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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VII ZR 180/11
  5. Nachschlagewerk:
  6. Verkündet am:
  7. 11. Oktober 2012
  8. Besirovic,
  9. Justizangestellte
  10. als Urkundsbeamtin
  11. der Geschäftsstelle
  12. ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. BGB § 635 Abs. 3, § 251 Abs. 2 Satz 1, § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1
  18. a) Der Besteller kann unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1
  19. BGB ohne vorherige Fristsetzung Schadensersatz statt der Leistung für Mängel
  20. der Werkleistung beanspruchen, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung hinsichtlich dieser Mängel gemäß § 635 Abs. 3 BGB zu Recht als unverhältnismäßig
  21. verweigert hat.
  22. b) Macht der Besteller werkvertraglichen Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten geltend, entsprechen die für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit dieses Aufwands nach § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB maßgeblichen Kriterien
  23. denen, die bei der gemäß § 635 Abs. 3 BGB gebotenen Prüfung des unverhältnismäßigen Nacherfüllungsaufwands heranzuziehen sind.
  24. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 180/11 - OLG Oldenburg
  25. LG Osnabrück
  26. -2-
  27. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  28. vom 11. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka sowie
  29. die Richterin Safari Chabestari, den Richter Dr. Eick, den Richter Prof. Leupertz
  30. und den Richter Dr. Kartzke
  31. für Recht erkannt:
  32. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats
  33. des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 21. Juli 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte unbedingt zur
  34. Zahlung eines 2.935,12 € nebst Zinsen übersteigenden Betrages
  35. verurteilt und ihre Widerklage hinsichtlich eines Betrages von
  36. 39.720,55 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
  37. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
  38. und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
  39. an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  40. Von Rechts wegen
  41. Tatbestand:
  42. 1
  43. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Restwerklohn für Heizungs- und
  44. Sanitärinstallationsarbeiten. Mit der Widerklage beansprucht die Beklagte mangelbedingten Schadensersatz.
  45. -3-
  46. 2
  47. Die Klägerin schloss mit der Beklagten und ihrem Sohn im Jahr 2006 einen Vertrag über die Erbringung von Heizungs- und Installationsarbeiten in einem Doppelhaus in I. Der Sohn der Beklagten ist Eigentümer der Doppelhaushälfte 6a; die Doppelhaushälfte 6 steht im Eigentum der Beklagten. Mit der Klage beansprucht die Klägerin Restwerklohn für die in der Doppelhaushälfte der
  48. Beklagten ausgeführten Werkleistungen. Darüber hinaus macht sie Restwerklohn in Höhe von 3.282,12 € für Arbeiten in einem anderen, der Beklagten gehörenden Gebäude geltend. Der Restwerklohnanspruch für Arbeiten in der
  49. Doppelhaushälfte 6a ist Gegenstand des Parallelverfahrens VII ZR 179/11.
  50. 3
  51. Die Beklagte hat Mängel der ihre Doppelhaushälfte betreffenden Werkleistungen behauptet, die mit einem die Klageforderung übersteigenden Kostenaufwand beseitigt werden müssten und gemeint, die Bezahlung der Restwerklohnforderung, die mangels Abnahme der Werkleistungen ohnehin noch
  52. nicht fällig sei, jedenfalls bis zur Beseitigung der Mängel verweigern zu dürfen.
