You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

392 lines
20 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VII ZR 6/13
  5. Verkündet am:
  6. 1. August 2013
  7. Seelinger-Schardt,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. ja
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 134; SchwarzArbG § 1 Abs. 2 Nr. 2
  19. a) § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG enthält das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrages, wenn dieser Regelungen enthält, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt.
  20. b) Das Verbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 134
  21. BGB, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller
  22. den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt.
  23. c) Mängelansprüche des Bestellers bestehen in diesem Fall grundsätzlich nicht.
  24. BGH, Urteil vom 1. August 2013 - VII ZR 6/13 - OLG Schleswig
  25. LG Kiel
  26. -2-
  27. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  28. vom 1. August 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die
  29. Richter Dr. Eick, Halfmeier, Kosziol und Prof. Dr. Jurgeleit
  30. für Recht erkannt:
  31. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des
  32. Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom
  33. 21. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.
  34. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
  35. Von Rechts wegen
  36. Tatbestand:
  37. 1
  38. Die Klägerin begehrt aus eigenem und vorsorglich von ihrem Ehemann
  39. abgetretenem Recht Vorschuss für Mängelbeseitigungsaufwendungen und die
  40. Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für einen weitergehenden Schaden.
  41. 2
  42. Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks T. 5 in N. Sie oder ihr
  43. Ehemann und der Beklagte, der im selben Ort wohnt, vereinbarten im Mai 2008,
  44. dass der Beklagte die 170 qm große Auffahrt auf dem Grundstück neu pflastern
  45. sollte. Die Auffahrt sollte der Belastung durch das Befahren mit einem 40 t-Lkw
  46. -3-
  47. standhalten. Die Klägerin stellte das Material und die Geräte bis auf einen Radlader des Beklagten.
  48. 3
  49. Der Beklagte führte die Arbeiten im Mai und Juni 2008 aus. Kurz danach
  50. traten Unebenheiten auf. Nacharbeiten des Beklagten hatten keinen Erfolg. Ein
  51. von der Klägerin eingeleitetes selbständiges Beweisverfahren ergab, dass Ursache für die Unebenheiten eine von dem Beklagten zu dick ausgeführte Sandschicht unterhalb der Pflastersteine sei. Zur Beseitigung sind voraussichtlich
  52. Aufwendungen in Höhe von 6.069 € brutto notwendig.
  53. 4
  54. Die Klägerin behauptet, die Parteien hätten einen Werkvertrag geschlossen. Es sei ein Werklohn in Höhe von 1.800 € vereinbart worden. Dabei habe
  55. man sich darauf geeinigt, dass die Bezahlung bar ohne Rechnung und ohne
  56. Abführung von Umsatzsteuer erfolgen solle. Sie habe den Betrag an den Beklagten bezahlt. Der Beklagte behauptet, er habe nur aus Gefälligkeit bei der
  57. Pflasterung der Auffahrt geholfen, wobei ihm im Gegenzug nur die Lieferung
  58. verbilligten Brennholzes auf Vermittlung des Ehemanns der Klägerin in Aussicht
  59. gestellt worden sei.
  60. Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 6.096 €
  61. 5
  62. nebst Zinsen sowie vorgerichtlich entstandene Kosten zu zahlen. Außerdem hat
  63. es dem Feststellungsantrag stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat
  64. das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision
  65. möchte die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.
  66. -4-
  67. Entscheidungsgründe:
  68. 6
  69. Die Revision ist nicht begründet.
  70. I.
  71. 7
  72. Das Berufungsgericht ist nach Beweisaufnahme zu der Auffassung gelangt, dass die Parteien einen Werkvertrag geschlossen haben, indem der Beklagte die Durchführung der Pflasterarbeiten zusagte und sich die Klägerin im
