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- BUNDESGERICHTSHOF
- IM NAMEN DES VOLKES
- URTEIL
- X ZR 123/09
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- Verkündet am:
- 27. November 2012
- Anderer
- Justizangestellte
- als Urkundsbeamtin
- der Geschäftsstelle
- in dem Rechtsstreit
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- Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
- Verhandlung vom 27. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter
- Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und
- die Richter Dr. Grabinski und Dr. Bacher
- für Recht erkannt:
- Die Revision gegen das am 29. Oktober 2010 verkündete Urteil des
- 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München wird auf Kosten der
- als Gesamtschuldner haftenden Beklagten zurückgewiesen.
- Von Rechts wegen
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- Tatbestand:
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- Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen unvollständig gemeldeten ("verhehlten") Nachbaus von sortengeschützten Pflanzen in Anspruch.
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- 2
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- Die Klägerin nimmt die Rechte der Inhaber der unionsrechtlich geschützten Sorten Kuras, Quarta, Solara und Marabel sowie der nach nationalem
- Recht geschützten Sorte Secura wahr. Die Beklagten sind Landwirte. Sie haben
- als Mitglieder einer inzwischen aufgelösten Gesellschaft des bürgerlichen
- Rechts in den Jahren 2001 bis 2004 mit den genannten Sorten Nachbau betrieben. Die Gesellschaft hat der Klägerin hierüber Auskünfte erteilt. Anlässlich
- einer von der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung ergab sich, dass die tatsächlichen Mengen hinsichtlich aller genannten Sorten höher waren und zum
- Teil mehr als das Dreifache der gemeldeten Mengen betrugen. Die Klägerin hat
- für die Differenzmengen auf der Grundlage der so genannten Z-Gebühr, die für
- die Erteilung einer Lizenz für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial verlangt
- wird, einen Schadensersatzanspruch von 4.576,15 Euro errechnet. Die Beklagten haben die Hälfte dieses Betrags gezahlt. Dies entspricht dem Entgelt, das
- bei rechtmäßigem Nachbau auf der Grundlage von Art. 14 GemSortV zu zahlen
- gewesen wäre. Die Klägerin begehrt die Zahlung des verbleibenden Betrags
- von 2.288,00 Euro sowie Ersatz vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 141,05
- Euro.
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- 3
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- Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Berufung
- der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision streben die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage an.
- Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
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- Mit Beschluss vom 30. September 2010 (Xa ZR 123/09, GRUR 2010,
- 1087 - Solara; nachfolgend: Vorlagebeschluss) hat der Bundesgerichtshof das
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- Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union mehrere
- Fragen zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli
- 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (Sortenschutzverordnung,
- GemSortV) und der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom 24. Juli
- 1995 über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG)
- Nr. 2100/94 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (Nachbauverordnung,
- GemNachbauV) vorgelegt.
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- Der Gerichtshof hat mit Urteil vom 5. Juli 2012 (C-509/10, GRUR 2012,
- 1013 - Josef und Thomas Geistbeck ./. Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH)
- wie folgt entschieden:
- "1.
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- Zur Festsetzung der "angemessenen Vergütung", die nach Artikel 94 der
- Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz ein Landwirt schuldet, der durch Nachbau
- gewonnenes Vermehrungsgut einer geschützten Sorte genutzt hat, ohne die
- ihm nach Artikel 14 dieser Verordnung in Verbindung mit Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom 24. Juli 1995 über die Ausnahmeregelung gemäß Artikel 14 der Verordnung Nr. 2100/94 in der durch
- die Verordnung (EG) Nr. 2605/98 der Kommission vom 3. Dezember 1998
- geänderten Fassung obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen, ist als Berechnungsgrundlage der Betrag der Gebühr heranzuziehen, die in demselben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial der geschützten
- Sorten der betreffenden Pflanzenart in Lizenz geschuldet wird.
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- 2.
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- Die Zahlung einer Entschädigung für die Kosten der Kontrolle der Einhaltung
- der Rechte des Inhabers eines Sortenschutzrechts kann nicht in die Berechnung der in Artikel 94 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2100/94 vorgesehenen
- "angemessenen Vergütung" einbezogen werden."
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- Entscheidungsgründe:
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- Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat der Klägerin zu
- Recht Schadensersatz auf der Grundlage der so genannten Z-Gebühr zugesprochen.
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- 1.