  53. Hinsichtlich der Restwerklohnforderung der Klägerin von 3.282,12 € hat sie die
  54. Aufrechnung mit Ansprüchen auf Schadensersatz für die mangelhafte Ausführung der Werkleistungen in der Doppelhaushälfte 6 erklärt. Das Landgericht hat
  55. die Beklagte nach Beweisaufnahme zur Zahlung von 7.717,24 € nebst Zinsen
  56. und vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Zahlung von weiteren
  57. 2.500 € Zug um Zug gegen Beseitigung näher bezeichneter Mängel verurteilt
  58. und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das
  59. Berufungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung unter Zurückweisung des
  60. weitergehenden Rechtsmittels dahin abgeändert, dass die Beklagte 6.217,24 €
  61. nebst Zinsen sowie weitere 3.000 € Zug um Zug gegen Beseitigung von Mängeln zahlen muss. Darüber hinaus hat es vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten zugesprochen. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte Widerklage erhoben, mit der sie die zuvor zur Begründung ihres mangelbedingten Leistungs-
  62. -4-
  63. verweigerungsrechts geltend gemachten Kosten für die Beseitigung von Mängeln an der Dämmung bzw. der Befestigung der auf der Bodenplatte verlegten
  64. Warm- und Kaltwasserleitungen in Höhe von 44.002,67 € nunmehr im Wege
  65. des Schadensersatzes verlangt. Das Berufungsgericht hat die Schadensersatzforderung für nicht gerechtfertigt gehalten, weil die Klägerin die Mängelbeseitigung wegen des unverhältnismäßig hohen Nachbesserungsaufwandes zu
  66. Recht verweigert habe und die Beklagte sich deshalb insoweit auf eine Minderung des Werklohns verweisen lassen müsse. Hierfür hat es den nach den
  67. Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen wegen der unzureichenden
  68. Isolierung der Warmwasserrohre verbleibenden technischen Minderwert von
  69. 1.000 € von der Klageforderung abgezogen; die Widerklage hat es abgewiesen.
  70. Mit der vom Senat zugelassenen Revision wendet sich die Beklagte gegen ihre
  71. Verurteilung zur Zahlung eines Betrages in Höhe der Aufrechnungsforderung
  72. (3.282,12 €) sowie gegen die Aberkennung ihrer Widerklageforderung in Höhe
  73. eines Betrages von 39.720,55 € nebst Zinsen.
  74. Entscheidungsgründe:
  75. 4
  76. Die Revision führt in dem mit der Revision geltend gemachten Umfang
  77. zur Aufhebung des Berufungsurteils und insoweit zur Zurückverweisung an das
  78. Berufungsgericht.
  79. -5-
  80. I.
  81. 5
  82. Das Berufungsgericht führt aus, die Werkleistungen der Klägerin seien
  83. mangelhaft, weil sie die Warmwasserleitungen in der Bodenplatte nur mit einer
  84. 13 mm starken Dämmung versehen habe, obwohl nach den maßgeblichen
  85. Bestimmungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) die Dämmung eine
  86. Mindeststärke von 20 mm aufweisen müsse. Dass dies dem Sohn der
  87. Beklagten schon vor Beginn der Dämmarbeiten bewusst gewesen sei und sie
  88. die von der Klägerin vorgesehene Ausführung dennoch zugelassen habe,
  89. könne insbesondere mit Rücksicht auf deren Erklärung, stets eine derartige
  90. Dämmung zu verwenden, zwar nicht als Verzicht auf eine vertragsgerechte
  91. Erstellung des Werkes angesehen werden. Gleichwohl stehe der Beklagten der
  92. im Wege der Aufrechung und der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu, weil die Klägerin gemäß § 635 Abs. 3, § 275 Abs. 2
  93. BGB berechtigt gewesen sei, die Nacherfüllung wegen Unverhältnismäßigkeit
  94. zu verweigern. Der Aufwand für die Beseitigung der in Rede stehenden Mängel
  95. stehe in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem Vorteil, den die Beklagte durch
  96. die Nachbesserung erlangen könne. Deren Interesse an einer Beseitigung der
  97. Mängel
  98. sei
  99. gering,
  100. weil
  101. nach
  102. den
  103. Feststellungen
  104. des
  105. gerichtlichen
  106. Sachverständigen H. die konkrete Nutzung des Gebäudes durch die nicht
  107. fachgerechte Dämmung der Warmwasserleitungen nicht beeinträchtigt sei und
  108. der mangelbedingt höhere Energieverbrauch lediglich zu Mehrkosten von ca.