  73. Gegenzug zur Zahlung eines Werklohns in Höhe von 1.800 € verpflichtete.
  74. 8
  75. Dieser Vertrag sei jedoch gemäß § 134 BGB nichtig. Die Parteien hätten
  76. gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und
  77. illegalen Beschäftigung (im Folgenden: Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz
  78. oder SchwarzArbG) verstoßen, indem sie eine Schwarzgeldabrede getroffen,
  79. d.h. vereinbart hätten, dass die Werkleistung ohne Rechnung erbracht werde,
  80. damit der entsprechende Umsatz den Steuerbehörden verheimlicht werden
  81. könne und die Klägerin dadurch einen Preisvorteil erziele. Dies stehe aufgrund
  82. der eigenen Angaben der Klägerin bei ihrer Anhörung vor dem Berufungsgericht fest. Die Bestimmungen des § 1 Abs. 2 SchwarzArbG seien Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB. Verstießen beide Vertragsparteien dagegen, so
  83. führe dies zur Nichtigkeit des Werkvertrags. Aber selbst wenn man der Auffassung sei, die neue Vorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG habe die schon
  84. bisher als Verbotsgesetz existierenden §§ 1, 13 UStG nur ergänzt, so dass sich
  85. an der rechtlichen Beurteilung einer Schwarzgeldabrede nichts geändert habe,
  86. komme man zu dem Ergebnis der Gesamtnichtigkeit des Vertrages. Denn da
  87. sich die Abrede unmittelbar auf die Höhe des vereinbarten Werklohns auswirke,
  88. bleibe kein Raum für die Annahme eines von der Nichtigkeit nicht erfassten
  89. -5-
  90. Vertragsteils. Mit demselben Gedanken führe zumindest die Anwendung des
  91. § 139 BGB zu einer Gesamtnichtigkeit des Vertrages.
  92. 9
  93. Die Nichtigkeit des Vertrages bedeute, dass der Klägerin gegen den Beklagten keine Gewährleistungsansprüche zustünden. Die anders lautenden
  94. Entscheidungen
  95. des
  96. Bundesgerichtshofs
  97. (Urteile
  98. vom
  99. 24. April 2008
  100. - VII ZR 42/07, BGHZ 176, 198 und VII ZR 140/07, BauR 2008, 1330 = NZBau
  101. 2008, 436) seien überholt, weil sie zu einer vor 2004 geltenden Rechtslage ergangen seien, bei der allein Steuervorschriften als Verbotsgesetze hätten herangezogen werden können. Das sei durch die zwischenzeitliche Änderung des
  102. Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz und des Umsatzsteuergesetzes anders.
  103. Unabhängig davon begegne auch die Anwendung des § 242 BGB, mit der der
  104. Bundesgerichtshof seine abweichende Beurteilung begründet habe, grundsätzlichen Bedenken.
  105. 10
  106. Einen etwaigen Bereicherungsanspruch mache die Klägerin nicht geltend.
  107. II.
  108. 11
  109. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.
  110. 12
  111. 1. Der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag ist gemäß
  112. § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig.
  113. 13
  114. a) § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG enthält das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrages, wenn dieser Regelungen enthält, die dazu dienen, dass
  115. eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag
  116. geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt.
  117. -6-
  118. Das Verbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt.
  119. 14
  120. aa) Der Bundesgerichtshof hat zu den vor dem 1. August 2004 geltenden
  121. Fassungen des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit angenommen,
  122. dass Verstöße gegen das Gesetz zu einer Nichtigkeit der Werkverträge gemäß
  123. § 134 BGB führen, wenn beide Vertragsparteien gegen das Gesetz verstoßen
  124. haben (BGH, Urteil vom 23. September 1982 - VII ZR 183/80, BGHZ 85, 39, 44
  125. m.w.N.; Urteil vom 19. Januar 1984 - VII ZR 121/83, BGHZ 89, 369, 372). Dabei
  126. hat er die in diesen früheren Fassungen ausschließlich vorhandenen Ordnungswidrigkeitstatbestände als Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB angesehen. In den damaligen Fassungen waren in § 1 "Schwarzarbeit" Ordnungswidrigkeitstatbestände aufgeführt, die den Erbringer von Dienst- oder
  127. Werkleistungen als Adressaten hatten. In § 2 "Beauftragung mit Schwarzarbeit"
  128. war ein Ordnungswidrigkeitstatbestand für den Auftraggeber enthalten, der Personen mit der Ausführung von Dienst- oder Werkleistungen beauftragt, die diese Leistungen unter Verstoß gegen die in § 1 Abs. 1 genannten Vorschriften
  129. erbringen. Auch diese Vorschrift, obwohl ausdrücklich nicht an den Erbringer
  130. der Schwarzarbeitsleistungen, sondern an den Auftraggeber gerichtet, hat der
  131. Bundesgerichtshof herangezogen, um einen beiderseitigen Verstoß gegen das
  132. Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit anzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom
  133. 31. Mai 1990 - VII ZR 336/89, BGHZ 111, 308, 310 f. zu einem Verstoß gegen
  134. die Vorschriften in der ab dem 1. Januar 1982 geltenden Fassung; BGH, Urteil
  135. vom 23. September 1982 - VII ZR 183/80, aaO, S. 45 zu der Fassung des Gesetzes vom 31. Mai 1974).
