Berufungsverfahren zur Überprüfung stehender Fassung, die er durch das angefochtene Urteil erhalten hat, eine Vorrichtung "zum Montieren von zumindest
- einem Sonnenkollektor" (d.h. eine Vorrichtung, auf die ein oder mehrere Sonnenkollektoren montiert werden können), auf einem Dach. Die Beschreibung
- des Streitpatents bezeichnet derartige Vorrichtungen als aus der US-Patentschrift 4 336 413 bekannt. Dort seien die zur Befestigung von Paneelen die-
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- -9-
-
- nenden Schienen U-förmig und die Schenkel des U erstreckten sich parallel zur
- Dachebene. U-förmige Abschnitte der Schienen senkrecht zur Dachebene dienten der wasserdichten Verbindung zweier benachbarter Paneele (Beschr. Sp. 1
- Z. 3 - 13). In der Praxis werde zwischen den Montagetechniken der In-ZiegelMontage mit Integration der Kollektoren in die Dachziegelfläche und der AufZiegel-Montage unterschieden, bei der die Kollektoren über den Dachziegeln
- montiert würden. Hierfür würden üblicherweise unterschiedliche Vorrichtungen
- verwendet, was die Lagerhaltung erschwere. Hausdächer wiesen in aller Regel
- Dachsparren (d.h. in Richtung der Dachschräge verlaufende Balken) und Dachlatten auf, wobei die Stärke der Dachlatten regelmäßig 24 mm betrage. Bei allen bekannten Montageeinrichtungen seien zusätzliche Halterungen für den
- Kollektor wie Haltekrallen erforderlich (Beschr. Sp. 1 Z. 61 - 65).
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- 2. Durch das Streitpatent soll eine Vorrichtung zur Montage von Sonnenkollektoren bereitgestellt werden, die mit wenig Materialaufwand kostengünstig
- hergestellt werden kann, eine einfache und wenig aufwändige Montage ermöglicht, eine gute Stabilität aufweist und sowohl für die In-Ziegel-Montage wie für
- die Auf-Ziegel-Montage verwendet werden kann (vgl. Beschr. Sp. 1 Z. 66 Sp. 2 Z. 7).
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- 10
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- 3. Hierzu lehrt Patentanspruch 1 in der Fassung, die er durch das Bundespatentgericht erhalten hat, eine Vorrichtung zum Montieren von zumindest
- einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach,
- (1) die eine Schiene (16) aufweist, die
- (2) sich zumindest annähernd über die Breite des Kollektors erstreckt,
- (3) einem im Wesentlichen U-förmigen Querschnitt hat
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- - 10 -
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- (4) mit zwei Schenkeln (17, 17’), die
- (4.1) senkrecht auf der Dachebene stehend
- (4.2) unterschiedlich hoch sind und
- (4.3) von denen einer (17) zur Halterung des Kollektors und
- (4.4) der andere (17’) als Auflage für den Kollektor dient,
- (4.5) wobei zumindest ein Schenkel abgewinkelt ist, und wobei
- (5) die Grundfläche (24) der Schiene zwischen den zwei Schenkeln direkt auf dem Dachsparren befestigt werden kann.
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- 4. Einen schematischen Teilschnitt durch eine patentgemäße Vorrichtung
- zur In-Ziegel-Montage zeigt die verkleinert wiedergegebene Figur 1 des Streitpatents:
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- II. 1. Der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1, wie er vom
- Bundespatentgericht als schutzfähig angesehen wurde, war durch die u.a. in
- dem dem Bundespatentgericht noch nicht vorliegenden Prospekt (Anl. E4) "Solahart Streamline" der S. W. H.
-
- Ltd. in P. , W.