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- Wie der Bundesgerichtshof bereits im Vorlagebeschluss näher dar-
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- gelegt hat, ist die Gesellschaft, für deren Verbindlichkeiten die Beklagten als
- Gesellschafter einzustehen haben, gemäß Art. 94 Abs. 1 GemSortV zur Zahlung einer angemessenen Vergütung und gemäß Art. 94 Abs. 2 GemSortV zum
- Ersatz des weiteren Schadens verpflichtet, weil sie ihren Auskunftspflichten
- schuldhaft nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
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- 2.
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- Nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist
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- die gemäß Art. 94 Abs. 1 GemSortV geschuldete angemessene Vergütung in
- der vorliegenden Fallkonstellation nicht anhand des Entgelts zu bemessen, das
- im Falle eines berechtigten Nachbaus geschuldet ist, sondern anhand des
- Durchschnittsbetrages der Gebühr, die in demselben Gebiet für die Erzeugung
- einer entsprechenden Menge von Vermehrungsmaterial der geschützten Sorten
- der betreffenden Pflanzenarten in Lizenz geschuldet wird. Auf dieser Grundlage
- hat die Klägerin die Höhe ihres Anspruchs berechnet. Das Landgericht und das
- Berufungsgericht haben dem Klagebegehren deshalb zu Recht in vollem Umfang entsprochen.
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- Dass die Beklagten im Urteil des Gerichtshofs mehrfach als „Kläger des
- Ausgangsverfahrens“ bezeichnet werden, gibt keinen Anlass, den Gerichtshof
- um Berichtigung zu ersuchen, wie dies die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angeregt haben. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob
- der Gerichtshof mit der genannten Bezeichnung dem Umstand Rechnung tragen wollte, dass das Ausgangsverfahren ein Revisionsverfahren ist, an dem die
- Beklagten als Rechtsmittelkläger beteiligt sind. Selbst wenn die Bezeichnung
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- auf einem Versehen beruhen sollte, ergäben sich daraus keine Zweifel an der
- Identität der Parteien und deren Rolle im vorliegenden Rechtsstreit. Dass ein
- eventuelles Versehen Einfluss auf die Entscheidung in der Sache gehabt haben
- könnte, ist im Hinblick auf den Inhalt des Urteils ohnehin ausgeschlossen.
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- 3.
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- Die von der Revision behandelte Frage, ob die Klägerin Zahlung von
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- Umsatzsteuer verlangen kann, bedarf, worauf der Senat bereits in der ersten
- mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, schon deshalb keiner Klärung, weil
- im Klagebetrag keine Umsatzsteuer enthalten ist.
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- 4.
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- Entgegen der von den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor
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- dem Senat geäußerten Auffassung unterliegt das angefochtene Urteil auch
- nicht deshalb der Aufhebung, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen
- zur Verjährung getroffen hat. Feststellungen zu dieser Frage waren nicht geboten, weil die Beklagten nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden
- Sachverhalt die Einrede der Verjährung nicht erhoben haben.
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- Die Verjährung verschafft dem Schuldner gemäß § 214 Abs. 1 BGB ein
- Gegenrecht, nämlich die Befugnis, die Leistung zu verweigern. Die Geltendmachung des Gegenrechts, die Erhebung der Einrede der Verjährung, ist eine
- geschäftsähnliche Handlung des sachlichen Rechts (BGH, Beschluss vom
- 2. Oktober 2003 - V ZB 22/03, BGHZ 156, 269, 271 = NJW 2004, 164). Aus den
- Feststellungen des Berufungsgerichts und aus den von diesem in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts ergibt sich nicht, dass die Beklagten diese Einrede im Streitfall erhoben haben. Verfahrensrügen sind insoweit
- nicht erhoben.
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- In der Revisionsinstanz kann die Einrede der Verjährung nicht mehr nachgeholt werden (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 324/01, NJW-RR
- 2004, 275, 277; Urteil vom 1. März 1951 - III ZR 205/50, BGHZ 1, 234, 239 =
- NJW 1951, 557, 558).
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- 5.
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- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 und § 100 Abs. 4
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- ZPO.
- Meier-Beck
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- Keukenschrijver
- Grabinski
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- Mühlens
- Bacher
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- Vorinstanzen:
- LG München I, Entscheidung vom 24.01.2008 - 7 O 4210/07 OLG München, Entscheidung vom 29.10.2009 - 6 U 2375/08 -
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