  136. 15
  137. Das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (in der Fassung vom
  138. 31. Mai 1974) enthielt zwar kein ausdrückliches Verbot der Schwarzarbeit. Sinn
  139. -7-
  140. und Zweck des Gesetzes sowie die in §§ 1 und 2 enthaltene Androhung von
  141. Geldbuße sprachen jedoch dafür, das Gesetz als Verbotsgesetz und ein gegen
  142. das Gesetz verstoßendes Rechtsgeschäft gemäß § 134 BGB als nichtig anzusehen (BGH, Urteil vom 23. September 1982 - VII ZR 183/80, aaO, S. 43 f.).
  143. Sinn und Zweck des Gesetzes gingen dahin, im Interesse der wirtschaftlichen
  144. Ordnung dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft die rechtliche Wirkung zu
  145. versagen, weil nur so das Ziel, Schwarzarbeit tatsächlich zu verhindern, erreicht
  146. werden konnte (BGH, Urteil vom 23. September 1982 - VII ZR 183/80, aaO,
  147. S. 44). Das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit wollte die Schwarzarbeit
  148. schlechthin verbieten und den Leistungsaustausch zwischen den "Vertragspartnern" verhindern (BGH, Urteil vom 31. Mai 1990 - VII ZR 336/89, aaO, S. 311).
  149. 16
  150. Ebenso wurden Fälle beurteilt, in denen der Auftraggeber zwar nicht
  151. selbst verbotswidrig handelte, aber den Gesetzesverstoß des Vertragspartners
  152. kannte und diesen bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzte (BGH, Urteil vom
  153. 19. Januar 1984 - VII ZR 121/83, aaO, S. 375; vgl. auch BGH, Urteil vom
  154. 20. Dezember 1984 - VII ZR 388/83, BauR 1985, 197, 198; Beschluss vom
  155. 25. Januar 2001 - VII ZR 296/00, BauR 2001, 632 = NZBau 2002, 149).
  156. 17
  157. bb) An dieser Beurteilung hält der Senat auch für das seit dem 1. August
  158. 2004 geltende Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz grundsätzlich fest. Dieses
  159. Gesetz dient ausweislich § 1 Abs. 1 SchwarzArbG der Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit. Schon daraus ergibt sich, dass die Novellierung
  160. des Vorgängergesetzes ausschließlich eine Verschärfung der gesetzlichen
  161. Maßnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit bewirken sollte. Nachdem zu
  162. diesem Zeitpunkt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Übereinstimmung mit der ganz herrschenden Meinung (vgl. die Nachweise bei BGH,
  163. Urteil vom 19. Januar 1984 - VII ZR 121/83, aaO, S. 375) schon die frühere
  164. Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit erforderte, dass
  165. -8-
  166. Verträge, die den Ordnungswidrigkeitstatbeständen zugrunde lagen, bei bestimmter Beteiligung beider Vertragspartner nichtig waren, gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass diese Rechtsfolge nunmehr mit dem neuen Gesetz nicht
  167. mehr eintreten sollte. Auch das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz ist Verbotsgesetz. Es will nicht nur den tatsächlichen Vorgang der Schwarzarbeit eindämmen, sondern im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung den zugrunde liegenden Rechtsgeschäften die rechtliche Wirkung nehmen (MünchKommBGB/