-
- , im
-
- Jahr 1986 sowie in den Anl. E3 und E5 vorbeschriebenen Schiene zum Befestigen von solaren Heißwassersystemen jedenfalls für den Fachmann, einen
- Ingenieur oder erfahrenen Techniker, der mit der Entwicklung und Montage von
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- - 11 -
-
- Sonnenkollektoranlagen vor allem in der mittelständischen Wirtschaft befasst
- war, nahegelegt. Die Vorveröffentlichung dieses Prospekts wie auch der beiden
- anderen Prospekte Anl. E3 (1994) und E5 (Información tecnica e instalación
- manual Solahart, Januar 1986) ist durch die Druckdaten für den Senat überzeugend belegt und steht im Übrigen auch nicht im Streit. Der Prospekt zeigt
- eine Schiene in dem durch das Streitpatent beschriebenen Einsatz, die mit
- Ausnahme des Merkmals (5) alle Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der Fassung, wie sie vor dem Bundespatentgericht Bestand hatte,
- aufweist. Die gezeigte Schiene (Merkmal 1) erstreckt sich nämlich über mehr
- als die Breite des Kollektors (Zeichnung Seite 6; Merkmal 2), hat einen Querschnitt, der zwischen dem längeren Schenkel und dem diesem am nächsten
- liegenden der kürzeren Schenkel einen im Wesentlichen U-förmigen Abschnitt
- aufweist (Komponentenliste S. 4, Collector rail 1840; Merkmal 3), und zwar mit
- drei und damit auch mit zwei Schenkeln (ebenda; Merkmal 4), die senkrecht auf
- der Dachebene stehen und unterschiedlich hoch sind (Diagramm S. 6; Merkmale 4.1 und 4.2), von denen der längere zur Halterung des Kollektors und die
- beiden kürzeren als Auflage für den Kollektor dienen (Merkmale 4.3, 4.4). Dies
- ist zwar in der Anl. E4 nicht deutlich zu sehen, wird jedoch in der ersichtlich die
- gleiche Montagevorrichtung zeigenden Anl. E5, S. 58 ("Detalle de la sujectión
- del colector") deutlich gezeigt. Die Anwinklung eines Schenkels, und zwar des
- längeren, ist in Anl. E4, S. 4, Collector rail 1840, deutlich erkennbar (Merkmal
- 4.5). Dass die Grundfläche der Schiene zwischen den zwei Schenkeln auch
- direkt auf dem Dachsparren befestigt werden kann, wird allerdings nicht gezeigt, eine Befestigungsmöglichkeit etwa durch Bohrungen zu schaffen, durch
- die die Schiene am Sparren festgeschraubt werden kann, setzt jedoch nicht
- mehr als einfache, dem Fachmann geläufige Überlegungen voraus, nachdem
- die Befestigung nach Anl. E4 über eine Lasche an dem Befestigungsstreifen
- (Collector straps) 0847 (S. 4) erfolgt (Merkmal 5).
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- 2. a) Dagegen ist die nunmehr mit Hilfsanspruch I verteidigte Fassung
- des Patentanspruchs 1 schutzfähig. In diese Fassung sind zunächst die beiden
- Möglichkeiten des Einbaus in In-Ziegel-Montage und Auf-Ziegel-Montage aufgenommen. Dies ist allerdings im Fall des Erzeugnisschutzes zunächst nur
- dann von Bedeutung, wenn und soweit es sich auf die räumlich-körperliche
- Ausgestaltung der Schiene auswirkt (vgl. hierzu Sen.Urt. v. 1.4.2008
- - X ZR 29/04, Umdruck S. 12), es sich mithin nicht um bloße, für sich nicht
- schutzbegrenzende Zweckangaben handelt (Sen. BGHZ 112, 140, 155 f. - Befestigungsvorrichtung II; vgl. schon Sen.Urt. v. 7.11.1978 - X ZR 58/77, GRUR
- 1979, 149, 151 - Schießbolzen). Dies ist, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, insoweit der Fall, als die In-Ziegel-Montage zur Folge hat, dass der als
- Auflage für den Kollektor dienende Schenkel eine Auflagefläche aufweisen
- muss, die von der Grundfläche in Dachlattenstärke beabstandet ist. Dies kommt
- in dem zusätzlichen Merkmal,
- (3.1) dass der als Auflage für den Kollektor (10) dienende kürzere
- Schenkel (17’) eine Auflagefläche (26) für den Kollektor (10)
- aufweist, deren Abstand (x) von der Grundfläche (24) der
- Schiene (16) der Stärke einer Dachlatte entspricht,
- zum Ausdruck. Dieses Merkmal ist in dem erteilten Patent (Patentanspruch 4)
- enthalten, und in den ursprünglichen Unterlagen (ebenfalls in Patentanspruch
- 4) als zur Erfindung gehörend offenbart. Zwar besagt es nur, dass der Abstand
- der Stärke einer Dachlatte entsprechen soll. Diese Stärke ist auch im Patentanspruch nicht definiert, ergab sich zum Anmeldetag aber daraus, dass übliche
- Dachlatten damals entweder 24 mm oder 30 mm oder 40 mm stark waren. Auf
- diese Stärken muss der Abstand nach dem verteidigten Patentanspruch eingestellt sein. Zwar sind auch noch andere Möglichkeiten denkbar, mit denen der
- In-Ziegel-Einbau ermöglicht werden kann, wie das Einbringen einer Zwischen-
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- latte. Dies wird jedoch schon von dem zusätzlichen Merkmal (3.1) nicht erfasst.