  109. 50 € pro Jahr führe. Dem stünden erhebliche, unangemessen hohe Nachbesserungskosten von ca. 44.000 € gegenüber. Berücksichtige man vor diesem
  110. Hintergrund, dass die Klägerin den Mangel weder vorsätzlich noch grob
  111. fahrlässig verursacht
  112. habe
  113. und
  114. das Ausmaß des
  115. ihr anzulastenden
  116. Verschuldens eher gering sei, die Beklagte ihrerseits aus Zeitgründen
  117. sehenden Auges eine mangelhafte Dämmung der Warmwasserrohre hin-
  118. -6-
  119. genommen habe, so führe die Gesamtabwägung der maßgeblichen Umstände
  120. dazu, dass die Klägerin berechtigt sei, die Nacherfüllung wegen Unverhältnismäßigkeit zu verweigern. Die Beklagte könne lediglich Minderung in Form eines
  121. angemessenen Ausgleichs für den Wertverlust des Werkes verlangen.
  122. Maßgeblich sei der verbliebene technische Minderwert, der auf der Grundlage
  123. der hierzu vom Sachverständigen H. getroffenen Feststellungen mit 1.000 € zu
  124. veranschlagen sei. Ein Ausgleich für merkantilen Minderwert komme nicht in
  125. Betracht, weil die Nutzbarkeit des Gebäudes nicht eingeschränkt und der
  126. mangelbedingt höhere Energieverbrauch unwesentlich sei.
  127. II.
  128. 6
  129. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
  130. 7
  131. 1. Der Entscheidung des Berufungsgerichts liegt die Erwägung
  132. zugrunde, dass der Besteller keinen Schadensersatz statt der Leistung gemäß
  133. § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB wegen festgestellter Mängel der
  134. Werkleistungen beanspruchen kann, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung
  135. hinsichtlich dieser Mängel gemäß § 635 Abs. 3 BGB zu Recht verweigert hat.
  136. Stattdessen will es ihn auf eine Minderung des Werklohns in Höhe eines
  137. angemessenen Ausgleichsbetrages für den Wertverlust des Werkes verweisen.
  138. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
  139. 8
  140. a) Der Anspruch des Bestellers auf Schadensersatz für schuldhaft
  141. verursachte Werkmängel entfällt nicht schon dadurch, dass der Unternehmer zu
  142. Recht gemäß § 635 Abs. 3 BGB einwendet, diese Mängel nicht beseitigen zu
  143. müssen. Er darf gemäß § 635 Abs. 3 BGB die Nacherfüllung verweigern, wenn
  144. sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Darüber hinaus darf er die
  145. -7-
  146. Leistung in den Fällen der "faktischen oder praktischen Unmöglichkeit" gemäß
  147. § 275 Abs. 2 und 3 BGB verweigern. Für diese Fälle ergibt sich unmittelbar aus
  148. § 275 Abs. 4, § 283 BGB, dass der Besteller unter den Voraussetzungen des
  149. § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung für Mängel
  150. der Werkleistung ohne vorherige Fristsetzung beanspruchen kann. Eine
  151. entsprechende Regelung für den Fall der Leistungsverweigerung gemäß § 635
  152. Abs. 3 BGB fehlt zwar. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass der Gesetzgeber
  153. auch für diesen Fall einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung unter
  154. den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB eröffnen wollte. Das
  155. ergibt sich ohne weiteres aus § 636 BGB, wonach es zur Entstehung des
  156. Schadensersatzanspruchs grundsätzlich einer Fristsetzung nicht bedarf, wenn
  157. der Unternehmer die Nacherfüllung gemäß § 635 Abs. 3 BGB verweigert (vgl.
  158. auch BT-Drucks. 14/6040, S. 234 und 265).
  159. 9
  160. b) In welcher Höhe der Unternehmer Schadensersatz zu leisten hat und
  161. wie die Entschädigung zu berechnen ist, ergibt sich aus den Vorschriften zum
  162. allgemeinen Schadensrecht in §§ 249 ff. BGB. Allerdings kommt ein Anspruch
  163. auf Naturalrestitution regelmäßig nicht in Betracht, weil dadurch die Erfüllung
  164. der vertraglichen Leistung herbeigeführt würde, die der Besteller gemäß § 281
  165. Abs. 4 BGB gerade nicht mehr verlangen kann. Stattdessen ist er in Geld zu
  166. entschädigen (BGH, Urteil vom 6. November 1986 - VII ZR 97/85, BGHZ 99,
  167. 81).