  168. Armbrüster, 6. Aufl., § 134 Rn. 77).
  169. 18
  170. Deshalb ist es unschädlich, dass auch das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz keine ausdrücklichen Verbote enthält. Es definiert erstmals den
  171. Begriff der Schwarzarbeit (§ 1 Abs. 2 SchwarzArbG) und übernimmt aus dem
  172. bisherigen Gesetz bestimmte Ordnungswidrigkeitstatbestände (§ 8 SchwarzArbG). Die klare Beschreibung des Schwarzarbeitsbegriffs sollte mit dazu beitragen, das Unrechtsbewusstsein in der Bevölkerung zu stärken und damit präventiv der Schwarzarbeit entgegenzuwirken (BT-Drucks. 15/2573, S. 18).
  173. 19
  174. Darüber hinaus hat die Neufassung des Gesetzes weitere Tatbestände
  175. als Schwarzarbeit definiert. Insbesondere "leistet" nach § 1 Abs. 2 SchwarzArbG nunmehr auch derjenige Schwarzarbeit, der Dienst- oder Werkleistungen
  176. "ausführen lässt" und dabei bestimmte in den Nummern 1 bis 3 normierte qualifizierte Merkmale erfüllt.
  177. 20
  178. Außerdem zählt zur Schwarzarbeit nunmehr gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2
  179. SchwarzArbG auch die Erbringung oder Ausführung von Dienst- oder Werkleistungen, wenn dabei von einem Steuerpflichtigen eine sich aufgrund der Dienstoder Werkleistungen ergebende steuerliche Pflicht nicht erfüllt wird. Im Falle der
  180. Entlohnung eines selbständigen Handwerkers durch den Besteller ohne Rechnungsstellung liegt jedenfalls in objektiver Hinsicht regelmäßig ein Verstoß des
  181. -9-
  182. Unternehmers gegen die Erklärungs- und Anmeldungspflichten gemäß § 25
  183. Abs. 3 EStG und § 18 Abs. 1, Abs. 3 UStG sowie gegen die Rechnungsstellungspflicht gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG vor (vgl. Bosch, NJOZ 2008,
  184. 3044, 3049). Der Gesetzgeber hat den Tatbestand der Verletzung steuerlicher
  185. Pflichten ausdrücklich zur Beschreibung einer Form der Schwarzarbeit eingeführt, weil diese in Zusammenhang mit Schwarzarbeit regelmäßig in der Absicht
  186. verletzt werden, Steuern zu hinterziehen (BT-Drucks. 15/2573, S. 19). Mit der
  187. Regelung wurde bewusst auch der Auftraggeber erfasst, der die Schwarzarbeit
  188. erst ermöglicht oder unterstützt, da ohne ihn die Schwarzarbeit gar nicht vorkommen würde (BT-Drucks. 15/2573, S. 18). Auch dieser neue Tatbestand
  189. stellt ein Verbotsgesetz dar (Bosch, NJOZ 2008, 3044, 3049; Fricke, Zivilrechtliche Folgen von Verstößen gegen das SchwarzArbG, S. 227; Stamm, NZBau
  190. 2009, 78, 86; a.A. Jooß, JR 2009, 397, 398).
  191. 21
  192. b) aa) Der Beklagte hat verbotene Schwarzarbeit gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2
  193. SchwarzArbG geleistet. Er ist Steuerpflichtiger gemäß § 33 Abs. 1 AO unter
  194. anderem deshalb, weil er aus der Erbringung der Werkleistung Umsatzsteuer
  195. schuldet und der Werklohn der Einkommenssteuerpflicht unterliegt. Er hat gegen § 370 AO verstoßen und eine Steuerhinterziehung begangen. Er hat zudem gegen seine steuerliche Pflicht aus § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG in der
  196. Fassung vom 13. Dezember 2006 verstoßen, weil er als Unternehmer eine
  197. sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück ausgeführt hat und
  198. der Verpflichtung nicht nachgekommen ist, innerhalb von sechs Monaten nach
  199. Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen.