- Diese Abstandsvorgabe ermöglicht es auf einfache Weise, ein und dieselbe
- Schiene nicht nur für die Auf-Ziegel-Montage, sondern - und zwar ohne zusätzlichen Aufwand und Gefahren für den Halt der Schiene - auch für die In-ZiegelMontage nutzbar zu machen. Der Stand der Technik bot hierfür keine Anregung. Das gilt nicht nur für die vorgenannten "Solahart"-Unterlagen (insbesondere die Anlagen E3, E4 und E5), sondern auch für die bekannte und mit Ausnahme des oben beschriebenen Merkmals 3.1 alle Sachmerkmale erfüllende
- (wenn auch für die Kollektorenmontage nicht vorgesehene), allerdings eine für
- die In-Ziegel-Montage nicht geeignete Dimensionierung aufweisende Schiene
- des OBO-Bettermann-Katalogs (S. 122), die die Katalogabbildung wie folgt
- zeigt:
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- wie auch für die weiteren von der Klägerin genannten Dokumente, die von der
- Lösung des Streitpatents insgesamt weiter ab liegen.
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- b) Mit Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags I werden auch
- die mit diesem Patentanspruch verteidigten, weitere Ausgestaltungen darstellenden Patentansprüche 2 bis 6 durch die Schutzfähigkeit dieses Patentanspruchs in seiner hilfsweise verteidigten Fassung getragen.
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- III. Die Kostenentscheidung, die auch die Entscheidung über die bereits
- als unzulässig verworfene Anschlussberufung erfasst, beruht auf § 121 Abs. 2
- Satz 2 PatG i.V.m. §§ 91, 92, 97 ZPO. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass
- über die Anschlussberufung nicht mündlich verhandelt worden ist. Er hat im
- Rahmen der für die Entscheidung gegebenenfalls heranzuziehenden Billigkeitsgesichtspunkte (§ 121 Abs. 2 Satz 2 PatG) weiter berücksichtigt, dass sich
- die Zurückweisung der Anschlussberufung auf den Verletzungsstreit nicht ausgewirkt haben dürfte; soweit dies der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in vollem Umfang entsprechen sollte (Beschl. des früheren
- I. Zivilsenats vom 11.10.1956 - I ZR 28/55, GRUR 1957, 79), könnte er an dieser nicht festhalten. Schließlich hat er berücksichtigt, dass sich sein Ergebnis
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- gegenüber dem Ergebnis, das das Bundespatentgericht gefunden hat, eher als
- korrigierende Verdeutlichung als als eine substantielle Abweichung darstellt. All
- dies lässt eine von der Entscheidung erster Instanz abweichende Kostenentscheidung nicht als veranlasst erscheinen.
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- Melullis
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- Keukenschrijver
- Meier-Beck
-
- Mühlens
- Gröning
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- Vorinstanz:
- Bundespatentgericht, Entscheidung vom 28.09.2004 - 3 Ni 50/02 -
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