  168. 10
  169. Die
  170. Entschädigung
  171. kann
  172. der
  173. Besteller
  174. nach
  175. der
  176. bisherigen
  177. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich wahlweise nach der
  178. Differenz zwischen dem Verkehrswert des Werkes mit und ohne Mangel
  179. ermitteln oder in Höhe der Aufwendungen geltend machen, die zur
  180. vertragsgemäßen Herstellung des Werkes erforderlich sind (BGH, Urteil vom
  181. 10. März 2005 - VII ZR 321/03, BauR 2005, 1014 = NZBau 2005, 390 = ZfBR
  182. -8-
  183. 2005, 461; Urteil vom 11. Juli 1991 - VII ZR 301/90, BauR 1991, 744 = ZfBR
  184. 1991, 265; Urteil vom 26. Oktober 1972 - VII ZR 181/71, BGHZ 59, 365, 366).
  185. 11
  186. c) Die dem Besteller nach dieser Rechtsprechung eröffnete Möglichkeit,
  187. seinen Schadensersatzanspruch anhand der Mängelbeseitigungskosten zu
  188. berechnen, gilt nicht uneingeschränkt. Der Senat hat bereits entschieden, dass
  189. dieser Schadensberechnung in entsprechender Anwendung des § 251 Abs. 2
  190. Satz 1 BGB der Einwand entgegengehalten werden kann, die Aufwendungen
  191. zur Mängelbeseitigung seien unverhältnismäßig (BGH, Urteil vom 26. Oktober 1972 - VII ZR 181/71, BGHZ 59, 365, 366; Urteil vom 27. März 2003
  192. - VII ZR 443/01,
  193. BGHZ
  194. 154,
  195. 301,
  196. 305;
  197. Urteil
  198. vom
  199. 10. März 2005
  200. - VII ZR 321/03, BauR 2005, 1014 = NZBau 2005, 390 = ZfBR 2005, 461; Urteil
  201. vom 29. Juni 2006 - VII ZR 86/05, BauR 2006, 1736, 1738 = NZBau 2006, 642
  202. = ZfBR 2006, 668). Unverhältnismäßig in diesem Sinne sind die Aufwendungen
  203. für die Beseitigung des Werkmangels, wenn der in Richtung auf die Beseitigung
  204. des Mangels erzielte Erfolg oder Teilerfolg bei Abwägung aller Umstände des
  205. Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten
  206. Geldaufwandes steht und es dem Unternehmer nicht zugemutet werden kann,
  207. die vom Besteller in nicht sinnvoller Weise gemachten Aufwendungen tragen zu
  208. müssen. In einem solchen Fall würde es Treu und Glauben widersprechen,
  209. wenn der Besteller diese Aufwendungen dem Unternehmer anlasten könnte
  210. (BGH,
  211. Urteil
  212. vom
  213. 26. Oktober 1972
  214. - VII ZR 181/71,
  215. aaO;
  216. Urteil
  217. vom
  218. 27. März 2003 - VII ZR 443/01, aaO; Urteil vom 10. März 2005 - VII ZR 321/03,
  219. aaO; Urteil vom 29. Juni 2006 - VII ZR 86/05, aaO).