  200. 22
  201. bb) Ob auch die Klägerin verbotene Schwarzarbeit gemäß § 1 Abs. 2
  202. Nr. 2 SchwarzArbG "geleistet" hat, wie das Berufungsgericht ohne nähere Begründung angenommen hat, kann offen bleiben. Denn auch wenn ihr Verhalten
  203. nicht unter § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG fiele, würde es ausreichen, zusam-
  204. - 10 -
  205. men mit dem Verstoß des Beklagten gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG eine
  206. Nichtigkeit des Werkvertrages herbeizuführen.
  207. 23
  208. Das ergibt sich bereits aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats,
  209. nach der es für die Annahme einer Nichtigkeit ausreichen kann, dass der Besteller den Gesetzesverstoß des Unternehmers kennt und diesen bewusst zum
  210. eigenen Vorteil ausnutzt. Nach der Neufassung des Gesetzes zur Bekämpfung
  211. der Schwarzarbeit reicht eine solche Beteiligung des Bestellers jedenfalls in den
  212. Fällen aus, eine Nichtigkeit eines zugrunde liegenden Werkvertrages herbeizuführen, in denen der Unternehmer seine Pflicht zur Erteilung einer Rechnung
  213. verletzt und der Besteller dies bewusst zu seinem Vorteil ausnutzt.
  214. 24
  215. Denn der Gesetzgeber hat zusammen mit der Neufassung des Gesetzes
  216. gegen Schwarzarbeit zugleich das Umsatzsteuergesetz geändert, um die
  217. Pflichten zur Rechnungserteilung und -aufbewahrung zu erweitern und umfassender zu sanktionieren (vgl. Art. 12 des Gesetzes zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung vom 23. Juli 2004, BGBl. I S. 1842). Er hat hierfür gerade deshalb eine
  218. Notwendigkeit gesehen, weil nur so das Ziel, die Form der Schwarzarbeit in
  219. Gestalt von "Ohne-Rechnung-Geschäften" wirkungsvoll zu bekämpfen, erreicht
  220. werden könne (BT-Drucks. 15/2573, S. 34). Ziel war es, die "Ohne-RechnungGeschäfte" zu verhindern. Angesichts des enormen Ausmaßes der Steuerausfälle seien derartige Verhaltensweisen nicht hinnehmbar. Es müssten sowohl
  221. für den Unternehmer als auch für den Leistungsempfänger entsprechende
  222. Pflichten bestehen. Die zusätzliche Rechnungsaufbewahrungspflicht des privaten Leistungsempfängers (§ 14b Abs. 1 Satz 5 UStG in der Fassung vom
  223. 23. Juli 2004) neben der Rechnungsausstellungspflicht des Unternehmers führe
  224. dazu, dass beide Seiten ein erhebliches Interesse daran hätten, dass das Ge-
  225. - 11 -
  226. schäft legal mit Rechnung abgewickelt wird. Dies werde durch entsprechende
  227. Bußgeldbewehrungen noch verstärkt (BT-Drucks. 15/2573, S. 34 f.).
  228. 25
  229. Das zeigt, dass unabhängig von ihrer systematischen Einordnung in das
  230. Umsatzsteuergesetz auch diese Gesetzesänderungen nicht isoliert der Steuererhebung dienen sollten, sondern in erster Linie veranlasst waren, um zusammen mit der Schaffung des neuen Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes diese
  231. vom Gesetzgeber missbilligte Form von Rechtsgeschäften ganz zu verhindern.
  232. Adressat war dabei ausdrücklich auch der Besteller. Dem entspricht es, die
  233. Nichtigkeitsfolge aus dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz schon dann eintreten zu lassen, wenn der Besteller von den entsprechenden Verstößen des
  234. Unternehmers weiß und sie bewusst zu seinem Vorteil ausnutzt.
  235. 26
  236. So liegt der Fall hier. Die Verstöße gegen die steuerlichen Vorschriften
  237. erfolgten vorsätzlich. Sie waren ausdrücklich vereinbart. Die Klägerin ersparte