  220. 12
  221. Der Bundesgerichtshof hat bisher nicht entschieden, ob die nach obigen
  222. Grundsätzen für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 251
  223. Abs. 2 Satz 1 BGB maßgeblichen Kriterien denen entsprechen, die bei der nach
  224. § 635 Abs. 3 BGB gebotenen Prüfung des unverhältnismäßigen Nacher-
  225. -9-
  226. füllungsaufwands heranzuziehen sind. Das ist zu bejahen, wenn, wie hier,
  227. werkvertraglicher Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten
  228. beansprucht wird. Durch die Zubilligung dieses Schadensersatzanspruches soll
  229. der Besteller einen Ausgleich für die Nachteile erhalten, die ihm durch die
  230. mangelhafte Ausführung der Werkleistung entstanden sind. Sein Anspruch auf
  231. monetären Ausgleich für Mangelschäden beruht auf seinem berechtigten
  232. Interesse
  233. an
  234. der Verwirklichung des vom
  235. Unternehmer geschuldeten
  236. Werkerfolgs. Er soll hinsichtlich der Beseitigung dieser Mängel im Ergebnis
  237. nicht besser stehen als er bei tauglicher Nacherfüllung durch den Unternehmer
  238. stünde. Dann aber besteht kein vernünftiger Grund, dem Unternehmer, der die
  239. Beseitigung
  240. von
  241. Mängeln
  242. wegen
  243. eines
  244. damit
  245. verbundenen
  246. unverhältnismäßigen Aufwands gemäß § 635 Abs. 3 BGB verweigern darf,
  247. gleichwohl im Wege des Schadensersatzes die Erstattung der Mängelbeseitigungskosten abzuverlangen. Aus dem Umstand, dass der Besteller
  248. Schadensersatz nur für solche Mängel beanspruchen kann, die der Unternehmer zu vertreten hat, folgt nichts anderes. Es entspricht ständiger Rechtsprechung
  249. des
  250. Bundesgerichtshofs,
  251. dass
  252. bei
  253. der
  254. Beurteilung
  255. der
  256. Unverhältnismäßigkeit nach § 635 Abs. 3 BGB das Verschulden des Unternehmers
  257. zu
  258. berücksichtigen
  259. ist
  260. (BGH,
  261. Urteil
  262. vom
  263. 23. Februar 1995
  264. - VII ZR 235/93, BauR 1995, 540 = ZfBR 1995, 197; vgl. auch Urteil vom
  265. 27. März 2003 - VII ZR 443/01, BGHZ 154, 301; Urteil vom 10. November 2005
  266. - VII ZR 64/04, BauR 2006, 377 = NZBau 2006, 110 = ZfBR 2006, 154). Liegt
  267. Verschulden vor, fällt es ebenso wie bei § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB ins Gewicht,
  268. ohne dass sich hieraus die Notwendigkeit ergeben könnte, die Unverhältnismäßigkeit des Mängelbeseitigungsaufwands im Rahmen des § 251 Abs. 2
  269. Satz 1 BGB anderen Kriterien zu unterwerfen, als sie für § 635 Abs. 3 BGB
  270. gelten. Daraus folgt im Ergebnis, dass der Besteller mangelbedingten
  271. Schadensersatz stets nur in Höhe der Verkehrswertminderung beanspruchen
  272. - 10 -
  273. kann, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht gemäß § 635 Abs. 3
  274. BGB als unverhältnismäßig verweigert hat.
  275. 13
  276. 2. Bei Anwendung dieser Grundsätze kann die Entscheidung des
  277. Berufungsgerichts im Ergebnis nur Bestand haben, wenn der der Beklagten
  278. zustehende Schadensersatzanspruch den Betrag nicht übersteigt, den ihr das
  279. Berufungsgericht bereits im Wege der Minderung mit 1.000 € für den
  280. technischen Minderwert des Werks zugebilligt hat. Das ist denkbar, weil
  281. Schadensersatz statt der Leistung nach § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1
  282. BGB auf einen Ausgleich für den technischen Minderwert der mangelhaften
  283. Werkleistung beschränkt sein kann, wenn eine zusätzliche Wertminderung nicht
  284. in Betracht kommt. Die Beklagte hat im Verfahren der Vorinstanzen zwar keine
  285. Minderung
  286. geltend
  287. gemacht.
  288. Sie
  289. nimmt
  290. die
  291. Entscheidung
  292. des
  293. Berufungsgerichts in diesem Punkt jedoch hin und beansprucht mit der
  294. Revision nur noch den 1.000 € übersteigenden Teil ihrer Schadensersatzforderung. Damit trägt die Beklagte dem bei der Schadensbemessung zu
  295. berücksichtigenden Gesichtspunkt Rechnung, die an die Klägerin zu zahlende
  296. Vergütung in Höhe des rechtskräftig zuerkannten Minderungsbetrages erspart
  297. und hierdurch einen Vorteil erlangt zu haben, den sie sich nach allgemeinen
  298. schadensrechtlichen Grundsätzen auf ihren Schadensersatzanspruch anrechnen lassen muss.