  238. auf diese Weise einen Teil des Werklohns jedenfalls in Höhe der anfallenden
  239. Umsatzsteuer.
  240. 27
  241. 2. Die Nichtigkeit des Werkvertrages führt dazu, dass der Klägerin keine
  242. Mängelansprüche zustehen.
  243. 28
  244. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Mängelansprüchen aus
  245. einem Bauvertrag, der eine Ohne-Rechnung-Abrede enthält (BGH, Urteile vom
  246. 24. April 2008 - VII ZR 42/07, BGHZ 176, 198 und VII ZR 140/07, BauR 2008,
  247. 1330 = NZBau 2008, 436), betrifft nicht die Fälle, in denen ein Verstoß gegen
  248. das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit in Rede steht (vgl. BGH, Urteil
  249. vom 24. April 2008 - VII ZR 42/07, aaO S. 204 unter III. Rn. 19). Der Einwand
  250. der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB), den der Bundesgerichtshof in
  251. diesen Fällen zugelassen hat, überwand dort nur die unter bestimmten Voraussetzungen aus § 139 BGB folgende Nichtigkeit des Gesamtvertrages aufgrund
  252. - 12 -
  253. einer Nichtigkeit der Ohne-Rechnung-Abrede mit der Folge, dass Mängelansprüche geltend gemacht werden konnten.
  254. 29
  255. Derartige Erwägungen kommen vorliegend nicht in Betracht. Die Schaffung des Schwarzarbeitstatbestandes des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG führt
  256. wie dargelegt dazu, dass die Verstöße gegen steuerrechtliche Pflichten bereits
  257. ohne weiteres zur Nichtigkeit des gesamten zugrunde liegenden Werkvertrages
  258. führen. Eine isolierte Prüfung nur der Ohne-Rechnung-Abrede erfolgt nicht.
  259. 30
  260. Eine nach § 134 BGB im öffentlichen Interesse und zum Schutz des allgemeinen Rechtsverkehrs angeordnete Nichtigkeit kann - anders als die Nichtigkeitsfolge aus § 139 BGB - allenfalls in ganz engen Grenzen durch eine
  261. Berufung auf Treu und Glauben überwunden werden (vgl. BGH, Urteil vom
  262. 24. April 2008
  263. - VII ZR 42/07,
  264. aaO
  265. S. 202
  266. m.w.N.;
  267. Urteil
  268. vom
  269. 23. September 1982 - VII ZR 183/80, BGHZ 85, 39, 47 ff.; ganz ablehnend etwa
  270. MünchKommBGB/Armbrüster, 6. Aufl., § 134 Rn. 112). Hierfür reicht es jedenfalls nicht aus, dass ein widersprüchliches Verhalten des Unternehmers darin
  271. liegt, dass er bei einem Bauvertrag die von ihm geschuldeten Bauleistungen
  272. regelmäßig an dem Grundstück des Bestellers erbringt und er sich bei der Inanspruchnahme wegen Mängeln anschließend auf die Nichtigkeit des Bauvertrags beruft, obwohl der Besteller wegen der Schwierigkeiten einer Rückabwicklung das Werk typischerweise behalten wird. Vielmehr bleibt es bei dem Grundsatz, dass wegen der Nichtigkeit des Vertrages Mängelansprüche von vornherein nicht gegeben sind (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1990 - VII ZR 336/89,
  273. aaO, 314). Die im besonderen Maße von den Grundsätzen von Treu und Glauben beeinflussten Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff.
  274. BGB) sind regelmäßig geeignet, unerträgliche Ergebnisse auch in den Fällen zu
  275. verhindern, in denen die aufgrund eines nichtigen Werkvertrages erbrachten
  276. Leistungen mangelhaft sind (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1990 - VII ZR 336/89,
  277. - 13 -
  278. aaO, 312 ff.; Armbrüster, JZ 2008, 1006, 1007 f.; Jooß, JR 2009, 397, 399 f.;
  279. Lorenz in: Festschrift für Buchner, 571 ff.; Pauly, MDR 2008, 1196 f.; im Ergebnis ebenso Stamm, NZBau 2009, 78 ff.).
  280. III.
  281. 31
  282. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
  283. Kniffka
  284. Eick
  285. Kosziol
  286. Halfmeier
  287. Jurgeleit
  288. Vorinstanzen:
  289. LG Kiel, Entscheidung vom 16.09.2011 - 9 O 60/11 OLG Schleswig, Entscheidung vom 21.12.2012 - 1 U 105/11 -