  299. 14
  300. Eine dahingehende Entscheidung kann der Senat nicht treffen. Die
  301. Feststellungen des Berufungsgerichts bieten keine ausreichende Grundlage für
  302. die Annahme, dass der der Beklagten zu erstattende Schaden auf einen mit
  303. 1.000 € zu veranschlagenden technischen Minderwert beschränkt ist.
  304. 15
  305. Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob die Voraussetzungen des
  306. § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB erfüllt sind. Seine zu § 635 Abs. 3 BGB getroffenen
  307. - 11 -
  308. Feststellungen, die insoweit herangezogen werden könnten, sind unzureichend,
  309. weil sie den hierfür maßgeblichen Sachvortrag der Parteien nicht ausschöpfen.
  310. 16
  311. a) Allerdings wirft die Revision dem Berufungsgericht zu Unrecht vor, es
  312. habe bei der nach § 635 Abs. 3 BGB vorzunehmenden Abwägung der
  313. Regelung des § 12 Abs. 5 EnEV keine hinreichende Beachtung geschenkt, die
  314. eine von der Klägerin nicht eingehaltene Mindestdämmung der Warmwasserleitungen vorschreibe. Das Berufungsgericht hat diesen Gesichtspunkt
  315. berücksichtigt, indem es zutreffend von einem fahrlässigen Verstoß gegen die
  316. Vorschriften der EnEV ausgeht. Der weitergehende Einwand der Revision, hier
  317. wiege das Ergebnis der nicht vertragsgerechten Ausführung der Werkleistung
  318. besonders schwer, weil die Klägerin gegen gesetzliche Bestimmungen
  319. verstoßen habe, greift ebenfalls nicht. Er allein führt jedenfalls nicht dazu, dass
  320. die Klägerin sich nicht auf die Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten berufen kann. Die Beklagte übersieht, dass gerade die
  321. Nichteinhaltung der Vorgaben in § 12 Abs. 5 EnEV den Mangelvorwurf
  322. begründet. Für die nach § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB vorzunehmende Unverhältnismäßigkeitsprüfung kommt diesem Umstand keine andere Bedeutung zu,
  323. als sie einem schuldhaften Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik oder
  324. vertragliche Beschaffenheitsvereinbarungen zuteil wird. Im Übrigen ist die
  325. Beklagte nicht der Gefahr ausgesetzt, durch die Entgegennahme der
  326. mangelhaften Werkleistungen selbst in einer Weise gegen gesetzliche
  327. Bestimmungen verstoßen zu haben, die von entscheidender Bedeutung für die
  328. Abwägung nach § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB sein könnte. Maßgebend ist die
  329. Energieeinsparverordnung in der Fassung vom 8. Dezember 2004 (BGBl. I,
  330. S. 3144, 3146). Danach war die Beklagte zwar verpflichtet, für eine den
  331. Vorgaben des § 12 Abs. 5 EnEV entsprechende Dämmung der Warmwasserleitungen zu sorgen. Sie muss allerdings nicht befürchten, wegen der
  332. - 12 -
  333. Nichteinhaltung dieser Vorgaben mit Ordnungsmitteln belegt zu werden, welche
  334. der Verordnungsgeber erst durch § 27 der Energieeinsparverordnung in der
  335. Fassung vom 1. Oktober 2007 (BGBl. I, S. 1519) eingeführt hat.
  336. 17
  337. b) Unbegründet ist auch der Einwand der Revision, das Berufungsgericht
  338. habe nicht berücksichtigt, dass die Klägerin den hohen Mängelbeseitigungsaufwand schuldhaft dadurch herbeigeführt habe, dass sie auf die entsprechende Rüge des Sohnes der Beklagten nicht auf die gesetzlich
  339. vorgesehene Dämmung hingewiesen habe. Diesen Sachverhalt hat das
  340. Berufungsgericht vertretbar gewürdigt und zutreffend darauf hingewiesen, dass
  341. der Sohn der Beklagten trotz der ihm durch einen Bausachverständigen vor
  342. Beginn der Estrich- und Verlegearbeiten vermittelten Kenntnis von der nicht
  343. ordnungsgemäßen Dämmung auf Durchführung der von der Klägerin
  344. vorgesehenen Arbeiten bestanden und dadurch selbst dazu beigetragen habe,
  345. dass die hohen Kosten entstanden seien.
  346. 18
  347. c) Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit den Standpunkt eingenommen, dass nur die Dämmung der
  348. Warmwasserleitungen nachgebessert werden müsse; die Kaltwasserleitungen
  349. seien nicht betroffen, weil insoweit keine Mindestanforderungen an die
  350. Dämmung bestünden. Damit hat es Tatsachenvortrag der Beklagten übergangen, den es bei der Abwägung hätte berücksichtigen müssen. Die Beklagte
  351. hat vorgetragen, dass die Kaltwasserleitungen mangelhaft seien, weil sie ungedämmt unmittelbar neben den warmgebenden Rohrleitungen lägen, zudem
  352. über keine vollständige Schwitzwasserisolierung verfügten und deshalb die
  353. Gefahr
  354. einer
  355. Salmonellenbildung
  356. bestehe.
  357. Darüber
  358. hinaus
  359. seien
  360. die
  361. Rohrleitungen nur unzureichend mit einem Textilgurt und einem Bolzenschussgerät auf der Sohlplatte befestigt worden. Die Beklagte hat ihre Schadensersatzforderung auch - zumindest teilweise - mit diesen Mängeln begründet.
  362. - 13 -
  363. Das Berufungsgericht hätte aufklären müssen, inwieweit Streit über das Vorhandensein der Mängel besteht und hierzu gegebenenfalls Beweis durch
  364. Einholung eines Sachverständigengutachtens erheben müssen. Die Aufklärung
  365. der von der Beklagten behaupteten Tatsachen ist für die Beurteilung der
  366. Unverhältnismäßigkeit von Bedeutung, weil das Interesse der Beklagten an der
  367. Mängelbeseitigung durch das Hinzutreten weiterer Mängel mehr Gewicht
  368. erlangt. Darüber hinaus wird das Berufungsgericht zu klären haben, ob durch
  369. die unzureichende Dämmung der Kaltwasserleitungen die Gefahr einer
  370. Salmonellenbildung besteht. Sollte die dahin gehende Behauptung der
  371. Beklagten zutreffen, wäre es ihr kaum zuzumuten, dieses Risiko tragen zu
  372. müssen.
  373. 19
  374. 3. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung der Unverhältnismäßigkeit gemäß § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB unter Berücksichtigung der obigen
  375. Ausführungen und der darüber hinaus von der Beklagten mit der Revision
  376. vorgebrachten Einwendungen zu dem Ergebnis kommen, dass die Beklagte
  377. Schadensersatz nur in Höhe einer mangelbedingten Verkehrswertminderung
  378. beanspruchen kann, wird es im Hinblick auf eventuelle weitere Mängel und
  379. deren Folgen für die zweckentsprechende Verwendung der Werkleistungen neu
  380. darüber befinden müssen, ob der vom Sachverständigen H. geschätzte
  381. technische Minderwert einen angemessenen Ausgleich darstellt. Gleiches gilt
  382. für seine Entscheidung, dass der Beklagten kein merkantiler Minderwert zu
  383. ersetzen sei. Mit Recht beanstandet die Revision in diesem Punkt, dass das
  384. Berufungsgericht seine Annahme, der Verkehrswert des Gebäudes sei nicht
  385. - 14 -
  386. tangiert, mit dem schlichten Hinweis auf einen nur geringfügig höheren
  387. Energieverbrauch und keine darüber hinausgehenden Nutzungsnachteile nicht
  388. hinreichend begründet hat.
  389. Kniffka
  390. Safari Chabestari
  391. Leupertz
  392. Eick
  393. Kartzke
  394. Vorinstanzen:
  395. LG Osnabrück, Entscheidung vom 13.05.2009 - 10 O 2794/07 (223) OLG Oldenburg, Entscheidung vom 21.07.2011 - 8 U 140/09 -